„Flexibel auf individuelle Lebenskonzepte eingehen“

„Flexibel auf individuelle
Lebenskonzepte eingehen“
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Detecon Management Report dmr • Special Transformation & Peoplemanagement 2 / 2015
Interview mit Uwe Tigges, Personalvorstand (CHO), Arbeitsdirektor RWE
Home Office allein reicht nicht mehr aus, um flexibles Arbeiten zu ermöglichen, so Uwe Tigges,
Personalvorstand bei RWE. Vielmehr gilt es, als Arbeitgeber unterschiedliche Lebenskonzepte zu
akzeptieren und sich darauf einzustellen. Besondere Anforderungen stellt dieser Wandel an die
Führungskräfte: Sie müssen über Vertrauen und Ergebniserwartung führen – und den Umgang
mit permanentem „Nicht-Wissen“ lernen.
DMR: Digitalisierung und Globalisierung sind ganz wesentliche
Trends, durch die sich Geschäftsmodelle und Wettbewerbssitua­
tionen grundlegend verändern. Disruptiv und digitale Revolution
sind hier nur zwei der „Buzzwords“, die diese Entwicklung beschreiben. Was bedeutet dies aus Ihrer Sicht für die Gestaltung von
Arbeit und Arbeitsbedingungen?
U. Tigges: Die Frage ist, wie schnell, wie innovativ wir auf
Veränderungen reagieren. Es kommt darauf an, dass wir die
Chancen nutzen, die die Innovationen bieten. Natürlich wird
der Veränderungszyklus immer rasanter, Politik, Unternehmen,
Mitarbeiter und unsere Gesellschaft fordern uns kontinuierlich.
Überleben wird der, der sich weiterentwickelt. Deshalb ist es
wichtig, ein Klima zu schaffen, das den Menschen Freiraum
gibt, Neues zu wagen und sich auf Neuerungen einzulassen.
Dabei kommt es nicht allein auf die Arbeitsbedingungen an,
weil sich diese zunehmend nicht von unseren Lebensbedingungen unterscheiden werden. Digitale Technologien machen da
keinen Unterschied mehr. Aufgrund des bisher sehr klassischen
Geschäftsmodells der RWE haben viele Mitarbeiter hier im Unternehmen „begonnen“ und sind dann auch teilweise bis zur
Rente der gleichen Arbeit nachgegangen. Die derzeitige Hauptaufgabe ist es, unsere Mitarbeiter zu verstehen und sie soweit
zu bringen, bei zukünftigen Aufgaben mitzugehen. Im Rahmen
unseres „Next Level Leadership“-Programm für unsere Top 300
Führungskräfte haben wir 21 Leitlinien eingeführt – „Awareness“ und „Mindfullness“ sind hier die Schlagwörter. Für unsere Führungskräfte geht es darum, Dinge schnell zu erkennen,
Entscheidungen zu treffen, diese über die neue Feedbackkultur
anstoßen zu können und sich selbst zu hinterfragen. Grundsätzlich führen wir nach Zielen, in denen wir unsere Fehlerkultur
integriert haben. Über die Leitlinien hinterfragen wir zusätzlich,
wie Ziele erreicht wurden.
DMR: Im internationalen Vergleich scheint Deutschland auf den
ersten Blick abgehängt zu sein – nahezu alle wirklichen Basisinnovationen im Technologiebereich kommen aus den USA. Was sind
aus Ihrer Sicht die wesentlichen Gründe dafür?
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U. Tigges: Für die Energiewirtschaft ist das differenzierter zu
betrachten. Nehmen wir das Beispiel Kraftwerkstechnologie:
Hier sind wir viele Jahre Marktführer gewesen. Allerdings sinkt
auf Grund der politischen Umstände natürlich das Interesse,
weiterhin innovativ in diese Technologie zu investieren. Aber
auch die neuen Technologien sind kein „Selbstläufer“. Am Beispiel Windkraftanlagen sehen wir, dass deutsche Unternehmen
technologisch auf dem höchsten Niveau mitspielen, die Akzeptanz, diese Anlagen in der Landschaft zu errichten, jedoch
nicht gegeben ist. Selbst wenn wir die Windkraftanlagen vor der
Küste errichten, sind jahrelange Diskussionen über die notwendigen Hochspannungstrassen zu führen, die das wirtschaftliche
Risiko, in diese Anlagen im Großmaßstab zu investieren, erheblich erhöhen. Von daher bestimmen in vielfacher Weise die
jeweils lokalen Gegebenheiten, in wieweit oder wie schnell sich
innovative Produkte durchsetzen können. Hier lässt sich keine
pauschale Aussage USA vs. Deutschland treffen. Grundsätzlich
finden wir in den USA eine noch viel stärkere Gründungs- und
Venture-Capital-Kultur vor, als dies aktuell in Deutschland der
Fall ist. Auch der positivere Umgang mit Fehlern zeichnet das
Innovationsumfeld in den USA aus. All dies sind mit Sicherheit
Treiber für Innovationen, gerade auch im Technologiebereich.
