Franziska Stark WS 2010/2011 ST AG IM STRAFRECHT ALLGEMEINER TEIL I PROBEKLAUSUR 1) a) In welcher Norm werden Verbrechen und Vergehen geregelt? (1) b) C wird nach § 303 I zu 2 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Handelt es sich um ein Verbrechen oder Vergehen? (1) - § 12 StGB - Mindeststrafe ist hier Geldstrafe also unter dem Mindestmaß, daher Vergehen 2) Wann kann eine Auslandstat nach deutschem Strafrecht abgeurteil werden? (3) - § 5 Weltrechtsprinzip, wenn genannte inländische Rechtsgüter betroffen sind - §6 Schutzprinzip, wenn genannte international geschützte Rechtsgüter betroffen sind - § 7 I, wenn im Ausland gegen einen Deutschen eine Straftat begangen worden ist - §7 II Nr. 1, wenn deutscher Täter im Ausland strafbar war - § 7 II Nr. Prinzip der stellvertretenen Strafrechtspflege, wenn Täter im Inland betroffen und nicht ausgeliefert werden kann § 7 nur, wenn Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder keiner Strafgewalt unterstellt ist 3) Zur Argumentation der Rechtsfolgen staatlicher Strafe gibt es bestimmte Theorien. Wie kann man sie grob in Gruppen einteilen und was sagt die h.M.? (3) - Absolute und Relative Straftheorien - Vereinigungstheorie, sowohl absolute als auch relative Straftheorie finden sich hier wieder – General- und Spezialprävention werden vereint. - Schuld als Grundlage für die Zumessung der Strafe 4) Was sind die Auswirkungen der sogenannten Garantiefunktion des Strafgesetzes aus Art 103 II GG, § 1? (2) - Rückwirkungsverbot - Analogieverbot - Bestimmtheitsgebot - Verbot des täterbelastenden Gewohnheitsrechts Franziska Stark WS 2010/2011 ST AG IM STRAFRECHT ALLGEMEINER TEIL I 5) Wo liegt der Unterschied zwischen Analogie und Auslegung? (2) - Auslegung ist die Feststellung des Sinn- und Bedeutungsgehalts einer Strafnorm. - eine Methode richterlicher Rechtsergänzung durch Ausfüllung planwidriger (also vom Gesetzgeber nicht gewollte) Regelungslücken im Wege der Übertragung eines einem Tatbestand (Gesetzesanalogie) oder einer Mehrheit vergleichbarer Tatbestände (Rechtsanalogie) zugrunde liegenden Gedankens auf einen gesetzlich nicht geregelten ähnlichen Fall. - Für das Strafrecht verbietet jedoch Art. 103 II GG eine Analogie zu Lasten des Täters (nullum crimen sine lege stricta). 6) A und B gehen auf einen Jahrmarkt. Nach einem kleinen Wortgefecht, schubst B mit einem heftigen Stoß den A in die ausgestellten Vasen des Jahrmarkthändlers C. Dieser stürzt in die Auslage und die Vasen gehen zu Bruch. Strafbarkeit des A? (3) 7) - Für die Strafbarkeit ist Handlung notwendig: sozialerhebliches Verhalten nach außen - vis absoluta- zwanghafte Handlungen : keine strafrechtlich relevante Handlung, daher ist obj. Tatbestand schon nicht erfüllt - keine Strafbarkeit des A vom Willen beherrschbares A und C geben dem B ohne von einander zu wissen eine je für sich gesehene tödliche Menge Gift ins Essen. Sind die beiden Täter für den Tod kausal geworden? Begründen sie dies anhand der Äquivalenztheorie. (3) - Jede Bedingung des Erfolgs ist ursächlich, wenn sie nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele. - Sonderfall der alternativen Kausalität- Anpassung der conditio sine qua son - jede Bedingung des Erfolgs ursächlich, die zwar alternativ aber nicht kumulativ hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele. 8) Wann ist der Tatbestandserfolg objektiv zurechenbar? (2) - Objektiv zurechenbar ist ein Erfolg dann, wenn der Täter eine rechtlich relevante Gefahr geschaffen hat, die sich im tatbestandsmäßigen Erfolg realisiert. Franziska Stark WS 2010/2011 ST AG IM STRAFRECHT ALLGEMEINER TEIL I 9) Nennen und definieren Sie drei Vorsatzformen! Gehen sie ggf. von der h.M. aus. (5) - Dolus directus 1° : Absichtsvorsatz- zielgerichteter Wille zur Tatbestandsverwirklng. - Dolus directus 2°: direkter Vorsatz- sicheres Wissen der Tatbestandsverwirklng. - Dolus eventualis: bedingter Vorsatz- für möglich halten, billigend in Kauf nehmen 10) Wo ist der Tatbestandsirrtum geregelt und trifft der error in persona auch beim § 212 I zu? Warum bzw. warum nicht? (3) - § 16 I StGB - E.i.p (-), Irrtum über wahre Opferidentität - mittelbare Opferindividualisierung ausreichend: „Tod eines Menschen“ - Bei gleichwertig gegenüberstehenden Rechtsgütern daher unbeachtlich 11) Handelt der Täter in