© Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern „Krieg ist nicht mehr die ultima ratio, sondern die ultima irratio.“ Willy Brandt1 Inhalt 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 11.1 11.2 12. 13. Roman Herzog und nahezu alle Menschen wollen eine andere EU-Politik. Gegenwärtiges Knowhow ermöglicht allen Menschen Zufriedenheit und Wohlstand. Friedliche Konfliktregelung hat Priorität. Es gibt ein Reform-Gesamtkonzept. Im Spannungsfeld der Globalisierung ist das Überleben der Menschheit akut bedroht. Geschichtliche Erkenntnisse sind hilfreich, um Kriegsirrsinn zu vermeiden. Die Menschen- und Grundrechte begünstigen weltweit optimales Zusammenleben. Um bestmöglichen Erfolg zu erreichen, muss Bildung ein Mega-Thema werden. Politiker benötigen Sachverstand, um dem Allgemeinwohl dienen zu können. Politisches Vorgehen lässt sich demokratisch, einsichtig und zielführend gestalten. Das heutige politisch-wirtschaftliche Rivalitäts-Spannungsfeld lässt sich auflösen. Zu konstruktivem Handeln können juristische Korrekturmittel beitragen. Aufgaben, Wirkungen und Grenzen juristischer Korrekturmittel Die religiöse und die weltliche Sichtweise Konstruktives Handeln lässt sich nur indirekt über finanzielle Mittel gewährleisten. Vom Kriegsirrsinn zur Weisheit – Kerngedanken und ein Ausblick Angaben zum Verfasser 1 4 6 9 11 12 15 19 21 24 27 27 29 31 34 34 1. Roman Herzog und nahezu alle Menschen wollen eine andere EU-Politik. „Wir müssen uns darüber klar werden, in welcher Gesellschaft wir im 21. Jahrhundert leben wollen. Wir brauchen wieder eine Vision.“, sagte der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog 1997 in seiner „Ruck-Rede.“2 Eine solche Klärung ist seitdem nirgends erfolgt – weder im Blick auf die deutsche, noch auf die europäische oder gar die globale Gesellschaft. Das liegt mit Sicherheit nicht daran, dass alle Menschen mit ihren Lebensumständen rundum zufrieden und glücklich sind. Denn überall in der Welt zeigen sich Missstände: Korruption, Bildungs- und Demokratiedefizite, Arbeitslosigkeit und rücksichtslose Ausbeutung arbeitender Menschen, Flüchtlingselend, Menschen- und Grundrechtsverletzungen usw. Die Euro-Krise und die NSA-Abhöraffäre werden als existentiell bedrohlich erlebt. Mit zunehmendem Mobbing sowie beruflichem und privatem Überforderungs-Stress nehmen Erkrankungen und Burn-out in unerträglichem Maße zu. Viele wertvolle Wirtschaftsunternehmen sind vom Untergang bedroht und nicht mehr in der Lage, längerfristig zu planen. Offensichtlich ist es überlebensnotwendig, diese Gegebenheiten erfolgversprechend zu bewältigen. Erforderlich dazu sind zweckmäßige Maßnahmen, doch wo sind solche erkennbar? Zwischen dem 22. und dem 25. Mai 2014 findet die achte Europawahl statt, bei 1 Vortrag des Bundeskanzlers Willy Brandt zum Thema „Friedenspolitik in unserer Zeit“ in der Universität Oslo am 11. Dezember 1971 anlässlich der Verleihung des Friedensnobelpreises. www.a-k-dahesch.de/brandt.html 2 http://web.archive.org/web/20100411063151/http://www.bundespraesident.de/Reden-und-Interviews/BerlinerReden-,12086/Berliner-Rede-1997.htm Textversion vom 17.06.2015 1 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info der das Europäische Parlament direkt gewählt wird. Keine der zur Wahl stehenden Parteien hat bislang ein Programm vorgelegt, das wirklich überzeugend wirkt. Die Bürger erfahren, dass EU-Gremien Entscheidungen treffen, die ihre Lebensbedingungen vielfach stärker prägen als das, was die Parlamente in ihrem eigenen Land beschließen. Sie misstrauen Politikern, die sich wirtschaftlichen Interessen und Lobbyisten stärker verpflichtet fühlen als dem Wohl ihrer Wähler. Sie beobachten die EU-Politik überwiegend mit Skepsis und Unbehagen. Falls sie den Idealen der europäischen Einigungsbewegung zustimmen, meinen sie: Europa ja, aber keinesfalls so! Doch damit, wie Europa werden und welcher Partei man bei der Europawahl die eigene Stimme geben sollte, scheint sich kaum jemand ernsthaft zu befassen. Ratlosigkeit, Desinteresse, die Konzentration auf andere Themen und das Gefühl, nichts ausrichten zu können, herrschen vor. Die Bürger denken: Falls sich unsere Parlamentarier wirklich für unser Wohl interessieren würden, dann würden sie sich darum kümmern. Was zu diesem Wohl gehört, hatte Roman Herzog bereits in seiner „Ruck-Rede“ gesagt, mit Worten, denen nahezu alle Bürger aus vollem Herzen zustimmen können: „Ich wünsche mir eine Gesellschaft, die die europäische Einigung nicht als Technik des Zusammenlebens versteht, sondern die Europa als Teil ihrer politischen und kulturellen Identität empfindet und bereit ist, diese in der bunter werdenden Welt zu bewahren und zu bewähren. […] Ich wünsche mir eine Gesellschaft, die sich für eine Weltordnung einsetzt, in der die Unterschiedlichkeit der Kulturen nicht neue Konflikt- und Kampflinien schafft.“ Möglicherweise wurden die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine gezielt initiiert und inszeniert, um die Konzentration der Europäer von den noch unbewältigten innereuropäischen Aufgabenstellungen auf einen besonders spannenden außenpolitischen Schauplatz abzulenken. Sollte die Blickwendung hin zur Ukraine dafür sorgen, dass die notwendige gründliche Vorbereitung auf die Europawahl vernachlässigt wird, ebenso wie die umfassende Beschäftigung mit der fundamentalen Frage, in welcher Form Politik in Europa gestaltet werden sollte? Die Ablenkung von diesen europäischen Herausforderungen begünstigt nicht deren sachgerechte Bewältigung. Eher begünstigt sie deren Eskalation. Welche Folgen sind zu erwarten? Wer profitiert davon? Um klar zu erkennen, was hier im Gange ist, muss man genau hinschauen: Die EU-Politik ist von der Tendenz geprägt, einen übergroßen Staatenbund anzustreben. Jetzt wird die Ukraine als eventuelles weiteres Mitglied angesehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass mangelhafte Homogenität der Zusammensetzung der EU sowie aus wirtschaftlichen Gründen erforderliche Mobilität und Migration allzu viele Menschen überfordern und in den Verlust von Geborgenheit und Vertrautem führen können. Auf Gemeinsamkeiten in den Wurzeln der Menschen und auf ihre gewohnten Lebensformen ist Rücksicht zu nehmen. Innere Sicherheit setzt übersichtliche und ruhige, angenehme Umweltgegebenheiten voraus. Wo es daran mangelt, herrscht ein Nährboden für zunehmende Unzufriedenheit, innere Spannungen und Instabilität, Angst- und Panikreaktionen sowie gewalttätige Aktionen. Hierzu aufschlussreich waren Fragen zur Klärung der Schuld des rechtsradikalen norwegischen Massenmörders Anders Behring Breivik gewesen. Vielfältige geschichtliche Erfahrungen zeigen, dass politisch-soziale Missstände zur Stärkung von radikalen Organisationen beitragen. Erinnert sei hier zum Beispiel an die verbreiteten Zweifel an der Zweckmäßigkeit bestimmter demokratischer Gegebenheiten in der Weimarer Republik. Immer wieder geben Wähler aus Protest gegen nicht überzeugende etablierte Textversion vom 17.06.2015 2 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info Parteien ihre Stimme Radikalen, die mit unmenschlichen Maßnahmen eine aus ihrer Sicht notwendige „Ordnung“ herbeiführen wollen. Aktuell weist die Bundeszentrale für politische Bildung darauf hin, dass bei der kommenden Europawahl mit einem Erdrutsch zugunsten der Allianz radikal-rechtspopulistischer Parteien zu rechnen ist. Dazu zählen die NPD, die Front National, die United Kingdom Independence Party, die niederländische Partei für die Freiheit, der belgische Vlaams Belang, die Freiheitliche Partei Österreichs, die italienische Lega Nord, die Dänische Volkspartei, die Partei Die Finnen, die Schwedendemokraten, die ungarische Jobbik-Partei und Griechenlands Goldene Morgenröte.3 Die Menschen halten es für dringend notwendig, dass in Afrika und überall in der Welt zufriedenstellende Lebensbedingungen geschaffen werden, die niemanden zwingen, aus der eigenen Heimat fliehen und woanders um Aufnahme, Asyl und Arbeit bitten zu müssen, nur um überleben zu können. Zweckmäßig dazu ist eine organisatorische Umgestaltung, die auf einer Idee beruht, die nach dem Ersten Weltkrieg entstanden war: Richard Nikolaus Graf von Coudenhove-Kalergi (1894-1972) gründete 1922 die PaneuropaUnion. Dieses Ereignis gilt als der organisatorisch-historische Ausgangspunkt der europäischen Einigungsbewegung. Coudenhove-Kalergi entwickelte die Idee eines europäischen Staatenbundes von Polen bis Portugal, den er wahlweise Paneuropäische Union oder die Vereinigten Staaten von Europa nannte. Unter dem Eindruck der Schrecken des Ersten Weltkriegs hoffte er, ein derartiger politisch-wirtschaftlicher Zweckverband könnte einen weiteren Weltkrieg verhindern. Nach Außen hin sollte Paneuropa gemäß seinen Vorstellungen eine gleichberechtigte Position in einem Verbund von Großmächten neben Panamerika (als Union der USA mit den Staaten Lateinamerikas), einem Russischen Bundesreich, dem Britischen Bundesreich (The Commonwealth of Nations) und einem aus China und Japan bestehenden Ostasien-Reich einnehmen. Dieses Europa sollte eine politisch voll handlungsfähige Einheit werden, die keiner anderen Macht untergeordnet ist. Um den Weg zu ebnen für Wohlstand, Glück und dauerhaften Frieden für alle Menschen, forderte der Gründer der Paneuropa-Union die weltweite Anerkennung der Menschenrechte.4 Die Organisationen der Vereinten Nationen haben inzwischen dafür gesorgt, dass die Regierungen fast aller Staaten den Menschenrechtskonventionen zugestimmt haben. Infolge dessen lautet die Präambel des Grundgesetzes: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.“ Wenn sich menschliche Ideen und Ziele hinreichend verbreiten lassen und wenn ihnen Überzeugungskraft innewohnt, können sie geschichtliche Entwicklungen bestimmen. Als Beispiel gebend dafür gilt der Übergang von feindseligen zu freundschaftlichen deutschfranzösischen Beziehungen nach dem Zweiten Weltkrieg. Offensichtlich unterscheidet sich die politische Realität im Jahr 2014 deutlich von den Vorstellungen des Gründers der Paneuropa-Union.5 Heute lässt sich eine Entwicklung einleiten, die in abgewandelter Weise in 3 www.bpb.de/gesellschaft/migration/newsletter/182160/europawahl-2014 Thomas Kahl: Konsensbewusstsein als Basis internationalen Zusammenlebens. Von der Gründung der Paneuropa-Union zur freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung im global village. www.imge.info/extdownloads/KonsensbewusstseinAlsBasisInternationalenZusammenlebens.pdf 5 Die Ziele und die kapitalismuskritische Haltung von Coudenhove-Kalergi entsprechen aus heutiger Sicht der Entspannungspolitik und dem freiheitlich-demokratischen Sozialismus von Willy Brandt. Moderne Gegner Textversion vom 17.06.2015 3 4 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info diejenige Richtung geht, die er nach dem Ersten Weltkrieg für befriedigend gehalten hatte: Das Entstehen einer Staaten-Union in Europa, die ebenso eigenständige Lebensformen pflegt wie die großen Staaten und Staatenbünde außerhalb von Europa. Soweit dieser Entwicklung gegenwärtige Verträge und Abkommen entgegenstehen, sind diese zu überdenken, zu modifizieren bzw. zu annullieren. Wenn Gleichberechtigung untereinander sichergestellt ist, kann es neben Großregionen auch kleinere organisatorische Einheiten geben. Diese sind voneinander so abzugrenzen, dass 1. ihre jeweiligen kulturgeschichtlichen Entwicklungshintergründe und Identitäten gewahrt und geschützt werden können und 2. jede der Regionen über hinreichende eigene natürliche Ressourcen (Grundflächen, Bodenschätze etc.) zur Versorgung ihrer Bevölkerung verfügt. Wie diese organisatorische Neuordnung konkret gestaltet werden kann, ist in den Gremien der Vereinten Nationen zu erörtern. Die öffentliche Diskussion dazu sollte jetzt beginnen. Der Zusammenarbeit in Europa liegt das Subsidiaritätsprinzip zugrunde. Dieses besagt sinngemäß: „Leben und leben lassen sowie sich bei Bedarf gegenseitig unterstützen!“ Nach diesem Motto ist weltweit eine Vielfalt unterschiedlicher Formen des menschlichen Zusammenlebens in friedlicher Koexistenz und Kooperation möglich: Lebensart-Reichtum anstelle von Einheitsbrei. Um dieses Ziel zu verwirklichen, ist hinreichender organisatorischer Sachverstand erforderlich. Die Bevölkerung erwartet, dass Politiker als Diener des Volkes hervorragenden Sachverstand haben. Dafür bezahlen die Bürger sie mit Steuergeldern. 2. Gegenwärtiges Knowhow ermöglicht allen Menschen Zufriedenheit und Wohlstand. Die biologische Gattung Homo sapiens steht angesichts der Globalisierung vor den größten Herausforderungen der Menschheitsgeschichte. Die Voraussetzungen, um diese Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen, sind gegenwärtig günstig: Weltweite nachhaltig friedliche Zusammenarbeit in Wohlstand für alle Menschen lässt sich verwirklichen. Davon ist auch Ban Ki-moon als amtierender Generalsekretär der Vereinten Nationen überzeugt: „Die Charta der Vereinten Nationen bringt solche Zuversicht und solche Hoffnung zum Ausdruck, dass man sie mit Fug und Recht als eine Magna Charta bezeichnen kann, die in einer von Krieg und unsäglichen Gräueltaten verheerten Welt ein neues Bündnis der Nationen herstellen sollte, das von den Grundsätzen der Gerechtigkeit, des Friedens, der Gleichheit und der Menschenrechte geleitet ist.“6 Die Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen ist 1948 verabschiedet worden.7 Auf dem Planeten Erde befinden sich alle Menschen in einem Boot. In weltweiter wissenschaftlicher Zusammenarbeit haben verantwortungsbewusste Forscher alles erstellt, was an praktisch nützlichem Knowhow zur Verwirklichung der Vision der Vereinten Nationen erforderlich ist. Dieses Knowhow bezieht sich auf die Art und Weise, wie Menschen miteinander und mit ihren Aufgaben umgehen können und sollen, um möglichst erfolgreich zu sein. Mit diesem seiner Ideen, die die Menschenrechte nicht achten, stellen ihn aufgrund von Formulierungen, die er damals verwendet hatte, dar als rassistisch, erzkonservativ, antidemokratisch- diktatorisch usw. Die heutige Internationale Paneuropa-Union ist sorgfältig zu unterscheiden von den Intentionen ihres Gründers. 6 Stärkere Vereinte Nationen für eine bessere Welt: Meine Prioritäten als Generalsekretär der Vereinten Nationen September 2007 7 http://quellen.geschichte-schweiz.ch/allgemeine-erklarung-menschenrechte-uno-1948.html Textversion vom 17.06.2015 4 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info Knowhow lassen sich Schwierigkeiten und Aufgaben, denen viele Menschen heute noch hilflos gegenüberstehen, zum Teil überraschend einfach bewältigen. Dazu ist es notwendig, dass dieses Knowhow allgemein bekannt gemacht und praktisch umgesetzt wird. Darauf hatte Roman Herzog in seiner Berliner Rede „Aufbruch ins 21. Jahrhundert“8 1997 hingewiesen: „Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem. […] Jeder weiß, dass wir eine lernende Gesellschaft sein müssen. Also müssen wir Teil einer lernenden Weltgesellschaft werden, einer Gesellschaft, die rund um den Globus nach den besten Ideen, den besten Lösungen sucht. Die Globalisierung hat nicht nur einen Weltmarkt für Güter und Kapital, sondern auch einen Weltmarkt der Ideen geschaffen, und dieser Markt steht auch uns offen. […] Bildung muss das Mega-Thema unserer Gesellschaft werden. Wir brauchen einen neuen Aufbruch in der Bildungspolitik, um in der kommenden Wissensgesellschaft bestehen zu können. […] Durch Deutschland muss ein Ruck gehen. Wir müssen Abschied nehmen von liebgewordenen Besitzständen.