DMR: Glauben Sie, dass Themen wie Regulierung und Mitbestimmung Innovationen in deutschen Unternehmen hemmen? Wie
stehen Sie in diesem Zusammenhang zum Thema „Flexibles Arbeiten“?
U. Tigges: Die Aussage, dass wir in vielen Bereichen in Deutschland zu stark reguliert sind, würde ich unterstützen. Aber ob
dies der Grund dafür ist, dass der Innovationsmotor blockiert
wird und wir hinter den USA anstehen, würde ich in Frage stellen. Am Beispiel Berlin sieht man ja, dass auch in Deutschland
Innovationen erfolgreich stattfinden – hier hat sich eine wirkliche Gründerkultur und Community entwickelt. Ich glaube
eher, dass wir es in Zukunft schaffen müssen, flexibler auf die
individuellen Lebenskonzepte einzugehen, gerade im Bezug auf
das Thema Arbeitszeit. Dass die Bedürfnisse unserer Mitarbeiter
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unterschiedlich sind, stelle ich immer wieder in Diskussionen
fest – die Interessen einer Generation Y unterscheiden sich
schon stark gegenüber den Interessen der Mitarbeitergruppe der
50 jährigen oder Familien. Wir benötigen hier mehr Flexibilität,
die die unterschiedlichen Lebensphasen und -zyklen berücksichtigt – und dies betrifft Unternehmen wie auch die Politik.
DMR: Lassen Sie uns einen Blick auf die Energiebranche selbst
werfen: Auch Ihre Branche unterliegt einem radikalen Veränderungsprozess, der in dieser Form einzigartig ist. Was bedeutet dies
für die Ausgestaltung von Arbeit und die Art, wie Ihre Mitarbeiter
zukünftig zusammenarbeiten werden?
U. Tigges: Wir erleben die Veränderungen unserer Wettbewerbssituation vor allem durch das rasante Wachstum der erneuerbaren Energien und den wachsenden wirtschaftlichen
Druck auf die konventionelle Energieerzeugung. Natürlich stellen wir uns dem Markt, denn wir verfügen grundsätzlich über
alle Kompetenzen, innovative Ideen zu entwickeln und auf den
Markt zu bringen. Unsere Innovationen werden von Menschen
gemacht, die miteinander für den Erfolg von RWE arbeiten.
Die Arbeitsbedingungen sind dabei treibende Kraft, uns geht
es um Vertrauen und Selbstbestimmung. Wir als Arbeitgeber
müssen unterschiedliche Lebenskonzepte akzeptieren und uns
darauf einstellen.
DMR: Was wird sich zukünftig im Kontext von Digitalisierung
und Globalisierung in der Zusammenarbeit in großen Strukturen
im Vergleich zu heute ändern?
U. Tigges: Bei RWE haben wir festgestellt, dass harte Strukturen und Hierarchien aufgebrochen werden und das Thema
Vernetzung immer mehr an Bedeutung gewinnt, gerade in internationalen und globalen Projektstrukturen sowie in Teams.
In diesem Zusammenhang ist auch noch das Thema Führung
und Zusammenarbeit zu nennen. Wir führen nicht mehr über
Anwesenheit und Zeit, sondern über Ziele. Als Mitarbeiter in
solchen globalen Strukturen muss ich mir zukünftig die Fragen
stellen: Wie, wann, wo und mit wem arbeite ich? Digitalisierung
beziehungsweise die Nutzung von digitalen Tools kann hierbei
optimal unterstützen, nicht zuletzt durch virtuelle Netzwerke,
Plattformen und Communities.
