Legalisierung von illegalen Siedlungen mittels Baulandumlegung

Stärkung des kommunalen Land Managements in Serbien
Legalisierung von illegalen Siedlungen
mittels Baulandumlegung
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Legalisierung von illegalen Siedlungen mittels Baulandumlegung
von
Dipl.-Ing. Frank Diefenbach
Blankenheim,
30. November 2015
Inhaltsverzeichnis
1
Problemstellung und Ziel der Studie ............................................................................................... 5
2
Bodenpolitische Situation in Serbien............................................................................................... 6
3
Umlegungsansätze und Fallbeispiele............................................................................................... 8
3.1
Partizipative Bodenordnung .................................................................................................... 8
3.2
Nepal ....................................................................................................................................... 9
3.3
Angola - Huambo ................................................................................................................... 11
3.4
Montenegro........................................................................................................................... 15
3.4.1
Hintergrund ................................................................................................................... 15
3.4.2
Herausforderungen ....................................................................................................... 16
3.4.3
Maßnahmen und politisches Vorgehen ........................................................................ 17
3.5
3.5.1
Hintergrund ................................................................................................................... 18
3.5.2
Herausforderungen ....................................................................................................... 20
3.5.3
Maßnahmen und politisches Vorgehen ........................................................................ 20
3.6
4
Albanien................................................................................................................................. 18
Mazedonien ........................................................................................................................... 23
3.6.1
Hintergrund ................................................................................................................... 23
3.6.2
Herausforderungen ....................................................................................................... 24
3.6.3
Maßnahmen und politisches Vorgehen ........................................................................ 26
Übertragungsansätze der Fallbeispiele für die Legalisierung von illegalen Siedlungen in Serbien
mit dem Instrument der Baulandumlegung .................................................................................. 28
Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 30
Legalisierung von illegalen Siedlungen mittels Baulandumlegung
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Problemstellung und Ziel der Studie
Zahleiche Länder des ehemaligen Jugoslawien ringen mit denselben strukturellen Problemen. Der
historische Prozess der territorialen Verschiebungen durch den Zerfall des ehemaligen Jugoslawien
führte zu Bürgerkriegen, wirtschaftlichen Veränderungen und einer plötzlichen Beschleunigung der
Wanderungsbewegungen. Die Nachkriegsnot führte viele Bürger in verstädterte Regionen in der
Hoffnung auf bessere Verdienstmöglichkeiten und einem sicheren Leben. Die Regierungen und
Stadtverwaltungen waren auf den drastisch erhöhten Bedarf an Land, Wohnungen und
Versorgungsleistungen nicht vorbereitet. Als Folge einer fehlenden strategischen
Stadtentwicklungsplanung und fehlender planungs-, bau- und bodenrechtlicher Regularien
entstanden zahlreiche illegale Gebäude und ganze Siedlungen sowie letztlich eine unkontrollierte
Siedlungsentwicklung. Die in dieser Weise ohne Genehmigung errichteten Bauten bedecken
inzwischen weitreichende Teile der Länder Südosteuropas und haben zu einer Zersiedlung der Region
geführt. Im Wesentlichen lassen sich drei unterschiedliche Typen von illegalen Gebäuden
unterscheiden, die danach differenziert werden, ob ein Gebäude oder ein Gebäudeteil ohne
Genehmigung
1. vom Eigentümer auf seinem Grundstück,
2. von einem Dritten auf einem im Staatseigentum oder kommunalem Eigentum befindlichen
Grundstück oder
3. von einem Dritten auf einem privaten Grundstück eines anderen Eigentümers
errichtet worden ist. In allen drei Fällen handelt es sich um illegale Bauten im Sinne der vorliegenden
Studie.
Sofern es bei den Fallgestaltungen 2 und 3 zur Errichtung ganzer Siedlungen gekommen ist, ist eine
ordnungsgemäße städtebauliche Erschließung mit ausreichender technischer Ver- und Entsorgung
entweder nicht vorhanden oder weist erhebliche Mängel und Defizite auf. Oftmals sind die
Verbindungen zu Versorgungsnetzwerken (Strom- und Wassernetz) ebenfalls illegal hergestellt
worden. Insbesondere die am stärksten gefährdeten sozialen Gruppen (Minderheiten und von
Kriegsarmut Betroffene) leben unter solchen besonders prekären sanitären und sozialen
Bedingungen. In Folge dessen kommt es durch die Bewohner der illegalen Siedlungen zu einer
Überlastung der natürlichen Ressourcen, insbesondere der Böden und der Gewässer durch die
Einleitungen ungereinigter Abwässer. Darüber hinaus sind viele der illegalen Bauwerke aufgrund der
geringen Bauqualität und der teilweisen Besiedlung von Schutzzonen anfällig für Naturgefahren wie
Überschwemmungen oder Erdbeben.