“ Wenn die Erkenntnisprobleme gelöst sind, stellt sich die Frage, auf welche Aufgaben sich das kürzlich von Ban Ki-moon eingerichtete Scientific Advisory Board (SAB) 9 als neuer wissenschaftlicher Beirat der UNO konzentrieren sollte. Wie kann der Beirat global zu einer besseren Verknüpfung von Wissenschaft und Politik beitragen? Zu fördern ist vor allem die Bereitschaft und die Fähigkeit von Politikern, für die praktische Umsetzung gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse zu sorgen.10 Seit 1997 veränderte sich das Zusammenleben auf der Erde. Der Ruck, den Roman Herzog damals forderte, fand noch nicht statt. Inzwischen fordert er einen Ruck in Europa11: So wie Roman Herzog die Arbeitsweise der EU-Organisationen beschreibt, kann Zusammenarbeit nicht funktionieren. Nicht nur in Europa, sondern weltweit leiden die Menschen unter wirtschaftlichen und finanziellen Interessenkonflikten sowie politisch-sozialen Auseinandersetzungen. In einigen Ländern herrscht Bürgerkrieg. In Syrien und der Ukraine geht es nicht nur um nationale Angelegenheiten, sondern zugleich um die zukünftigen Einflussgebiete der sogenannten Ost- und Westmächte. Von einem Rückfall in den „Kalten Krieg“ ist die Rede sowie von drohenden Weltkriegsgefahren. In einer aktuellen Studie gelangen Forscher der NASA zu der Schlussfolgerung, das Ende der Menschheit sei unausweichlich.12 Diese Studie beruht, vergleichbar den Prognosen des Club of Rome, auf der Annahme, dass alles auf der Erde so weiter geht wie bisher, dass also vorhandenes Knowhow zur Verbesserung von Gegebenheiten nicht genutzt wird. Es gab jedoch stets Menschen, die angesichts offensichtlicher Gefahren nicht blind und kopflos reagierten, sondern vernünftig und weise. Wie sich mit Konfliktsituationen erfolgversprechend umgehen lässt, hatte in den 70er Jahren unter anderem der Physiker Carl Friedrich von Weizsäcker im Starnberger „Max-PlanckInstitut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt“ untersucht.13 Um nachhaltige Lösungen zu finden, ist es zweckmäßig, das Verhalten von Menschen zu betrachten, im Kontext der Umstände, unter denen sie leben und handeln. 8 http://web.archive.org/web/20100411063151/http://www.bundespraesident.de/Reden-und-Interviews/BerlinerReden-,12086/Berliner-Rede-1997.htm 9 www.sab-2014-berlin.de/de/scientific-advisory-board 10 Siehe hierzu den vorliegenden Text ab Unterpunkt 7. 11 www.wiwo.de/politik/europa/buchrezension-roman-herzog-fordert-einen-ruck-durch-europa/9616508.html Roman Herzog: „Europa neu erfinden – Vom Überstaat zur Bürgerdemokratie“ Siedler Verlag 2014 12 www.t-online.de/wirtschaft/unternehmen/id_68616564/nasa-studie-warum-die-menschheit-untergehenwird.html 13 C. F. von Weizsäcker: Fragen zur Weltpolitik 1975, S. 122ff., C. F. von Weizsäcker: Wege in der Gefahr. München 1976, S. 245., C. F. von Weizsäcker: Der bedrohte Friede. München 1981, S. 292ff. Textversion vom 17.06.2015 5 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info Unklares menschliches Denken und Formulieren kann ebenso zu Missverständnissen, Irrtümern, Konflikten und Katastrophen führen wie mangelhafter Überblick, unzulängliche Systematik, unlogische Prioritäten, unzweckmäßige und zu wenig flexible Organisations- und Regelungsformen, Informations- und Kommunikationsdefizite, die Verwendung fragwürdiger Arbeitsmethoden, unterlassene Korrekturmaßnahmen, Planungsversäumnisse, Überforderungssituationen u.v.m. Als Physiker kannte sich von Weizsäcker mit Systemen aus und wies deshalb darauf hin, dass stets alles im Gesamtzusammenhang zu betrachten ist. 3. Friedliche Konfliktregelung hat Priorität. Es gibt ein Reform-Gesamtkonzept. Heute geht es vorrangig darum, Interessen- und Machtkonflikte einsichtig zu überwinden und weltweit für Kooperationsformen zu sorgen, die alle Menschen auf der Erde befähigen, in ähnlich friedlicher Weise zusammen zu leben und zu arbeiten, wie es in Schulklassen, Dörfern und Kleinstädten gelingen kann.14 Was in derartig übersichtlichen sozialen Systemen zu berücksichtigen ist, das sollte auch im Hinblick auf das global village beachtet werden. Zunehmend deutlich erkennbar sind Gefährdungen, Vernichtungen und rücksichtslose Ausbeutungen von natürlichen Ressourcen auf der Erde und eine klimatische Entwicklung mit immer heftigeren Naturkatastrophen. Die Studien des Club of Rome und der NASA belegen die hier gegebenen Zusammenhänge eindrücklich. Als Antwort darauf beschlossen bereits 1992 auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen (UNCED) die Vertreter von 178 Staaten die Agenda 21, ein entwicklungs- und umweltpolitisches Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert, das nachhaltige Entwicklung fördern soll.15 Dazu wird eine weltweit veränderte Wirtschaftspolitik für notwendig gehalten. Wohlklingende Worte und Absichtserklärungen erweisen sich nur als nützlich, wenn sie zu zweckdienlichen Handlungen führen. Dass Menschen Handlungspflichten haben, war in der Initiative des InterAction Council von prominenten Politikern betont worden, unter anderem von Jimmy Carter, Bill Clinton und Helmut Schmidt.16 Erforderlich und anzuwenden ist zielführendes Knowhow, über das sich vorherrschende zielwidrige Handlungsorientierungen erfolgreich korrigieren lassen. Das kann nur auf der Grundlage von friedlichen Formen der Konfliktregelung gelingen, also anhand von Strategien, die weltweite konstruktive Kooperation begünstigen. Deshalb hat die Anwendung von darauf bezogenem Knowhow oberste Priorität. Wie hierzu bereit stehendes Knowhow konkret praktisch umgesetzt wird, ist nicht genau vorhersehbar. Das hängt davon ab, wie die dafür innerlich offenen Menschen es aufgreifen, verstehen und zur Anwendung bringen. Diktatorische Maßnahmen sind dabei zu vermeiden, da sich in der Menschheitsgeschichte oft genug gezeigt hat, dass diese zu katastrophalen Ergebnissen führen können. Infolge dessen sind demokratische Vorgehensweisen geboten. www.imge.info/arbeitsgrundlagen/2-rechtliche-grundlagen/235-die-beitraege-des-physikers-vonweizsaecker/index.html 14 Thomas Kahl: Die Logik optimaler Kooperation (Global Governance). Das Konzept der Vereinten Nationen: Politik und Wirtschaft sorgen für optimale Lebensqualität. www.imge.info/extdownloads/DieLogikOptimalerKooperation.pdf 15 http://de.wikipedia.org/wiki/Agenda_21 16 1997 schlug das InterAction Council eine „Allgemeine Erklärung der Menschenpflichten“ als Ergänzung zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vor. Siehe hierzu: Helmut Schmidt: Allgemeine Erklärung der Menschenpflichten. Piper 1997 Hans Küng (Hg.): Dokumentation zum Weltethos, München 2002 Textversion vom 17.06.2015 6 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info Der vorliegende Text stellt umfassende Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge dar und nützliche pragmatische Maßnahmen. Daraus ergibt sich ein in sich stimmiges ReformGesamtkonzept. Dieses lässt sich hier nicht in allen Einzelheiten darstellen. Zum Verständnis außerdem erforderliche weitere Informationen stehen über die angegebenen Fußnoten sowie die Internetseiten www.imge.info und www.grundgesetz-verwirklichen.de zur Verfügung. Die Darstellung folgt 1. den Absichten und Zielen, die der Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen zugrunde liegen und 2. den Intentionen der Väter des Grundgesetzes, das 1949 für die Bundesrepublik Deutschland als Gesellschaftsvertrag beschlossen worden war:17 Die Menschenrechtscharta und das Grundgesetz wurden nach dem Zweiten Weltkrieg formuliert, um friedliches menschliches Zusammenlebens zu fördern, also um angesichts von Konflikten zukünftig kriegerische und andere schädigende Vorgehensweisen zu vermeiden. Diesen Intentionen zufolge ist zu gewährleisten, dass die auf der Erde zustande gekommene Vielfalt an Lebensformen und kulturellen Errungenschaften zugunsten des Wohlergehens aller Lebewesen, insbesondere der Menschen, geschützt, erhalten und weiterentwickelt werden können. Dieses lässt sich vor allem durch zwei Maßnahmen gewährleisten: 1. Juristisch: Die Menschen- und Grundrechte betonen die Bedeutung der Unantastbarkeit der menschlichen Würde, Individualität und Freiheit, um in jeglicher Hinsicht für Schadensminimierung zu sorgen. 2. Organisatorisch lässt sich diese Gewährleistung erreichen über (1.) freiheitlichdemokratische Rechtsstaatlichkeit, (2.) das Subsidiaritätsprinzip, (3.) den Föderalismus bzw. Regionalisierung, (4.) Formen der Bürgerselbstverwaltung, (5.) Regeln der Kommunikation und Kooperation, (6.) Bildungsmaßnahmen und (7.) die Sicherstellung erforderlicher materieller Lebensgrundlagen.18 Weltweit können ab sofort überall alle dargestellten Maßnahmen aufgrund von bereits herbeigeführten, gültigen Rechtsgrundlagen praktisch umgesetzt werden.19 Diese Tatsache, die Bedeutung der Menschen- und Grundrechte sowie das, was zum zweckmäßigen Umgang mit den organisatorischen Punkten (1.) – (7.) gehört, haben bislang nur relativ wenige Menschen erfahren, nämlich besondere Fachexperten. Der vorliegende Text wurde deshalb unter anderem erstellt, um die dringend erforderliche allgemeine Bekanntmachung zu unterstützen. Die erwähnten Maßnahmen sind beweisbar geeignet, weltweit friedliches, faires und alle Menschen zufriedenstellendes Zusammenleben herbeizuführen. Dazu zweckmäßig sind eine Gesellschaftsorganisation und ein politisches Handeln, die sich grundlegend von dem unterscheiden, was bislang vorherrschend gewesen ist. Sehr viele Menschen sehen das heute Übliche als selbstverständlich und unabänderlich an. Sie können sich auf der Grundlage ihrer Erfahrungen gegenwärtig noch nicht vorstellen, dass alles sehr viel einfacher, leichter, besser und kostengünstiger geleistet werden kann. Das bislang vorherrschende politische Handeln ergab und ergibt sich überwiegend als Reaktion auf äußere Gefährdungen und Bedrohungen des menschlichen Überlebens. Dieses 17 Ausführungen von Carlo Schmid (SPD) zu den Grundrechten 1946 www.imge.info/extdownloads/AusfuehrungenVonCarloSchmidSPDZuDenGrundrechten1946.pdf 18 Dem konkreteren Verständnis und Umgang mit kulturellen Eigenheiten dienen die Abschnitte 2 und 15 in: Thomas Kahl: Die juristischen Ordnungsstrukturen unserer globalen Lebensgemeinschaft www.imge.info/extdownloads/DieJuristischenOrdnungsstrukturenDerGlobalenLebensgemeinschaft.pdf 19 Thomas Kahl: Es gibt eine einheitliche Rechtsordnung für die Menschen in allen Staaten der Erde. www.imge.info/extdownloads/EsGibtEineEinheitlicheRechtsordnungFuerAlleStaatenDerErde.pdf Textversion vom 17.06.2015 7 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info Handeln, das juristische Vorgehen sowie die Gesellschaftsorganisation waren und sind darauf ausgerichtet, menschliches Leben bestmöglich zu schützen und abzusichern gegenüber Angriffen, die von anderen Menschen (Feinden), Tieren (auch Bakterien und Viren) sowie von Naturgewalten, klimatischen Herausforderungen usw. ausgehen können. Diesen galt und gilt es wirkungsvoll zu begegnen, indem man Überlegenheit und Macht einsetzt, um ihnen nicht zu erliegen, sie zu bekämpfen und möglichst zu besiegen, um von ihnen nicht getötet zu werden. Angesichts dessen ist es üblich geworden, dass Politiker und Juristen Partei für diejenigen ergreifen, die sie vertreten, unterstützen und bezahlen – gegen die jeweiligen Gegner und Angreifer. Dabei kam und kommt es immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen und Verletzungen, auch mit Todesfolge. Zuweilen ergeben sich hier Umgangsweisen, die Erinnerungen an das aufkommen lassen, was einst im sogenannten Wilden Westen üblich gewesen war. Es können unterschiedliche Ziele verfolgt werden: 1. Das Streben nach guten Lebensbedingungen für alle Menschen und 2. das Streben nach Schutz und Sicherheit bei vorhandenen Bedrohungen. In beiden Fällen wird angesichts von Herausforderungen nach Lösungen gesucht, wobei die verwendeten Vorgehensweisen unterschiedlicher Art sind: Im ersten Fall werden friedliche Formen der Konfliktlösung gewählt, im zweiten Fall kämpferische. Da kämpferisches Vorgehen mit schwerwiegenden Schädigungen einhergehen kann, ist friedliches Vorgehen generell zu bevorzugen. Die Orientierung an den Menschenund Grundrechten dient jeglicher Schadensvermeidung und ist deshalb grundsätzlich der bislang vorherrschenden kämpferischen Selbstfürsorgeorientierung leistungsmäßig überlegen. Sie ist vernünftiger und weiser. Diese Erkenntnis führt zu der Aufgabe und der Pflicht, zu Vorgehensweisen überzugehen, mit denen viele Menschen bisher noch nicht hinreichend vertraut gemacht wurden. Diese Menschen müssen die Gelegenheit erhalten, sich diese Vorgehensweisen anzueignen. Dazu zweckmäßige Maßnahmen werden im vorliegenden Text dargestellt. Weil Texte und einzelne Formulierungen leicht missverstanden werden, sollten Sie als Leserin und Leser berücksichtigen: Dieses hier ist ein wissenschaftlicher Text, so wie man ihn in Lehrbüchern findet. Die Gedankengänge der einzelnen Abschnitte bauen logisch aufeinander auf. Deshalb wird dieser Text nur in angemessener Weise verständlich, nachdem man ihn von Anfang bis zum Ende gelesen hat, und zwar mehrmals. Beim zweiten und weiteren wiederholten Lesen werden Zusammenhänge deutlich, die vorher noch übersehen worden waren. Selbstverständlich gibt es sinnvolle Ergänzungen zu den hier erwähnten Zusammenhängen und Maßnahmen. Wer solche in die Diskussion einbringen möchte, sollte dies tun. Im Rahmen eines Ideenwettbewerbs lassen sich die zweckmäßigsten Vorgehensweisen ermitteln. Das Gesamtkonzept ist nur in umfassender Zusammenarbeit realisierbar. Der vorliegende Text enthält richtungsweisende Anstöße. Im Blick auf die optimale Organisation des Zusammenlebens aller Menschen auf der Erde lassen sich zwei Gesamtkonzepte unterscheiden: global government und global governance. Global government bezeichnet in Anlehnung an bislang übliche Formen der staatlichen Regierungsorganisation die Einführung einer zentralen Weltregierungsinstitution. Im Unterschied dazu ist global governance als Konzept zu verstehen, wie man globale Probleme regeln kann, ohne dass eine zentrale Weltregierungsinstitution erforderlich ist. In das Streben nach Problemlösung werden unterschiedliche Akteure in ein Netzwerk von Institutionen und Textversion vom 17.06.2015 8 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info Regelungen einbezogen, um den Herausforderungen der Globalisierung flexibel zu begegnen.20 Dazu gehört das dezentrale Steuern von Prozessen über die Kooperation regionaler (örtlicher) organisatorischer Selbstverwaltungseinheiten, die einander gleichberechtigt sind, vergleichbar den Bundesländern, Bezirken und Ortschaften im deutschen Grundgesetz. Dieses Konzept begünstigt den Bedürfnissen der Bürger gerecht werdende (demokratische) Vorgehensweisen. 4. Im Spannungsfeld der Globalisierung ist das Überleben der Menschheit akut bedroht. Die Globalisierung stellt uns nicht nur vor neue Aufgaben und Herausforderungen. Zu ihr lässt sich aus der Geschichte Hilfreiches lernen. Wir sollten dabei allerdings berücksichtigen, dass sich in der Geschichte niemals etwas in identischer Weise widerholt, sondern stets in analogen Formen. So ist auch die Aussage von Theodor W. Adorno zu sehen: „Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung.“ Heute finden wir Auschwitz-Varianten weltweit – in Guantánamo, in Gefängnissen und Arbeitslagern, in denen ohne Rechtsgrundlage gefoltert wird, in der Verfolgung und Ermordung von Angehörigen bestimmter Religionen und oppositioneller politischer Gruppierungen, in der Unterdrückung von Frauen, Minderheiten, Homosexuellen etc. Bewusst organisierte Maßnahmen zur Unterdrückung, Ausbeutung und Vernichtung von Menschen hat es auch vor Auschwitz schon oftmals gegeben: Wenn in einem Ort oder Land das Streben nach Macht und Geld die Wertpriorität gewonnen hat gegenüber der Achtung und der bestmöglichen Kultivierung der Menschenwürde und der natürlichen Lebensgrundlagen, drohen alle kulturellen Errungenschaften der Dekadenz zum Opfer zu fallen. Dieses Entwicklungsgesetz ist so gültig wie das physikalische Gravitationsgesetz und führte zum Untergang aller einstigen Hochkulturen. Deshalb war vom Volksmund aus guten Gründen das Streben bzw. die Gier nach Macht und Geld immer wieder als „Teufelswerk“ bezeichnet worden. Eine moderne Variante davon zeigt sich im Zuge der wirtschaftlichen Globalisierung seit 1989/90: Es ist ein ungeregelt-rücksichtsloser Rivalitätskampf um Vorherrschaft entbrannt, in dem sich weltweit Wirtschaftsunternehmen und Staaten ruinieren.21 Dieser Kampf geht mit Leistungsüberforderungen einher, die zur Beeinträchtigung der Gesundheit der Bürger führen und damit zu sinkender Leistungsfähigkeit – bis hin zum Tode.22 Um solcher Dekadenz entgegenzutreten, sind Millionen Angehörige des Islam entschlossen, dem Geltung zu verschaffen, was sie für Gottes Wort halten. Mit dem Einsatz ihres Lebens ziehen sie todesmutig gegen die Teufel in den heiligen Krieg. Dabei unterscheiden sie nicht stets sorgfältig unter denen, die sie zu den Komplizen des Teufels zählen: Barack Obama, Wladimir Putin, Silvio Berlusconi, Angela Merkel, David Cameron etc., sogar Ban Ki-moon, eben alle, die aus ihrer Sicht Allahs Geboten zuwider handeln. 