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Verändert die Teilnahme an einem HoDT-Grundkurs die Anwendung
der therapeutischen Modi aus dem „Intentional Relationship Model“?
Autorin: Kathrin Hofer, dipl. Ergotherapeutin HF, HoDT-Instruktorin, CH-5034 Suhr, [email protected], www.hodt.ch
HoDT (Handlungsorientierte Diagnostik und Therapie)
IRM („Intentional Relationship Model“)
• Entwickelt von Friederike Kolster (Ergotherapeutin) und Sonja Bernartz (Sozialpädagogin und Mediatorin)
zur Behandlung und Begleitung von Klienten mit neuropsychologischen Einschränkungen, mittlerweile auch
in andere Fachbereiche und Berufsgruppen übertragen.
• „Handlung“ im Sinne von Betätigung als zentrales Element für Befund, Zielsetzung, Durchführung und
Evaluation/ Dokumentation der Behandlung in der HoDT.
• Handlungslogik als wesentlicher Aspekt der HoDT: Das Verstehen der subjektiven Erlebenswelt des
Betroffenen erleichtert den Kontakt, liefert einen wesentlichen Beitrag zur Diagnostik und unterstützt die
Therapie signifikant.
• Kernelement und Ziel der HoDT: das Erreichen einer nachhaltigen Partizipation. Dabei wird berücksichtigt,
dass bleibende Einschränkungen vorhanden sein können und Klient und Umfeld im Umgang damit geschult
werden.
• Lerntheoretische Erkenntnisse bilden das Fundament der HoDT:
F. Kolster schreibt „es wird beachtet, dass der Patient erst dann effektiv und nachhaltig lernen kann, wenn
er selbst die Notwendigkeit zum Verändern bemerkt und Vorteile in einer Verbesserung vermutet.“
• Die therapeutische Haltung in der HoDT basiert auf Achtsamkeit, Wertschätzung und Anerkennung der
Bedürfnisse und Ziele der Klienten. Ihr liegt ein erweiterter Begriff der Klientenzentrierung zu Grunde.
• Entwickelt von Renée Taylor (Director of the Model of Human Occupation (MOHO) Clearinghouse at UIC)
• Das „Intentional Relationship Model“ erklärt die detaillierten und übergreifenden Aspekte der KlientenTherapeutenbeziehung und beleuchtet die nicht ausgesprochenen Aspekte der interpersonellen Beziehung
während des Therapieprozesses. Es ermöglicht dadurch, jene Aspekte bewusst zu gestalten, welche die
Beziehung zum Klienten und damit sowohl das Betätigungsengagement als auch das Behandlungsergebnis
beeinflussen.
Gedanken zum „Use of Self“
• Taylor (Taylor 2008, S. 25) schreibt: „Der therapeutische „Use of Self“ beinhaltet einen in hohem Mass
persönlichen, individualisierten und subjektiven Prozess der Entscheidungsfindung. …wird der
therapeutische „Use of Self“ in weiten Teilen davon bestimmt, über welche Wissensbasis und interpersonelle
Fertigkeiten die Therapeuten verfügen, die sie nach reiflicher Überlegung auf allgemeine interpersonelle
Ereignisse in der Praxis anwenden können. Somit handelt es sich um eine ergotherapeutische Fertigkeit, die
es zu entwickeln, verstärken, überwachen und verfeinern gilt.“
Erarbeitung nachhaltiger Teilhabe
in der HoDT
Ausbildung 2010-2013
• Die Erarbeitung der „Awareness“ (Was kann ich, was nicht und
warum = Störung verstehen) und das Ermöglichen von
„Handlungsfähigkeit jetzt“ (Vereinfachung der Handlung und des
Kontext, „Hilfe nehmen“ lernen, Gefahren kennen und meiden)
sind die Grundlage einer nachhaltigen Teilhabe und stehen im
Zentrum der therapeutischen Massnahmen
• Die störungsbildspezifische Funktionstherapie bekommt einen
zeitlich und mengenmässig anderen Schwerpunkt
Untersuchung:
• TeilnehmerInnen von 4 HoDT-Grundkursen (6-tägig) im Jahre 2012
• Ausfüllen des „Self Assessment of Modes Questionnaire“ (Version1 (Taylor 2008), deutsche
Übersetzung 2012), vor dem Kurs und 3 Monate nach dem Kurs
• 64 potentielle Teilnehmer; Rücklauf: 1.Befragung: 32; 2.Befragung: 18
• beschreibende Auswertung
Ergebnisse der Untersuchung:
Gesamtauswertung
(Durchschnittswerte über alle 18 TN)
75.00%
Problemsolving
Collaborating
50.00%
25.00%
Auswertung 1
0.00%
Auswertung 2
Instructing
Empathizing
Encouraging
Abschlussarbeit HoDT-Instruktorinnen
Der Encouraging-Modus nahm am
meisten ab, der Instructing-Modus
am meisten zu (durchschnittlich
wurde eine Antwort mehr dem
Instructing Modus zugeordnet)
Advocating
100.00%
Advocating
-0.35
Collaborating
-1.04
Empathizing
+1.04
Encouraging
-3.82
Instructing
+6.25
Problemsolving
-2.08
In den folgenden Grafiken sind exemplarisch einzelne Modi in der Entwicklung der einzelnen
TeilnehmerInnen dargestellt, die Werte sind geordnet nach der Grösse des Werts der 1. Erhebung.
