„Chronik der angekündigten Tode im Mittelmeer

Evangelische Kirchen in Hessen
Diakonie Hessen
Gemeinsame Pressemitteilung
„Chronik der angekündigten Tode
im Mittelmeer endlich beenden“
Evangelische Kirchen und Diakonie fordern europäische
Seenotrettung und Gesamtkonzept für Flüchtlingsaufnahme
Darmstadt / Kassel / Frankfurt. 20. April 2015. Angesichts des bisher schlimmsten Massensterbens im
Mittelmeer haben die Evangelischen Kirchen in Hessen und die Diakonie Hessen am Montag (20. April)
die sofortige Einrichtung eines europäischen Seenotrettungsdienstes gefordert. In der Nacht von
Samstag auf Sonntag waren vermutlich mehr als 700 Bootsflüchtlinge auf dem Weg von Libyen nach
Italien ertrunken. Zuletzt häuften sich die Katastrophen: Allein in den vergangenen zehn Tagen sind damit
mehr als 1.000 Flüchtlinge im Mittelmeer zu Tode gekommen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière
hatte den Aufbau einer neuen Seenotrettung in der vergangenen Woche noch einmal explizit abgelehnt.
Europa hat sich schuldig gemacht
„Jetzt erleben wir die schrecklichen Konsequenzen des Beschlusses der EU, die Seenotrettung im
Mittelmeer herunterzufahren. Damit hat Europa, hat Deutschland, ja haben wir alle Mitschuld an dem,
was im Mittelmeer passiert. Es ist höchste Zeit umzukehren und Menschen zu retten statt ihnen beim
Sterben zuzusehen“, sagte der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau
(EKHN), Volker Jung. In den vergangenen Monaten hatte Jung, der auch Vorsitzender der Kammer für
Migration und Integration der Evangelischen Kirche in Deutschland ist, wiederholt eine umfassende
europäische Seenotrettung, legale und gefahrenfreie Zugangswege für Flüchtlinge und ein
Gesamtkonzept für die Flüchtlingsaufnahme in Europa und in den Mitgliedsstaaten gefordert. Die
„Chronik der angekündigten Tode im Mittelmeer muss endlich beendet werden“, so Jung.
Konzertierte Flüchtlingsaufnahme
„Angesichts der gegenwärtigen Flüchtlingskrisen im Nahen und Mittleren Osten und am Horn von Afrika
muss Europa mehr Verantwortung übernehmen und konzertiert Flüchtlinge aufnehmen“, betonte Martin
Hein, Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW). Dafür könnten bestehende
Instrumente wie humanitäre Aufnahmeprogramme und das Resettlementprogramm deutlich großzügiger
genutzt werden. Angesichts der katastrophalen Zustände in Libyen, aus dem zurzeit die meisten
Bootsflüchtlinge kommen, forderten Jung und Hein, „die dort verzweifelt ausharrenden Flüchtlinge aus
Syrien, Eritrea oder Somalia“ schnell außer Landes zu bringen, bevor sie marode Boote bestiegen. „Eine
Evakuierung der dort um ihr Überleben kämpfenden Flüchtlinge wäre ein Akt der Menschlichkeit“, sagten
die beiden Leitenden Geistlichen.
Von der Willkommenskultur zur Willkommensstruktur
Der Vorstandsvorsitzende der Diakonie Hessen, Wolfgang Gern, machte deutlich, dass die Aufnahme
und Integration von Flüchtlingen eine größer werdende Dauerherausforderung ist. Wer sich die
Hauptherkunftsländer der Flüchtlinge anschaue, wisse, dass die Flüchtlingszahlen weiter steigen werden
und nur die wenigsten zurückkehren können. „Sie werden bleiben, und es ist unser aller Aufgabe, sie
möglichst schnell und gut zu integrieren.“ Angesichts des erstaunlich angewachsenen ehrenamtlichen
Engagements in der Flüchtlingsarbeit warnte der Diakonie-Chef: „Die viel beschworene
Willkommenskultur braucht dringend eine Willkommensstruktur. Wenn wir wollen, dass die vielerorts
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positive Grundhaltung und Solidarität mit Flüchtlingen bleibt, brauchen wir vernünftige
Rahmenbedingungen und nachhaltige Konzepte, die sozialräumlich ausgerichtet sind und sowohl
Flüchtlinge als auch Einheimische in den Blick nehmen.“
Weiteres Engagement notwendig
Die Leitenden Geistlichen dankten den Landesregierungen für verstärkte Anstrengungen vor allem bei
der Erstunterbringung und –versorgung von Flüchtlingen in Hessen und Rheinland-Pfalz. Darüber hinaus
müssten aber auch die unabhängige Flüchtlingsberatung, die professionelle Koordination und
Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements und die psychosoziale Versorgung von
Schutzsuchenden stärker unterstützt werden. Diese Arbeit haben Kirche und Diakonie bisher fast
ausschließlich aus kirchlichen Eigenmitteln finanziert. „Wir hoffen sehr, dass uns die Länder hier zukünftig
stärker unterstützen. Als wichtigen Schritt dahin erkennen wir ausdrücklich an, dass das Land RheinlandPfalz mittlerweile zehn Stellen in der Flüchtlingsberatung der Wohlfahrtsverbände zum großen Teil
finanziert und weitere 500.000 Euro für die Verbesserung der psychosozialen Versorgung zur Verfügung
gestellt hat. Was wir zukünftig brauchen, ist eine flächendeckende Struktur und kein Flickenteppich. Dazu
wollen wir aber auch als Evangelische Kirchen und Diakonie nach Kräften weiter beitragen“, versprachen
Jung, Hein und Gern.
Information
Zurzeit finanzieren die EKHN, die EKKW und die Diakonie Hessen insgesamt 10,5 unbefristete Stellen in
der unabhängigen Flüchtlingsberatung in Hessen und Rheinland-Pfalz (in Erstaufnahmeeinrichtungen
und den Regionen). Darüber hinaus gibt es in der EKHN drei Flüchtlingsseelsorgestellen. Mithilfe
zusätzlicher Mittel, die die beiden Landessynoden in 2013 und 2014 bereitgestellt haben (mehr als 1,6
Millionen Euro) konnten weitere sechs befristete Flüchtlingsberatungsstellen finanziert werden sowie 35
Projekte in Gemeinden und Dekanaten zur Unterstützung einer Willkommens- und Aufnahmekultur für
Flüchtlinge.
Darmstadt / Kassel / Frankfurt, 20. April 2015
verantwortlich.: Volker Rahn (EKHN), Petra Schermann (EKKW), Kathleen Niepmann (Diakonie)
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