20 http://de.wikipedia.org/wiki/Global_Governance Thomas Kahl: Wo Rivalität vernichtet, können Rechts- und Bildungsmaßnahmen retten. Demokratische Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeit als Basis globaler Zusammenarbeit (Global Governance). www.imge.info/extdownloads/WoRivalitaetVernichtetKoennenRechtsUndBildungsmassnahmenRetten.pdf 22 Thomas Kahl: Burn-out oder Totalschaden? Die seelische Krankheit „Rivalität“ wirkt so verheerend wie früher Pest und Cholera www.imge.info/extdownloads/BurnoutOderTotalschaden.pdf Thomas Kahl: Burnout bezeichnet Organ-Funktionsstörungen, nicht eine Form von «Depression». Eine Orientierungshilfe zum Umgang mit Burnout-Symptomen, Depressionen und psychovegetativen Erschöpfungszuständen. www.imge.info/extdownloads/BurnoutBezeichnetFunktionsstoerungen.pdf Textversion vom 17.06.2015 9 11 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info Ein einflussreicher Berater des US-Außenministeriums, Samuel P. Huntington, prägte 1996 den Begriff des Kampfes der Kulturen („clash of civilisations“) im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung islamistischer Gotteskrieger mit demjenigen, was er als eine typisch westliche Position darstellte. Wie alle, die offensichtlich nicht in erster Linie nach Möglichkeiten suchen, militärisch-gewalttätige Auseinandersetzungen zu vermeiden, betonte Huntington anstelle der wesentlichen Gemeinsamkeiten der Menschen stärker die Unterschiedlichkeiten in den Kulturen. Die Lebensvorschriften, an denen sich militante Islamisten orientieren, erscheinen aufgeklärtnaturwissenschaftlich denkenden Menschen in ähnlicher Weise als unerträglich, gewalttätig und lebensgefährlich wie das Bestreben von Finanzwirtschaftlern und Unternehmern, Politikern Gesetze zur parlamentarischen Verabschiedung zu diktieren, um ihre Machtpositionen auf dem Weltmarkt abzusichern – ohne dabei das Wohl der Bevölkerung angemessen zu berücksichtigen. Handelt es sich bei den heutigen weltweiten Auseinandersetzungen zwischen Vertretern des kapitalistischen Imperialismus und Islamistenführern um Formen von Glaubenskriegen23, vergleichbar denjenigen der Zeit der Kreuzzüge und der Inquisition? Auch damals waren wertvolle Errungenschaften von Hochkulturen sinnlos zunichte gemacht worden. Sich zugunsten einer dieser beiden Positionen einzusetzen, fällt allen Menschen schwer, die davon überzeugt sind, dass es die Aufgabe aller Angehörigen der biologischen Gattung Homo sapiens ist, verantwortungsbewusst die natürlichen Grundlagen des Lebens auf der Erde zu schützen und zu kultivieren zum Wohle aller Lebewesen. Es gibt religiöse Menschen, die davon ausgehen, dass hierin der göttliche Wille und Sein Auftrag an Seine Geschöpfe bestehen: Eltern wollen stets das Beste für ihre Kinder. Vergleichbar damit dürfte ein Schöpfergott stets das Beste für seine Geschöpfe wollen und nicht, dass diese leidend zugrunde gehen. Zu den bekanntesten geschichtlichen Beispielen des Untergangs von Hochkulturen gehört der Zerfall des einstigen römischen Weltreich-Imperiums: Der militärische Führungsstil eignet sich zur Ausweitung von Einflussbereichen, also zur Außenpolitik. Er vermindert die Lebenschancen angeblich unterlegener Kulturen. Er beruht auf der Ausbeutung von Menschen und der Natur. Da er sich nicht dauerhaft-nachhaltig dazu eignet, innenpolitisch zur Zufriedenheit der Bevölkerung beizutragen, wächst ihre Unzufriedenheit und schwindet ihr Vertrauen in die politische Führung. Wenn der Führung infolge dessen die Kontrolle über die Gegebenheiten in ihrem Reich zu entgleiten droht, inszeniert diese zur Ablenkung von den eigentlichen Missständen für die Bevölkerung erfolgversprechende Glücksspiele, spannendes Theater, beeindruckende Feste, sportliche Wettbewerbe und sonstige KonkurrenzauswahlVeranstaltungen zum Finden von Helden und Preisträgern (panem et circenses - Brot und Spiele). Damit soll der Eindruck erweckt werden, es komme vor allem auf erfolgreiche Teilhabe hieran an und jeder habe dazu beste Chancen. Wenn angesichts solcher Ablenkungsmanöver die entstandenen Missstände bestehen bleiben und zunehmen, erfolgen unaufhaltsam selbstzerstörerische Entwicklungen. Im Zuge der Globalisierung sind vergleichbare Entwicklungen in nahezu allen Ländern der Erde erkennbar – aktuell besonders auffällig in Nordamerika, Venezuela, Griechenland, der 23 Im Islam muss die Gesetzgebung den Geboten Allahs entsprechen. - Der Soziologe Max Weber hatte erklärt, inwiefern der Kapitalismus auf Elementen calvinistischer Ethik beruht, also eine Variante religiösen Glaubens darstellt: Hier werden die zur Verfügung stehenden Mittel auf persönlichen materiellen Erfolg und Machtgewinn ausgerichtet. Textversion vom 17.06.2015 10 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info Türkei, Syrien, Russland, der Ukraine. Angesichts von Korruption und anderen Missständen hilft niemals ein „Empört Euch!“ (Stéphane Hessel)24 weiter, falls allen Beteiligten das erforderliche Knowhow fehlt. Was nützt Kritik an den Herrschenden, wenn diese den Missständen selbst rat- und hilflos gegenüber stehen? Dann ist höchstwahrscheinlich verheerender Bürgerkrieg zwischen der Staatsmacht und deren Opposition zu erwarten. Das Auswechseln von Führungspersonal geht nicht generell mit höherem Sachverstand und darauf beruhenden besseren Lösungen einher. Das trifft auch zu, wenn einer neuen politischen Führung vollstes Vertrauen entgegen gebracht wird. Denn erhaltenes Vertrauen fördert nicht verlässlich das Knowhow, die Intelligenz, die Ethik und Moral, die Kreativität, die Kompetenz. Zu Fortschritten kann es nur kommen, wo jemand zur Verfügung steht, der eindeutig beweisbar die Wege und Mittel kennt und anwenden kann, mit denen sich die vorliegenden Herausforderungen und Missstände beheben lassen. Erforderlich dazu sind Knowhow und Weisheit aufgrund von umfassender Bildung: „Weisheit ist eine menschliche Kardinaltugend und bezeichnet vorrangig ein tiefgehendes Verständnis von Zusammenhängen in Natur, Leben und Gesellschaft, sowie die Fähigkeit, bei Problemen und Herausforderungen die jeweils schlüssigste und sinnvollste Handlungsweise zu identifizieren.“25 5. Geschichtliche Erkenntnisse sind hilfreich, um Kriegsirrsinn zu vermeiden. In der Geschichte der Menschheit ergaben sich in allen Gebieten der Erde Erfahrungen, aus denen sich im Blick auf optimales Zusammenleben Wertvolles lernen lässt. Alle Hochkulturen entstanden aufgrund der sorgfältigen praktischen Berücksichtigung solcher Erkenntnisse. Wenn wir nach Erkenntnissen suchen, die sich zur Bewältigung heutiger Herausforderungen eignen, finden wir solche zum Beispiel im Mittelmeerraum: In der Antike blühten in griechischen und römischen Stadtstaaten Hochkulturen. Diese zeichneten sich dadurch aus, dass eine leistungsfähige und gebildete Oberschicht die Künste und Wissenschaften zum Wohle aller Menschen förderte und ihnen dadurch Wohlstand Gerechtigkeit, Frieden und Zufriedenheit ermöglichte. Die griechische Polis wird als Grundlage der Idee vom freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat angesehen (Platon, Aristoteles): Die Polis ist ein Basismodell der Bürgerdemokratie, ebenso wie die Beratungsrunden im germanischen Thing und das afrikanische Palavern. Jeder Stadtstaat zeichnete sich durch Eigenheiten aus, die ihn von anderen Stadtstaaten unterschieden - so wie auch jeder Mensch persönliche Eigenheiten aufweist, die ihn von allen anderen Menschen unterscheidbar machen. Der eigene Wert zeigt sich vor allem gegenüber dem Andersartigen. Der Wert des Andersartigen wird nicht immer sogleich offensichtlich erkennbar. Er ist mit Ruhe, Geduld und Hochachtung zu erkunden. Wir kennen das aus der Partnersuche und der Archäologie. Dass man auf unterschiedlichen Wegen zu guten Ergebnissen gelangen kann, führte immer wieder zu Zweifeln an der eigenen, als allein bewährt angenommenen Vorgehensweise, zur Verunsicherung und zu dem Streben, in einem Wettbewerb mit anderen den Wert des Eigenen beweisen zu wollen. In der Folge kam es in der Antike zu Auseinandersetzungen und 24 Stéphane Hessel: Empört Euch! Ullstein 2011 http://de.wikipedia.org/wiki/Weisheit Textversion vom 17.06.2015 25 11 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info Vernichtungskriegen zwischen den einzelnen Stadtstaaten. Die friedliche Alternative dazu wäre die Einsicht und Anerkennung gewesen, dass es zur eigenen Vorgehensweise auch Alternativen gib: dass mehrere und auch unterschiedliche Mittel und Wege zum selben Ziel führen können. Damalige Unfähigkeit, Pluralismus, also ein Nebeneinander („Koexistenz“) unterschiedlicher Lebensformen, zu akzeptieren und zu tolerieren, führte ohne jegliche Berechtigung und Notwendigkeit, also sinnlos, zum Untergang der Stadtstaaten sowie wertvoller kultureller Errungenschaften. Es erfolgte der Übergang zu größeren Staatengebilden, die mehrere Orte umfassten. Aus diesen sind allmählich die heutigen Staaten entstanden, unnötigerweise wiederum in der Regel über kriegerische Auseinandersetzungen. Etliches aus den einstigen Hochkulturen ließ sich erhalten und weiterentwickeln, einiges wurde vernichtet, einiges geriet in Vergessenheit. Betrachten wir auf diesem Erfahrungshintergrund die Auseinandersetzungen im Rahmen der gegenwärtigen Globalisierung, so die zwischen westlichen und östlichen Staatsmachtblöcken, so scheint heute das Wichtigste davon in Vergessenheit geraten zu sein: Vorrangig kommt es darauf an, sich auf das zu konzentrieren, was gemeinsames friedliches Zusammenleben angesichts aller vorhandenen Unterschiedlichkeiten gewährleisten kann. Diese sozialintegrative Aufgabenstellung kennen alle Dorfbürgermeister und Lehrer. Angesichts reichhaltiger Erfahrungen damit gibt es gesicherte Erkenntnisse zu erfolgversprechenden Vorgehensweisen. Trotz aller offensichtlichen Schwierigkeiten und noch nicht bewältigten Herausforderungen lässt sich die europäische Einigungsbewegung als das Bemühen verstehen, die fatale Alternative „Selbstbehauptung oder Untergang“ (Carl Schmitt) hinter sich zu lassen. Einigungsprozesse können so gestaltet werden, dass sich alle Beteiligten „behaupten“, ohne die Gefahr von „Untergang“: In gegenseitiger Anerkennung ihrer eigenen Werte und Unterschiedlichkeit, im Lernen voneinander („interkultureller Austausch“) und der Kooperation miteinander sind Menschen in der Lage, etwas Neues entstehen zu lassen, was vielfältiger, reicher und leistungsfähiger ist als das bislang Existierende. Voraussetzung für das Gelingen ist, dass unterschiedliche Positionen thematisiert und auftretende Konflikte mit fairen Methoden ausgetragen werden. Über derartiges Vorgehen erreichen wir konstruktive Weiterentwicklung und stetigen kulturellen Fortschritt. 6. Die Menschen- und Grundrechte begünstigen weltweit optimales Zusammenleben. Kultureller Fortschritt beruht vor allem auf der Entwicklung und Anwendung von Wegen und Mitteln, die es ermöglichen, Nutzen zu mehren, ohne Schädigungen zu verursachen, etwa über das Vermeiden gewalttätiger und kriegerischer Auseinandersetzungen. Derartige Auseinandersetzungen über diplomatische Verhandlungen nicht eintreten zu lassen, gehört zu den wichtigsten kulturellen Errungenschaften: Einvernehmliche Konfliktregelung ist die Grundlage friedlichen Zusammenlebens. Wie man sich ein der griechischen Polis entsprechendes optimales Zusammenleben im global village konkret-anschaulich vorstellen kann, beschrieb bereits im Jahr 1515 der englische Jurist Thomas Morus in seinem Roman „Utopia“. Auf der Basis des „Gesellschaftsvertrags“ (contract social) von Jean-Jacques Rousseau und des kategorischen Imperativs von Immanuel Textversion vom 17.06.2015 12 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info Kant sowie dessen Schrift „Zum ewigen Frieden“26 ließ sich ein demokratischer juristischer Ansatz zur menschlichen Verhaltensregelung entwickeln: das Konzept der Menschen- und Grundrechte. Es dient der Akzeptanz sowie der Toleranz alles Andersartigen und der gegenseitigen Verständigung, Kooperation, Unterstützung, Förderung, Weiterentwicklung. Hier steht nicht mehr das egozentrische Streben nach Selbstschutz, Machtüberlegenheit („divide et impera“) und Selbstdurchsetzung im Vordergrund, so wie in dem bis dahin in Europa vorherrschenden obrigkeitsstaatlichen römischen Rechtsdenken. Das Konzept der Menschen- und Grundrechte konzentriert sich auf das Allgemeinwohl, also das Wohlergehen aller Lebewesen sowie den Schutz und die Pflege ihrer natürlichen Lebensgrundlagen. Es ist damit dem vielfach rücksichtslosen römischen Machtinteressen-Rechts-Konkurrenzdenken leistungsmäßig weit überlegen. Die Menschen- und Grundrechte sind in ihrer Bedeutung und Funktion identisch mit den Zehn Geboten und mit in anderer Weise formulierten Hinweisen zu einer Lebensführung, die das Überleben und das Wohlbefinden von Menschen unterstützen sollen – deren Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Zufriedenheit sowie wohlwollenden und achtsamen Umgang miteinander. 539 v. Chr. formulierte Kyros der Große, der erste König von Persien, die erste Charta der Menschenrechte.27 Moses (Levitikus 19, 11-18), Lao Tze (ca. 604 -531 v. Chr.), Konfuzius (551 - 479 v. Chr.), Buddha (563 - 483 v. Chr.), Sokrates (469 - 399 v. Chr., Jesus von Nazareth, Khalil Gibran (1883 - 1931) und andere Weisheitslehrer vermittelten ihren Zeitgenossen Handlungsrichtlinien, die sinngemäß den Menschen- und Grundrechten entsprachen. Selbstverständlich berücksichtigten sie jeweils den Bildungsstand ihrer Mitmenschen und Umweltgegebenheiten wie etwa das Klima, verfügbare Gegenstände, Nahrungsmittel und deren Haltbarkeit sowie Bekömmlichkeit. Daraus ergaben sich zeit- und kulturspezifische Besonderheiten und Unterschiede in den Anweisungen. Die Menschen- und Grundrechte dienen der angemessenen Befriedigung der menschlichen Grundbedürfnisse sowie der bestmöglichen Förderung des menschlichen Potenzials. Der Wortbestandteil „Rechte“ betont, dass alle Menschen eine Existenz- und Lebensberechtigung haben und dass es ihnen gut gehen sollte. Dazu haben sie das Recht zu erwarten, dass andere sie nicht schädigen, übervorteilen, verletzen. Der Schutz des Lebens erfordert gegenseitige Rücksichtnahme. „Recht“ ist, was im Leben richtig, anständig, gerecht, fair ist. Jeder Mensch hat ein angeborenes Gerechtigkeitsgefühl, das beinhaltet, dass alle Menschen in gleicher Weise gerecht behandelt werden sollten. Am 10. Dezember 1948 wurde auf dieser Basis als praktische Vorbereitung der Rechtsgrundlagen für die menschliche Lebensgemeinschaft im global village die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verkündet. Am 23. Mai 1949 wurde vom Parlamentarischen Rat das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland mit den Grundrechten beschlossen. Das Grundgesetz ist eine Formulierung des Gesellschaftsvertrags, der den Naturgesetzen zufolge dem menschlichen Zusammenleben zugrunde liegt.28 26 Thomas Kahl: Konsensbewusstsein als Basis internationalen Zusammenlebens. Von der Gründung der Paneuropa-Union zur freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung im global village. www.imge.info/extdownloads/KonsensbewusstseinAlsBasisInternationalenZusammenlebens.pdf 27 http://de.humanrights.com/what-are-human-rights/brief-history/declaration-of-human-rights.html 28 Thomas Kahl: Die Weltordnung, die Naturgesetze und die menschliche Evolutionsgeschichte. Leben gemäß der Natur-Ordnung mit dem Grundgesetz: Eine Darstellung für Kinder und Erwachsene www.imge.info/extdownloads/DieWeltordnungDieNaturgesetzeUndDieEvolutionsgeschichte.pdf Textversion vom 17.06.2015 13 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info Die Menschen- und Grundrechte beinhalten etliche Formulierungen, die alle denselben Sinn verfolgen: die Würde und die Freiheit aller Menschen gleichermaßen zu achten und zu schützen.29 Was damit gemeint ist, zeigt sich besonders anschaulich und eindrücklich in der Straßenverkehrsordnung. Deren universelle Grundregeln lauten gemäß § 1 StVO: (1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. (2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Die Grund- und Menschenrechte sind allgemeiner formuliert, weil sie sich darauf beziehen, wie sich Menschen immer zu verhalten haben, also nicht nur im Straßenverkehr: Bei allem, was man tut, sollte man das Wohl aller Anderen im Blick haben und mit unterstützen. Man darf sie und ihre Rechte nicht verletzen (Artikel 2 (1) GG). So hatte Hippokrates (um 460 bis 370 v. Chr.) einen Eid für den Umgang von Ärzten mit Patienten formuliert, der die Verpflichtung enthielt, niemals Schaden anzurichten (nihil nocere). Hier geht es um Selbstverständliches: Niemand sollte geschädigt werden und niemand will geschädigt werden. Alle Menschen- und Grundrechte formulieren Tatsachen, die zu berücksichtigen sind, um Schaden zu vermeiden. Hierzu zwei Beispiele: Eine derartige Tatsachenformulierung ist „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Artikel 3 (2) GG). Diese Tatsache wird von vielen Menschen nicht gesehen, anerkannt und angemessen beachtet. Infolge dessen werden zum Beispiel Männern und Frauen für die gleiche Arbeitsleistung nicht immer die gleichen Löhne bezahlt. Dies führt zur Benachteiligung von Frauen und eventuell auch von Kindern, immer wieder auch zu gesellschaftlichen Konflikten und Schäden. Eine andere Tatsache lautet: „Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft“ (Artikel 6 (4) GG). Also soll jede Mutter diesen Schutz erhalten. Wenn diese Forderung nicht erfüllt wird, können sich negative Auswirkungen auf die Mutter, das Kind und die Gemeinschaft ergeben. Solche Auswirkungen sollen durch den Schutz verhindert werden. Eine Gemeinschaft schädigt sich selbst, wenn sie nicht gut für Mütter und Kinder sorgt. Beispielhaft zeigt sich bei diesen beiden Formulierungen, dass es objektive Tatsachen sowie Auswirkungen gibt, die von vielen Menschen nicht wahrgenommen und anerkannt werden. Dazu kommt es, weil sich die menschlichen Sinnesorgane und auch der menschliche Verstand täuschen können: Irren ist menschlich. