Wirtschaft aktuell im Unterricht vom 22.02.2016 Banken und Big Data: Auf Schatzsuche 1. Kompetenzen Die Schülerinnen und Schüler sollen ... 1. herausarbeiten, was grundsätzlich unter dem Geschäftsfeld der BigData-Analyse verstanden wird. 2. sich dessen Verbreitung in der deutschen Banken- und Kreditbranche sowie diesbezügliche Pläne erschließen. 3. sich kritisch mit den Vorteilen und Risiken der umfassenden Kundendatenanalyse aus Verbrauchersicht auseinandersetzen. 2. Aufgaben 1. Erklären Sie, was generell unter dem Geschäftsfeld des Big Data verstanden wird. Ermitteln Sie Beispiele für Branchen, in denen die Datennutzung von besonderer Bedeutung ist. 2. Erörtern Sie, inwiefern die Nutzung von Big Data als Ausdruck eines fundamentalen Strukturwandels im Wirtschaftsgeschehen verstanden werden kann. Überprüfen Sie hierzu, wie sich die Beziehungen zwischen Anbietern und Nachfragern grundlegend verändern. 3. Ermitteln Sie den Status der Big-Data-Nutzung in der deutschen Kredit- und Bankenbranche. 4. Erschließen Sie sich die von den Banken diesbezüglich geplanten Maßnahmen für die Zukunft sowie die hiermit einhergehenden Herausforderungen. 5. Setzen Sie sich kritisch mit den Vorteilen und Risiken der Big-Data-Nutzung bei Finanz- und Kreditgeschäften aus der Verbraucherperspektive auseinander. Begründen Sie Ihre Einschätzungen. 6. Diskutieren Sie in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit staatlicher Flankierungsmaßnahmen. 1 Wirtschaft aktuell im Unterricht vom 22.02.2016 Banken und Big Data: Auf Schatzsuche Deutsche Banken wollen ihre Kundendaten gründlicher analysieren. 5 10 Lange haben Banken wertvolle Daten über ihre Kunden brachliegen lassen. Die Verknüpfung und Interpretation einzelner Informationen, gerne Big Data genannt, überließen sie Internetriesen wie Apple oder Google. Jetzt kommt Bewegung in die Finanzwelt. Fast alle Banken haben erste Projekte angestoßen. Im Visier: die Vorlieben ihrer eigenen Kunden. Das ist fast Neuland. „Beim Umgang mit Kundenbeziehungen hält weniger als ein Drittel der Banken Big Data für relevant, dabei ließe sich auf diesem Gebiet sicher noch viel tun“, sagt Norbert Gronau, Wirtschaftsinformatikprofessor an der Uni Potsdam. Er hat branchenübergreifend die Nutzung von Datenanalyse untersucht. „Bei unserer ersten Studie 2011 waren einzelne Banken noch Vorreiter auf dem Gebiet der Datenanalyse. 2015 haben Banken als Branche diesen Vorsprung aber eingebüßt und sind nur im Mittelfeld gelandet“, sagt er. 15 Das mag auch an der Furcht der Banken vor negativen Reaktionen datenschutzaffiner Kunden liegen. Daher betonen alle Institute unisono, bei ihnen gebe es „keine Abstriche“ beim Datenschutz, dieser habe „oberste Priorität“. 20 25 30 35 40 Doch der Markt wächst: „Die Ausgaben für Datenanalyse von Finanzinstitutionen wie Banken, Versicherungen oder Vermögensverwaltern, die 2014 noch bei 470 Millionen lagen, dürften sich bis 2018 auf über 1,1 Milliarden Dollar mehr als verdoppeln“, sagt Jörg Sandrock, Digitalexperte bei PwC Strategy & . „Deutsche Banken wenden sich erst seit 2011 diesem Thema verstärkt zu“, sagt Sandrock. In Deutschland seien vor allem einige Auto- und Direktbanken innovativ. „Andere Institute haben die Herausforderung zwar bereits erkannt, aber noch nicht viel gemacht“, sagt er. Auf Datenanalyse zu verzichten ist keine Option. „Wenn man die Kundenstruktur und deren bisheriges Verhalten richtig analysiert, kann man die verfügbaren Informationen