Zum Umgang mit den Logismoi

Michael Schneider
Zum Umgang mit den Logismoi
Je näher man Gott im Gebet kommt, desto größer die Wahrscheinlichkeit, daß man unter den
Einfluß von »Logismoi« gerät. Hinter diesen »Gedanken« steht des Wirken des »bösen Geistes«,
wie er von Ignatius von Loyola genannt wird. Der »böse Geist« (»Dämon«) wiederum besitzt »Freiheit« nur in dem Ausmaß, als wir zulassen, daß er Einfluß auf uns ausübt. Die Logismoi äußern
sich in »Sätzen« - und zwar besonders als.
- Gedanken,
- Versuchungen,
- innere Befehle
Die gefährlichsten Logismoi sind jene, die von unseren eigenen Leidenschaften aktiviert werden;
gerade ihre Einflüsterungen und Versuchungen sind äußerst hinterhältig und scheinheilig. Im Umgang mit seinen Gedanken (und Leidenschaften) durchläuft der einzelne fünf Stadien, wobei erst
die beiden letzten als »sündhaft« bezeichnet werden können:
- Suggestion,
- Dialog als inneres Debattieren,
- Kampf bzw. Zwiespalt,
- Zustimmung und Einwilligung,
- Lasterhafte Leidenschaft.
Der geistliche Kampf des Christen spielt sich also im Umgang mit diesen »Gedanken« ab, die sein
Herz und seinen Kopf bestürmen. Es sind Kräfte, die verhindern, daß er Gottes Realität erfährt.
Ein Logismos ist ein Gedanke von besonderer Qualität und Machtintensität. Wenn ein Logismos in
uns eindringt, kann er den ganzen Menschen okkupieren und verpesten, und zwar auf einer sehr
tiefen und grundsätzlichen Ebene. Das ganze geistliche Fundament kann in seinen Grundfesten erschüttert werden. Hilflos scheinen wir dann solchen Gedanken ausgeliefert zu sein und wir scheinen uns nur vergeblich mit ganzer Kraft gegen sie zu wehren.
Selbst Heilige werden von Logismoi bedrängt, aber sie lassen nicht zu, daß diese in sie eindringen.
Letzten Endes hat der Logismos keine Macht über uns und kann uns nur dann Schwierigkeiten machen, wenn wir uns ängstigen und ihm nachgeben. Die beste Taktik ist als, ihn zu ignorieren.
Die Erscheinung des Logismos verändert sich ständig (vgl. Versuchungsbericht Jesu). Er behält nie
eine feste Gestalt bei, denn sein Ziel ist es, uns durch seine verschiedenen Auftrittsweisen zu
verwirren und zu täuschen. Deshalb bedürfen wir auch eines geistlichen »Führers«. Dieser wird nur
helfen können, wenn er und sein »Schüler« eine innere Einheit bilden; dabei wird der Heilige Geist
auf so geheimnisvolle Weise wirken, daß der Schüler genau den Rat erhält, der für seine geistliche
Entwicklung erforderlich ist; doch wird der Heilige Geist durch den geistlichen Führer eher indirekt
als konkret wirken.
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Eine andere wichtige Schutzwaffe ist das Kreuz(zeichen); kein Dämon kann vor ihm bestehen,
wenn wir ein Kreuzzeichen machen und den Namen Christi anrufen. Deshalb muß man auch lernen,
sich richtig zu bekreuzigen und nicht bloß mechanisch. Wenn wir uns z.B. vor dem Tun bekreuzigen, stellt sich eine außergewöhnliche Energie ein und bietet Schutz auf dem Weg.
Immer wenn an einem bestimmten Ort Sünden begangen werden, ist das ganze Umfeld von unguter Energie aufgeladen. Diese wirkt sich auf die Menschen aus, die sich dort aufhalten. Ähnlich
wie bei Räumen verhält es sich in der Begegnung bei den Menschen: nach manchen Begegnungen
kehren wir eher schlechter und bei anderen eher besser zurück.
Gerade junge und empfindsame Seelen leiden unter solchen Logismoi, sie können sogar bleibende
seelische Folgeschäden haben. Meist erkennt man nicht, daß die Logismoi, die einen bedrängen,
gar nicht unbedingt aus dem eigenen Inneren kommen, sondern von außen eindringen. Indem man
sich jedoch schuldig fühlt und die »Wiederholung des Warum« (Paisios) beginnt, steigert man sich
sozusagen in die Logismoi hinein, worüber man noch empfindlicher wird, weil man keine Antwort
auf die Frage erhält, warum man überhaupt von solchen Gedanken bedrängt wird: Man erschrickt
über die Vielzahl und Art der Logismoi, die einen bestürmen, ohne zu wissen warum; genau in diesem Augenblick wird der böse Geist einem am meisten schaden können. Ganz anders die Heiligen,
sie haben den wiederkehrenden Logismoi nicht nachgegeben und sich bei ihnen nicht aufgehalten,
sondern diese gleich abgewiesen. Dies wurde für sie zum »Sieg« über die Logismoi.
Wer von Logismoi versucht wird, ähnlich wie Jesus in der Wüste, darf also keine Schuldgefühle
entwickeln, denn man ist für sie nicht verantwortlich. Heilige bedrängten Legionen von Logismoi
(vgl. Antonius der Große). Es gab noch keinen Menschen, der nicht derart von Myriaden an Logismoi bestürmt wurde. So wird wohl jeder von den verrücktesten und groteskesten Logismoi bestürmt, die man sich vorstellen kann, doch sie haben nichts mit der Güte unserer Seele zu tun.