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die naturwissenschaftliche Erkenntnis von Kopernikus und Galilei, dass die Erde um die Sonne kreist. Diese Tatsache lässt sich nur mit objektiven wissenschaftlichen Forschungsmitteln belegen, nämlich über astronomische Beobachtungen der Verlaufsbewegungen der Himmelskörper (Planeten). Jeder Mensch, der von der Erde aus mit bloßen Augen und seinem „gesunden Menschenverstand“ den tagtäglichen Verlauf der Sonne verfolgt, ist geneigt, diese Erkenntnis nicht als Tatsache anzuerkennen, weil er nur beobachtet, wie sich die Sonne im Osten aufgehend und im Westen untergehend um seinen Standort herum bewegt: Objektive Erkenntnis (=Tatsachen) und subjektive Wahrnehmungen und Eindrücke (= Meinungen) 29 Zur Bedeutung der Würde und der Freiheit siehe: Ausführungen von Carlo Schmid (SPD) zu den Grundrechten 1946 www.imge.info/extdownloads/AusfuehrungenVonCarloSchmidSPDZuDenGrundrechten1946.pdf Ferner: www.imge.info/arbeitsgrundlagen/2-rechtliche-grundlagen/232-schutz-vor-staatlichemmachtmissbrauch/index.html sowie www.imge.info/arbeitsgrundlagen/2-rechtliche-grundlagen/231-die-allgemeine-bedeutung/index.html Textversion vom 17.06.2015 14 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info unterscheiden sich voneinander. Platon wies bereits in seinem Höhlengleichnis darauf hin: Was als offensichtlich erscheint, das erfasst nicht unbedingt die gesamte Wirklichkeit. Ähnlich revolutionär wie die Erkenntnisse von Kopernikus und Galilei wirkten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Erkenntnisse des Kommunikationsforschers und Psychotherapeuten Paul Watzlawick zum menschlichen Zusammenleben: Die menschliche Wahrnehmung funktioniert nicht zuverlässig: Das Offensichtliche entspricht nicht unbedingt den wirkenden Tatsachen. Watzlawick untersuchte die Gültigkeit von menschlichen Äußerungen bzw. Formulierungen: Inwiefern stimmen diese überein mit dem, was objektiv beweisbar ist? Inwiefern entsprechen sie der Wahrheit?30 Man kann im Blick auf die Grund- und Menschenrechte zum Beispiel fragen: Stimmen die Äußerungen: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ und „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“? Es lässt sich belegen und beweisen, dass Missachtungen dieser Feststellungen zu Schädigungen im mitmenschlichen Zusammenleben führen.31 Sie zu beachten und zu respektieren ist notwendig, um Beleidigungen, Ungerechtigkeiten und andere Verletzungen zu vermeiden sowie um Vertrauen, konstruktive Zusammenarbeit, Gesundheit und optimale Leistungsfähigkeit zu gewährleisten. 32 Die Wahrscheinlichkeit, in unproduktiven Streit und in Rechthaberei zu geraten, verringert sich, wenn man sich an die Menschen- und Grundrechte hält. Infolge dessen stimmen diese Formulierungen. Sie sind wahr. Sie stimmen weltweit, auch unabhängig davon, ob sie von herrschenden politischen Instanzen ausdrücklich und offiziell als „Menschen- und Grundrechte“ anerkannt und proklamiert worden sind. Sie stimmen auch unabhängig von dem, woran sich religiöse oder atheistische Menschen orientieren. Infolge dessen sind die Menschen- und Grundrechte nicht etwas, was nur dem westlichen Menschenbild der Aufklärung entspricht, aus dem heraus sie einst formuliert wurden. Sie entsprechen den existenziellen Grundbedürfnissen, die weltweit alle Menschen haben. Sie entsprechen der menschlichen Konstitution (conditio humana) 33 und dem Streben nach harmonischem Zusammenleben.34 7. Um bestmöglichen Erfolg zu erreichen, muss Bildung ein Mega-Thema werden. Wir leben in der „besten aller möglichen Welten“, erklärte der Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 - 1716), womit er nicht die unmittelbar erfahrbare Realität mit allen 30 Paul Watzlawick: Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Wahn, Täuschung, Verstehen. Piper. 20. Aufl. 1992 Paul Watzlawick, Janet H. Beavin, Don D. Jackson: Menschliche Kommunikation – Formen, Störungen, Paradoxien. Huber, Bern 12. Aufl. 2011. 31 Thomas Kahl: Verletzungen der Würde des Menschen und Maßnahmen der Prävention gegen eskalierende Gewalt. Wie menschliches Versagen zu Terrorismus und dem Weltuntergang führen kann. www.imge.info/extdownloads/VerletzungenDerWuerde.pdf 32 Thomas Kahl: Der politisch-gesellschaftliche Nutzen der Achtung der Würde des Menschen sowie von Psychotherapie/Coaching. www.imge.info/extdownloads/NutzenDerWuerde.pdf 33 http://de.wikipedia.org/wiki/Conditio_humana Thomas Kahl: Missverständnisse der Bibel prägen das bisherige Staats- und Strafrecht. Die Lehre von der Erbsünde hat verheerende praktische Folgen. www.imge.info/extdownloads/MissverstaendnisseDerBibelPraegenDasBisherigeStaatsUndStrafrecht.pdf 34 Thomas Kahl: Universelle Prinzipien verhelfen zu Allgemeinwohl, Frieden und Gerechtigkeit. Erfolg auf der Basis von Harmoniekonzepten. www.imge.info/extdownloads/UniversellePrinzipienVerhelfenZuAllgemeinwohlFriedenUndGerechtigkeit.pdf Textversion vom 17.06.2015 15 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info ihren Übeln meinte, sondern das Potenzial, das in der Natur angelegt ist. Wenn wir unzufrieden sind, liegt das vielfach daran, dass das Potenzial nicht optimal genutzt wird. Welches Potenzial hat der Mensch? Wenn es um die Beschaffenheit des Menschen geht, um die conditio humana, meinen alle Menschen mitreden zu können, als Experten, aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen. Wer dem menschlichen Potenzial in seiner enormen Komplexität gerecht werden will, der sollte über sein eigenes persönliches Potential sowie das seiner Verwandten und Bekannten hinaus das Potenzial aller Menschen auf der Erde berücksichtigen. Experten dafür sind vor allem unter Pädagogen und Psychotherapeuten zu finden, die über ihre wissenschaftlichen Grundlagenfächer weltweit untereinander vernetzt arbeiten. Diese beiden Berufsgruppen haben vieles gemeinsam: Sie vermitteln Menschen Fähigkeiten, die diese bis dahin noch nicht hatten. Sie verbessern das menschliche Potenzial, die Leistungsbereitschaft und -tüchtigkeit. Psychotherapeuten berücksichtigen dabei auch geistige, seelische und körperliche Funktionsstörungen (Krankheit, Gesundheit). Es ist heute objektiv-wissenschaftlich geklärt, was zu optimaler Pädagogik gehört und was zu optimaler Psychotherapie. Diese Erkenntnisse sind zu wenig bekannt und werden zu wenig genutzt. Die Aufgaben, die die Schule entsprechend unserer freiheitlich-demokratischen Verfassungsordnung erfüllen sollte, sind in den Schulgesetzen der Bundesländer klar formuliert worden. Praktisch werden diese vielfach nicht konsequent verfolgt und deshalb verfehlt. Dies trägt dazu bei, dass etliche Kinder ungern in die Schule gehen, dem Unterricht fernbleiben, leistungsmäßig versagen. Psychotherapeutische Kompetenzen sind nützlich, um derartige Folgen zu beheben. Erstaunlicherweise ist es möglich, Unternehmer oder Politiker zu werden, ohne eine Schule oder Ausbildung erfolgreich abgeschlossen zu haben. Man muss nur als Unternehmer zu arbeiten beginnen oder in ein Gremium gewählt werden. Trotz mangelhafter Bildung und Ausbildung können Menschen in der Wirtschaft und der Politik sehr einflussreiche Positionen übernehmen. Niemand überprüft, inwiefern sie sich mit der geltenden Rechtsordnung, dem Grundgesetz und den Menschenrechten auskennen. Man kann in die Rolle eines Vorgesetzten gelangen, ohne über hinreichende Kompetenzen zur Menschenführung zu verfügen. Man kann Entscheidungen treffen, die das Leben vieler anderer Menschen tiefgreifend beeinflussen und bestimmen, ohne zuvor das Knowhow erworben zu haben, das notwendig ist, um die Auswirkungen solcher Entscheidungen zutreffend einschätzen zu können. Wer in dieser Weise handelt, ohne sich mit Menschen hinreichend gut auszukennen, der trägt möglicherweise zur Beeinträchtigung, Schädigung oder gar Zerstörung menschlichen Leistungspotenzials bei, was Krankheiten und auch dauerhafte Arbeitsunfähigkeit zur Folge haben kann. Es gibt Unternehmer und Politiker, die nicht gelernt haben, sich am Allgemeinwohl zu orientieren und die darum in erster Linie ihre eigenen persönlichen Interessen verfolgen – auf Kosten und zum Schaden der Allgemeinheit. Psychotherapeuten kennen sich in der Regel mit den hier gegebenen Zusammenhängen gut aus. Es gehört zu ihren Aufgaben, zur Diagnose und Überwindung derartiger Schädigungen beizutragen. Auch Ausbildungsabschlüsse garantierten keinen optimalen Umgang mit anderen Menschen und mit sachlichen Herausforderungen, keine bestmögliche Aufgabenbewältigung und Lebenszufriedenheit. Wenn „Ausbildung“ vor allem in der gezielten Aneignung und Reproduktion von Wissen und Fertigkeiten im Hinblick auf Punktzahlen in Prüfungen besteht, dann lässt sich in ihrem Rahmen nur mit geringer Wahrscheinlichkeit das umfassende Textversion vom 17.06.2015 16 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info Verständnis für die Zusammenhänge entwickeln, das eine unverzichtbare Voraussetzung zu qualifizierter eigenständiger Aufgabenerfüllung ist. Dann werden in erster Linie Ausführungskompetenzen vermittelt und erworben, nicht aber Entscheidungs- und Methodenbeurteilungskompetenzen sowie die Grundlagen für eigenes kreatives Handeln und Erforschen von Gegebenheiten. Dieser Mangel bewirkt zwangsläufig eine hohe Wahrscheinlichkeit von Fehlentscheidungen und darauf beruhenden Schädigungen. Infolge dessen sind Ausbildungsbedingungen herbeizuführen, die sich nicht an Prüfungsanforderungen orientieren, sondern an dem, was zu kompetenter Berufsausübung und Alltagsaufgabenbewältigung befähigt: Es ist eine auf die Entwicklung von Verständnis für die Zusammenhänge gerichtete pädagogische Methodik und Didaktik anzuwenden. Eine solche wurde im Rahmen der Reformpädagogik35 entwickelt, unter anderem von Martin Wagenschein.36 Auf gründliche und umfassende Bildung37 ist größter Wert zu legen. Im Hinblick auf das Allgemeinwohl (common wealth: Lebensqualität, Gesundheit, Entwicklung des Leistungspotentials 38) ist keine zweckmäßigere und lohnendere Investition bekannt. Doch ein oft unzulängliches Angebot der Schul- und Ausbildungseinrichtungen und eine mangelhafte Qualität der Lehrerausbildung39 ermöglichte nicht allen Bürgern, in den Genuss einer solchen Bildung zu gelangen. In einer demokratischen Bürgergesellschaft ist es notwendig, dass alle Menschen möglichst hürdenfrei diejenigen Kompetenzen erwerben können, die sie zu erfolgreicher eigenständiger Lebensführung im Einklang mit dem Allgemeinwohl befähigen. Die UN-Behindertenrechtskonvention unterstützt die Förderung dieser Kompetenzen unter anderem mit dem Konzept der Inklusion. Die Richtigkeit und die Nützlichkeit dessen, was man einmal gelernt hat, sind nicht überall so offensichtlich klar erwiesen wie beim Lesen, Schreiben und den Grundrechnungsarten. In den Schulen und Hochschulen werden neben Wahrheiten auch Irrlehren verbreitet, und das eine ist vom anderen oft nur schwer zu unterscheiden. Wir müssen davon ausgehen, dass wir uns auch außerhalb solcher Einrichtungen etliches angeeignet haben, was sich eines Tages als offensichtlich zweifelhaft, unbrauchbar oder gar falsch und uns in die Irre führend herausstellt. Wer nachhaltig erfolgreich sein will, kann das nur werden aufgrund der Bereitschaft, das eigene Vorgehen, Handeln und Reagieren strengen Überprüfungen zu unterwerfen und kontinuierlich zu verändern. Er oder sie sollte beständig aufgeschlossen alle Entwicklungen 35 http://de.wikipedia.org/wiki/Reformp%C3%A4dagogik http://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Wagenschein 37 Umfassende Bildung ist eine notwendige Voraussetzung dafür, ein zufriedenstellendes und erfülltes eigenes Leben führen zu können, mit dessen Ablauf und Ergebnissen man sich angesichts des eigenen Todes einverstanden fühlen kann. Derartige Bildung geht weit über das hinaus, was ein Bildungsverständnis nahelegt, das Bildungsmaßnahmen in erster Linie als ein Mittel ansieht, um Sozialprestige und sicheres, hohes finanzielles Einkommen zu erlangen. 