BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery fordert

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Verschiedenes
KV-Blatt 05.2015
Nach der Germanwings-Tragödie
BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery fordert:
Hände weg von der ärztlichen Schweigepflicht!
Der Präsident der Bundesärztekammer,
Prof. Frank Ulrich Montgomery, hat
vor übereilten Forderungen nach einer
Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht gewarnt. Im Zusammenhang
mit der verheerenden Flugzeugtragödie
über den französischen Alpen am
24. März, bei der 150 Menschen den
Tod fanden, forderte der CDU-Bundestagsabgeordnete Dirk Fischer nach
Angaben der „Rheinischen Post“ (Düsseldorf ) eine Lockerung der ärztlichen
Schweigepflicht für „sensible Berufe“.
etwa wenn ein Patient gegenüber seinem Arzt konkrete Absichten äußert,
schwerste Straftaten zu begehen.“
Insoweit sei ein Arzt dann zur Offenbarung von Informationen berechtigt,
wenn er ganz konkrete Anhaltspunkte
habe, dass der Patient eine entsprechende Gefahrensituation herbeiführen würde. Dann könne der Arzt z. B.
berechtigt sein, die Angehörigen eines
Patienten vor einer von diesem ausge-
zunächst einmal das für die Prüfung der
Eignung von Piloten zuständige Luftfahrtbundesamt in der Pflicht: „Wenn
der aktuelle Fall Änderungen des dortigen Regelwerkes notwendig macht –
wovon auszugehen ist – muss das für
das Luftfahrtbundesamt mit Bindungswirkung für die Piloten erfolgen. Eine
Einschränkung der freien Arztwahl für
Piloten, Omnibusfahrer, Lokführer etc.
mit Lockerung der Schweigepflicht ist
nicht zielführend.“
Piloten müssten zu Ärzten gehen, die
von den Arbeitgebern vorgegeben und
von ihrer Schweigepflicht gegenüber
dem betreffenden Arbeitgeber und dem
Luftfahrtbundesamt befreit würden.
Zu dieser Forderung und der Diskussion
über eine mögliche Lockerung der
ärztlichen Schweigepflicht erklärt der
Präsident der Bundesärztekammer
Prof. Montgomery: „Die bislang
bekannt gewordenen Hintergründe des
schrecklichen Flugzeugabsturzes dürfen
nicht zu vorschnellen politischen und
rechtlichen Entscheidungen verleiten.
Die ärztliche Schweigepflicht ist ebenso
wie das verfassungsrechtlich geschützte
Patientengeheimnis ein hohes Gut
und für alle Bürgerinnen und Bürger in
Deutschland ein Menschenrecht.“
Nach dem Berufsrecht der Ärztekammern hätten Ärzte über das, was ihnen
in ihrer Eigenschaft als Arzt anvertraut
oder bekannt geworden ist – auch
über den Tod des Patienten hinaus –
zu schweigen. Dazu gehörten auch
schriftliche Mitteilungen des Patienten, Aufzeichnungen über Patienten,
Röntgenaufnahmen und sonstige
Untersuchungsbefunde. Montgomery:
„Gemäß § 203 Strafgesetzbuch können
Ärzte sogar zu Freiheitsstrafen verurteilt
werden, wenn sie ihre Schweigepflicht
verletzen. Ärzte dürfen jedoch Auskunft
geben, wenn sie von der Schweigepflicht entbunden worden sind oder
soweit die Offenbarung zum Schutze
eines höherwertigen Rechtsgutes vor
schweren Schäden erforderlich ist,
henden Ansteckungsgefahr mit einer
schweren Infektionskrankheit zu warnen oder die Verwaltungsbehörde zu
benachrichtigen, wenn ein Patient als
Kraftfahrer am Straßenverkehr teilnimmt, obwohl er aufgrund einer
Erkrankung (z. B. Alkoholsucht) dabei
sich und andere gefährde.
Erforderlich sei in beiden Fällen jedoch,
so Prof. Montgomery, „dass der Arzt
vorher auf den Patienten ohne Erfolg
eingewirkt hat, um ihn von der Herbeiführung der Gefahrensituation abzuhalten.“
Jonitz: „Einschränkung der freien Arztwahl durch Lockerung der Schweigepflicht nicht zielführend“
Berlins Ärztekammerpräsident Dr.
Günther Jonitz sieht in dieser Frage
Chef der Psychotherapeutenkammer:
Vorhandene Regelungen reichen völlig
aus
Rainer Richter, der Präsident der
Bundespsychotherapeutenkammer
(BPtK), ist ebenfalls gegen eine Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht.
Richter lehnte gegenüber der Deutschen Presseagentur solche Forderungen mit dem Hinweis ab, dass es für
Ärzte und Psychotherapeuten bereits
jetzt möglich sei, „die Schweigepflicht
in Fällen, in denen Patienten andere
Personen gefährden, zu durchbrechen“,
wenn dadurch die Schädigung Dritter verhindert werden könne. Wenn es
gar um Leben und Tod ginge, seien sie
dazu sogar verpflichtet.
red/­litt