in der Tat Diakonie Hessen Diakonie magazin 1/2015 1 | 2015 in der Liebe Leserinnen und Leser, die Diakonie in Hessen ist aktiv. In dieser regionalen Ausgabe haben wir uns besonders mit der Betreuung von Flüchtlingen beschäftigt. Nicht nur unser Landesverband, sondern auch die vielen Mitarbeitenden – egal ob haupt- oder ehrenamtlich – in unseren Mitgliedseinrichtungen sind hier aktiv. Das sehen wir auch wieder an den Beiträgen, mit denen wir deren tägliche Arbeit in den Mittelpunkt rücken wollen. Da ist die Stiftung „Hilfe für chronisch kranke Kinder“. Sie unterstützt die psychosoziale Betreuung von Familien in der Frankfurter Ambulanz für HIV-infizierte Kinder und Jugendliche vor allem aus Krisengebieten, die Flucht und Vertreibung erlebt haben. Oder das freiwillige Engagement in Gemeinschaftsunterkünften in Gießen. Hier begleiten wir freiwillig Engagierte bei der Betreuung von Flüchtlingen. Doch auch weitere Arbeitsbereiche und Einrichtungen aus unserer Arbeit möchten wir Ihnen vorstellen, so die „Karawane 2000“, die seit 15 Jahren durch die Lande zieht. Es handelt sich um ein internationales Netzwerk, das sich die Entwicklung von Inklusion auf allen Ebenen der Gesellschaft auf die Fahnen geschrieben hat. Und zum Schluss noch ein paar Zahlen und Fakten über die Flüchtlingsbetreuung. Oder wussten Sie, wie viel Flüchtlinge im letzten Jahr in Hessen aufgenommen wurden? Ich grüße Sie herzlich und wünsche Ihnen eine anregende Lektüre. Ihr Eckhard Lieberknecht Bereich Kommunikation der Diakonie Hessen Inhalt II „Das Stigma ist noch immer riesig“ Stiftung „Hilfe für chronisch kranke Kinder“ IV Freiwilliges Engagement in Gemeinschaftsunterkünften Regionales Diakonisches Werk Gießen VI Tag und Nacht für Vielfalt und Verständigung Karawane 2000 VII Asylsuchende Flüchtlinge Zahlen und Fakten VIII Irene Finger neue Leiterin des Diakonischen Werks Bergstraße I II Diakonie magazin 1/2015 in der Tat Diakonie Hessen Stiftung „Das Stigma ist noch immer riesig“ Die Stiftung „Hilfe für chronisch kranke Kinder“ unterstützt die psychosoziale Betreuung von Familien in der Frankfurter Ambulanz für HIVinfizierte Kinder und Jugendliche. Astrid Ludwig Die Ambulanz liegt etwas versteckt auf dem Campus der Frankfurter Universitäts-Klinik, gleich hinter dem Hauptgebäude der Kinder- und Jugendmedizin. Ein flacher Bau, der von außen weiß und unscheinbar wirkt, doch innen empfangen farbenfrohe Kinderbilder, Fotos und kunterbunte Tierzeichnungen die Besucher. Es sind Arbeiten der kleinen und großen Klinikpatienten, fast alle in der Kunsttherapie entstanden, die ein Gefühl von Zusammenhalt und Geborgenheit geben sollen. Die meisten Familien hier stammen aus Krisengebieten, haben Flucht und Vertreibung erlebt. Viele sind aus Äthiopien oder Eritrea nach Frankfurt gekommen, weil sie sich Hilfe erhoffen, doch manchmal schlägt das Schicksal in Annette Pachs Sprechzimmer erneut zu. Die 30-Jährige ist Sozialarbeiterin. Sie betreut Familien, die ganz gezielt zur Behandlung in die Gerinnungs- und Immundefektambulanz der Uni-Klinik kommen, aber eben auch die Menschen, die nach einem Test hier erst erfahren, dass sie und ihre Kinder HIV positiv sind. „Für viele bricht eine Welt zusammen“, berichtet sie. Die Diagnose stellt das bisherige Leben auf den Kopf, zerstört oft genug auch Partnerschaften. Mehr als 60 Kinder und Jugendliche mit HIV-Infektion und weitere 80, die als Kinder HIV positiver Mütter zur Welt kommen, werden