38 http://de.wikipedia.org/wiki/Bruttonationalgl%C3%BCck Fremuth et al. (Hrsg.): Glückseligkeit des Drachens – die Philosophie des Glücks in Bhutan und anderswo. Schriftenreihe der DGVN NRW e. V., Band 2. www.wiwi.unimuenster.de/ioeb/Downloads/Forschen/Pfaff/Fremuth_et_al_%282010%29_Gl%C3%BCckseligkeit_des_Drach ens.pdf 39 Thomas N. Kahl: Lehrerausbildung. Situation – Analyse – Vorschläge. Kösel Verlag München 1979. Thomas N. Kahl: Unterrichtsforschung. Probleme, Methoden und Ergebnisse der empirischen Untersuchung unterrichtlicher Lernsituationen. Kronberg/Ts.: Scriptor Verlag 1977 Textversion vom 17.06.2015 17 36 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info verfolgen und lernen, um neue Erfordernisse rechtzeitig erkennen und mit diesen bestmöglich umgehen zu können. Er oder sie braucht den Mut, unkonventionelle Wege zu gehen und sich deshalb vom Mainstream unberechtigterweise schelten und für verrückt erklären zu lassen. Denn alle bahnbrechenden Entdeckungen und Erfindungen wurden stets von Menschen gemacht, die unbeirrbar eigene Wege gingen. Die erforderliche Eigenständigkeit haben nur Menschen und Institutionen, die in der Lage sind, autonom, flexibel und rasch zu reagieren und zu handeln. Je größer und komplexer Institutionen und Organisationen sind, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ihnen dieses misslingt. Mangelnde Anpassungsfähigkeit stellt das Überleben infrage und führte unter anderen zum Aussterben der Dinosaurier. Institutionen und Organisationen, auch Unternehmen und Staaten, sind keine Lebewesen mit eigenständigem Lebensrecht, sondern lediglich Instrumente oder Anstalten40, die Menschen sich zu ihrem eigenen Wohl erschaffen haben. Diese können und müssen entsprechend den jeweiligen Erfordernissen umgestaltet werden. Bildung sollte dazu führen, die Welt und wie sie funktioniert, zu verstehen und in ihr bestmöglich erfolgreich handeln zu lernen. Wenn wir bescheiden sind, was die unverzichtbaren Kompetenzen von Führungskräften betrifft, dann ist zu fordern, dass sich diese zumindest im Umgang mit Menschen gut auskennen sollten,41 nicht unbedingt auch mit dem Funktionieren der ganzen Welt entsprechend der Genialität eines Mannes wie Leibnitz. Zu beachten ist insbesondere, dass zur Bewältigung von Aufgaben und Herausforderungen stets in erster Linie Sachverstand (Knowhow) und persönliches Engagement erforderlich sind. Allzu oft erliegen Politiker und Unternehmer der verbreiteten irrtümlichen Vorstellung, dazu sei vor allem Geld nötig und zweckmäßig: mit Geld ließe sich das Handeln von Menschen zielgerecht steuern. So bemühen sie sich um Geld und einen sachverständigen Umgang damit, um möglichst viel davon zur Verfügung zu haben. Erfolgsentscheidend ist jedoch nicht, wieviel Geld eingesetzt werden kann, sondern wie und wozu Geld und anderes Eigentum letztendlich verwendet werden. Deshalb betont Artikel 14 GG ausdrücklich den Gebrauch von Eigentum zum Wohle der Allgemeinheit. Ein solcher Gebrauch von Geld erfordert weit mehr als nur finanziellen und wirtschaftlichen Sachverstand. Er erfordert in erster Linie die sachkundige Berücksichtigung der Bedürfnisse der Bürger im Blick auf deren zweckmäßige Befriedigung (siehe unten 8., 9. und 12.). Wer mit Menschen zusammenlebt und arbeitet, benötigt eine humanwissenschaftlich fundierte Ausbildung, vorzugsweise auf den Grundlagen der Psychologie, Pädagogik sowie Psychotherapie. Die Psychologie ist als empirisch-experimentelle Wissenschaft vom menschlichen Erleben und Handeln heute die Grundlagenwissenschaft für alle mitmenschlichen Aufgabenfelder. Dass kompetentes Zusammenleben und -arbeiten mit Menschen eine humanwissenschaftlich fundierte Ausbildung erfordert, ist zweifellos ein hoher Bildungsanspruch. Dieser Anspruch ergibt sich aus der Komplexität des Menschen als biologisches Lebewesen: 40 Ausführungen von Carlo Schmid (SPD) zu den Grundrechten 1946 www.imge.info/extdownloads/AusfuehrungenVonCarloSchmidSPDZuDenGrundrechten1946.pdf 41 Thomas Kahl: Die Psychologie als Grundlage der ökologisch-achtsamen sozialen Weltmarkt-Wirtschaft. Die Achtung der Menschen- und Grundrechte bildet die Basis optimaler wirtschaftlicher Produktivkraft. www.imge.info/extdownloads/DiePsychologieAlsGrundlageDerMarktwirtschaft.pdf Textversion vom 17.06.2015 18 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info „Wenn man von dem gesellschaftlichen Auftrag einer Wissenschaft sprechen kann, so liegt jener der Psychologie in der Verpflichtung zu dem unermüdlichen Hinweis auf die Komplexität und Differenziertheit menschlichen Verhaltens und Erlebens. Angesichts der Leichtfertigkeit, mit der viele Repräsentanten unserer Gesellschaftsordnung psychologische Probleme zu sehen und zu lösen gewohnt sind, gehören zu der Erfüllung dieser Aufgabe sowohl Mut als auch Sachkenntnis.” 42 Um dem oft unzureichenden wissenschaftlichen Sachverstand von Politikern abzuhelfen, hatte der Theologe Georg Picht 1964 in seiner Schrift „Die deutsche Bildungskatastrophe“ betont: „Aufgabe der Wissenschaft ist die analytische Klärung der Sachverhalte, die Ausarbeitung der Methoden, die Aufdeckung der in jeder Entscheidung verborgenen Konsequenzen, von denen die Handelnden oft keine Ahnung haben, und – was man nur zu oft vergisst – die auf alle erreichbaren Daten gestützte Prognose. Sie ist deshalb als beratende Instanz unentbehrlich. Aber sie degeneriert, wenn man ihr die Entscheidungen der Exekutive zuschieben will. Entscheiden kann nur der Politiker. Er wird aber falsch entscheiden, wenn er dem typisch deutschen Irrglauben huldigt, Gott habe ihm mit seinem politischen Amt zugleich auch jenen geschulten wissenschaftlichen Verstand gegeben, den er im zwanzigsten Jahrhundert braucht. Ein Politiker, der Verstand hat, weiß, dass er ohne die Wissenschaft nicht mehr auskommen kann.”43 Mängel in der Bildung führten immer wieder zu Irrtümern, also unzweckmäßigen Handlungen. Diese verursachten immense geistige, seelische und körperliche Schädigungen des menschlichen Potentials und der Ressourcen der Natur. Dazu trugen vor allem kriegerische sowie persönliche Auseinandersetzungen bei, die seit Jahrtausenden stattfanden. Stets gingen etliche Schädigungen von Eltern auf deren Kinder über. Diese Gegebenheiten führten dazu, dass es heute oft außerordentlich schwierig sein kann, andere Menschen angemessen zu verstehen und mit ihnen im direkten zwischenmenschlichen Kontakt fruchtbare Formen der Kooperation herzustellen. Hier liegen wichtige Gründe für mangelhaftes Vertrauen und für zunehmendes Scheitern von Partnerschaftsbeziehungen.44 Mit menschlichen Unzulänglichkeiten hilfreich umgehen zu können, gehört zu den wertvollsten menschlichen Leistungen. Um die vorzufindenden Schwierigkeiten bestmöglich bewältigen zu können und um zusätzliche Schädigungen zu vermeiden, benötigen heute nahezu alle Menschen psychodiagnostische und psychotherapeutische Kompetenzen. Da sich alle Menschen voneinander unterscheiden, sind stets eigenständige Forschungsbemühungen und Kreativität erforderlich, um im Einzelfall herauszufinden, welche konkreten Gegebenheiten vorliegen und wie sich im Kontakt miteinander konstruktiv vorgehen lässt. Es gibt Methoden, mit denen die erforderlichen Kompetenzen allen Menschen leicht, schnell und kostengünstig vermittelt werden können. Dazu eignen sich Massenmedien,45 insbesondere auch das Internet. 8. Politiker benötigen Sachverstand, um dem Allgemeinwohl dienen zu können. Staatliche und internationale Organe haben gemäß den Verfassungsgrundlagen die Aufgabe, über ihr organisatorisches Vorgehen, ihre Gesetzgebung, ihre Rechtsprechung und ihren Umgang mit finanziellen Steuermitteln die Interessen und das Wohl aller Bürger bestmöglich 42 Thomae, H. und Feger, H.:, Einführung in die Psychologie 7, Akad. Verlagsges.1976, S. 4. Georg Picht: Die deutsche Bildungskatastrophe. Olten/Freiburg: Walter 1964, S. 60f. 44 Thomas Kahl: Beziehungskonflikte, Streit, Sprachlosigkeit: Hintergründe und Lösungsmöglichkeiten www.seelische-staerke.de/paarbeziehungen/r1v2.html 45 Thomas Kahl: Fernsehserien („Telenovelas“) verdeutlichen einen grundgesetzgemäßen menschenwürdigen Umgang, während staatliche Instanzen hier pädagogisch vielfach versagen. www.imge.info/extdownloads/FernsehserienVerdeutlichenMenschenwuerdigenUmgang.pdf Textversion vom 17.06.2015 19 43 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info zu unterstützen. Sie sind dafür von den Bürgern bezahlte und angestellte Dienstleister. Gewählte Repräsentanten (Abgeordnete, Minister, Kanzler, Präsidenten etc.) haben als Vertreter des Volkes die Pflicht, dem Allgemeinwohl zu dienen und Schädigungen zu vermeiden. Sinngemäß besagt das der Amtseid. Damit ihre Aufgaben dementsprechend ausgeführt werden, benötigen sie hinreichenden Sachverstand. Sachverstand beruht auf Knowhow, auf verantwortungsbewusstem zweckrationalem Handeln. Was derartiger Sachverstand ist, das lässt sich anschaulich beispielhaft anhand von Koch- und Backrezepten verdeutlichen: Solche Rezepte sind operationale Definitionen. Diese besagen, was konkret benötigt wird und zu tun ist, um angestrebte Ergebnisse als gelungene Werke tatsächlich zu erreichen. Zu diesen gelangt man nur über Selbstdisziplin, Selbstbeherrschung, bewusste Selbstregulation des eigenen Vorgehens. Operationale Definitionen geben an, wie zweckrationales Handeln erfolgen sollte. Handwerker und Techniker sind damit in der Regel gut vertraut. Darauf beruht die weise Empfehlung, dass wer ein öffentliches Amt übernehmen will, ein ordentliches Handwerk erlernt und über mehrere Jahre hinweg mit Erfolg ausgeübt haben sollte, etwa Zimmermann oder Seelenklempner. Wesentliches dazu verdeutlicht die folgende Antwort eines jüdischen Seelsorgers: „Ein junger Mann gab dem Riziner einen Bittzettel, darauf stand, Gott möge ihm beistehn, damit es ihm gelinge, die bösen Triebe zu brechen. Der Rabbi sah ihn lachend an: „Triebe willst du brechen? Rücken und Lenden wirst du brechen, und einen Trieb wirst du nicht brechen. Aber bete, lerne, arbeite im Ernst, dann wird das Böse an deinen Trieben von selbst verschwinden.”46 Jeder Mensch, der sich in einem konkreten Arbeitsbereich um Qualitätsarbeit bemüht – etwa jeder Handwerksmeister – kann sich durch die Konzentration auf seine Aufgaben und das Bemühen, eine Arbeit zu leisten, die die Kundenansprüche voll befriedigt, intensiv darin schulen, mit seinen Trieben und Launen immer besser zurecht zu kommen. Die gewissenhafte Beachtung der Grund- und Menschenrechtsordnung begünstigt zufriedenstellendes und gewinnbringendes Zusammenleben und die innere Sicherheit auf kostengünstigste Weise. Jegliche mangelhafte Beachtung dieser Ordnung beeinträchtigt und gefährdet das Zusammenleben. Zu den Folgewirkungen mangelhafter Beachtung dieser Ordnung gehören Ungerechtigkeiten, Konflikte und Streitigkeiten, Aggressivität und Unzufriedenheit, Überforderung und Stress, gesundheitliche Beeinträchtigungen, Mobbing, Armutselend, kriminelle Verhaltenstendenzen, Gewalttätigkeiten, Protestverhalten, Terrorismus, kriegerische Auseinandersetzungen und weitere Missstände.47 Angesichts dessen ist Politikern zu empfehlen, ihr Handeln kritisch zu überprüfen und für Organisationsformen zu sorgen, die das Wohl der Bevölkerung nachweislich am wirkungsvollsten unterstützen. Das übliche politische Handeln ist weitgehend das Ergebnis von Traditionen und Konventionen, die in der Vergangenheit einmal einen gewissen Sinn und Nutzen gehabt hatten, sich angesichts heutiger Gegebenheiten jedoch als unzweckmäßig 46 Martin Buber: Die Erzählungen der Chassidim. Zürich: Manesse 1949, S. 500. Thomas Kahl: Verletzungen der Würde des Menschen und Maßnahmen der Prävention gegen eskalierende Gewalt. Wie menschliches Versagen zu Terrorismus und dem Weltuntergang führen kann. www.imge.info/extdownloads/VerletzungenDerWuerde.pdf Thomas Kahl: Missverständnisse der Bibel prägen das bisherige Staats- und Strafrecht. Die Lehre von der Erbsünde hat verheerende praktische Folgen. www.imge.info/extdownloads/MissverstaendnisseDerBibelPraegenDasBisherigeStaatsUndStrafrecht.pdf Thomas Kahl: Deutschland und die Welt brauchen Papst Franziskus dringend. Ein Gebet von Franz von Assisi beruht auf dem Verhalten Jesu Christi, der sich für die Achtung der Grundrechte eingesetzt hatte. www.imge.info/extdownloads/DeutschlandBrauchtPapstFranziskusDringend.pdf Textversion vom 17.06.2015 20 47 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info erweisen können. Etliches wird allzu umständlich und kostenaufwändig gemacht: Es wird unendlich viel geredet und getan, um Konsens herzustellen – siehe unten 9.5: Demokratischer Pragmatismus. Demgegenüber ist vordringlich für Sachverstand zu sorgen und mit diesem für zweckmäßiges praktisches Vorgehen. Infolge unzureichenden Sachverstands führen politische Bemühungen vielfach nicht zu den angestrebten positiven Ergebnissen, sondern zu Schädigungen, finanziellen Fehlinvestitionen und Unzufriedenheit der Bevölkerung. Deshalb sollte das gesamte politisch-administrative Handeln zugunsten des Allgemeinwohles auf Rationalität und praktische Nützlichkeit hin optimiert werden. Es sollte einfach, klar, übersichtlich, transparent, nachvollziehbar, überprüfbar und leicht korrigierbar werden.48 In diesem Sinne verwendet Roman Herzog aktuell die Bezeichnungen „schlank, kompetent und schlagkräftig“.49 Auf diese Ziele ausgerichtete Korrektur-Notwendigkeiten ergeben sich in regelmäßigen Abständen immer wieder. Denn alle Institutionen und Organisationen tendieren dazu, Eigendynamiken zu entwickeln, die vielfach der bestmöglichen Erfüllung ihrer eigentlichen Aufgaben zuwider laufen.50 Wegweisend-zweckmäßige Korrektur-Maßnahmen waren in Deutschland vor etwa 200 Jahren die organisatorischen Reformen von Stein (1757 – 1831) und Hardenberg (1750 – 1822) sowie die Bildungsreformen von Wilhelm von Humboldt (1767 – 1835) gewesen. Heute gibt es zeitgemäße organisatorische Varianten dazu und wirksamere Technologien, z. B. Logistik- und Organisationsentwicklungsverfahren sowie das Internet. Damit gelingt Vieles leichter und kostengünstiger als damals. 9. Politisches Vorgehen lässt sich demokratisch, einsichtig und zielführend gestalten. Was Politiker konkret tun sollten, um die anzustrebenden Ziele tatsächlich zu erreichen, wurde auf der Basis der Grund- und Menschenrechte bereits weitgehend geklärt. Dazu gehören unter anderem die folgenden Erkenntnisse: 1. Was wir vor allem anderen benötigen, ist die Einhaltung und Befolgung der Menschenund Grundrechte. Dafür zu sorgen „ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“ gemäß Art. 1 GG sowie gemäß den Kinderrechtskonventionen der Vereinten Nationen. Dort werden die Pflichten von Politikern dargestellt.51 Wenn die Politiker ihre Aufgaben und Pflichten sorgfältig erfüllen, brauchen wir kaum noch neue staatliche Gesetze. Damit die geltenden Gesetze eingehalten werden, müssen sie allen Menschen bekannt und einsichtig sein. Je einfacher und klarer die Gesetze formuliert sind, umso leichter lässt sich Rechtssicherheit herstellen und gewährleisten. Die Menschen- und Grundrechte sind deshalb so formuliert worden – in kurzen Sätzen. Um Missverständnisse zu verhindern, sind erläuternde Kommentare nützlich, ferner konkrete Umsetzungsrichtlinien in Form von Vorgehens- und Verfahrensvorschriften 48 Thomas Kahl: Politik-Management gemäß dem Grundgesetz gelingt mit Leichtigkeit. Die Ausbildung und Einstellung von Repräsentanten ist revisionsbedürftig. www.imge.info/extdownloads/PolitikManagementGemaessDemGrundgesetz.pdf 35 Roman Herzog: „Europa neu erfinden – Vom Überstaat zur Bürgerdemokratie“ Siedler Verlag 2014 50 Scott Adams: Das Dilbert-Prinzip. Die endgültige Wahrheit über Chefs, Konferenzen, Manager und andere Martyrien. Redline Verlag, München 1997 C. Northcote Parkinson: Parkinsons Gesetz und andere Studien über die Verwaltung. Verlagsanstalt Handwerk, Düsseldorf 2005. Laurence J. Peter, Raymond Hull: Das Peter-Prinzip oder die Hierarchie der Unfähigen, Reinbek bei Hamburg 1972 51 Thomas Kahl: Die juristischen Ordnungsstrukturen unserer globalen Lebensgemeinschaft www.imge.info/extdownloads/DieJuristischenOrdnungsstrukturenDerGlobalenLebensgemeinschaft.pdf Textversion vom 17.06.2015 21 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info 2. 3. 4. 5. 52 (Erlassen) sowie von Kriterien, die bei Entscheidungen zu beachten sind. Derartige Konkretisierungen erleichtern die Überprüfung der Einhaltung der Gesetze. Zugleich engen sie die Ermessensspielräume ein und schützen damit vor missbräuchlichen und willkürlichen Auslegungen. Die Unantastbarkeit der Würde des Menschen (Artikel 1 (1) GG) und das Recht auf die freie Entfaltung der eigenen Persönlichkeit (Artikel 2 (1) GG) sind die grundlegenden Rechte. Was sich logisch aus ihnen ergibt, wird in allen anderen Menschen- und Grundrechten weiter ausgeführt und konkretisiert. Dazu gehören insbesondere die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses. Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Diese Freiheiten werden ausdrücklich als unverletzlich herausgestellt. (Artikel 4 GG). Daraus folgt: Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind als Vertreter des ganzen Volkes an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen (Artikel 38 (1) GG). Damit ist jeder Fraktionszwang unvereinbar. Der Artikulation der Willensbildung des Volkes können politische Parteien dienen (Artikel 21 (1) GG). Nötig sind sie dazu nicht.52 Vielfach erweisen sie sich hier als schädlich.53 Der Wille der Angehörigen des Volkes ist seit Jahrtausenden klar: „Das Volk“ benötigt das, was in den Grund- und Menschenrechten formuliert worden ist. Dazu gehören im Sinne der Befriedigung der allgemeinen menschlichen Grundbedürfnisse: Ausreichende und gesunde Ernährung, Kleidung, Wohnraum, saubere Luft und Ruhe zur Erholung, Gesundheitsfürsorge, seelische und körperliche Unversehrtheit bzw. Sicherheit im Zusammenleben, die Achtung der persönlichen menschlichen Würde, Gerechtigkeit sowie Freiheit zur Entfaltung der eigenen Persönlichkeit, der eigenen Begabung und Leistungsfähigkeit. Wesentliche Voraussetzungen für menschenwürdiges Leben lassen sich kostengünstig gewährleisten und finanzieren: Einerseits über angemessene Löhne und Gehälter, andererseits gemäß dem Sozialstaatsprinzip54 zum Beispiel über eine zufriedenstellende Grundsicherung bzw. das sog. bedingungslose Grundeinkommen. Wo noch nicht hinreichend geklärt ist, was Menschen wollen und brauchen, lassen sich die erforderlichen Informationen auf der Grundlage von Umfragen ermitteln, die auf objektivierenden wissenschaftlichen Datenerhebungs- und Auswertungsmethoden beruhen. Mit solchen Methoden lässt sich heutzutage recht zuverlässig feststellen (messen), inwiefern die Menschen- und Grundrechte beachtet oder missachtet werden sowie wo akut Korrekturbedarf besteht.55 Umfragen in der Form von Abstimmungen und Wahlen sind klassische demokratische Verfahren. Der demokratische Pragmatismus, der darin besteht, sich für das zu entscheiden, worauf man sich in Gremien mit anderen möglichst leicht einigen kann, sorgt keineswegs immer Thomas Kahl: Konsensbewusstsein als Basis internationalen Zusammenlebens. Von der Gründung der Paneuropa-Union zur freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung im global village. S.2 www.imge.info/extdownloads/KonsensbewusstseinAlsBasisInternationalenZusammenlebens.pdf 53 „Die parlamentarische Demokratie, mit ihrer Mitte in einem lebendigen Parlament, ist durch die Machterwerbs- und Machterhaltungsinstitutionen des Parteienstaates überwuchert und verschlissen worden.“ (Wilhelm Hennis: Deutschland ist mehr als ein Standort. Parteienherrschaft, Bürokratisierung, Missbrauch des Föderalismus: Der politische Stillstand hat nicht nur ökonomische Ursachen. In: DIE ZEIT Nr. 50, 5.12.1997, S. 6-7.) 54 http://de.wikipedia.org/wiki/Sozialstaatsprinzip 55 Thomas Kahl: Qualitätsmanagement in Deutschland, Europa und weltweit. Die Entwicklung einer humanen Technologie für Global Governance. www.imge.info/extdownloads/QualitaetsmanagementInDeutschlandEuropaWeltweit.pdf Textversion vom 17.06.2015 22 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info für qualitativ optimale Ergebnisse. Demokratieskeptiker hatten stets darauf hingewiesen, dass gründlicher Sachverstand unverzichtbar ist, um Aufgaben angemessen anzupacken und zu bewältigen. Der demokratische Pragmatismus geht davon aus, dass alles gut und verbindlich sei, wozu Konsens oder eine Abstimmungsmehrheit zustande kam. Wenn Sachverstand dabei nicht hinreichend zum Zuge kommt, so wird immer wieder Falsches bzw. Schädliches beschlossen: Denn zu Konsens kann man mit etlichen Mitteln (Methoden) gelangen. Dazu gehören unter anderem Mehrheitsbeschlüsse sowie der Fraktionszwang und andere Absprachen unter Stimmberechtigten, etwa Koalitions- und sonstige Bündnisvereinbarungen, denen Interessengemeinsamkeiten zugrunde liegen. Über diese Mittel wird allzu oft sachkundigen Abgeordneten die argumentative Wirksamkeit entzogen, falls sie sich für etwas einsetzen, was von einer Parteilinie bzw. dem Mainstream abweicht. Als Schutzmittel gegen die genannten destruktiven Auswirkungen dieses demokratischen Pragmatismus gibt es in einzelnen Gremien Vetorechte, so zum Beispiel im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Vetorechte sollen und können verhindern, dass eine Mehrheit Beschlüsse fasst, die eine Minderheit zu etwas zwingen, was für diese Minderheit unerträglich ist, etwa deren Existenzgrundlagen und Lebensqualität gefährdet. Sie sollen mithin dem Schutz von Menschen- und Grundrechten sowie dem Schutz von Sachverstand dienen. Solche Vetorechte können auch von Personen bzw. Repräsentanten von Organisationen (etwa Staaten) in Anspruch genommen und geltend gemacht werden, die die Menschen- und Grundrechte in offensichtlicher Weise missachten und sich durch Mehrheitsbeschlüsse nicht dazu drängen lassen wollen, diese konsequenter zu befolgen. 6. Das Volk benötigt auf der Basis von erworbener eigener Selbstdisziplin und Selbstbeherrschung nicht mehr Politiker, die es regieren und reglementieren. Heute steht den Menschen über Bildungs- und Informationsangebote vielfältig bewährtes Knowhow zur Verfügung, mit dem sie einen großen Teil dessen, was zu regeln ist, in freier Selbstbestimmung über Selbstverwaltungsorgane eigenständig sachkompetent regeln können. Beispielgebend hierfür sei die Erklärung der Kultusministerkonferenz vom 25.5.1973 genannt, in der die schulische Selbstverwaltung dem Grundgesetz entsprechend geregelt wurde. Deutschland hätte heute vermutlich das beste Schulsystem der Welt und die Schülerinnen und Schüler in unserem Land zeigten in den PISA-Studien allerhöchste Leistungen, wenn Politiker und Beamte konsequent für die praktische Beachtung und Umsetzung dieser bahnbrechenden rechtlichen Regelung gesorgt hätten.56 7. Damit sich organisatorische Einheiten über Selbstverwaltung für alle Beteiligten möglichst zufriedenstellend regeln lassen, sollten diese übersichtlich klein sein. Zur Regelung einheitenübergreifender Angelegenheiten, etwa von Finanzbedarf und Infrastrukturmaßnahmen, bietet sich unter anderem ein Einheitenvertretungssystem über Delegierte an, die mit einschlägig fachkompetenten Experten kooperieren. Zur organisatorischen Koordination der Einheiten und zur Befriedigung von deren Bedarf stehen Logistikverfahren zur Verfügung. 8. Das traditionelle bürokratische Organisationsmodell, das dem militärischen Führungsstildenken entstammt, das auf Befehl und Befehlsausführung sowie Vorgesetzten und Untergeordneten in hierarchischer arbeitsteiliger Anordnung beruht, lässt sich durch kollegiale Kooperationsformen ersetzen, wo sich diese als leistungsfördernder, effizienter und kostengünstiger erweisen.57 56 Thomas Kahl: Der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule zwischen dem Anspruch des Grundgesetzes und der Wirklichkeit. Eine entwicklungsgeschichtliche Betrachtung mit Hinweisen zur Auftragsbewältigung. www.imge.info/extdownloads/DerBildungsUndErziehungsAuftragDerSchule.pdf 57 Peter Fürstenau: Neuere Entwicklungen der Bürokratieforschung und das Schulwesen. Ein organisationssoziologischer Beitrag. In: Zur Theorie der Schule, Pädagogisches Zentrum Veröffentlichungen. Beltz 1969 Textversion vom 17.06.2015 23 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info 9. Im Rahmen des weiteren Globalisierungsprozesses, der zur Bildung der globalen Lebensgemeinschaft führen wird,58 werden alle Menschen allmählich eine WeltbürgerIdentität entwickeln. Sie werden ihre bisherigen inneren Verbundenheitsgefühle mit ihrer Herkunftsgegend lockern und möglicherweise sogar auflösen, so wie das heute schon bei vielen Migranten der Fall ist. Die bisherigen nationalstaatlichen Perspektiven verlieren damit ihre Bedeutung; alles Außenpolitische entfällt zugunsten einer umfassenden weltinnenpolitischen Orientierung. Dies gilt zumindest so lange, wie das Leben auf der Erde nicht von Außerirdischen bedroht wird. Damit verringern sich die Kosten für die Landesverteidigung bzw. -kriegsführung. 10. Das heutige politisch-wirtschaftliche Rivalitäts-Spannungsfeld lässt sich auflösen. Politische und wirtschaftliche Arbeitsfelder gleichen vielfach vermintem Gelände, in dem man niemals sicher davon ausgehen kann, zu überleben: Etliche Kollegen und Gegner erscheinen allzeit bereit, sich mit unfairen und kriminellen Mitteln Vorteile zu verschaffen und andere aus dem Feld zu schlagen. Wo es keine Aufsichtsorgane gibt, die hier so wie Schiedsrichter oder Verkehrspolizisten verbindlich für die Einhaltung menschenwürdiger Umgangsformen sorgen, sollte man beständig auf der Hut sein und sich selbst bestens schützen und absichern. Menschen tun unter solchen Bedingungen alles ihnen Mögliche, um zu überleben und um sich zu behaupten. So wie einst im Wilden Westen herrscht hier quasi das Notwehr- und Kriegsrecht. Dieses Selbstschutz-Bedürfnis begünstigt eine quasi naturgesetzliche Entwicklung, in der die eigentlichen Aufgaben von Politikern und Unternehmern in den Hintergrund geraten: Politiker und Unternehmer sind Organisatoren (Manager), die Waren und Dienstleistungen bereitstellen, um Bedürfnisse der Bevölkerung bzw. von Kunden zu befriedigen. Dafür werden sie von diesen anerkannt, in der Regel auch über finanzielle Zuwendungen (Bezahlung von Gehältern, Kosten, Steuern, Spenden). Ihre Aufgabe ist es, zur Lebensqualität aller Menschen beizutragen, also dazu, dass die Menschen in jeder Hinsicht zufrieden sind und sich den Aktivitäten widmen können, die ihren Interessen und Begabungen entsprechen. Damit bereichern diese ihr eigenes Leben und das anderer Menschen. Rein gar nichts sichert zuverlässig und nachhaltig die Lebensgrundlagen von Politikern und Unternehmern sowie ihrer Träger, der Parteien und Unternehmen. Nur Marktführer bzw. Parteien, die möglichst alles im Griff haben, können sich relativ sicher fühlen. Darum sind viele bestrebt, in eine derartig sichere Position zu gelangen. Dazu müssen sie sich gegenüber allen Mitbewerbern durchgesetzt haben, also so gut wie unschlagbar geworden sein. In eine derartig sichere Position können nur ganz wenige gelangen. Und auch dann, wenn diese einmal erlangt worden ist, besteht die Gefahr, sie zu verlieren. Von daher kann nie irgendein Politiker oder Unternehmer davon ausgehen, jemals über genug Macht oder Geld zu verfügen, um völlig sicher zu sein. Thomas Kahl: Notwendige Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit. Die Gesundheitsreporte der Krankenkassen berichten, dass Burnout-Symptome und psychische Erkrankungen zunehmen. Hier sind organisatorische Reformen erforderlich. www.imge.info/extdownloads/NotwendigeMassnahmenZumSchutzDerGesundheit.pdf 58 Thomas Kahl: Das zukünftige Leben innerhalb der globalen Menschheitsfamilie. Die Vision des brasilianischen Jesuiten Leonardo Boff. www.imge.info/extdownloads/DasZukuenftigeLebenInnerhalbDerGlobalenMenschheitsfamilie.pdf Textversion vom 17.06.2015 24 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info Das Handeln vieler Menschen, die diesen Berufsgruppen angehören, wird von nackten Überlebens- und Existenzängsten beherrscht. Diese Ängste stehen im Vordergrund, nicht in erster Linie Gier, charakterliche oder ethisch-moralische Defizite, mangelhafte Intelligenz oder Bildung. Wer sich in Überlebens- und Existenzängsten befindet, der kämpft gegen alles Bedrohliche an, wie Soldaten im Krieg gegen Feinde. Um unter derartigen Bedingungen das eigene Überleben sicherzustellen, erscheinen die Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse und Erwartungen anderer sowie Mitgefühl mit Gegnern in der Regel nicht als nützlich, sondern sogar als lebensgefährlich. Existenzängste, Erfolgsdruck und Stress reduzieren die Fähigkeit des hochentwickelten menschlichen Großhirns, differenziert und kreativ zu denken und angesichts von Herausforderungen nachhaltig konstruktive Lösungen zu entwickeln. Sie begünstigen die Aktivierung des Stammhirns, das der Sicherstellung des unmittelbaren Überlebens angesichts von konkreten Gefahren dient. Das Stammhirn, das auch als Reptiliengehirn bezeichnet wird, verfügt wie etliche Tiere nur über drei Reaktionsformen: Flucht, Angriff oder Inaktivität (Kapitulation, Abwarten, Totstellungsreflex).59 Wenn Menschen aktuell gerade keine unmittelbare Überlebensgefahr wahrnehmen, planen sie vernünftigerweise Absicherungsmaßnahmen gegen solche Gefahren. Nützlich ist dazu die Beschaffung von Waffen und weiteren Hilfsmitteln zur Existenzsicherung und Selbstverteidigung. Zu den erfolgversprechenden Selbstschutzmaßnahmen gehören: • das Streben nach materiellem Eigentum und Geld als Grundlagen für reichhaltige eigene Handlungsmöglichkeiten, • die Zusammenarbeit mit anderen Menschen und mit Organisationen, die die gleichen Interessen verfolgen, um für eine mächtige Unterstützung der eigenen Position zu sorgen, • die perfektionierte Kontrollüberwachung des Handelns anderer Menschen, wie George Orwell sie in seinem Roman „1984“ durch „big brother“ beschrieben hatte, sowie • die gezielte Steuerung des Handelns anderer Menschen mit Informations-, Propaganda-, Manipulations-, Nötigungs- und Täuschungsmanövern, die auch auf juristischen Instrumenten beruhen können, etwa Verträgen und der Androhung von Strafen. Derartige Selbstschutzmaßnahmen von Politikern und von Managern von Wirtschaftsunternehmen gegenüber Wählern und Kunden missachten die Menschen- und Grundrechte. Sie führen dazu, dass die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Kunden nicht so befriedigt werden, wie diese es erwarten und brauchen. Sie sind mit sämtlichen Vorstellungen von „Demokratie“ unvereinbar. Sie führen zu Misstrauen, Ablehnung und Hass gegenüber diesen Berufsgruppen und können infolge dessen Proteste und Oppositionsbewegungen auslösen, die exakt das gefährden, was diese Selbstschutzmaßnahmen bewirken sollten: Die Existenzsicherung der Angehörigen dieser Berufsgruppen. Im Rahmen der Gegebenheiten des Ost-West-Konflikts im „Kalten Krieg“ entstanden unter anderem Einrichtungen wie der Verfassungsschutz und der Bundesnachrichtendienst (BND) sowie der Staatssicherheitsdienst (SSD) in der ehemaligen DDR. Das Handeln von Politikern und von Managern in Wirtschaftsunternehmen wird von dem Spannungsfeld geprägt, in dem sie sich befinden: Wer in einem Haifischbecken ist, lebt in der Gefahr, darin umzukommen. Deshalb muss dieses Rivalitäts-Spannungsfeld möglichst schnell 59 Gerald Hüther: Was wir sind und was wir sein könnten: Ein neurobiologischer Mutmacher. Fischer 2011 Textversion vom 17.06.2015 25 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info aufgelöst werden. Gelingt dieses nicht, so werden zwangsläufig alle Menschen ausnahmslos in einem unerbittlichen Weltbürgerkrieg unentrinnbar zugrunde gehen. In Ländern wie Syrien zeigt sich eindrücklich, was damit verbunden ist: Um in diesem Spannungsfeld selbst überleben zu können, muss man andere auf direkte Weise mit Waffengewalt umbringen oder mit verdeckt-indirekten Mitteln der Schwächung und Unterdrückung, etwa Kontroll- und Spionagemaßnahmen, Mobbing, Täuschung, finanzieller Ausbeutung. Im gegenwärtigen Spannungsfeld gelingt es Wirtschaftsunternehmen zunehmend weniger, sich auf dem Markt zu behaupten. Sie gehen in großer Zahl unter und mit ihnen immer mehr Menschen: Während Zahlen und Kommentare zur wirtschaftlichen Situation veröffentlicht werden, die ein positives Bild vermitteln sollen, zeigt sich die davon abweichende Realität jedem, der mit Sachverstand direkt in die Betriebe blickt. Wo der Markt mit Waren und Dienstleistungen weitgehend gesättigt ist, sinken die Umsätze und Erträge im Bereich der unmittelbaren Versorgung der Bevölkerung. Um dem entgegenzuwirken, bemüht man sich um Kundenbindung, auch über Vergünstigungen, Preisnachlässe und Geschenke. Um die Verluste auszugleichen, kann beim Personalaufwand gespart werden, was stressbedingte Erkrankungen unter den Mitarbeitern fördert. Daraus ergibt sich steigende Nachfrage nach gesundheitsbezogenen Leistungen. Wirtschaftswachstum wird daneben vor allem über öffentliche Aufträge, Subventionen und finanzielle Entlastungen für Unternehmen gefördert, wobei alle Kosten von den Bürgern getragen werden. Diese müssen bei tendenziell sinkenden Einkommen und zunehmenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit steigenden Kosten zurechtkommen. Das kann nicht lange gut gehen. Sie fühlen sich weitgehend hilf- und machtlos den Entscheidungen ausgeliefert, die Unternehmer und politische Gremien treffen, um ihre eigene Existenz abzusichern. Damit ergibt sich eine Frontenbildung zwischen den Bürgern einerseits und Politikern und Unternehmern andererseits. Da beide Seiten zum Überleben voneinander existenziell abhängig und aufeinander angewiesen sind, sind sie nicht „Gegner“, sondern Interessenpartner mit dem gemeinsamen Ziel, bestmöglich leben zu können. Deshalb ist es für alle Beteiligten erlösend, aus diesem Dilemma herauszufinden. Zweckmäßige Maßnahmen zu nachhaltigem Selbstschutz, also zur Befreiung aller Politiker und Unternehmer von ihren Existenzängsten, bestehen darin, das Spannungsfeld zu entspannen. Dieses kann gelingen, indem im „Haifischbecken“ für existenzsichernde Umgangsregeln gesorgt wird. Die Organisationen der Vereinten Nationen können zur Einführung solcher Regeln autorisiert werden, zum Beispiel über die Deutsche Petition zur globalen politischen Ordnung. 