auch nutzen, um neue Dienstleistungen oder Produkte zu entwickeln, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auch gut von den Kunden angenommen werden“, sagt Wolf Lichtenstein, Deutschland-Chef des Softwarehauses SAS. Bislang nutzen Banken Datensätze vor allem im Risikobereich, also um sich vor Zahlungsausfällen zu schützen, sagt Thomas Zarinac, der den Bereich Big Data für Accenture im deutschsprachigen Raum verantwortet. „Einen richtig flächendeckenden Ansatz habe ich bei deutschen Banken bislang nicht gesehen, aber punktuell geschieht etwas, vor allem in der Kundenanalyse.“ Das trifft etwa auf die Commerzbank zu. „Wir haben zusätzliche Stellen für Analysten geschaffen, um Daten, die wir haben, künftig besser zu interpretieren“, sagt Michael Mandel, Bereichsvorstand für das Privatkundengeschäft. Damit will die Bank den Bedarf ihrer Kunden „schneller und systematischer erkennen“, sagt er. Etwa wenn Kunden auf der Internetseite Baufinanzierungen berechnen. „In so einer Situation ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Kunde kurzfristig eine Baufinanzierung benötigt.“ 2 Wirtschaft aktuell im Unterricht vom 22.02.2016 45 50 55 60 Sinken die Kartenumsätze? Werden Daueraufträge gelöscht? Das deutet auf Abwanderungsgedanken hin. Um solche Signale schneller zu interpretieren, hat die Bank damit begonnen, ihr Kundenmanagement zu digitalisieren. Auch die Deutsche Bank ist aktiv. Sie hat ihre Informationsdienste ausgebaut. „Kunden können 70 unterschiedliche Infoservices anfordern, etwa wenn ihr Freistellungsauftrag aufgebraucht ist, das Konto einen bestimmten Stand unter- oder überschreitet oder die Zinsbindung der Baufinanzierung ausläuft“, sagt Markus Pertlwieser, Digitalchef der Privatkundensparte. Ähnlich ist das Bild bei den Sparkassen. Erste Anwendungen für „zielgenauere Angebote“ dürften auftauchen, wenn demnächst eine neue Version des IT-Auftritts, den die meisten Sparkassen nutzen, online geht. Eine denkbare Nutzung: Wenn Kunden eine Autofinanzierung abschließen, könnte man ihnen auch eine Autoversicherung anbieten, wie ein Sprecher des Sparkassenverbands DSGV erläutert. Auch intelligentere „Haushaltsbücher“ sind für viele Institute ein Thema. „Wenn Kunden das wollen, dann ermöglicht das auch Vergleiche darüber, wie viel eine vergleichbare Kundengruppe für Strom ausgibt. Dazu kann eine Bank angeben, welches die fünf am häufigsten gewählten Stromtarife in der Vergleichsgruppe sind“, sagt Deutsche-Bank-Manager Pertlwieser. 65 70 75 80 Zum Meilenstein könnte die Zahlungsdiensterichtlinie PSD II werden, die in der EU bis Januar 2018 umgesetzt wird. Dann müssen Banken „Dritten“ - etwa anderen Banken oder Fintechs Kontoinformationen ihrer Kunden auf deren Wunsch übergeben können. Anwendungen, bei denen Kunden alle ihre Bankkonten in einer Übersicht zusammenfassen, dürften sich dann schlagartig ausbreiten. „Die Frage, wer die Hausbank ist, wird durch die Digitalisierung noch einmal neu definiert“, sagt Pertlwieser. Konto-Aggregation werde in den kommenden Jahren zu einem der wichtigsten Themen für alle Banken werden. Pertlwieser geht davon aus, dass Banken eigene Anwendungen entwickeln werden oder diese Technik zumindest zukaufen. „Der Konto-Aggregator wird noch einmal über wesentlich umfassendere Daten verfügen“, erklärt er. Quelle: Osman, Y., Handelsblatt, Nr. 036, 22.02.2016, 34 3 Wirtschaft aktuell im Unterricht vom 22.02.2016 4
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