FOTOS (3): ADVITA 46 UNTERNEHMER-PORTRÄT Der Arzt MIT SEINEM PFLEGEDIENST ADVITA GEHÖRT DR. MATTHIAS FAENSEN ZU DEN GROSSEN DER BRANCHE. SEIT 2004 HAT DER ARZT UND PSYCHOLOGE DAS UNTERNEHMEN KONTINUIERLICH AUSGEBAUT. DABEI BLICKT FAENSEN AUF EINE BEWEGTE BERUFLICHE LAUFBAHN ZURÜCK. DER HEUTE 66-JÄHRIGE HAT ALS ARZT IN KLINIKEN GEARBEITET, WAR LEITENDER BEAMTER IN DER BERLINER SENATSVERWALTUNG UND GESCHÄFTSFÜHRER VERSCHIEDENER UNTERNEHMEN IM GESUNDHEITSSEKTOR. HÄUSLICHE PFLEGE | 02.2016 UNTERNEHMER-PORTRÄT 47 ZUR PERSON: DR. MATTHIAS FAENSEN + + + + + + + verheiratet mit Milada Tupová-Faensen Arzt und Psychologe 2004: Kauf des Pflegedienstes advita gefragter Experte zu Themen ambulanter Pflege und Wohnungswirtschaft Vorsitzender des bpa-Landesverbandes Sachsen Präsidiumsmitglied des bpa passionierter Schachspieler und Golfer Wir bieten unseren Kunden ein gut strukturiertes, abwechslungsreiches soziales Leben. > Dr. Matthias Faensen > Von Lukas Sander O ffen gestanden hat mich Pflege in Sachsen am Anfang wenig gereizt“, sagt Matthias Faensen rückblickend auf den Sommer 2004. Der Arzt, Psychologe und Manager war zu dieser Zeit als Geschäftsführer in den Pflegedienst advita mit Standorten in Sachsen und Berlin geholt worden. Es war wohl ein glücklicher Umstand, dass die damalige Besitzerin des Unternehmens – eine international aufgestellte Holding mit Sitz in Amsterdam – ebenfalls wenig mit „Pflege im Erzgebirge“ am Hut hatte. So ergab sich für den erfahrenen HealthcareManager die Chance, etwas zu tun, was ganz anders war als das, was er bisher gemacht hatte. „Es ist ein Geschäft, bei dem man jeden Monat weiß, was passiert“, beschreibt Faensen die ambulante Pflege. Das war der gebürtige Westberliner nicht gewohnt. Er hatte die „wilden Zeiten“ der 90er Jahre miterlebt und mitgestaltet: Nach einer Phase als praktizierender Arzt in verschiedenen Kliniken war er in die Berliner Senatsverwaltung gegangen, um dort als Referatsleiter die Integration der Krankenhäuser aus dem Osten in das westliche Gesundheitssystem zu regeln. Der leitende Medizinaldirektor Dr. Matthias Faensen hatte einen sicheren und gut dotierten Posten, der zugleich enorme Gestaltungsmöglichkeiten bot. Dann aber wechselte die Berliner Regierung – und man wollte ihn versetzen und mit anderen, offensichtlich wenig interessanten Aufgaben in einer Statistikabteilung betrauen. Ein Ruheposten auf dem Abstellgleis? Das konnte und wollte sich Faensen nicht einmal vorstellen. Er zog es vor, in die freie Wirtschaft zu gehen. Seine vielfältigen Erfahrungen nutzten Faensen bei so manchem Folgejob: Privatisierung des Klinikums Erfurt, Geschäftsführung eines Technologiezentrums, mit dem 37 Firmen aus der Biomedizin der Marktstart ermöglicht wurde. Dann Geschäftsführer einer Klinik in Süddeutschland – und schließlich der Einstieg bei advita. Advita war damals sehr regional aufgestellt. Rund 100 Mitarbeiter waren von sechs Niederlassungen in Sachsen und einer in Berlin aus unterwegs in Sachen Pflege. Obwohl der Pflegedienst Verluste machte, erkannte Matthias Faensen das Potenzial: „Das ist ein interessanter Markt, in dem man sehr schnell Erfolg haben kann.