60 Diese ist an das EU-Parlament gerichtet. Die gnadenlosrücksichtslose Rivalität lässt sich auf der Basis der Menschen- und Grundrechte in faire Kooperationsformen überführen.61 Mit jedem Tag, der nicht genutzt wird, um die 60 www.deutsche-petition-zur-globalen-politischen-ordnung.de/ Thomas Kahl: Es gibt eine einheitliche Rechtsordnung für die Menschen in allen Staaten der Erde. www.imge.info/extdownloads/EsGibtEineEinheitlicheRechtsordnungFuerAlleStaatenDerErde.pdf Thomas Kahl: Die Psychologie als Grundlage der ökologisch-achtsamen sozialen Weltmarkt-Wirtschaft. Die Achtung der Menschen- und Grundrechte bildet die Basis optimaler wirtschaftlicher Produktivkraft. www.imge.info/extdownloads/DiePsychologieAlsGrundlageDerMarktwirtschaft.pdf Thomas Kahl: Verabschieden wir uns vom „neoliberalen Kapitalismus“! Der Weg hin zu einer menschenwürdigen Wirtschaftsordnung und Politik weltweit. www.imge.info/extdownloads/VerabschiedenWirUnsVomNeoliberalenKapitalismus.pdf Textversion vom 17.06.2015 26 61 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info erforderlichen Reformmaßnahmen zur Herstellung von Vertrauen in Gang zu setzen, verschärfen sich die Spannungen, bis sie in unkontrollierbaren Formen destruktiv eskalieren.62 Rivalitätsspannungen gehören zu den Ur-Sachen des Lebens. Sie entstehen in Partnerschaften und Familien angesichts alltäglicher praktischer Fragen und müssen schon dort sorgfältig begrenzt, entkräftet und zugunsten menschenwürdigen Umgangs überwunden werden. Solche Fragen sind: Wer bestimmt, was getan wird? Wer setzt sich durch? Wer lässt wem den Vortritt? Wer beginnt bei einem Spiel mit dem ersten Zug? Wer besiegt wen? Wer ist stärker und schießt schneller? Anstatt sich hier zu streiten oder gar zu duellieren, sollte man Regeln befolgen, die die Zusammenarbeit, die Zufriedenheit und die Leistungsfähigkeit aller Beteiligten fördern. „Geschwisterrivalität“ bzw. die Bedrohung oder Schädigung des Wohles von Geschwistern sowie anderen Menschen gehört zu den allgemein anerkannten seelischen Krankheiten63, die eine psychotherapeutische Behandlung erfordern können. Diese dient auch der Vorbeugung gegenüber eskalierenden Schädigungen. Rivalität geht mit grundsätzlichem gegenseitigem Misstrauen einher bzw. mit der inneren Überzeugung, dass der Mensch des Menschen Wolf sei („homo homini lupus“). Verlorenes Vertrauen in andere lässt sich erfahrungsgemäß nur schwer überwinden. Weltweit stehen heute wirksame familientherapeutische Arbeitsweisen zur Verfügung. 64 In Deutschland übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Therapiekosten. Artikel 1 (1) des Grundgesetzes verpflichtet sie dazu. Dieser Artikel besagt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Die sorgfältige Achtung der Würde des Menschen ist „Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“ (Art. 1 (2) GG). 11. Zu konstruktivem Handeln können juristische Korrekturmittel beitragen. 11.1 Aufgaben, Wirkungen und Grenzen juristischer Korrekturmittel In einigen Ländern war und ist es üblich, militärische Kommandanten und Politiker, die aus irgendwelchen Gründen versagt haben und für Menschenrechtsverbrechen mitverantwortlich sind, zu Gefängnisstrafen oder zum Tode zu verurteilen. Derartiges entspricht nicht den Menschen- und Grundrechten, denn diese fordern als Rechtsgebot, das Allgemeinwohl bestmöglich zu begünstigen und niemandem Schaden zuzufügen. Es ist dafür zu sorgen, dass Menschen, die bislang Schaden angerichtet haben, davon abgehalten werden, das weiterhin tun zu können. Notwendig kann hierzu Sicherheitsverwahrung sein. Diese ist sorgfältig von Bestrafung zu unterscheiden. Das traditionelle juristische Bestrafungs- und Verurteilungsvorgehen beinhaltet das Vergeltungsprinzip. Dieses besagt, dass Menschen, die sich nicht gesetzeskonform verhalten oder anderen Leid zugefügt haben, dafür büßen sollten, indem sie selbst Leid erfahren oder mit ihrem Leben dafür „bezahlen“ (Todesstrafe). Dieses Prinzip ist bedenklich: 62 Thomas Kahl: Verletzungen der Würde des Menschen und Maßnahmen der Prävention gegen eskalierende Gewalt. Wie menschliches Versagen zu Terrorismus und dem Weltuntergang führen kann. www.imge.info/extdownloads/VerletzungenDerWuerde.pdf 63 Diagnose: ICD-10 F93.3: Emotionale Störung mit Geschwisterrivalität 64 Ronald D. Laing: Die Politik der Familie. Kiepenheuer und Witsch 1974 Textversion vom 17.06.2015 27 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info 1) Nachweisbar ist die Abschreckungswirkung von Strafandrohungen enttäuschend gering. Täter legen es üblicherweise darauf an, nicht gefasst zu werden und sich jeglicher Bestrafung zu entziehen. Strafandrohungen verleiten sie dazu, eigenes Fehlverhalten zu vertuschen, abzustreiten und zu leugnen, anstatt dieses einzugestehen, aus eigenem Versagen lernen zu wollen und dessen Ursachen wirkungsvoll zu beheben, um in Zukunft Bestmögliches zu leisten. Anstatt in diesem Sinne positives Handeln zu unterstützen, fördern Strafandrohungen die dunkle Seite der Kreativität.65 2) Das Vergeltungsprinzip wird immer wieder zur Rechtfertigung von Schädigungen und Gewalttaten eingesetzt: Wer geschädigt worden ist, tendiert dazu, andere zu schädigen im Sinne von Selbstjustiz oder es als Genugtuung zu erleben, wenn Schädiger von Richtern hart bestraft werden und darunter zu leiden haben. Das begünstigt die Eskalation von Schädigungen und führte zu der Formulierung „Fiat justitia et pereat mundus.“66 3) Die Annahme, dass Strafen und Bußen über Besinnung zur Einsicht in dasjenige führen, was man falsch gemacht hat und was man stattdessen richtigerweise tun sollte, erweist sich erfahrungsgemäß allzu oft als nicht zutreffend. Sie kann nur dann zutreffen, wenn das eigentlich richtige Handeln unumstritten eindeutig klar ist, wo Menschen also aufgrund ihrer persönlichen Kenntnis der Gegebenheiten Rechtssicherheit wahrnehmen. Sie trifft nicht zu, wenn sich Menschen in ethisch-moralischen Konflikten befinden, wo zu entscheiden ist, welcher Wert gegenüber gleichzeitig zu berücksichtigen anderen Werten als vorrangig anzusehen ist.67 Typisch dafür ist die Frage, ob es im Moment gerade vorzuziehen ist, für das eigene persönliche Wohl zu sorgen oder für das von Angehörigen, also Kindern, Eltern und Lebenspartnern, beruflichen Kollegen, Vorgesetzten und Untergebenen. 4) Rechtskunde müsste ab der Grundschule Unterrichtsfach sein, um dafür zu sorgen, dass alle Menschen mit der geltenden Rechtsordnung, dem Grundgesetz und den Menschenrechten hinreichend vertraut sind. Zuwiderhandlungen erfolgen häufig aufgrund von Unkenntnis oder mangelnder Rechtssicherheit. Dagegen helfen keine Verurteilungen und Bestrafungen, sondern nur Informationen. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag sollte, wie alle Richter, bei der Verhängung von Sanktionen gegen Täter sorgfältig darauf achten, konstruktive Folgewirkungen zu fördern und keine Schädigungen am Leib und Leben von Verurteilten zu verursachen.68 Juristische Maßnahmen hatten und haben stets in erster Linie pädagogische Funktionen: Die Achtung der Menschenrechte erfordert, dass alle Täter wohlwollend am Leben gelassen und angesehen werden als leider irregeleitete Mitmenschen, die sich über angemessene Unterstützung (zum Beispiel in Form von Coaching) auf einen vernünftigeren Weg bringen lassen. Das gilt auch für Unternehmer und Politiker, die aufgrund unzureichend nützlicher häuslicher Erziehung sowie Schul- und Ausbildung Schlimmes angerichtet haben. Täter 65 David H. Cropley, Arthur J. Cropley, James C. Kaufman and Mark A. Runco: The Dark Side of Creativity. Cambridge University Press 2010 David H. Cropley and Arthur J. Cropley: Creativity and Crime: A Psychological Analysis. Cambridge University Press 2013 David H. Cropley: Creativity & Crime in the Military Domain www.academia.edu/4193143/Creativity_and_Crime_in_the_Military_Domain 66 Übersetzung: „Es möge vollzogen werden, was gerecht ist, und gehe die Welt angesichts dessen zugrunde.“ 67 Lawrence Kohlberg verwendete solche Dilemmata bei seinen Forschungen zum ethisch-moralischen Verhalten: Lawrence Kohlberg: Die Psychologie der Moralentwicklung. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1996 68 Thomas Kahl: Maßnahmen zur Verwirklichung der Vision der Vereinten Nationen. Neue Technologien können die Effektivität der UNO-Arbeit verbessern. www.imge.info/extdownloads/MassnahmenZurVerwirklichungDerVisionDerVereintenNationen.pdf Textversion vom 17.06.2015 28 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info können und sollen sich mit den Schäden vertraut machen, die sie bewusst oder in Unkenntnis der Zusammenhänge verursacht haben. Sie sollen Gelegenheit erhalten, sich als wertvolle Mitmenschen zu erweisen, indem sie an Resozialisierungsmaßnahmen teilnehmen und persönlich aktiv dazu beitragen, eingetretene Schädigungen zu beheben. Geschädigte, hilflose oder überforderte Menschen neigen beim Verfolgen ihrer Ziele dazu, andere zu verletzen sowie zu Macht- und Gewaltmitteln zu greifen, also Täter zu werden. Angesichts dessen benötigen sie hilfreiche Unterstützung, um aus dieser problematischen Verhaltenstendenz herausgelangen zu können. Es dient nicht der Problemlösung, sie als böse, schlecht oder gefährlich zu bezeichnen und zu bestrafen. Dieses Vorgehen führt in der Regel nur zu weiteren Schädigungen und damit zur Vergrößerung der Probleme. Alle juristischen Maßnahmen sind im Blick auf ihre Vereinbarkeit und Übereinstimmung mit dem Konzept der Menschen- und Grundrechte zu überprüfen und erforderlichenfalls zu korrigieren bzw. außer Kraft zu setzen.69 Dem Rechtswesen fällt zum Schutz des menschlichen Lebens die Aufgabe zu, vorsichtige, rücksichtsvolle und fair (= gerecht) handelnde Menschen sowie Schwächere und Abhängigere wie zum Beispiel Kinder, Mütter, Kranke und Alte, vor rücksichtslosem Vorgehen anderer wirkungsvoll zu schützen. Die Brauchbarkeit juristischer Korrekturmittel stößt an Grenzen angesichts von Rivalitätsgegebenheiten, wie sie im politisch-wirtschaftlichen Spannungsfeld vorherrschen. Es nützt kaum etwas, rücksichtslose Täter ihres Amtes zu entheben und zum Beispiel über Sicherheitsverwahrung „unschädlich“ zu machen. Auf das Handeln von Personen gerichtete Strafmaßnahmen verfehlen ihr Ziel, wo die Personen angesichts konkreter RollenGegebenheiten keine alternativen Handlungsmöglichkeiten erkennen können.70 Da wird jeder Positionsnachfolger Ähnliches tun. In Kriegs- und Notwehrsituationen ist rücksichtsloses Handeln leider oft unvermeidlich. Das führt dazu, dass hier Täter mit Freispruch rechnen können. Zweckmäßig ist, dafür Sorge zu tragen, dass derartige Notwehrsituationen sowie Kriege nicht zustande kommen und diese, wenn sie eingetreten sind, schnellstmöglich zu beenden – vergleichbar Streitigkeiten unter Kindern. Mit geeigneten pädagogischen Mitteln ist zu zeigen, wie sich Konflikte lösen lassen, ohne dass es zu Eskalationen und zu gravierenden Schädigungen kommt. Das Konzept der Menschen- und Grundrechte verpflichtet zu wirksamen schadensvorbeugenden Maßnahmen. Im Rahmen des traditionellen Strafrechts stehen die Tat und der Täter im Vordergrund, weniger die realen Umstände, die zu Taten führen. Diese eingeengte Perspektive geht mit verheerenden Schädigungen einher. 11.2 Die religiöse und die weltliche Sichtweise Die Tendenz, Fehlverhalten über Strafmaßnahmen beheben zu wollen, dürfte ihren Ursprung in religiösen Lehren haben, in denen von „Strafen Gottes“ als Reaktionen auf menschliche Sünden die Rede ist. Gott wurde im Alten Testament ab und zu als ein erzürnter Mann dargestellt, den Menschen milde und versöhnlich stimmen wollten, indem sie ihm Opfer 69 Thomas Kahl: Die juristischen Ordnungsstrukturen unserer globalen Lebensgemeinschaft, Abschnitt 3. www.imge.info/extdownloads/DieJuristischenOrdnungsstrukturenDerGlobalenLebensgemeinschaft.pdf 70 Seit den Lernexperimenten von Iwan Pawlow (1849-1936) ist zweifelsfrei geklärt, dass Strafen auch Hunde nicht davon abhalten, ihr natürliches Bedürfnis nach Nahrung konsequent zu verfolgen. Textversion vom 17.06.2015 29 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info brachten und sich bußbereit sowie reumütig zeigten. Sie konzentrierten sich dabei auf ihn und sein emotionale Befindlichkeit, anstatt unabhängig davon in erster Linie die unmittelbaren Folgen ihres Handelns zu betrachten. Sie verhielten sich wie kleine Kinder, die ihren Eltern gut gefallen und alles recht machen wollen. Falls es tatsächlich göttliche Strafen geben sollte, empfiehlt es sich, die Weisheit Gottes sorgfältig von dem zu unterscheiden, was menschliche Vertreter von Religionen, etwa die Päpste der katholischen Kirche oder Prophet Mohammed als Begründer des Islam sowie staatliche Gesetzgeber geneigt sind, als Straftaten anzusehen und über Strafandrohungen unterbinden zu wollen. Im religiösen Bereich geht es üblicherweise vorrangig um Ziele wie das Seelenheil und den jenseitigen Aufenthalt im Himmel, im Fegefeuer oder in der Hölle. Demgegenüber haben staatliche Gesetzgeber vorrangig dafür zu sorgen, dass das menschliche Zusammenleben auf der Erde bestmöglich gestaltet wird. Im Bereich des Islam wird menschliches Fehlverhalten oft besonders drastisch bestraft. So gibt es hier zum Beispiel Anweisungen, Dieben die Hände abzuschlagen, damit sie nicht mehr stehlen können. Inwiefern das aus religiöser Sicht zugunsten des Seelenheils zweckmäßig sein kann, lässt sich angesichts der Begrenzungen und der Unvollkommenheit des menschlichen Verstandes schwer beurteilen. Leicht erkennbar ist, wie sich derartige Strafen auf das menschliche Zusammenleben auswirken: Derartige Bestrafungen führen zu dauerhaften Schädigungen und zur Beeinträchtigung positiver Handlungsmöglichkeiten von Menschen. Solche sind mit den Menschen- und Grundrechten nicht zu vereinbaren. Infolgedessen wird verständlich, dass engagierte Islamisten, die derartige Strafen für geboten halten, wenig Bereitschaft zeigen, entsprechend den Menschen- und Grundrechten zu handeln. Sie betrachten deren Vertreter als Menschen, die sich nicht an dem ausrichten, was ihres Erachtens Allah von Menschen erwartet. Es gibt Vertreter des Islam, die in den interreligiösen und interkulturellen Dialog eingetreten sind und wesentliche Positionen aller anderen Religionen problemlos anerkennen und teilen. Sie stimmen den Menschen- und Grundrechten voll zu.71 Dazu gehören zum Beispiel die spirituellen Lehrer Pir Vilayat Inayat Khan (1916-2004) sowie dessen Sohn Pir Zia Inayat Khan. Diese bemühen sich als Pädagogen, Menschen zu einer Lebensgestaltung zu verhelfen, die sowohl das optimale menschliche Zusammenleben auf der Erde als auch das Seelenheil im Hinblick auf das Jenseits begünstigt.72 Möglicherweise ist es ein menschlicher Irrtum anzunehmen, dass sich beide Ziele nicht miteinander vereinbaren lassen: Erinnert sei hier an eine Aussage des Jesus von Nazareth, der als Gottes Sohn bezeichnet wird: „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ (Matth.25, 40). Denn gemäß der biblischen Schöpfungsgeschichte hatte Gott den Menschen nach seinem Ebenbild erschaffen (Genesis 1,26). Alle Menschen können sich darauf einigen, dass es um das Vermeiden von Schädigungen gehen muss. Die heiligen Schriften der verschiedenen Religionen, auch des Islam, wurden nach einhelliger Meinung verfasst, um zu einem Handeln zu veranlassen, das dem nachhaltigen menschlichen Wohl dient. Die erzieherische Absicht solcher Texte verdeutlichte zum Beispiel Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781).73 71 www.bpb.de/internationales/weltweit/menschenrechte/38719/menschenrechte-und-islam?p=all Thomas Kahl: Die Religionsfreiheit als fundamentales Menschen- und Grundrecht. www.imge.info/extdownloads/DieReligionsfreiheitAlsFundamentalesMenschenUndGrundrecht.pdf 73 Gotthold Ephraim Lessing: Die Erziehung des Menschengeschlechts. Berlin 1780 Textversion vom 17.06.2015 30 72 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info *** Unsere erste Aufgabe besteht darin, zu erkennen und zu wissen, wie man Schädigungen am besten vermeidet. Schwieriger ist die zweite Aufgabe. Sie besteht darin, das Erkannte und Bekannte praktisch zu befolgen, ihm möglichst nicht zuwider zu handeln. Am leichtesten kommen wir hier zu Erfolgen, wenn wir uns dabei gegenseitig praktisch unterstützen. Hierzu gibt es unendlich viele Möglichkeiten. 