Nicht selten schicken die bösen Geister aber einen Logismos, der uns beruhigen und uns einreden
will, es sei durchaus in Ordnung, etwas Bestimmtes zu tun, da Gott »mitfühlend« und »barmherzig« sei und uns ohnehin vergeben würde. Gibt man nun diesem Logismos nach und begeht die
von ihm »eingeflüsterte« Handlung, überfüllt er uns mit seiner Einflüsterung von »Gott als einem
strafenden und gnadenlosen Richter«, der uns sicher verdammen werde. Indem der einzelne einem
solchen Logismos nachgegeben hat und ihm unterlag, wird dieser schon sehr bald zurückkehren,
aber mit noch größerer Kraft; dann wird es noch schwieriger sein, ihm zu widerstehen. Dies kann
bis zur Sucht entarten.
Logismoi, die von Gott kommen, lösen in uns immer Frieden und Freude aus, die Dämonen hingegen machen uns unglücklich und unruhig: Verzweiflung und Depression kommen nicht von Gott!
Deshalb sollten wir wegen unserer Verfehlungen nicht verzagen, sondern realistisch werden und
vor allem voller Mitgefühl, speziell auch für uns selbst.
Die beste Strategie ist, die Logismoi einfach zu ignorieren, also die völlige Gleichgültigkeit. Auf jeden Fall ist es gefährlich, sich in ein Gespräch mit ihnen einzulassen, sei es aus Neugier oder aus
Vertrauensseligkeit. Denn man ließe sich in ein Gespräch ein mit einem, der wesentlich stärker ist
als man selbst und vermutlich sogar immer dreister wird.
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Wenn ein Logismos einen nicht losläßt, ist die Methode des »Spaltlogismos« anzuwenden. Man
greift zu einem anderen Logimos und konzentriert sich auf diesen. Man konzentriert sich beispielsweise auf etwas »Unsinniges« bzw. »Unbedeutendes«, um sich abzulenken. So denkt oder tut man
an etwas »Lächerliches«, um dadurch die Energie des quälenden Logismos zu ersticken. Ebenso
hilfreich sind Sport, Leibübungen, Wandern, körperliche Arbeit etc. Besonders hilfreich sind vor
allem das Gebet, besonders der Rosenkranz oder das Jesusgebet, sodann die Teilnahme an der Liturgie, das Fasten, die Beichte (als offenes Bekenntnis der eigenen Versuchbarkeit und das Aussprechen meiner jeweiligen Versuchungen), die Lektüre des Lebens von Heiligen und anderen Lebensvorbildern. Man sollte jedoch nicht gleich anfangen zu beten, solange man in Panik ist, also
nicht genau in dem Moment, indem man von einem Logismos angerührt wird.
Ferner sollte man sich nicht an Orten oder in Situationen aufhalten bzw. sie aufsuchen, die eine bestimmte sündhafte Versuchung hervorrufen oder an sie bzw. eine bestimmte Leidenschaft erinnern.
(Manchmal ist es besser, seinen Fernseher zu verkaufen oder im PC eine Sicherung einzubauen.)
Man spricht hier von philepistrofa, denn die alten Leidenschaften kehren gerne wieder.
Es gibt auch das Gesetz der Anadoché (Auf-sich-Nehmen, Ertragen). So kann ein geistlicher Begleiter die Lasten derer auf sich nehmen, die unter seiner Führung stehen und ihnen so die Schwere ihrer Schuld abnehmen. So können das Leid und die Versuchungen der anderen auf ihren geistlichen
Begleiter übertragen wird (wie Christus die Sünden derer auf sich nahm, die er erlösen wollte). Um
des geistlichen Fortschritts eines anderen willen, den man zu führen hat, nimmt man ihre Last
gerne auf sich, was dem anderen dann zum Guten gereicht.
Unmerklich jedoch werden wir die Lasten derer aufgeladen bekommen, die wir mißhandeln. Wenn
wir andere verleumden oder Lügen über sie verbreiten und sie es uns nicht mit gleicher Münze
heimzahlen, kann ihre Last, ihr Leid und ihre Versuchung zum Teil auf uns als die Übeltäter, die ihnen geschadet haben, übertragen werden. Hier handelt es sich um eine negativ wirkende »Anadoché«: Wenn andere uns verletzen, neigen wir gerne dazu, es ihnen heimzuzahlen, weil wir davon
ausgehen, daß wir uns wehren müssen, um unseres guten Namens und unserer Ehre willen; in
Wirklichkeit holen wir mit diesem Zurückschlagen jedoch gegen uns selber aus... Gewiß ist es gut,
wenn wir bei erlittenem Unrecht uns wehren: »Was schlägst du Mich, habe Ich dir etwas getan?«,
fragt Jesus seinen Beleidiger in der Passion. Aber zuweilen kann das Eintreten für unsere »Rechte«
in Wirklichkeit einen Teufelskreis eröffnen, der womöglich unsere geistlichen Grundlagen untergräbt. Wenn wir auf Aggression nur mit Aggression reagieren, verlieren wir auch die Möglichkeit,
aus der Erfahrung geistlichen Nutzen zu ziehen.
Bedenke: In all den aufgezählten Situationen im Umgang mit den Logismoi gibt es immer eine Ausnahme
im dargestellten Vorgehen gegen sie, so daß wir uns dann anders verhalten müssen, als hier beschrieben...
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