regelmäßig in der Ambulanz betreut. Rund zwei Drittel der Patienten haben einen Flüchtlingshintergrund, kommen aus afrikanischen Ländern. Darunter sind auch Kranke mit Neuinfektionen. Frankfurt ist das größte von bundesweit nur sechs Zentren, an denen HIV-Infizierte behandelt werden. Hier geht es um medizinische Therapie, aber eben auch um die so dringend nötige seelische und soziale Unterstützung. Seit 2006 gibt es die Stiftung „Hilfe für chronisch kranke Kinder“ (StiHckK) unter dem Dach der Stiftung Diakonie Hessen, die diese Einzelfall-Betreuung für Kinder, Jugendliche und Familien ermöglicht. Annette Pachs Stelle wird von StiHckK finanziert, weitere Geldgeber sind die Michael-StichStiftung und das Uni-Klinikum. Um die psychosoziale Be gleitung der Betroffenen finanziell abzusichern, richtete das Evangelische Dekanat Frankfurt mit der Evangelischen Krankenhausseelsorge die Stiftung „Hilfe für chronisch kranke Kinder“ ein, erzählt Pfarrerin Elisabeth Knecht, die gemeinsam mit dem Kinderfacharzt Richard Linde im Vorstand der Stiftung arbeitet. Linde hat mehr als 30 Jahre HIV-Patienten betreut und war bis 2014 Kinder- und Jugendmediziner in der Immundefektambulanz. Etwa 60 000 Menschen sind in Deutschland HIV positiv, darunter rund 500 K inder und Jugendliche. „Das ist noch immer ein Tabu-Thema. HIV-infizierte Kinder haben keine Lobby wie krebskranke Kinder. Es ist schwer, Spenden einzuwerben“, begründen Linde und Knecht die Initiative. Rund 50 000 Euro im Jahr sind nötig, um die psychosoziale Betreuung und auch die Kunsttherapie in der Ambulanz aufrechtzuerhalten. in der Tat Diakonie Hessen Diakonie magazin 1/2015 Scheckübergabe der Biotest AG an den Stiftungsbeirat. v. l. n. r.: Annette Pach, Dr. Joachim Herborg (Biotest AG), Dr. Dr. Richard Linde, Pfarrerin Elisabeth Knecht, Harald Diether Annette Pach ist für die Familien eine wichtige Anlaufstelle. Sie hilft den Betroffenen und Flüchtlingsfamilien, im deutschen System zurechtzukommen. Sie klärt über Unterstützungsmöglichkeiten und Ansprüche auf, sie hilft beim Aus füllen von Formularen oder bei Behördengängen. Die Stiftung unterstützt, wenn es um krankheitsbedingte Kosten geht, wie etwa Fahrtkosten zur Klinik. Sie hilft, wenn kein anderer Kos tenträger in Frage kommt, „wenn Kleidung oder Schuhe dringend benötigt werden.“ Pach spricht von Starthilfe. „Die Familien sollen lernen, sich selbst zu helfen“. Die kleinen und großen HIV-Patienten der Ambulanz werden einer antiretroviralen Therapie unterzogen, sie erhalten Medikamente, die die Vermehrung des Virus hemmen, bis unter die Nachweisgrenze. Betreut werden aber auch Säuglinge, deren Mütter erkrankt sind, bei denen aber noch unklar ist, ob sie selbst auch infiziert sind. Wenn die Infektion früh genug diagnostiziert und behandelt wird, liegt das Risiko einer Ansteckung unter einem Prozent. „HIV ist heute therapier-, wenn auch nicht heilbar“, sagt Richard Linde. Die Betroffenen müssen ein Leben lang Medikamente einnehmen, um das Virus in Schach zu halten. Diese Situation Jugendlichen zu vermitteln, „die einfach nur ein normales Leben führen wollen, ist schwer“. Sage ich es meinen Freunden oder verlassen sie mich dann? Werde ich einen Partner finden, der damit leben kann?, all das sind Fragen, die zu der täglichen Arbeit und Lebenshilfe zählen. Das Stigma ist nach wie vor riesig – selbst wenn die Ansteckungsgefahr gering ist. „Die Familien halten die Erkrankung geheim, sind meist einsam und isoliert“, so die Sozialarbeiterin. Oft erfahren die Kinder erst nach Jahren den Namen der Krankheit, damit sie in Schule oder Kindergarten nicht erzählen, dass sie HIV positiv sind. „Die Eltern haben Angst vor den Konsequenzen. Die Furcht in der Bevölkerung ist noch immer groß, da das Wissen über HIV gering ist.