12. Konstruktives Handeln lässt sich nur indirekt über finanzielle Mittel gewährleisten. Wenn es um die Sorge für das Wohl von Menschen geht, erweist sich Geld als ein wenig geeignetes Mittel. Denn menschliches Verhalten lässt sich über Geld allein nicht zweckmäßig steuern. Zu zweckmäßigem Verhalten sind stets in erster Linie Überblick, Sachverstand, Erfahrung, Übung, Sorgfalt, Freiheit, hinreichende Zeit usw. erforderlich. Wo es an diesen mangelt, wird Geld in der Regel fehlinvestiert. Geld kann nur indirekt zweckmäßig sein: um die materiellen Lebens- und Arbeitsgrundlagen bereit zu stellen, die jemand benötigt, um konstruktiv handeln zu können. Diese Erkenntnis lag einst weltweit dem staatlichen Beamtenstatus zugrunde sowie der Beamtenethik, zu der äußere Unabhängigkeit, Unbestechlichkeit und das Bemühen um gewissenhafte Arbeit und objektive Gerechtigkeit im Umgang mit anderen gehören. Dieses Beamtenkonzept entspricht den Menschen- und Grundrechten sowie den Erwartungen, denen politische Repräsentanten verpflichtet sind – gemäß ihrem Amtseid74 und dem Grundgesetz. Derartige Verpflichtungen sind sowohl von den Amtsinhabern als auch von den Gesetzgebungsorganen nicht immer hinreichend beachtet worden und im Laufe der Zeit anscheinend fast gänzlich in Vergessenheit geraten. Roman Herzog weist in seinem neuesten Buch auf derartige Versäumnisse hin. Dabei bezieht er sich auf das Subsidiaritätsprinzip75, das eine wesentliche Grundlage freiheitlich-demokratischer Rechtstaatlichkeit ist: „Solche weitgefassten Prinzipien funktionieren dann nicht, wenn sie in jedem einzelnen Fall erst vor Gericht eingeklagt werden müssen und das zuständige Gericht, hier also der Europäische Gerichtshof, zu ihrer Durchsetzung auch keine große Lust verspürt.“76 Geld hat nur als Tauschgegenstand einen Wert. Geld trägt selbst keinen Wert in sich. Es erweist sich als wertvoll, wenn man es gegen etwas eintauscht, was man erhalten möchte. Was und wieviel man dafür bekommt, wird aufgrund von Vereinbarungen festgelegt. Die Festlegung erfolgt über den Preis. Der Preis hat nichts mit dem Nährwert zu tun, den die bezahlten Waren oder Dienstleistungen für den Empfänger haben: Oft werden hohe Preise für Wertloses oder Schädliches verlangt und bezahlt. Wertvolles und Nützliches kann unbezahlbar sein und verschenkt werden, etwa elterliche Liebe an Kinder. Herausragende Leistungen werden immer wieder kostenlos zur Verfügung gestellt. Es gibt Künstler, Schriftsteller und Erfinder, die mit ihren Arbeiten von sich aus die Welt bereichern und nicht an Geld interessiert sind. Der Verkaufspreis hat auch wenig mit dem Herstellungsaufwand Erich Fromm: Ihr werdet sein wie Gott. Eine radikale Interpretation des Alten Testaments. DVA 1982 74 Zum Beispiel laut Artikel 56 GG 75 Zur Funktion des Subsidiaritätsprinzips siehe Abschnitt 2, S. 7 ff. in: Thomas Kahl: Die juristischen Ordnungsstrukturen unserer globalen Lebensgemeinschaft www.imge.info/extdownloads/DieJuristischenOrdnungsstrukturenDerGlobalenLebensgemeinschaft.pdf 76 Roman Herzog: „Europa neu erfinden – Vom Überstaat zur Bürgerdemokratie“ Siedler Verlag 2014, S. 135 f. Textversion vom 17.06.2015 31 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info und der Qualität von erstellten Waren und Dienstleistungen zu tun. Er wird vom Anbieter willkürlich im Hinblick auf aktuell erfolgversprechende Marktgegebenheiten festgelegt. Zusätzlich beeinflussen politische Instanzen, was und wieviel man für Geld bekommt. Diese Beeinflussung der Geld-Wert-Vereinbarung beruht hauptsächlich auf übergeordneten Gesichtspunkten, etwa der Regelung der Geldwertstabilität, der Abstimmung von Wechselkursen und der Festsetzung von Zinsen. Daneben gibt es die Besteuerung von Waren und Dienstleistungen, so etwa die Tabak-, die Mehrwert- und die Einkommenssteuer. Angesichts derartiger Eingriffsmöglichkeiten, der Staatsverschuldung und unvorhersehbarer Entwicklungen auf dem Weltfinanzmarkt sind sich alle Finanzexperten weltweit in einem Punkt einig: Was auf uns finanziell zukommt, ist nicht zuverlässig kalkulierbar. Hier sind nur Spekulationen aufgrund von ungesicherten Annahmen und Vermutungen möglich, da finanzielle Entwicklungen nicht Gesetzmäßigkeiten von der Art folgen, wie wir sie aus der Physik und anderen Naturwissenschaften kennen. Von einem Tag zum nächsten kann es einer unerwarteten und völlig neuen Sachlage kommen, wie in der Bankenkrise im März 2013 auf der Insel Zypern. Die offensichtliche finanzielle Unsicherheit ist dennoch kein Grund zur Sorge, denn es geht hier nur um Zahlen und um Rechenkunststücke damit. Wir können ganz beruhigt in die Zukunft blicken, wenn wir uns von allem Finanzgerede unabhängig machen, indem wir wissen, wie sich weiterleben lässt, wenn plötzlich alles Geld weg sein sollte oder wertlos geworden ist. Denn alles, was wir zum Leben brauchen, lässt sich auch ohne jegliches Geld austauschen und verteilen.77 Finanzierungsinstitute können praktisch nützlich sein; unbedingt erforderlich sind sie nicht. Wie das gut funktionieren kann, wurde längst geklärt. Notwendig ist, sich da an zweckmäßige Vorgehensweisen zu halten, also nicht kopflos zu reagieren.78 Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte wurden diverse Steuern und Sozialabgaben eingeführt, oft mit plausiblen Begründungen und Zweckbestimmungen. So war es zum Beispiel bei der Einführung der Pflegeversicherung als Ergänzung zur Krankenversicherung. Die zuständigen Geldeinnahmestellen, etwa die Versicherungen und Finanzämter, müssten eigentlich von sich aus allen Bürgern in übersichtlicher und leicht nachvollziehbarer Form Rechenschaft darüber ablegen, wieviel Geld sie einnehmen und was damit konkret geschieht: Wieviel Geld erfordert der Verwaltungsaufwand? Welche Gehälter werden davon bezahlt? Inwiefern sind diese gerechtfertigt, also nicht zu niedrig oder zu hoch? In welchem Umfang kommen die Einnahmen den Bürgern tatsächlich im Sinne ihrer eigentlichen Zweckbestimmung zugute? Inwiefern decken die zur Verfügung stehenden Gelder den Bedarf an Leistungen ab? Wie wird mit Defiziten und Überschüssen verfahren? Wie wird dafür gesorgt, dass die Gelder auf rationelle, kostensparende Weise verwendet und nicht zweckentfremdet werden? Nur aufgrund derartiger Klarstellungen ist mit Vertrauen der Bevölkerung in die zuständigen Organe zu rechnen. Das eingezahlte Geld gehört den Bürgern. Ihnen stehen deshalb 77 Thomas Kahl: Die Weltordnung, die Naturgesetze und die menschliche Evolutionsgeschichte Leben gemäß der Natur-Ordnung mit dem Grundgesetz: Eine Darstellung für Kinder und Erwachsene www.imge.info/extdownloads/DieWeltordnungDieNaturgesetzeUndDieEvolutionsgeschichte.pdf 78 Thomas Kahl: Wenn plötzlich alles Geld weg sein sollte: Wie geht es dann weiter? Hier finden Sie sichere Geldanlagen. www.imge.info/extdownloads/WennPloetzlichUnserGeldWegSeinSollte.pdf Thomas Kahl: Handeln Sie als starke Kanzlerin! Offener Brief zur Euro-Politik. Dr. Angela Merkel soll 2013 den Friedensnobelpreis erhalten. www.imge.info/extdownloads/OffenerBriefAnFrauMerkel.pdf Textversion vom 17.06.2015 32 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info zuverlässige Informationen über dessen Verwendung zu und Mitbestimmungsmöglichkeiten dort, wo richtungsweisende Entscheidungen zu treffen sind. Die Entsendung gewählter Bürgervertreter in die zuständigen Gremien gewährleistet nicht, dass dort ein Umgang mit den Geldern erfolgt, der dem Wohl der Einzahlenden bestmöglich dient. Von verschiedenen Seiten wurde immer wieder hinreichende Transparenz eingefordert sowie die Durchführung von Steuer- und Abgabenreformen, um zu vereinfachten Vorgehensweisen und besserem Überblick zu gelangen. Sogar ausgewiesene Fachexperten bezeichnen sich angesichts des in Jahrzehnten gewachsenen Dickichts an Regelungen und Entscheidungen als überfordert, wenn sie gefragt werden, was alles zu berücksichtigen ist. Angesichts dessen konnten die dringend erforderlichen Klärungen noch nicht erfolgen. Solche Klärungen können nur gelingen auf der Grundlage eines Reform-Gesamtkonzeptes, in dem die Kosten aller relevanten gesellschaftlichen Aufgaben in ihren funktionalen Zusammenhängen nutzenorientiert einschätzbar sind. So lange diese Klärungen noch ausstehen, haben viele Bürger den Eindruck, den gegebenen Umständen hilflos ausgeliefert zu sein. Sie leiden unter Existenzängsten im Blick auf ihre Zukunft. Sie geraten in die Sorge, nicht mehr hinreichend über Eigentum und Geld zu ihrer Absicherung – und der ihrer Kinder – verfügen zu können. So sehen sie sich verpflichtet, beständig möglichst viel Geld zu verdienen, um sich günstige Lebensgrundlagen zur Entfaltung ihrer Handlungsmöglichkeiten zu schaffen. Wer sich in ständiger Sorge um das eigene Überleben befindet und sein Einkommen über Nebenjobs sichern muss, der kann nicht zugleich Hervorragendes leisten. Wer zu wenig zum Überleben hat, kann sich gezwungen sehen, sich auf illegale Weise erforderliche finanzielle Mittel zu beschaffen. Das kann zu juristischem Handlungsbedarf führen sowie zu damit einhergehenden Kosten, die in der Regel zumindest zum Teil den Steuerzahlern aufgebürdet werden. Über eine zufriedenstellende Grundbedürfnis-Absicherung bzw. das sog. bedingungslose Grundeinkommen können alle Menschen – vergleichbar den früheren Beamten – von ihren Existenzsicherungssorgen nachhaltig befreit werden. Damit erhalten sie eine Basis für selbstbestimmte, sinnerfüllte und kreative Leistungsaktivitäten. Jeder gesunde Mensch hat das Bedürfnis, die eigene Zeit mit sinnvollen Tätigkeiten bzw. Arbeiten auszufüllen. Bei Personen, denen das nicht gelingt, lassen sich die Ursachen klären und beheben. Grundsätzlich sind alle Menschen in der Lage und gewillt, Wertvolles zu leisten. Sie brauchen lediglich zu ihrer persönlichen Situation passende Umweltgegebenheiten und Unterstützung. 79 Investitionen in Bildungsmaßnahmen, die für Sachverstand sorgen sowie für die Beachtung der Menschen- und Grundrechte, tragen entscheidend zu zufriedenstellender GrundbedürfnisAbsicherung (vgl 9.4) bei sowie zu ansteigender Leistungsproduktivität aller Bürger zugunsten des Allgemeinwohls. Mit zunehmender Bildung und Beachtung der Grundrechte fallen deutlich geringere Kosten in der Gesundheitsversorgung, für juristische Auseinandersetzungen und Versicherungen an. Letztlich dienen die Steuer- und Sozialabgaben der Grundbedürfnis-Absicherung. Geringerer Verwaltungsaufwand im Vergleich zum aufwändigen Verfahren der bisherigen Sozialhilfegewährung (Hartz IV) 79 Thomas Kahl: Die Maßnahme „kooperativ sinnvoll arbeiten“. Jeder kann Wertvolles zum Allgemeinwohl beitragen: Arbeitslosigkeit ist überwindbar. www.imge.info/extdownloads/DieMassnahmeKooperativSinnvollArbeiten.pdf Textversion vom 17.06.2015 33 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info ermöglicht die Bereitstellung erheblicher finanzieller Mittel zur Grundbedürfnis-Absicherung. Angesichts dieser Gegebenheiten dürfte sie sich überraschend kostengünstig gewährleisten lassen. Sie ist eine Reformmaßnahme, die das gesamte öffentliche Finanzsystem enorm entlastet. 13. Vom Kriegsirrsinn zur Weisheit – Kerngedanken und ein Ausblick Die Menschheitsgeschichte ist voll von Irrtümern. Einer davon besteht in der Vorstellung, dass es im Leben darauf ankomme, wer aus Wettkämpfen und Kriegen als Sieger hervorgehe und wer den wievielten Platz in einer Rangreihe belegt – was es erforderlich mache, sich ständig mit anderen zu vergleichen und Überlegenheit diesen gegenüber anzustreben. Irren ist menschlich: Menschen lernen über Versuch und Irrtum und gelangen auf diesem Weg zur Weisheit. Fehler erfolgen dabei oft unvermeidlich und sollten zum Anlass genommen werden, dafür Sorge zu tragen, dass sie sich möglichst nicht wiederholen.80 Strafandrohungen und Strafmaßnahmen sind dazu keine geeigneten Mittel: Sie können hier zu Ängsten, Stress und Überforderung führen, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass es zu zusätzlichen Fehlern kommt. Fehler erfordern zweckmäßige Korrekturmaßnahmen. Damit lassen sich alle Irrtümer und die daraus entstandenen Fehlentwicklungen überwinden. Dieser Weg führt zur Vollkommenheit. Wettkämpfe, Kriege und das Streben nach Vorherrschaft taugen dazu nicht wirklich, denn sie führen an diesem Ziel vorbei. Es lässt sich ein universelles Bildungsprogramm für alle Menschen im global village erstellen, das Irrtümern und Fehlern wirkungsvoll vorbeugt. Ein solches Programm sorgt zuverlässig für gute Leistungen und Sachverstand. Hier liegen erfolgversprechende Aufgaben für die kommenden Jahrzehnte. Dazu haben die UNESCO und andere wissenschaftliche Initiativen bereits nützliche Vorarbeiten geleistet. Diese gilt es zu nutzen. „Der beste Führer ist der, dessen Existenz gar nicht bemerkt wird, der zweitbeste der, welcher geehrt und gepriesen wird, der nächstbeste der, den man fürchtet und der schlechteste der, den man hasst. Wenn die Arbeit des besten Führers getan ist, sagen die Leute: Das haben wir selbst getan.“ Lao Tze, chinesischer Philosoph (ca. 604 -531 v. Chr.) Angaben zum Verfasser Dr. phil. Dipl.-Psych. Thomas Kahl, Jahrgang 1950, arbeitet seit über 20 Jahren als Psychotherapeut mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Er wurde in seiner Ausbildung unter anderem geprägt von Prof. Dr. Albert Görres (1918-1996), Direktor des Klinischen Instituts für Medizinische Psychologie und Psychotherapie an der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität (TU) München81. Dieser stand im persönlichen Kontakt mit Prof. Dr. Karl Rahner SJ, Papst Paul VI. sowie Kardinal Joseph Ratzinger (Papst Benedikt XVI.). Die Eltern des Autors waren eng befreundet mit dem Ingenieur Carl-Josef Görres (1905–1973) 80 Thomas Kahl: Der politisch-gesellschaftliche Nutzen der Achtung der Würde des Menschen sowie von Psychotherapie/Coaching. www.imge.info/extdownloads/NutzenDerWuerde.pdf 81 http://de.wikipedia.org/wiki/Albert_G%C3%B6rres Textversion vom 17.06.2015 34 © Thomas Kahl: Die EU-Politik neu ausrichten! Im Sinne der Vereinten Nationen menschenwürdiges Zusammenleben auf der Erde sichern. IMGE-Publikationen FB 1: Politik-Management 2014 www.imge.info und dessen Ehefrau, der Schriftstellerin Ida Friederike Görres (1901–1971). Diese war die Schwester des Gründers der Paneuropa-Union, Graf Coudenhove-Kalergi. Thomas Kahl wurde 1968 als Gründer der Schülervertretung Nordrhein deren erster Landessprecher. Abitur am mathematisch-naturwissenschaftlichen Humboldt-Gymnasium in Köln. Der Gymnasialdirektor schlug ihn für die Aufnahme in die Studienstiftung des deutschen Volkes vor. In die Erklärung der Kultusministerkonferenz vom 25.05.1973 wurden Regelungen aufgenommen, die er zuvor in die Diskussion zum NRWSchulmitwirkungsgesetz eingebracht hatte. Er verfasste seine sozialpsychologische Diplomarbeit im Institut von Prof. Dr. Peter R. Hofstätter und promovierte in Erziehungswissenschaft mit einer wissenschaftstheoretischen Doktorarbeit bei Prof. Dr. Dr. Joachim Thiele, einem ehemaligen Assistenten von Prof. Dr. Carl-Friedrich von Weizsäcker. Danach arbeitete er als Lehrer im Schuldienst sowie in der Lehreraus- und Fortbildung. Im Fachbereich Psychologie der Universität Hamburg war er 1982-1990 Hochschulassistent bei Prof. Dr. Arthur J. Cropley, der lange für die UNESCO tätig gewesen war. Er gründete 2012 das Psychologische Institut für Menschenrechte, Gesundheit und Entwicklung gGmbH (IMGE) und erstellt unter anderem Konzepte zur gesundheitlichen Versorgung (public health) entsprechend der Ausrichtung der Weltgesundheitsorganisation WHO. Mit Sachverstand intelligent und kreativ mit bewährten Methoden an den Wurzeln anzusetzen ermöglicht maximale Wertschöpfung auf der Grundlage minimaler materieller Mittel. Textversion vom 17.06.2015 35
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