Vorspeise (Hünchensuppe) – gewollt (und bezahlt)

Hausarbeit – Lösungsvorschlag (Skizze)
Teil 1: Speisen des A:
Anspruch W gegen A auf Zahlung der Speisen des A aus Bewirtungsvertrag … (+)
I. Anspruch entstanden …
(+)
1. Vertragstypus / Anspruchsgrundlage: „Bewirtungsvertrag“ (gemischt-typischer Vertrag mit Elementen aus Kauf, Miete, Werkvertrag u. a.)
2. Vertragsschluss … (+)
a) Zwei sich deckende WE … (+)
• Speisekarte Angebot des W (§ 145) ? … (–) Invitatio ad offerendum
• Bestellung Angebot des A … (+) bzgl. seiner Vorspeise und seines Hauptgerichts
- Abgabe (+)
- Zugang an W (§ 130 I) (+) Kellner O ist ein nach § 167 bevollmächtigter Stellvertreter des W (passive Stellvertretung § 164 III);
Vollmacht ausdrücklich oder konkludent erteilt (Vertiefung: vertretbar auch Hinweis auf § 56 HGB)
• Annahme durch W (+) keine eigene WE des W, aber möglich Stellvertretung durch O nach §§ 164 ff.:
- Abgabe … (+):
. Eigene WE des O (+) kein bloßes Überbringen fremder Annahmeerklärung, sondern selbständige WE des O
. in fremden Namen (+) erkennbarer Bezug zur Gaststätte des W
. mit Vertretungsmacht (+) s. o.
- Zugang (+)
b) Notwendiger Vertragsinhalt (+) essentialia negotii (Vertragspartner sowie als Vertragsgegenstand Leistung und Gegenleistung)
(Anmerkung: da im konkreten Fall alle o.g. Voraussetzungen unproblematisch sind, sollten sie ohne Vertiefung, z.B. der Begriffe Willenserklärung, Abgabe,
Zugang usw., bejaht werden. In Fortgeschrittenenübungen – und im Staatsexamen – wäre es bei einem solchen einfachen Sachverhalt sogar angebracht,
Angebot und Annahme mit jeweils einem Satz unter Hinweis auf die einschlägigen Gründe und gesetzlichen Vorschriften kurz zu bejahen !)
3. Keine Unwirksamkeitsgründe (+)
insbes. ist A volljährig und damit voll geschäftsfähig; auch sonstiges nicht ersichtlich
4. Fälligkeit des Anspruchs (+) konkludente vereinbart ist Fälligkeit d. Zahlungsanspruchs erst nach Vorleistung durch W;
Einwendung des A wegen fehlender Fälligkeit entfiel mit der durch W erfolgten Vorleistung
II. Anspruch erloschen … ( - ) Erlöschenstatbestände, wie z.B. Erfüllung nach § 362, nicht ersichtlich
III. Anspruch durchsetzbar … (+) Durchsetzungshindernisse, wie z.B. Einrede der Verjährung nach § 214 I, nicht ersichtlich
Ergebnis: Anspruch W gegen A auf Zahlung (24 €) aus Bewirtungsvertrag begründet.
Teil 2: Speisen der F:
A. W gegen F auf Zahlung der Speisen der F aus Bewirtungsvertrag
I. Anspruch entstanden … (+)
1. Vertragstypus / Anspruchsgrundlage: „Bewirtungsvertrag“ (gemischt-typischer Vertrag mit Elementen aus Kauf, Miete, Werkvertrag u. a.)
2. Vertragsschluss …
a) Zwei sich deckende WE … (+)
• Speisekarte (-) invitatio ad offerendum (s. o.)
• Annahme durch W (+) bei Vorliegen Angebots der F wäre Annahme W unproblematisch (Stellvertretung durch O nach § 164 ff., s. o. Teil 1)
• Angebot durch F? … - keine von F selbst abgegebene WE; in Betracht kommt aber Stellvertretung nach §§ 164 ff.:
. Eigene WE des A (+) eigener Gestaltungsspielraum des A (bzgl. Einzelfragen wie Beilagen, Zubereitung der Gerichte u. ä.)