In Südosteuropa beträgt der Anteil der illegalen Bauten derzeit schätzungsweise 50% des Bestandes
(GABRIEL B. 2007, S.5). Dies hat für die Kommunen weitreichende Folgen. Zunächst ist festzustellen,
dass aufgrund der zu raschen Transformations- und Dezentralisierungsprozesse in den 1990er Jahren
ohnehin bereits unzureichende technische Ausstattungen in den Kommunen und defizitäre
organisatorische Strukturen in den Kommunalverwaltungen bestehen. Aufgrund der fehlenden
Steuer- und Gebühreneinnahmen bei illegalen Siedlungen fehlen auch die finanziellen Ressourcen für
die Herstellung von adäquaten Versorgungseinrichtungen und Infrastrukturen in den prekären
Siedlungen. Das Vorantreiben der Legalisierungen ist sowohl in wirtschaftlicher als auch in sozialer
Hinsicht zwingend notwendig; denn für die Eigentümer von illegalen Immobilien der Typen 2 und 3
besteht keine Eigentumssicherheit. Sie sind einem ständigen Verdrängungsrisiko ausgesetzt und
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haben keine Möglichkeit, einen Kredit bei den Kreditinstituten für ihre Immobilie aufzunehmen, da
sie den Nachweis der Kreditwürdigkeit nicht erbringen können (WORLD BANK 2012, S.189). Es fehlt
der Eigentumsnachweis an Grund und Boden und damit die Eintragungsfähigkeit eines
Grundpfandrechts zur Besicherung eines Kredits.
Im Zentrum dieser Studie stehen daher die Möglichkeiten der Legalisierung von illegalen Siedlungen
der Typen 2 und 3 mit Hilfe des Instruments der Baulandumlegung in Serbien. Hierfür werden
zunächst die bodenpolitische Situation Serbiens sowie die Ursachen und Herausforderungen im
Kontext illegalen Siedlungen dargestellt. Es folgen fünf Fallstudien aus Ländern Nepal, Angola,
Albanien, Montenegro und Mazedonien. Die drei zuletzt genannten Nachbarländer von Serbien
haben einen vergleichbaren historischen Kontext und stehen vor vergleichbaren Herausforderungen
in der Legalisierungsfrage. Abschließend werden die Maßnahmen aus den Fallstudien mit Blick auf
eine Übertragbarkeit und Anwendbarkeit in Serbien erörtert.
Bodenpolitische Situation in Serbien
Serbien ist mit einer Bevölkerung von 7.120.666 Einwohnern (Stand: 2011) und einer Gesamtfläche
von 88.361 km² der größte Teilstaat des ehemaligen Jugoslawiens. Er grenzt unmittelbar an Ungarn,
Rumänien, Bulgarien, Mazedonien, Albanien bzw. das Kosovo, Montenegro, Kroatien sowie an
Bosnien und Herzegowina.
Die Regelung der Raumplanung in Serbien obliegt seit 2014 der Abteilung Bebauung, Raum-und
Stadtplanung im Ministerium für Bau, Transport und Infrastruktur. Das Raumplanungssystem setzt
sich aus der lokalen, regionalen und nationalen Ebene zusammen. Im Jahr 2009 wurde das nach wie
vor geltende „Planning and Construction Law“ verabschiedet. Dieses Gesetz sieht die
flächendeckende Überplanung des gesamten Staatsgebietes auf allen drei Planungsebenen vor. Die
Aufstellung der Pläne ist - Stand 2015 - für alle Regionalpläne und einen Großteil der lokalen Pläne
abgeschlossen. Auf nationaler Ebene wurde bereits im Jahr 2010 der zweite Raumordnungsplan
verabschiedet; der erste war bereits im Jahr 1996 in Kraft getreten.
Die größte Herausforderung für die Raumplanung und städtebauliche Ordnung Serbiens ist die
komplexe Transformation des Gesellschafts-, Rechts- und Wirtschaftssystems vom Sozialismus zu
einem marktorientierten System und die damit einhergehende Privatisierung der verstaatlichten
Grundstücke.
