38/2016 Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG)

Mitteilungen der Juristischen Zentrale
VERTRAGSANWÄLTE
Nr. 38/2016
17.03.2016 Dr. Ki
Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG)
Sehr geehrte Damen und Herren,
am 25.2.2016 wurde das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (2013/11/EU) und zur Durchführung der
Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten
(524/2013/EU) im Bundesgesetzblatt I, S. 254, verkündet. Es tritt zum Teil mit sofortiger Wirkung, größtenteils zum 1.4.2016 in Kraft. Die Publikations- und Hinweispflichten für Unternehmer werden erst zum 1.2.2017 wirksam.
Das VSBG regelt die Möglichkeiten des Verbrauchers gegenüber einem Unternehmer, in Verbraucherangelegenheiten künftig eine außergerichtliche Schlichtungsstelle anzurufen statt den Rechtsweg zu beschreiten.
Wesentliche Inhalte des VSBG:
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Das Verfahren vor den anerkannten Schlichtungsstellen soll prinzipiell kostenfrei
ausgestaltet werden (§ 23 VSBG)
Das Verfahren soll freiwillig sein (§ 15 VSBG)
Der Rechtsweg darf durch das Verfahren nicht eingeschränkt werden (§§ 5 Abs.
2, 19 Abs. 3 VSBG)
Die Streitbeilegungsstelle lehnt die Durchführung des Verfahrens ab (vgl. Ablehnungsgründe in § 14 VSBG),
o wenn die Streitigkeit nicht in den Zuständigkeitsbereich der Streitschlichtungsstelle fällt
o der streitige Anspruch nicht zuvor gegenüber dem Antragsgegner geltend gemacht worden ist
o der Antrag offensichtlich ohne Aussicht auf Erfolg ist oder mutwillig erscheint
(z. B. weil der Anspruch bei Antragsstellung bereits offensichtlich verjährt, die
Streitigkeit bereits beigelegt ist oder ein Antrag auf Prozesskostenhilfe wegen
mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt wurde)
Die Streitbeilegungsstelle muss unabhängig sein (§ 7 VSBG)
Bestehen Zweifel an der Unabhängigkeit des Streitmittlers oder liegt ein anderer
wichtiger Grund vor, so kann der Streitmittler abberufen werden (§ 8 Abs. 2
VSBG).
Das Streitbeilegungsverfahren endet, wenn der Antragsteller seinen Antrag zurücknimmt oder der weiteren Durchführung des Verfahrens widerspricht oder
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wenn der Antragsgegner erklärt, an dem Streitbeilegungsverfahren nicht teilnehmen oder es nicht fortsetzen zu wollen, es sei denn, Rechtsvorschriften oder vertragliche Abreden besagen etwas anderes (§ 15 VSBG)
Die Streitbeilegungsstelle soll die zwingenden gesetzlichen Vorgaben in dem
Konflikt beachten (§ 19 Abs. 1 VSBG)
Den Konfliktparteien muss rechtliches Gehör gewährt werden, d. h. es muss dafür
gesorgt werden, dass sowohl der Verbraucher als auch der Unternehmer sich zu
der Angelegenheit äußern kann (§ 17 VSBG)
Die Verfahrensdauer soll höchstens 90 Tage betragen (§ 20 VSBG)
Die Streitbeilegungsstelle muss eine Verfahrensordnung haben (§ 5 VSBG)
Die Streitbeilegungsstelle übermittelt den Konfliktparteien das Ergebnis des Streitbeilegungsverfahrens in Textform mit den erforderlichen Erläuterungen (§ 21
VSBG)
Einigen sich die Parteien, so kommt es zu einer Schlichtung. Diese Einigung ist
materiell rechtlich als Vergleich im Sinne von § 779 BGB anzusehen. Kommt es
nicht zu einer Einigung, dann ist die (verpflichtende) Mitteilung der Verbraucherschlichtungsstelle über das Ergebnis des Streitbeilegungsverfahrens als Bescheinigung über einen erfolglosen Einigungsversuch nach § 15a Abs. 3 Satz 3