. In fremdem Namen (+) Bestellung „für F“
.mit Vertretungsmacht …
aa) Bezüglich Vorspeise (Hühnchensuppe)
 Erklärung

d. Vollmachtserteilung durch A (+) laut SV hat F den A bzgl. der bestellten Vorspeise Vollmacht erteilt
(Unheilbare) Unwirksamkeit d. Genehmigung nach § 111? … (–) vom Wortlaut einschlägig, allerdings nicht vom Sinn
(= Schutz der Betroffenen vor Schwebezustand):
1. A muss ja keinen Gebrauch von Vollmacht machen
2. W muss das vermittelte Angebot nicht annehmen
daher Unanwendbarkeit des § 111 (sog. „teleologische Reduktion“ !); sinnvoll daher Genehmigungsfähigkeit der von F
vorgenommenen Vollmachtserteilung durch ihre Eltern entsprechend §§ 107 - 110 BGB

(Schwebende) Unwirksamkeit der Vollmachtserteilung entspr. §§ 107 – 110 ? … (–)
. WE für F rechtlich nachteilig (s. § 107) (+) auf Vertragsangebot gerichtete Vollmachtserteilung durch F ist für sie nachteilig
aufgrund drohender späterer Verpflichtung
. Keine Zustimmung der Eltern (s. § 108) (+)
weder (vorangehende) Einwilligung noch (nachträgliche) Genehmigung
. Ausnahme von der schwebenden Unwirksamkeit aufgrund Eingreifens des § 110 … (+)
. „Vertragsschluss“ ohne Zustimmung der Eltern (+) entspr. zu beurteilen Vollmachterteilung zum Vertragsschluss (s. o.)
. Überlassung von Mitteln zur freien Verfügung (+) Weihnachtsgeschenk mit entsprechender Bestimmung
. Bewirken der Leistung mit diesen Mitteln (+) Zahlung an W erfolgt (Mittel von A weitergereicht) !

Zwischenergebnis: Durch die Bewirkung der Leistung mit zur freien Verfügung überlassenen Mitteln wird die
Vollmachtserteilung bzgl. der Vorspeise wirksam; insoweit ist ein Vertragsschluss mit F vollzogen
b) Bezüglich Hauptgericht (Schnitzel)
 Erklärung der Vollmachtserteilung (–) laut SV hat F dem A bzgl. dieser Speise keine Vollmacht erteilt
 Genehmigung
der Stellvertretung nach § 177 I (+) konkludent erklärt durch „Verspeisen“ des Schnitzels durch F
(Gegenteil anzunehmen, wenn innerer Widerwille nach außen klar zum Ausdruck
kam, dann allerdings denkbar venire contra factum proprium)

(Unheilbare) Unwirksamkeit d. Genehmigung nach § 111? … (+) vom Wortlaut einschlägig und diesmal auch vom Sinn
(= Schutz der Betroffenen vor Schwebezustand) :
1. Für A ist Genehmigung zwar unproblematisch –
aufgrund damit verbundener Befreiung von
seiner Haftung nach § 179
2. Aus Sicht des Betroffenen W dagegen wäre die
Genehmigung eine über ihn vom Minderjährigen
einseitig verhängte Belastung, da sie die nach § 179
bestehende Haftung des A in eine von
Zahlung durch F abhängige Haftung der F
verwandeln würde => Schutzzweck des § 111 erfüllt
(Je nach Interpretation ist auch Gegenteil vertretbar;
hilfsweise scheitert die Genehmigung durch F an den
Voraussetzungen der §§ 107- 110 BGB, weil hier weder
elterliche Zustimmung noch Zahlung gem. § 110 vorliegt)
 Zwischenergebnis: Bzgl. Hauptspeise liegen weder wirksame Vollmacht noch wirksame Genehmigung der