Es zeigen sich in den Modi sehr unterschiedliche Entwicklungen.
Es kann die Tendenz beobachtet werden, dass sich die Modi in ihren Extremen ausgleichen, dh
tiefe Werte werden höher und hohe Werte tiefer. Inwieweit diese Veränderungen statistisch
signifikant sind, müsste in einer weiteren Untersuchung mit mehr Teilnehmern ermittelt werden.
Empathizing
100.00%
87.50%
87.50%
75.00%
75.00%
62.50%
62.50%
50.00%
Auswertung 1 50.00%
Auswertung 1
Auswertung 2
Auswertung 2
37.50%
37.50%
25.00%
25.00%
12.50%
12.50%
0.00%
0.00%
14 18 8 10 25 5 19 22 7 12 16 30 32 15 23 24 17 11
tiefer
höher
10/18
7/18
5
Durchschnitt Durchschnitt
Auswertung 1 Auswertung 2
31.60
32.64
11 17 19 24 25
Gleichbleibend
6/18
7
16 23 32 10 15 22 30 12 14 18
tiefer
höher
9/18
3/18
Instructing
100.00%
87.50%
87.50%
75.00%
75.00%
62.50%
62.50%
Auswertung 1
50.00%
Auswertung 2
37.50%
12.50%
12.50%
0.00%
0.00%
4/18
höher
9/18
Deutsche
Übersetzung
Definition (Deutsche Übersetzung aus ergoscience, 2008)
Advocating
Beratend
 Stellt sicher, dass die Rechte des Klienten gestärkt und seine Ressourcen
gesichert werden
 Verlangt möglicherweise vom Therapeuten als Vermittler, Fazilitator,
Unterhändler, „Verstärker“ zu fungieren oder erfordert andere Formen der
Beratung durch externe Personen oder Einrichtungen
Collaborating
Zusammenarbeitend
 Vom Klienten wird erwartet, aktiv und gleichberechtigt an der Gestaltung der
Therapie teilzunehmen
 Stellt Wahlmöglichkeit, Freiheit und Autonomie des Klienten im
grösstmöglichen Umfang sicher
Empathizing
Mitfühlend
 Ständiges Streben danach, die Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen des
Klienten zu verstehen, ohne sie zu bewerten
 Stellt sicher, dass der Klient das Verständnis des Therapeuten als zutreffend
und validiert empfindet
Encouraging
Ermutigend
 Vermittelt dem Patienten Hoffnung
 Positive Bestärkung des Denkens und Verhaltens des Klienten
 Schafft eine Atmosphäre der Freude, Verspieltheit und Zuversicht
Instructing
Instruierend
 Sorgfältige Strukturierung der Therapieaktivitäten, Offenheit dem Klienten
gegenüber hinsichtlich der Planung, Abfolge und Ereignisse der Therapie
 Klare Instruktionen und Feedback hinsichtlich der Leistungen des Klienten
 Setzt den Wünschen und Verhaltensweisen des Klienten Grenzen
Problemsolving
problemlösend  Erleichtert pragmatisches Denken und löst Dilemmas, indem
Wahlmöglichkeiten umrissen werden, strategische Fragestellungen, bietet
Möglichkeiten zu vergleichendem oder analytischem Denken
Durchschnitt Durchschnitt
Auswertung 1 Auswertung 2
14.58
20.83
Self Assessment of Modes Questionnaire:
Auswertung 1
Auswertung 2
37.50%
25.00%
11 17 24 8 12 23 18 22 30 32 7 15 5 10 14 16 25 19
Durchschnitt Durchschnitt
Auswertung 1 Auswertung 2
14.93
11.11
50.00%
25.00%
tiefer
Englischer
Begriff
8
Collaborating
100.00%
Gleich
bleibend
5/18
Taylor beschreibt 6 therapeutische Modi, welche im ergotherapeutischen Alltag am häufigsten eingesetzt werden.