“ In ihren Herkunftsländern hätten viele der Kinder kaum Überlebenschancen. In der Ambulanz in Frankfurt werden die Patienten kindgerecht über ihre Krankheit aufgeklärt. „Sie lernen die Sprache und es ist schnell normal, zu uns zu kommen, manchmal fast wie ein Familienbesuch“, weiß Pach. Sie erfahren, dass trotz HIV-Infektion „eine Zukunft mit sehr guter Lebensqualität und normaler Lebenserwartung vor ihnen liegt“. Und dass im Alltag die Angst vor Ansteckung unbegründet ist, betont die Sozialarbeiterin. Die Stiftung ist auf Spenden und Zustiftungen angewiesen, um diese Hilfen für HIV-infizierte Kinder und Jugendliche weiterführen zu können. Spendenkonto: IBAN: DE44 5005 0000 5044 3600 47 | BIC: HELADEFF Weitere Informationen: > www.sinn-stiften.de III IV Diakonie magazin 1/2015 in der Tat Diakonie Hessen Engagiert Freiwilliges Engagement in Gemeinschaftsunterkünften Diakonisches Werk als Mittler und Gestalter Holger Claes Seit Mitte 2014 hat der Landkreis Gießen als Vertragspartner für Betreiber von Gemeinschaftsunterkünften mit dem regionalen Diakonischen Werk Gießen eine Rahmenvereinbarung geschlossen, um an diesen Standorten freiwillig Engagierte zu finden, die sich gemeinsam mit der Diakonie bemühen, dass Menschen sich willkommen fühlen können. Ein Beispiel aus einer dieser Gemeinschaftsunterkünfte soll den kreativen Umgang schildern, mit dem diese Arbeit gestaltet wird. William Henderson aus der Flüchtlingsberatung ist zuständig für die Arbeit in den 12 Gemeinschaftsunterkünften, die derzeit vom Diakonischen Werk mit begleitet werden. Er führt durch den Abend, gibt den „Vorturner“, macht Späße und bindet alle mit ein. Ein spaßiger Abend mit ernstem Hintergrund. Wie können Menschen in Gemeinschaftsunterkünften Kontakt bekommen? Wie können Ehrenamtliche mögliche Aufgaben einschätzen und gestalten? Es ist 17.50 Uhr, die Dunkelheit kriecht durch die Straßen des Ortes, ein eisiger Wind und erste Regentropfen zeigen, dass der Frühling noch nicht seine Kraft entfaltet hat. Das evangelische Gemeindehaus sieht verlassen aus, aber öffnet man die Tür, sind dort im Inneren viele Menschen. Ein Geräuschpegel exis tiert wie auf einer Party. Kinder lachen, Gespräche – und dies in unterschiedlichen Sprachen. Das Diakonische Werk Gießen hat zu einem Begegnungsfest eingeladen. Gekommen sind etwa 70 Helferinnen und Helfer sowie Flüchtlinge. Viel Vorbereitung ist erfolgt. Die beteiligten Gruppen haben zum Essen beigetragen, teilweise gemeinsam gekocht. Das Dia konische Werk hat mehrere Sprachmittler mitgebracht, sodass insgesamt in sechs Sprachen der Abend begleitet wurde. Das Begegnungsfest soll eigentlich dem gegenseitigen „Beschnuppern“ dienen. Immer aber ist nach solchen Abenden ein erster Kontakt entstanden, der häufig zu guten persönlichen Kon takten führt. Das Diakonische Werk begleitet die Freiwilligen, richtet nie- in der Tat Diakonie Hessen Diakonie magazin 1/2015 derschwellige Sprachtreffs ein, bietet Fortbildungsabende an zu rechtlichen Fragen, zu sozialen und psychosozialen Hintergründen und sortiert die Hilfsangebote der Mitarbeiter. einem sicheren Land sind und wir uns freuen, sie hier zu haben.