Vertretung vor; das für F in Vertretung unterbreitete Angebot ist somit (schwebend) unwirksam
c) Bezüglich Nachspeise (Pudding)
 Erklärung der Vollmachtserteilung (–) laut SV hat F dem A bzgl. dieser Speise keine Vollmacht erteilt
 Genehmigung
der Stellvertretung nach § 177 I ? (–) keine Genehmigung mangels „Verspeisens“
(oder vergleichbaren Verhaltens)
hier ist im Gegenteil durch aufgebrachtes Verlassen des Lokals eine
Verweigerung der Genehmigung kundgetan worden, die allerdings
zum Schutz des Bevollmächtigten A nach § 111 unwirksam sein dürfte
(denn die Haftung des A nach § 179 würde damit endgültig)
 Zwischenergebnis: Bzgl. Hauptspeise liegen weder wirksame Vollmacht noch Genehmigung der Vertretung vor;
das für F in Vertretung unterbreitete Angebot ist somit (schwebend) unwirksam
d) Rückwirkungen unwirksamer Vollmachterteilung bzgl. Haupt- und Nachspeise auf die Vollmachterteilung bzgl. Vorspeise
(mögliche Gesamtnichtigkeit gemäß § 139):
- Vollmachterteilung bzgl. einzelner Speisen Teil eines einheitlichen Rechtsgeschäfts ? … (+)
Für Geschäftseinheit spricht erkennbares Interesse des Gastes, bei Unwirksamkeit einzelner Bestellungen nicht verpflichtet zu
sein, „Teilleistungen“ abzunehmen (Rechtsgedanke § 266, wo selbst im Falle der Wirksamkeit aller Bestellungen
Teilleistungen zurückgewiesen werden können) (Gegenteil vertretbar)
- Annahme gerechtfertigt, F hätte Vollmacht für einzelne Gerichte bei Unwirksamkeit der Vollmacht für andere Gerichte nicht
erteilt … (+) Jedenfalls Vor- und Hauptspeise dürften auch subjektiv eng miteinander zusammenhängen (Gegenteil vertretbar)
- Ausnahme? (+) F hat die hier wohl normalerweise anzunehmende Geschäftseinheit durch Annahme der Leistung und besonders
durch Zahlung dieser Leistung„durchbrochen“, kann sich daher auf Gesamtnichtigkeit nicht mehr berufen
(vgl. auch § 323 V 1); dieser rechtsgeschäftliche „Verzicht“ auf die Rückwirkung wirksam entsprechend § 110
 Zwischenergebnis: Vollmachterteilung bzgl. Vorspeise bleibt hier unberührt von Unwirksamkeit der
Vollmachterteilung bzgl. Haupt- und Nachspeise
e) Notwendiger Vertragsinhalt: bezüglich Vertrags für Vorspeise liegen alle essentialia negotii unproblematisch vor
3. Keine Unwirksamkeitsgründe (+)
Sonstige Unwirksamkeitsgründe für den Vertrag nicht ersichtlich
 Zwischenergebnis: Anspruch auf Zahlung von 5 € für Bewirtung mit Vorspeise entstanden
4. Fälligkeit des Anspruchs (+) konkludente vereinbart ist Fälligkeit d. Zahlungsanspruchs erst nach Vorleistung durch W;
Einwendung des A wegen fehlender Fälligkeit entfiel mit der durch W erfolgten Vorleistung
II. Anspruch erloschen … (+ ) Anspruch auf Zahlung von 5 € ist durch Bewirken der Leistung durch F (weitergereicht durch A) nach
§ 362 erloschen (gemäß § 110 wirksam unabhängig vom Theoriestreit bzgl. rechtsgeschäftlicher Erfüllungstheorie
oder Theorie realer Leistungsbewirkung)
 Ergebnis: Anspruch insgesamt unbegründet.