“ Heute hat advita fünfzehn Mal so viele Beschäftigte. Die echte „Liebe“ für das Geschäftsfeld sei aber erst im Laufe der Zeit gekommen: „Insbesondere als ich die Niederlassungsleitungen kennenlernte: sehr geschäftstüchtige Frauen mit sehr viel Humor.“ HÄUSLICHE PFLEGE | 02.2016 In kürzester Zeit entschloss sich der Geschäftsführer zu einem mutigen Schritt: Er kaufte der Holding das Unternehmen zum Januar 2005 ab. Die Bank für Sozialwirtschaft finanzierte diesen Management Buy-Out und ist noch heute ein enger und wichtiger Geschäftspartner. WOHNUNGSWIRTSCHAFT: STARKE PARTNER FÜR DAS WACHSTUM Starke Partner brauchte Matthias Faensen, denn ihm war von Anfang an klar: „Die Verbindung von Pflege und Wohnen spielt eine zentrale Rolle.“ 50 Wohnungsbaugesellschaften schrieb er nach der Übernahme des Unternehmens an – zu zweien konnte er durchdringen, um Kooperationen zu beginnen. Mittlerweile ist der Pflegedienst-Chef gern gesehener Gast und Ratgeber der Wohnungswirtschaft. Auch beim Tag der Wohnungswirtschaft am 9. März 2016 im Rahmen der Altenpflegemesse in Hannover wird er sprechen. Das Produkt, mit dem advita seither sehr erfolgreich am Markt ist, heißt advita-Haus, eine Kombination aus ambulant betreuten Wohngemeinschaften, Servicewohnen und Tagespflege. Das Markenversprechen, das Faensen seinen Kunden gibt: Gestaltungsfreiheit. „Wir bieten unseren Kunden ein gut strukturiertes, abwechslungsreiches soziales Leben.“ Dazu gehören das tägliche Miteinander im Wohnumfeld, organisierte Ausflüge, Hilfe im Haushalt und vieles mehr. Das erste advita-Haus eröffnete 2009 in Leipzig und vereinte Servicewohnen und Tagespflege. Die meisten weiteren Standorte haben bereits zusätzlich ambulante WGs, in denen auch eine intensivmedizinische Versorgung angeboten werden kann. Das Angebot wächst beständig. Erst am 1. November 2015 eröffnete in Radeberg ein weiteres advitaHaus – mit 70 Wohnungen, einer Wohngemeinschaft und einer Tagespflege (insbesondere zum Tagespflegekonzept lesen Sie bitte den Artikel von advita-Bereichsleiterin Eve Fichtner in Häusliche Pflege-Ausgabe 11/2015). Das Portfolio bei advita ist breit gefächert: 20 bis 25 Prozent ambulante Tourenpflege, 25 Prozent Wohngemeinschaften. Die Bereiche Tagespflege und Servicewohnen wachsen sehr stark. 30 Prozent umfasst die Außerklinische Intensivpflege. INTENSIVPFLEGE: SCHIEFE BILDER BEI DER POLITIK Seit 2006 ist advita in der Intensivpflege aktiv: ein immer noch lukratives Geschäft, das allerdings politisch und von Seiten der Kassen unter Druck gerät. Matthias Faensen sieht das Wachstumspotenzial in diesem Bereich zumindest in Sachsen begrenzt und hat es bei advita >> 48 UNTERNEHMER-PORTRÄT > Ein starkes Team: Die Eheleute Milada TupováFaensen und Matthias Faensen. im Verhältnis zu den anderen Geschäftsbereichen in den letzten Jahren weniger stark ausgebaut. Als 2012 das Landesheimgesetz im Freistaat erlassen wurde, machte der Intensivbereich bei advita etwa 50 Prozent der Geschäftstätigkeit aus. Aber: „In Sachsen wurde die Intensivpflege in Wohngemeinschaften faktisch ausgeschlossen.