Sie beschreibt, dass alle Modi gleichberechtigtes Potenzial haben, funktionierende therapeutische Beziehungen zu
ermöglichen. Jeder Modus kann jedoch auch einen negativen Effekt auf die Verhaltensweise des Klienten und
dessen Gefühle gegenüber der Therapeutin haben, zum Beispiel wenn er zu oft oder unflexibel eingesetzt wird, der
Zeitpunkt für den Klienten nicht richtig war, der Modus nicht zur Gesamtpersönlichkeit des Klienten passt oder der
Modus nicht angepasst wird, und so nicht zu dem passt, was der Klient im aktuellen Moment bräuchte.
Therapeutinnen mit einer Vertrautheit in möglichst vielen Modi sind fähiger auf unterschiedlichste Klienten und
Situationen einzugehen, als solche die sehr einseitig wenige bevorzugte Modi einsetzen. Wichtig ist es ebenfalls in
einer Situation einen Moduswechsel vornehmen zu können, wenn die Reaktion des Klienten es erfordert.
Encouraging
100.00%
Gleichbleibend
1/18
Die 6 therapeutischen Modi
aus dem „Intentional Relationship Model“
• Selbstreflexion der therapeutischen Modi anhand von 20 Fallbeispielen aus allen Fachbereichen mit 4-6
Antwortmöglichkeiten, die Antworten werden einem therapeutischen Modus zugeordnet.
• 6.25% entsprechen 1/16 Antworten, 100% 16/16 Antworten zu einem therapeutischen Modus. Wenn alle
Antworten zu allen Modi gleichmässig verteilt werden, entspricht dies einem Mittelwert von 20.83%/ Modus.
Literatur (Auszug) und weiterführende Websites:
14 10 23 30 8 11 12 15 16 32 5 22 24 17 18 19 25 7
Gleich
bleibend
5/18
tiefer
7/18
höher
6/18
Durchschnitt Durchschnitt
Auswertung 1 Auswertung 2
30.56
29.51
•
•
•
•
Kolster, Friederike (2009): Handlungsorientierte Diagnostik und Therapie. In: Carola Habermann und Friederike Kolster (Hg.): Ergotherapie im Arbeitsfeld Neurologie. 2. Aufl. , Thieme, S. 821–842.
Taylor, R. (2008): „Use of Self” in der Ergotherapie: Beziehungen bewusst gestalten. In: ergoscience 3 (1), S. 22–31.
Taylor, Renée R. (2008b): The intentional relationship. Occupational therapy and use of self. Philadelphia: F.A. Davis Co.
Taylor, Renee R; Lee, Sun Wook; Kielhofner, Gary; Ketkar, Manalli (2009): Therapeutic Use of Self: A Nationwide Survey of Practitioners’ Attitudes and Experiences. In: The American Journal of
Occupational Therapy (Volume 63, Number 2).
HoDT: www.ergo-kolster.de
IRM: http://ahs.uic.edu/cl/irm/
Die HoDT hat aufgrund ihrer breitgefächerten Abstützung aus der Sicht der Autorin das Potential, die interpersonellen Fertigkeiten von
Ergotherapeutinnen weiterzuentwickeln und damit mehr Möglichkeiten zu verschaffen, auf interpersonelle Therapieereignisse
einzugehen.
Im speziellen bietet die HoDT wesentliche Inhalte, die den „Instructing Mode“ unterstützen. Die „Kunst“ neuropsychologisch
beeinträchtigten Menschen mit mangelnder Awareness und ihrem Umfeld angepasste Informationen zu vermitteln, ist eine ausgeprägte
Stärke der HoDT. Die Auffassung beeinträchtigten Menschen ein angepasstes Wissen über ihre Beeinträchtigung zu vermitteln,
lässt auch in andere Fachbereiche wie z.B. Psychiatrie und Pädiatrie übertragen.
S.Bernartz F.Kolster GbR
www.hodt-institut.de