B. W gegen F auf Zahlung Wert des Schnitzels aus § 812 I 1 1. Alt. (Leistungskondiktion)
1. F etwas erlangt (+) Eigentum an Vorspeise sowie an Hauptspeise (wegen Verweigerung der Annahme nicht am Nachtisch)
2. Durch Leistung des W (+) Durch eine dem W (analog § 164 ff.) zurechenbare Handlung des O
3. Ohne Rechtsgrund (+) Bzgl. Vorspeise Rechtsgrund (s. o.), für Hauptgericht jedoch nicht (vorbehalt. elterlicher Genehmigung)
4. Rechtsfolge:
• Mangels Herausgabemöglichkeit bzgl. Hauptgerichts Wertersatz nach § 818 II (+)
• Bei Entreicherung grundsätzlicher Ausschluss des Anspruchs nach § 818 III (+)
Forbestand Wertersatzanspruchs bei verschärfter Haftung im Falle der „Bösgläubigkeit“ nach § 818 IV, 819 I … (–)
Bei Leistungskondiktion nach hM zum Schutz des Minderjährigen Abstellen auf Kenntnis des gesetzlichen Vertreters
analog §§ 106 ff, 166 (sonst vertragsähnliche Haftung eines Minderjährigen ohne Vertrag) - hier keine Kenntnis (–)
(Anmerkung für Fortgeschrittene: bei bereicherungsrechtlichem Anspruch aus sog. „Eingriffskondiktion“ [Verspeisen nach Wegnahme] dagegen
überwiegend Abstellen auf Einsichtsfähigkeit (entspr. Anwendung des § 828 Abs. 3); wäre auch hier in Auseinandersetzung mit der hM vertretbar)
 Ergebnis: Anspruch unbegründet.
C. W gegen A auf Zahlung der Speisen der F aus § 179 I
1. Vertragsschluss durch A im Wege der Stellvertretung (+) s. o.
2. Handeln des A ohne Vertretungsmacht …
a) Bezüglich Vorspeise (Hühnchensüppchen) (–) Vertretungsmacht vorhanden (s. o.)
b) Bezüglich Hauptgericht (Schnitzel) (+)
Vertretungsmacht nicht vorhanden (s. o.)
c) Bezüglich Nachspeise (Pudding)
(+)
Vertretungsmacht nicht vorhanden (s. o.)
3. Verweigerung der Genehmigung der Stellvertretung (s. § 179 I a. E.) … (+)
. Seitens der F (–): bzgl. Hauptgericht von F nicht erklärt, bzgl. Nachspeise von F erklärt, aber unwirksam (§ 111 bzw. §§ 107 – 110) , s. o.
. Seitens der Eltern: … Verweigerung der Genehmigung bzgl. Hauptgericht und Nachspeise können Eltern in Vertretung der F erklären;
unter dieser Voraussetzung, die W nach § 108 II beeinflussen kann, sind Ansprüche W gegen A bzgl.
Hauptgericht und Nachspeise aus § 179 I begründbar
4. Kenntnis des Mangels der Vertretungsmacht durch A (s. § 179 II) (+) bzgl. 2 b (Hauptgericht) und 2 c (Nachspeise)
5. Bedeutung des Mangels des Puddings: Nach Beendigung der Mahlzeit ist Erbringung auch einer mangelfreien Leistung wegen
konkludent vereinbarten Zeithorizonts nicht vertragskonform (= absolute Fixschuld)
=> nach Abschluss der Mahlzeit Leistung unmöglich i. S. des § 275 I;
somit Wegfall der Gegenleistung nach § 326 I 1 (bzw. da Teilleistung nach § 326 I 2,
entsprechende Anwendung des § 441 III => Einkürzung der Gesamtrechnung auf 25 €)
(Anmerkung: Vor Verlassen des Lokals bestand noch Möglichkeit ordnungsgemäßer Nacherfüllung,
gegen den zu dieser Zeit fortbestehenden Zahlungsanspruch bestand allerdings Einwand fehlender Fälligkeit bis zu
einer ordnungsgemäß erbrachten Vorleistung)
 Ergebnis: Anspruch W gegen A bzgl. Hauptspeise der F (i.H.v. 25 €) begründet, sobald Eltern der F die Genehmigung
verweigert haben