“ Nach einer kurzen Pause wird sie aber auch ernst: „… aber manchmal kommt man auch an seine Grenzen.“ Freiwillige organisieren Kinderbetreuungsangebote, sorgen für manche Dinge des täglichen Bedarfs, unterstützen bei Arztbesuchen und ggf. auch bei Behördengängen. Hier zeigt sich, wie notwendig eine fachliche Begleitung ist, damit keine Übergriffigkeit erfolgt und sach- und fachgerecht geholfen wird. Holger Claes, der Leiter des Diakonischen Werkes Gießen, und William Henderson, der über 35 Jahre in der Flüchtlings arbeit viele Generationen von Hilfesuchenden kennengelernt hat, begleiten diese intensive Arbeit, nehmen an den Schicksalen der Flüchtlinge Anteil und sehen ihre Aufgabe auch darin, die Freiwilligen zu unterstützen, die häufig von schweren Schicksalen Kenntnis bekommen. Gleichzeitig legt das Diakonische Werk sehr viel Wert darauf, dass hier keine Ersatzkräfte herangezogen werden, die staatliche Aufträge übernehmen, sodass die Anbindung des Landkreises Gießen immer auch Grund- und Rahmenbedingung des ehrenamtlichen Engagements vor Ort ist. Insgesamt konnten bis heute über 250 Freiwillige gefunden werden. Auf die Frage, warum sie dies tue, antwortet eine Freiwillige: „Ich will die Menschen unterstützen, ihnen zeigen, dass sie in Dabei helfen ihnen die Sprachmittler, ebenfalls ehrenamtlich Engagierte, die mit ihrem eigenen Migrationshintergrund die Arbeit in der Diakonie nachhaltig unterstützen. William Henderson: „Es lohnt sich für die Menschen, die zu uns kommen, aber auch für diejenigen, die Unterstützung geben wollen.“ V VI Diakonie magazin 1/2015 in der Tat Diakonie Hessen Event Einfach gesagt Im November trafen sich Menschen mit und ohne Behinderung aus Deutschland und aus Europa im Markt 5. An den beiden Tagen fanden viele Veranstaltungen statt. Die Teilnehmer haben zusammen gekocht, Filme gedreht und diskutiert. Am Abend spielte die Band Klang-Design. Tag und Nacht für Vielfalt und Verständigung 15 Jahre mit Leib und Seele „Karawane 2000“ Anlässlich des 15-jährigen Jubiläums des internationalen Netzwerkes „Karawane 2000“ fand vom 26. bis 28. November ein internationales Kochevent im Markt 5 – Haus der Begegnung in Baunatal statt. Menschen mit und ohne Behinderung aus dem Inund Ausland nahmen an der Veranstaltung teil. Die bdks – baunataler diakonie kassel war Gastgeber. Claudia Lieberknecht An den folgenden Tagen fanden verschiedene Aktionen statt: Einige Teilnehmer bereiteten gemeinsam mit Erwin Cecchini und Timo Jahn ein großes Buffet für den Abend zu, drehten Filme und tauschten sich im Rahmen von Diskussionsforen über die Rechte und Chancen von Menschen mit Behinderung aus. Vor dem Gebäude wurde ein interaktiver Infostand für Besucher aufgebaut. Hier stelltesich das Projekt „Karawane 2000“ vor und beleuchtete die zukünftige Arbeit des lebendigen und kreativen Netzwerkes bei der Entwicklung von Inklusion auf allen Ebenen der Gesellschaft. Am Abend sorgte die Band „Klang-Design“ für Party stimmung im Markt 5. Weitere Informationen finden Sie unter www.karawane2000.de. Wie können wir Inklusion entwickeln? Die Veranstaltung begann mit einem Festakt im Markt 5 – Haus der Begegnung. Michael Thiele,Prä sident der „Karawane 2000“, begrüßte die zahlreichen Gäste.Anschließend sprachen Maren MüllerErichsen, Behindertenbeauftragte des Landes Hessen, Uwe Brückmann, Landesdirektor des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen und Michael Conzelmann, Kaufmännischer Vorstand der bdks, Grußworte. Kontakt Klaus Bertram Büro für Teilhabe und Freizeitgestaltung bdks – baunataler diakonie kassel e. V. Markt 5 – Haus der Begegnung Marktplatz 5 | 34225 Baunatal Tel.: 0561 579896-120 | Fax: 0561 579896-122 [email protected] in der Tat Diakonie Hessen Zahlen und Fakten Diakonie magazin 1/2015 VII Asylsuchende Flüchtlinge Im Jahr 2014 haben insgesamt 173.072 Personen erstmals um Asyl nachgesucht. Eugen Deterding Im gleichen Jahr wurden 17.453 Personen nach Hessen verteilt. Tatsächlich nehmen wir nur wenige Flüchtlinge auf: Im Jahr 2012 hat ganz Europa zusammen lediglich 5 Prozent der weltweiten Flüchtlinge aufge nommen. Beispiel Syrien: Über 80 Prozent der Flüchtlinge bleiben in armen Nachbarländern ihrer Heimatregionen. Nehmen wir den 20 Prozent-Anteil von Flüchtlingen an Gesamteinwohnern im Libanon als Beispiel, müsste Deutschland ca. 16 Millionen Flüchtlinge aufnehmen. Setzt man die Wohnbevölkerung ins Verhältnis mit der Anzahl der Flüchtlinge, liegt Deutschland auch in Europa mit dem 7. Rang nur im Mittelfeld. Wir können doch nicht die Flüchtlinge der ganzen Welt bei uns aufnehmen! Rahmenbedingungen Wohnsitzverpflichtung Asylsuchende Flüchtlinge sind für die Dauer des Asylverfahrens verpflichtet, ihren Wohnsitz in der ihnen zugewiesenen Erstaufnahmeeinrichtung (in Hessen: HEAE Gießen) und nach Verteilung auf die Gebietskörperschaften in Gemeinschaftsunterkünften zu nehmen. Die Wohnsitzauflage entfällt, wenn der Lebensunterhalt gesichert ist. Sowohl bei der landesinternen, als auch bei der länderübergreifenden Verteilung sind sowohl die Einheit der Kernfamilie als auch „sonstige humanitäre Gründe von vergleichbaren Gewicht“ zu berücksichtigen. Residenzpflicht 1,8 Prozent anerkannte Aufgrund internationaler Ab Asylberechtigte kommen und völkerrechtlicher = 98,2 Prozent Verträge hat sich Deutschland „Scheinasylanten“ und verpflichtet, unabhängig von „Wirtschaftsflüchtlinge“? derAnerkennung als politischer Flüchtling i. S. des Art. 16 a GG, oder der Gewährung von Flüchtlingsschutz auch beim Vorliegen humanitärer Gründe Abschiebungsschutz zu gewähren. Zu diesen Personengruppen zählen Menschen, die von Todes strafe bzw. Folter bedroht sind oder aus anderen Gründen nicht abgeschoben werden dürfen. Insgesamt liegt die Gesamt schutzquote bei 31,5 Prozent. Im vergangenen Jahr wurden lediglich 33,4 Prozent der entschiedenen Fälle tatsächlich ab gelehnt. 35,2 Prozent haben sich anderweitig erledigt (z. B. durch Rücknahme des Asylgesuches, Tod, Weiterwanderung, Zuständigkeit eines anderen EU-Staates, Erteilung eines Aufenthaltes aus anderen Gründen). Zieht man diese Entscheidung ab, haben sogar 48,5 Prozent der Antragsteller hier Schutz erhalten. Gegen die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge können die Betroffenen Rechtsmittel einlegen. So wurde im Jahr 2012 bei 13 Prozent der Klagen nachträglich durch die Gerichte Abschiebungsschutz gewährt bzw. die Flüchtlingseigenschaft zugesprochen. Darüber hinaus erlischt für Asylantragsteller (§ 59a AsylVfG i. V. m. § 5 6 Abs. 1 AsylVfG) wie für geduldete Personen (§ 61 Abs. 1 AufenthG) die räumliche Beschränkung (sog. Residenzpflicht) nach drei Monaten. Ohne Erlaubnis dürfen Asylsuchende sich bis auf wenige Ausnahmen vorübergehend nur im Bereich des Landes Hessen aufhalten. Ausnahmen: Verurteilung wegen Straftat, Verstoß gegen Betäubungsmittelgesetz und unmittelbar