EGZPO anzusehen (§ 21 VSBG)
Die Parteien können sich im Streitbeilegungsverfahren durch einen Rechtsanwalt
vertreten lassen (§ 13 Abs. 1 VSBG)
Träger der Verbraucherschlichtungsstelle muss ein eingetragener Verein sein
(§ 3 VSBG)
Es wird eine zentrale Anlaufstelle für Verbraucherschlichtung geben, nämlich das
Bundesamt für Justiz (§ 27 VSBG)
Änderungen zum ursprünglichen Entwurf:
Gegenüber der vorherigen Fassung des VSBG-Entwurfs wurde nichts Wesentliches
mehr verändert. Die wenigen Abweichungen in der jetzt vorliegenden Schlussfassung dürfen wir Ihnen im Folgenden benennen:
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Als Streitmittler können sich nach der neuen Fassung des VSBG nur noch Volljuristen oder zertifizierte Mediatoren anerkennen lassen (§ 6 Abs. 2 VSBG)
Die Zuständigkeit für die Anerkennung von Schlichtungsstellen liegt nun einheitlich beim Bundesamt für Justiz
Verbraucher können nicht durch AGB verpflichtet werden, vor dem Einreichen
einer Klage ein Schlichtungsverfahren durchführen zu müssen.
Das VSBG sieht weiterhin drei Arten von Schlichtungsstellen vor:
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Private Schlichtungsstellen: Sie werden auf Antrag von der jeweils zuständigen
Landesbehörde anerkannt
Behördliche Schlichtungsstellen: Sie werden vom Bundesamt für Justiz anerkannt. Das VSBG gilt auch für diese Schlichtungsstellen sinngemäß
Auffangschlichtungsstellen: Hierin verbirgt sich eine der wesentlichen Änderungen aus der Schlussfassung: Die Länder werden nun nicht mehr verpflichtet,
sofort Universalschlichtungsstellen einzurichten. Das Bundesministerium für
Justiz und Verbraucherschutz fördert bis zum 31.12.2019 zu Forschungszwecken
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bundesweit die Arbeit einer bundesweit tätigen „Allgemeinen Verbraucherschlichtungsstelle“. Diese kann von den Verbrauchern in jedem Fall angerufen werden,
unabhängig vom Bestehen sonstiger branchenspezifischer Schlichtungsstellen.
Bundesamt für Justiz ist zentrale Anlaufstelle für alle Verbraucherstreitigkeiten
Wichtig für den Verbraucher ist vor allem, dass das Bundesamt für Justiz die zentrale
Anlaufstelle für alle nationalen, aber auch grenzübergreifenden Verbraucherstreitigkeiten innerhalb der EU sein soll. Allerdings hat das Bundesamt für Justiz die Möglichkeit, diese Aufgabe an eine andere Stelle zu delegieren.
Hier muss noch abgewartet werden, welche Stelle als zentrale Anlaufstelle in
Deutschland vom Bundesamt für Justiz benannt werden wird. Zudem werden alle anerkannten Verbraucherschlichtungsstellen auf einer noch zu schaffenden Website
aufgeführt. Auf diese Website wird jeder Verbraucher Zugang erhalten.
Zukunft der KFZ-Schlichtungsstellen:
Der ZDK hat sich entschieden, die seit über 40 Jahren erfolgreich mit dem ADAC betriebenen Kfz-Schiedsstellen vorerst nicht als Verbraucherschlichtungsstellen im
Sinne des VSBG anerkennen zu lassen, sondern in der bisherigen Form gemeinsam
mit dem ADAC weiterzuführen. Die Umsetzung der umfangreichen Vorgaben des
VSBG würde eine Fortsetzung der bisher hochwertigen Schiedsstellenarbeitet deutlich erschweren.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Markus Schäpe
Leiter Juristische Zentrale