den folgenden Fällen hinsichtlich § 212 StGB mit ausreichendem Vorsatz? Begründen sie ihre Antwort. (4) a) A verursacht versehentlich einen Autounfall, bei dem B ums Leben kommt. Als A den B erkennt, ist er über sein Ableben hoch erfreut, da er ihn eh am nächsten Tag erschießen wollte. - Koinzidensprinzip, maßgeblicher Zeitpunkt ist die Tat - Dolus subsequens, kein Vorsatz- Fahrlässigkeit b) A schlägt den B mit Tötungsvorsatz nieder. Als B ins Krankenhaus gebracht wird, bereut A seine Tat und wünscht nunmehr, dass B überleben möge. - Dolus antecedens , Vorsatztat 12) Benennen Sie die Bedingungen des Vorsatzes bei normativen Tatbestandsmerkmalen! (2) - Vorsatz = Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung - Der rechtlich soziale Bedeutungsinhalt, Bedeutung und Tragweite, muss durch entsprechende Parallelwertung in der Laiensphäre erfasst sein Franziska Stark WS 2010/2011 ST AG IM STRAFRECHT ALLGEMEINER TEIL I 13) Was ist die Besonderheit einer obj. Strafbarkeitsbedingung? Wo ist ihr Prüfungsstandort im Deliktaufbau und nennen sie ein Beispiel aus dem StGB? (3) - Zusätzliche Umstände, die zum Tatbestand hinzutreten müssen ohne vom Vorsatz umfasst zu sein - Sie sind als Tatbestandsannex zu prüfen - § 231 14) Welche Folgen hat es, wenn der Täter zwar objektiv gerechtfertigt ist, dies aber subjektiv gar nicht weiß? (2) - Das subjektive Rechtfertigungselement entfällt - Nach h.M. Strafbarkeit wegen Versuchs 15) Was sind die Voraussetzungen einer Notwehrlage iSd § 32? Definieren Sie! (3) - Gegenwärtig: - Angriff steht unmittelbar bevor, hat begonnen oder dauert noch fort - Angriff: - jede unmittelbare Bedrohung rechtlich geschützter Güter durch menschliches Verhalten - Rechtswidrig: - jeder Angriff, der den Bewertungsnormen des Rechts objektiv zuwiderläuft und nicht durch einen Erlaubnissatz gedeckt ist 16) Gibt es eine Drittwirkung der Notwehr? (1) - Ja, Nothilfe 17) Entfällt die Erforderlichkeit iSd § 32, wenn der Täter dem Angriff ohne weiteres ausweichen kann? (1) - Grundsatz der Notwehr: Recht hat dem Unrecht nicht zu weichen, daher (-) 18) Inwieweit spielen bei der Beurteilung der Erforderlichkeit neben der Abwehrhandlung auch die Abwehrfolgen einer Rolle? (2) - Bei Bagatellangriffen, wenn es noch um sozial erträgliche Eingriffe geht - Bei krassen Missverhältnissesn zwischen Angriffs- und Verteidigungshandlungen Franziska Stark WS 2010/2011 ST AG IM STRAFRECHT ALLGEMEINER TEIL I 19) Worin unterscheiden sich „Angriff“ des § 32 und „Gefahr“ des § 34? (3) - Angriff : - jede unmittelbare Bedrohung rechtlich geschützter Güter durch menschliches Verhalten - Gefahr: wenn aufgrund tatsächlicher Umstände im Zeitpunkt der Notstandshandlung der Eintritt eines Schadens oder die Beeinträchtigung eines Rechtsguts wahrscheinlich ist - Geschütze Rechtsgüter, zeitlicher Rahmen 20) Gibt es bei der Erforderlichkeitsprüfung zwischen §§ 32 und 34 Unterschiede? (2) - Grundsatz der Notwehr greift nicht, - besteht Ausweichmöglichkeit oder die Möglichkeit obrigkeitliche Hilfe rechtzeitig zu erlangen, ist beim Notstand daher davon Gebrauch zu machen 21) Wann wirkt eine Einwilligung schon tatbestandsausschließend, wann erst rechtfertigend? (2) - bezieht sich die Erlaubnis auf ein objektiven Tatbestand mit der schon der Tatbestand nicht erfüllt ist, dann ist diese ein Einverständnis - bei allen Delikten möglich, deren Charakter gerade darauf beruht, dass die Tathandlung gegen den Willen oder ohne Zustimmung des Betroffenen vorgenommen werden muss - sonst Rechtsfertigungsgrund, sobald es sich nicht um einen obj. Tatbestand handelt Franziska Stark WS 2010/2011 ST AG IM STRAFRECHT ALLGEMEINER TEIL I 22) Nennen sie die Voraussetzungen einer rechtfertigenden Einwilligung! (4) - 1. Disponibilität des Rechtsgutes- Verzicht auf das geschützte Interesse muss rechtlich zulässig sein - 2. Dispositionsbefugnis- Einwilligender muss verfügungsberechtigt sein - 3. Einwilligungsfähigkeit- natürliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit - 4. vor und während der Tat - 5. Manifestation nach außen- ausdrücklich oder konkludent - 6. Freiwilligkeit- ernstliche freiwillige Einwilligung ohne rechtsgutsbezogene Willensmängel - 7.kein Sittenverstoß bei Körperverletzungsdelikten- vgl. § 228 StGB
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