PRESSEMITTEILUNG Hip-Hop und jiddische Lieder im Konzert

Evangelisches Dekanat Groß-Gerau
Öffentlichkeitsarbeit/ Heidi Förster
12.05.2015
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PRESSEMITTEILUNG 47/ 2015
Konzert gegen rechte Gewalt
Hip-Hop und jiddische Lieder in der Groß-Gerauer Prälat-Diehl Schule
am 22. Mai 2015 um 19.30 Uhr mit den Kölner Rappern der „Microphone Mafia“ und der KZÜberlebenden Esther Bejerano mit ihren Kindern Edna und Juram in der Aula der PDS
Am Freitag, den 22. Mai 2015 findet um 19.30 Uhr in der Aula des Oberstufengebäudes der GroßGerauer Prälat-Diehl-Schule (PDS) in der Sudetenstraße 60, direkt gegenüber dem Groß-Gerauer
Bahnhof, ein einzigartiges Konzert mit der 91-jährigen KZ-Überlebenden Esther Bejerano und ihren
Kindern Edna und Joram gemeinsam mit den Hip-Hop-Rappern Kutlu Yurtseven, Signore Rossi und
DJ Önder der Kölner Gruppe „Microphone Mafia“ statt. Der 17-jährige Schüler Danilo Müller hatte
die Idee für dieses außergewöhnliche Konzert und schlug es seinem Lehrer Udo Stein vor. Der
engagierte Pädagoge unterrichtet Deutsch, Geschichte sowie Politik und Wirtschaft (POWI) und
hatte die Verlegung der Stolpersteine für die Familie Matthes am 5. Februar 2015 gemeinsam mit
den Schüler/Innen der Geschichts-AG vorbereitet. Die Idee zu diesem Konzert gegen rechte Gewalt
griff er auf und setzte sie gemeinsam mit dem Evangelischen Dekanat Groß-Gerau um. Schule und
Dekanat wollen mit dieser Veranstaltung Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen berühren;
auch all‘ jene, die 70 Jahre nach Kriegsende rund um das Thema Nationalsozialismus „müde“
geworden sind. Vor dem Nebeneingang der PDS in der Mainzer Straße erinnern drei Stolpersteine
an das Schicksal der jüdischen Familie Matthes. Sie mussten aus Groß-Gerau fliehen und
überlebten in den USA. Die goldschimmernden Messingplatten im Gehweg wurden in den
vergangenen Wochen mehrfach von Neonazis überklebt.
Esther Bejerano, ihre Kinder Edna und Joram Bejerano und die Kölner „Microphone Mafia“
überwinden mit ihrer Musik Grenzen, Genres und Generationen. Zu hören sind am 22. Mai im
Neubau des Oberstufengebäudes jiddische Lieder und Rap Songs. Die Arrangements vereinen eine
Vielfalt von Instrumenten mit textlichen Einflüssen von Brecht, Nazim Hikmet, Cem Karaca oder
Boris Vian. Präsentieren werden die Musiker/Innen Stücke aus ihrem 2009 erschienenen Album „per
la vita“ – für das Leben.
Die Jüdin Ester Bejerano überlebte im Konzentrationslager Ausschwitz, weil sie Klavier spielen
konnte. „Du hast Glück bei den Frauen, bel Ami“ musste sie auf einem Akkordeon vorspielen, um
statt Steine schleppen im Orchester mitspielen zu dürfen. Da war sie 19 Jahre alt. Sie konnte Klavier
spielen, ein Akkordeon hatte sie nie zuvor in der Hand gehabt. Vor den Gaskammern musste sie
spielen, mit Tränen in den Augen und vor den Waffen der SS. Während eines Todesmarsches in
Südmecklenburg konnte sie fliehen und erlebte am 3. Mai 1945 in Lübz die Befreiung durch die Rote
Armee. Später ging sie mit ihrer Familie nach Israel, aber da sie das Klima und die Unterdrückung der
Palästinenser nicht ertrug, kehrten sie nach Deutschland zurück. Selbstverständlich demonstriert sie
seither gegen Neonazis und rechte Gewalt. Musik war im KZ ihre Waffe zum Überleben. Musik ist
heute ihr Plädoyer gegen rechte Gewalt und gegen die europäische Asylpolitik. Mit ihren Kindern
Edna und Joram präsentiert sie in der Band „Coincidence“ antifaschistische und jüdische Lieder.
„Die einzige Mafia, die die Welt braucht“ überschreibt die Hip-Hop-Gruppe „Microphone Mafia“ auf
deren Homepage ihren Werdegang. Im Kölner Arbeiter-Milieu gründeten 16- bis 17-jährige Kids
deutscher, italienischer und türkischer Herkunft die „Microphone Mafia“. Das war vor 26 Jahren.
„Wir sind keine Bürgerkinder, wir sind Proletenkinder und wir sind sogar stolz darauf, denn wir
mussten uns alles im Leben erkämpfen.“ Selbstverständlich wurde in allen Sprachen gerappt. „Wenn
man aus verschiedenen Kulturen kommt, dann hat man einen reichen musikalischen Schatz, aus dem
man seine eigene Musik entwickeln kann.“ Und so wurden auch die türkische Zurna oder die
neapolitanische Mandoline in ihren Hip-Hop integriert. Sieben Alben hat die „Microphone Mafia“
inzwischen veröffentlicht. 2009 haben sie die Musik der Bejeranos „gesampelt“ und die CD „per la
vita“ (für das Leben) veröffentlicht. In Groß-Gerau werden die Rapper Kutlu Yurtseven, Signore Rossi
und DJ Önder gemeinsam mit Esther, Edna und Joram Bejerano auch Lieder aus diesem Album
präsentieren. „Wir haben uns in unseren Texten immer mit dem Leben befasst, mit Hoffnungen,
Träumen, aber auch Enttäuschungen“ , so die Köllschen Rapper. Und plötzlich sei ihre „Mafia“ zum
Aushängeschild im Kampf gegen Rassismus und rechte Gewalt geworden. Und das sei gut so. Mit der
91-jährigen Jüdin Esther Bejerano, die inzwischen verwitwet in Hamburg lebt, haben sie vieles
gemein: Es wurde ihnen nichts geschenkt. Mit Musik schafften sie den Sprung aus dem Ghetto;
Esther Bejerano aus dem Konzentrationslager in Ausschwitz und die Hip-Hoper aus dem
Arbeiterghetto im Schatten der Kölner Bayer-Werke in Köln-Flittard.
Ein einzigartiges Zusammenspiel werden die Zuschauer/Innen am Freitagabend in der Aula der
Prälat-Diehl-Schule erleben. Und dies wird mehr als ein Konzert…; Beats, Rhythmen und Texte sind
ein Aufschrei aus Überzeugung, aus Lebenshunger, aus Träumen und Enttäuschungen.
Die Karten kosten für Schüler/Innen der PDS drei Euro, im Vorverkauf fünf Euro und am Abend acht
Euro. Karten sind im Vorverkauf im Evangelischen Dekanat Groß-Gerau in der Helwigstraße 30, in der
Groß-Gerauer Buchhandlung Callibe sowie im Sekretariat der PDS erhältlich.
Heidi Förster
Öffentlichkeitsarbeit