In Serbien wurden die Privatisierung und die Rückgabe von Eigentumsrechten in den ersten 20
Jahren nach dem Zerfall Jugoslawiens nicht entschieden vorangetrieben. In Folge dessen blieb der
Eigentumsstatus von Siedlungsflächen bis heute größtenteils ungeklärt. So befindet sich das vom
Masterplan „Belgrad 2021“ erfasste Gebiet der Stadt von 77.600 ha noch zu 84% in staatlichem
Eigentum (NEDOVIC-BUDIC, Z., ZEKOVIC, S., VUJOSEVIC, M. 2012, S.308). Dieses Beispiel zeigt, dass
der Prozess der Privatisierung von Grund und Boden und damit die Herstellung eines
funktionierenden Grundstücksmarktes mit einem adäquaten Anteil von Privateigentum noch
erheblicher Anstrengungen bedarf.
Ein weiteres Problem liegt in der zeitnahen Realisierung von Bauvorhaben, denn für die Erteilung von
Baugenehmigungen durch die örtlichen Gemeinden bestehen zahlreiche Hemmnisse. Aufgrund der
Vielzahl von ungeklärten Eigentumsverhältnissen verlängern sich die Verfahrensdauer und damit
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auch die Kosten für Bauvorhaben. Seit dem Beginn des Prozesses zur Legalisierung illegaler Bauten
im Jahre 2008 haben sich diese Verzögerungen noch vergrößert. Die Problematik bei den
Baugenehmigungserteilungen führt zu einem erheblichen Anstieg der illegal errichteten Gebäude.
Die Anzahl der illegalen Gebäude liegt Schätzungen zur Folge bei einer Millionen (WORLD BANK
2012, S.194). Abbildung 1 zeigt die Verteilung von illegalen Siedlungen in der Hauptstadt Belgrad,
nachdem Masterplan Belgrad 2021.
Abbildung 1: Verteilung von illegalen Siedlungen in Belgrad (Quelle: Mitrovic, B.; Antonic, B. 2013,
S.991)
Dadurch machen sie den größten Anteil des Gebäudebestandes in Serbien aus. Durch die fehlende
Steuerung der Stadtentwicklung und der mangelnden Kontrolle der Bauqualität wird die öffentliche
Gesundheit und Sicherheit, die Wasser- und Abwasserversorgung, die Strom- und
Versorgungseinrichtungen, so wie der Zugang zu Grundstücken negativ beeinflusst. Darüber hinaus
gehen der Regierung erhebliche Einnahmen, durch die fehlenden jährlichen Grundsteuern und den
fehlenden Gebühren und Abtretungen für die technischen und sozialen Infrastruktureinrichtungen
verloren. Ebenso können die illegalen Gebäude nicht als Hypothek verwendet werden, dadurch ist
der Großteil des Gebäudebestandes in Serbien „totes Kapital“ und kann nicht als für weitere
Investitionen verwendet werden. Dieses Phänomen ist jedoch nicht nur auf fehlende Reformen des
Baurechts zurückzuführen sondern auch auf die langjährige Korruptionsproblematik, von denen die
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meisten Länder in Südosteuropa betroffen sind1. In Serbien gab es in der Vergangenheit zu wenige
Reformen des Planungsrechtes, auch die Rückgabe von Eigentumsrechten an die Besitzer vor dem
Sozialismus hat noch nicht begonnen. Derzeit basieren die Privatisierungen von baureifem Land auf
dem „Planning and Construction Law“. Auf dessen Grundlage werden u.a. Pachtverträge von
öffentlichen Grundstücken in Eigentumsrechte umgewandelt.
Umlegungsansätze und Fallbeispiele
Partizipative Bodenordnung
Die UN Habitat hat für das globale relevante Handlungsfeld Zugang zu und Sicherung der
Nutzungsrechte an Grund und Boden als unverzichtbare Grundlage für menschenwürdige
Lebensverhältnisse den bodenordnerischen Ansatz des sog. „Participatory and Inclusive Land
Readjustment“ (Pilar) entwickelt und vielfach erprobt. Es handelt sich um einen Prozess, durch den
eine Vielzahl von Grundstücken verschiedener Eigentümer durch ein partizipatives und integratives
Verfahren in einem geschlossenen gebietsbezogenen Ansatz zusammenfasst und durch Koordination
von städtebaulicher Planung, Bodenordnung und Erschließung entwickelt werden. Die Entwicklung
wird durch einen verbindlichen Bauleitplan vorbereitet und gesteuert sowie und durch die
Bereitstellung von technischer und sozialer Infrastruktur, öffentlichen Grün- und Freiflächen und
anderen städtischen Einrichtungen in einem angemessenen Standard ermöglicht. Pilar stützt sich auf
einen Verhandlungsprozess zwischen den lokalen Behörden der Stadt bzw. der Gemeinde sowie den
Eigentümern und Nutzern der Grundstücke. Die Interessen der Beteiligten hinsichtlich der formalen
legitimen Grundstücksnutzungen werden systematisch erfasst und es wird ein gerechter und
sozialverträglicher Ausgleich der Interessen angestrebt.