DMR: Sie haben in diesem Kontext das Programm „Great Place
to Work (GPTW)“ aufgesetzt. Können Sie kurz umreißen, was
die Zielsetzung des Programmes ist und was sich nach einer erfolgreichen Umsetzung für RWE geändert haben sollte?
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U. Tigges: „GPTW“ ist Teil unserer „People Strategy“. Wir
wollen Arbeitgeber der Wahl sein und deshalb insbesondere
Leistungsträger, Talente sowie Inhaber kritischer Funktionen
über Führung und Gestaltung eines geeigneten Arbeitsumfeldes
binden, mobilisieren und anwerben. Wir wollen eine flexible,
herausfordernde und vernetzte Arbeitsatmosphäre etablieren
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und werden dabei auch die Bedürfnisse zukünftiger Mitarbeiter-Generationen berücksichtigen. Wichtig ist uns die Motiva­
tion und Leidenschaft unserer Mitarbeiter zu erhalten und weiter auszubauen – und das Länder übergreifend.
DMR: Welche Auswirkung soll dies auf die Kultur von RWE
­haben?
U. Tigges: Das ist natürlich ein Kulturthema. Wir wollen weniger Hierarchie und mehr Mitsprache für den Einzelnen, denn
wir brauchen mehr Kreativität und Innovationsvermögen. Das
Ergebnis zählt, nicht die Präsenz. Eine wesentliche Grundvoraussetzung ist dafür insbesondere auch, dass wir unseren Mitarbeitern maximale Flexibilität und Gestaltungsfreiheit bieten
– auch dafür steht mitunter GPTW. Letztlich beruhen alle in
diesem Rahmen durchgeführten Aktivitäten auf dem Prinzip
der Freiwilligkeit.
DMR: In Future-Work-Projekten denken wir in den Dimensionen
„People“, „Places“ und „Tools“. Wo sehen Sie Ihre wesentlichen
­Aktivitäten?
U. Tigges: Unsere Leitfrage ist, wann, wo und wie der Einzelne
arbeitet. Ganz oben auf der Agenda steht das Thema „Führung“.
Führungskräfte müssen eine Atmosphäre schaffen, in der die
Mitarbeiter ihre Fähigkeiten am besten entfalten können. Dazu
wird das Vertrauen benötigt, dass Mitarbeiter effizient arbeiten,
egal, ob im Büro oder außerhalb. Das wiederum bedarf einer
anderen Art der Kommunikation und Zusammenarbeit untereinander. Dazu zählt nicht nur, dass Führungskräfte ergebnis­
orientierter führen als bisher. Der Charme der Sache ist, dass der
Mitarbeiter im Grunde selbst bestimmen kann, wann und wo er
arbeitet. Diese Autonomie macht auch das Zusammenspiel von
Arbeit und Familie gestaltbarer. Persönlichen Vorlieben der Mitarbeiter wird mehr Rechnung getragen. Sie erfahren eine höhere
Wertschätzung und bekommen wesentlich mehr Eigenverantwortung und Gestaltungsspielraum. Das Ganze muss natürlich
von IT- und Kommunikationstechnologien begleitet werden,
denn der anwenderorientierte Einsatz vorhandener und neuer
Technologien mobilisiert die Zusammenarbeit und Kommunikation. Auch bei der Umgestaltung der Büroflächen stellen wir
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Uwe Tigges, geboren 1960 in Bochum, absolvierte eine Ausbildung zum Fernmeldemonteur, machte seinen Meister in Elektrotechnik und einen Abschluss als Technischer
Betriebswirt. 1977 stieg er bei Standard Elektrik Lorenz ein (heute Alcatel-Lucent
Deutschland). In die Energiebranche wechselte er 1984 zunächst als Informations­
techniker für die Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen (VEW). Von 1994 bis 2012
war er freigestellter Betriebsrat beim Energieversorger, der 2000 mit RWE fusionierte.
Von 2010 bis 2012 war er Vorsitzender des Konzernbetriebsrats. 2013 wurde er zum
Personalvorstand des RWE Konzerns berufen.