“ Noch heute kann Faensen die politischen Debatten von damals nicht nachvollziehen. Ihr Bild von der Intensivpflege, das Politiker damals offenbart hätten, habe wenig mit der Wirklichkeit zu tun. Etwa die Annahme, dass Intensivpflegepatienten in der Regel nicht bei Bewusstsein sind und kein selbstbestimmtes Leben führen könnten. Das aber sei nur bei einem sehr geringen Teil der Betroffenen der Fall. Die meisten, so Faensen, seien bei Bewusstsein, benötigten aber rund um die Uhr Unterstützung – beispielsweise weil sie beatmungspflichtig sind. Doch die damalige zuständige Ministerin, selbst ausgebildete Intensivkrankenschwester, habe in den Landtagsdebatten zum Heimgesetz konsequent von „Koma-Patienten“ gesprochen. Für viele Beobachter war bereits damals deutlich, wie stark der Einfluss der Krankenkassen war, die die Kosten in der Intensivpflege begrenzen wollten. Advita reagierte auf die ZAHLEN, DATEN, FAKTEN DER PFLEGEDIENST IM ÜBERBLICK ADVITA PFLEGEDIENST GMBH Entwicklung und bietet Intensivpflege in Sachsen künftig auch als stationäre Versorgungsform an. Matthias Faensen verfolgt das politische Geschehen nicht nur als Unternehmer. Von Anfang an ist er mit Advita Mitglied im Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa). Seit neun Jahren ist er in Sachsen Landesvorsitzender und wirkt so bei der politischen Willensbildung mit. Auf Bundesebene ist der Mitglied im Präsidium des Verbandes. Die Verbindung zum bpa hat Matthias Faensen in vieler Hinsicht nach vorn gebracht. Denn dort lernte er Peter Fischer kennen und schätzen. Der Rechtsanwalt leitete die bpa-Geschäftsstelle in Leipzig. Heute ist Fischer Mitglied der Geschäftsführung bei Advita. „Peter Fischer hat den gesamten Preisbildungsprozess im Griff. Das läuft bei uns hochprofessionell“, sagt Faensen. Es vergehe keine Woche zwischen dem Auslaufen eins Vertrages und dem neuen Abschluss eines neuen Vertrages. Bereits seit 2006 arbeitet Milada Tupová-Faensen, die Ehefrau von Matthias Faensen, mit in der advita-Geschäftsführung. Sie organisiert die Verwaltung und richtet als kreative Kraft die advita-Häuser ein. Dafür hat sie ein besonderes Händchen, denn nahe der advita-Zentrale in Berlin betreibt sie ein Ladengeschäft für Stoffe aus Italien und gleich daneben ein Kultur-Kaffeehaus. In der wenigen freien Zeit spielen beide leidenschaftlich Golf. Irgendwann möchte er für seine Leidenschaften gern mehr Zeit haben. Jetzt, mit 66 Jahren, denkt Matthias Faensen deshalb langsam darüber nach, sich aus dem Geschäftsleben zurückzuziehen. Doch sein Unternehmen soll weiter wachsen. Eine frische Finanzspritze hat sich Faensen im Jahr 2014 von der Unternehmensbeteiligungsgesellschaft Adiuva geholt. Die Erfolgsgeschichte von Advita geht weiter. Gründung 1993 Kunden 2.615 Mitarbeiter 1.580 Region Sachsen, Berlin , Sachsen-Anhalt, Thüringen Dr. Matthias Faensen ist Referent beim Zukunftstag ALTENPFLEGE und Rechtsform GmbH Leitmesse“: www.zukunftstag-altenpflege.de; vinc.li/wohnungswirtschaft weitere Versogungsangebote Intensivpflege, WGs, Service-Wohnen, Tagesplege Software Medifox Eigenkapitalquote 44 % durchschnittliches jährliches Wachstum 15 % Mitarbeiterfluktuationsquote 25 % Krankheitsquote 5,6 % beim Tag der Wohnungswirtschaft im Rahmen der „ALTENPFLEGE – Die LUKAS SANDER > Chefredakteur der Zeitschrift Häusliche Pflege > [email protected] > www.haeusliche-pflege.net > XING www.xing.com/net/haeuslichepflege > Stand: Januar 2016 HÄUSLICHE PFLEGE | 02.2016 FOTO: PRIVAT >>
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