bevorstehende aufenthaltsbeendende Maßnahmen. Arbeitsmarktzugang Flüchtlinge, über deren Asylbegehren noch nicht rechtskräftig ents chieden wurde, unterliegen einem dreimonatigen absoluten Arbeitsverbot. Danach liegt die Erlaubnis zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Ermessen der Ausländerbehörde. Für diesen Per sonenk reis gilt das sog. Nachrangprinzip. D.h. deutsche und bevorrechtigte ausländische Arbeitsplatzsuchende werden vorrangig vermittelt. Hierzu gibt es wenige Ausnahmen. Erst nach insgesamt 15 Monaten erlaubten, geduldeten oder gestatteten Aufenthalt entfällt die nachrangige Behandlung am Arbeitsmarkt und der oder die Asylsuchende wird deutschen oder bevorrechtigten Nichtdeutschen gleichgestellt. D. h. erst ab diesem Zeitpunkt entscheidet bei der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit lediglich die Qualifikation und nicht mehr die Herkunft über die Arbeitsaufnahme. VIII Diakonie magazin 1/2015 in der Tat Diakonie Hessen Nachrichten Irene Finger neue Leiterin des Diakonischen Werks Bergstraße In einem festlichen Gottesdienst in der Lampertheimer Domkirche ist Irene Finger, die neue Leiterin des regionalen Diakonischen Werks Bergstraße, offiziell in ihre Aufgabe eingeführt worden. Bereits seit dem 15. Februar ist die studierte Sozialpädagogin und Diakoniewissenschaftlerin an der Spitze der Einrichtung tätig, in der 92 Mitarbeitende arbeiten. Pfarrer Dr. Wolfgang Gern, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Hessen, der Irene Finger einführte, sagte im Gottesdienst: „Irene Finger bringt aus der regionalen Arbeit und dem Landesverband reiche Erfahrung und jahrzehntelanges, erfolgreiches Wirken mit. Sie weiß, was es bedeutet, in sozialpolitischen Krisen Hoffnung zu wecken und mit Gottvertrauen Zukunft zu gestalten.“ Gern wies auf die zunehmende Vernachlässigung des Sozialen in der EU, im Bund und im Land hin. Auch das Diakonische Werk Bergstraße wisse aus Erfahrung, was die Sorge um die Zukunft der ihm anbefohlenen Menschen bedeute. Finger: Soziale Arbeit braucht Verlässlichkeit Irene Finger, die zuvor in der Landesgeschäftsstelle der Diakonie Hessen für das Referat Frauen, Familie und Beratung verantwortlich gewesen war, sagte beim anschließenden Empfang im evangelischen Gemeindesaal: „Den Schwachen und Verletzlichen gilt in der diakonischen Arbeit besonderes Augenmerk. Das sozialpolitische Engagement in der Region gegen Armut und Ausgrenzung ist für die Diakonie selbstverständlich. Die Kernfragen sind: Was wird gebraucht? Was hat sich verändert? Wo sind Selbsthilfe potenziale? Wer sind mögliche Förderer?“ Die neue Leiterin des regionalen Diakonischen Werks Bergstraße sagte, es sei wichtig, das Erreichte zu sichern und Weiterentwicklung mit Augenmaß zu betreiben. „Wir müssen den Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und diakonischem Profil aushalten“, betonte Finger. Impressum Herausgeber: Diakonie Hessen – Diakonisches Werk in Hessen und Nassau und Kurhessen-Waldeck e. V. Ederstraße 12 60486 Frankfurt am Main Tel.: 069 7947-0 Fax: 069 7947-99 6398 www.diakonie-hessen.de [email protected] Redaktion: Eckhard Lieberknecht (verantw.), Arno F. Kehrer Layout: Piva & Piva Studio für visuelles Design Darmstadt Bildnachweis: S. 1.: Diakonie Hessen/Arno F. Kehrer S. 2: anonym S. 3: anonym Diakonie Hessen/Arno F. Kehrer S. 4/5 beeboys | shutterstock S. 6: bdks S. 8: Diakonie Hessen/Arno F. Kehrer
© Copyright 2025 ExpyDoc