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die Förderung der Kommunikation und Zusammenarbeit unter
Berücksichtigung der spezifischen Erfordernisse der jeweiligen
Funktionsbereiche in den Vordergrund.
DMR: Wie verbreitet sind in Ihrem Haus „Home-Office-Regelungen“ und mobiles oder virtuelles Arbeiten? Welche Erfahrungen
haben Sie hiermit gemacht?
U. Tigges: Wir haben bereits seit vielen Jahren bewährte Regelungen zum Arbeiten von zu Hause. Damit konnten wir bisher
auch recht gut leben, denn wir haben auf organisatorische und
persönliche Situationen adäquat reagieren können. Das reicht
jetzt aber mit Blick auf die Veränderungen am Markt und den
demographischen Wandel nicht mehr aus. Wir müssen den
nächsten Schritt machen, um den Anschluss nicht zu verlieren.
DMR: Was bedeutet dies konkret für die Mitarbeiter von RWE
und welche Widerstände sind zu erwarten?
U. Tigges: Wir waren bereits sehr frühzeitig mit Führungskräften, Mitarbeitern und Betriebsräten zu GPTW im Gespräch
und setzen den Dialog jetzt im „Rollout“ intensiv fort. Wir verfolgen ganz konsequent den Weg, dass die Teams in den Gesellschaften nach ihren Bedürfnissen mitgestalten. Es gibt natürlich
einige Leitplanken, die wir gerne erreichen wollen, aber die Ausgestaltung liegt sehr stark in den Händen der Führungskräfte
und Mitarbeiter vor Ort. Die jeweiligen Betriebsräte sind auch
in dieser Phase eingebunden, so dass wir von vornherein transparent und vertrauensvoll miteinander umgehen. Bisher läuft
das sehr gut, da alle Beteiligten verstehen, welche Chancen in
diesem Thema stecken.
Ein weiteres, wesentliches Thema für uns besteht darin, eine
offene und auf Performance ausgelegte Feedbackkultur zu etablieren. Ganz entscheidend ist dabei für uns, dass sich die Beurteilung von Leistung stark an dem „wie habe ich etwas erreicht“
ausrichtet und nicht nur das Ergebnis, das heißt „was habe ich
erreicht“, im Vordergrund steht. Nur so kann es uns gelingen,
sicherzustellen, dass die von uns definierten Wertvorstellungen
gelebt und integraler Bestandteil der Unternehmens-DNA werden.
DMR: In Ihrer vorangegangenen Tätigkeit waren Sie für den Konzernbetriebsrat von RWE verantwortlich. Wie empfinden Sie die
Rolle des Betriebsrates im Kontext von „Great Place to Work“?
U. Tigges: Meine Rolle als Vorsitzender des RWE Konzernbetriebsrates habe ich nicht zum Selbstzweck gelebt, sondern als
Vertreter der Beschäftigten. Dabei sind bei uns die Betriebsräte
in allen Projekten involviert – natürlich auch in unserem Programm „GPTW“. Die Rolle des Betriebsrats besteht in diesem
Kontext darin, als „kritischer und konstruktiver“ Vertreter der
Mitarbeiter immer wieder aufs Neue die Konzepte in Frage zu
stellen und pro-aktiv Impulse einzubringen. Zudem bilden die
Betriebsräte eine ganz wesentliche Schnittstelle zu unserer Belegschaft und haben ein gutes Gespür dafür, welche Maßnahmen für unsere Mitarbeiter einen wirklichen Mehrwert oder
Nutzen bieten. Da es sich bei GPTW insbesondere um die Steigerung der Flexibilität unserer Mitarbeiter und ein v­ erstärktes
„Empowerment“ unserer Mitarbeiter handelt, steht unser Betriebsrat hinter den Zielen des Programms und unterstützt diese
pro-aktiv.
DMR: Welche Veränderungen werden sich für Führungskräfte ergeben und wie begleiten Sie diese im Rahmen des Programmes?
DMR: Wie wird sich zukünftig die Rolle des Personalbereichs unter den diskutieren Rahmenparametern verändern? Macht aus Ihrer Sicht das „Dave Ulrich“-Modell noch Sinn?
U. Tigges: Vertrauen, permanenter Umgang mit „Nicht Wissen“ und Ergebniserwartung – die Herausforderung für Führungskräfte ist nicht zu unterschätzen. Virtuelles Arbeiten und
die Verabschiedung von traditionellen Büroformen stellen Führungskräfte mehrfach vor Herausforderungen. Wir sind uns
allerdings sicher, dass sich moderne Arbeitswelten für alle auszahlen. Das muss aber von Führungskräften auch erst einmal
erlebt werden. Wir begleiten sie intensiv auf dem Weg dahin,
indem wir sie vor allem selbst befähigen, die Fähigkeiten ihrer
Mitarbeiter bestmöglich zu fördern. Das ist bei uns nicht neu,
muss aber an die neuen Herausforderungen angepasst werden.
U. Tigges: Das ist eine sehr gute Frage. Es gab ja immer schon
Kritik an diesem Modell. Wir haben das Konzept immer eher
als Ideengeber angesehen und uns deshalb auch konstruktiv
damit auseinandergesetzt. Im Ergebnis haben wir das Grundmodell auf unser Geschäftsmodell angepasst und eingeführt –
damit leben wir heute gut. Klar ist, dass sich unser HR-Modell
kontinuierlich weiterentwickeln muss. Die Frage ist doch, ob
wir zukünftig weiterhin in unserer Business-begleitenden Rolle
bleiben werden oder verstärkt in die gestaltende Rolle gehen.
Im Rahmen der Digitalisierung zeichnet sich ab, dass mehr
und mehr traditionelle HR-Funktionen von Mitarbeitern und
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Führungskräften selbst oder sogar Dritten erledigt werden können. Auch wenn dies heute überwiegend für administrative
Aufgaben gültig zu sein scheint, so wird diese Tendenz auch
in weiteren HR-Funktionen fortschreiten. Wir können heute
schon sehen, dass die Personalentwicklung wieder mehr in die
Hände der Fachbereiche zurückverlegt wird und sich HR auf
die strategische und konzeptionelle Ausrichtung konzentriert.
Diese Entwicklung eröffnet HR neue, zukunftsweisende Handlungsfelder. Zukunftsforscher erwarten eine Individualisierung
der Gesellschaft. Diese wird natürlich nicht vor den Unternehmenstoren halt machen. Fragen der demografischen Entwicklung sind noch längst nicht beantwortet. Wissensmanagement
ist ebenfalls eine große Herausforderung und der mit GPTW
begonnene Weg zu mehr Eigenständigkeit und Vertrauen geht
über die Gleichberechtigung hin zur Demokratisierung. Wunderbare Handlungsfelder für HR!
DMR: Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Wenn Sie auf Ihre
bisherige Laufbahn bei RWE zurückblicken, was haben Sie erreicht
oder verändert, auf das Sie persönlich stolz sind, und wie sehen Sie
die Zukunft des Unternehmens auch im Zeichen von „GPTW“?
U. Tigges: Es gibt drei wesentliche Dinge in meiner beruflichen
Laufbahn, die ich besonders hervorheben möchte: Stolz bin ich
darauf, dass ich in meiner damaligen Funktion Menschen oder
ganzen Bereichen helfen konnte. Ob es nun darum ging, neuen
Kollegen eine Chance in unserem Unternehmen zu geben oder
gar ganzen Unternehmensbereichen in schwierigen Unternehmensphasen beiseite zu stehen. Desweiteren bin ich besonders
stolz darauf, dass mein Wahlamt über viele Jahre von Menschen
bestätigt wurde – gleich, ob es nun Funktionen in Betriebsräten, unter anderem im Konzern Betriebsrat, Europäischer Betriebsrat, oder Aufsichtsräten waren. Und zu guter Letzt bin
ich natürlich besonders stolz, die Interessen unserer Mitarbeiter
und des Unternehmens in meiner jetzigen Position vertreten
zu dürfen und Kulturveränderungen mitzugestalten. Wenn ich
auf unser Programm „GPTW“ zurückblicke, ist die „positive“
Aufbruchsstimmung zu erwähnen. Wir haben HR für RWE
komplett neu gestaltet und den Wandel unseres Unternehmens
und den HR-Change-Prozess nachhaltig für unser Unternehmen vorangetrieben. Dies ist definitiv ein großer Erfolg unseres
HR-Teams und macht mich stolz.
Das Interview führten Marc Wagner und Andreas Terwellen.
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