Im Rahmen von Pilar werden nicht nur die Grundstückseigentümer einbezogen, sondern auch andere
Akteure wie Mieter, Pächter und auch informelle Besatzer usw., die ausreichend konsultiert und in
den Entscheidungsprozess einbezogen werden müssen. Durch ihre Anhörung und
Interessenerfassung gelingt es, ihr Vertrauen, Unterstützung, Akzeptanz und Mitwirkungsbereitschaft
für den Prozess zu gewinnen. Dieser Prozess führt dann zu integrierten Ergebnissen. Durch den PilarAnsatz kann es gelingen, die soziale Integration der Stadtgesellschaft zu fördern, indem gemischte
Bevölkerungsstrukturen mit Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlichen Einkommen und sozialer
Herkunft geschaffen werden und soziale Gettos und Gated Communities vermieden werden. Zugleich
werden alle Beteiligten eines Projekts sowohl an den Kosten als auch am Nutzen der Maßnahme in
angemessener und gerechter Weise beteiligt.
Pilar orientiert sich an der klassischen Baulandumlegung (Land Readjustment), die sich in den letzten
Jahrzehnten sowohl für die planvolle Erweiterung als auch für die Innenentwicklung der Städte
bewährt hat. Das Instrument existiert in Deutschland mindestens seit 1902 und wird auch in Japan,
Spanien, der Republik Korea, der Türkei und Thailand außerordentlich erfolgreich eingesetzt. In
einigen dieser Länder wurde ein Drittel der Siedlungsflächen erstmalig mit diesem Verfahren der
Bodenordnung entwickelt. Angesichts der Möglichkeiten, die Entwicklung von Bauland und dessen
1
Nach dem Korruptionsindex 2014 von Transparency International liegt Serbien auf dem 78. Platz mit einem Index von 41
und damit hinter allen Ländern der Europäischen Union. Zum Vergleich 1. Dänemark (92), letzter Rumänien (43). Je höher
der Indexwert ist, umso höher wird die Korruptionsanfälligkeit in dem Land bewertet (TRANSPARANCY
INTERNATIONAL, 2014).
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Erschließung sehr rationell zu gestalten und wegen der Bedeutung für die Städte in den
Entwicklungsländern, hat die UN Habitat die Baulandumlegung als eines von 18 Tools für die
Steuerung der Landnutzungsrechte identifiziert, das für die regional spezifischen Herausforderungen
der Bodenfrage weltweit weiter entwickelt werden soll. Aufgrund der aktuellen
Forschungsergebnisse ist die klassische Baulandumlegung zu Pilar weiter entwickelt und um
Elemente des Governance erweitert worden. Dabei geht es speziell um Fragen der politischen
Ökonomie und institutioneller Rahmenbedingungen in Entwicklungsländer
Nepal
In Nepal sind die Bevölkerungs- und Siedlungsdichte in städtischen Regionen besonders hoch. Die
rasche Urbanisierung, ineffiziente Bodennutzung und eine Unterversorgung mit adäquatem
Wohnraum haben zur Entwicklung von illegalen Siedlungen ohne entsprechende technische und
soziale Infrastrukturanlagen und -einrichtungen geführt. Die Regierung kann die Herstellung der
benötigten Infrastrukturen jedoch nicht alleine finanzieren (SHRESTHA, B. K. 2013, S.1). Aus diesem
Grund führte Nepal in seinem Bodenrecht das Instrument der Baulandumlegung ein. Dieses
Instrument bewährte sich als beste Methode für die Bereitstellung von Baugrundstücken und
Infrastrukturflächen sowie für die Finanzierung der Infrastrukturmaßnahmen. Zugleich gelang es
damit, die Grundstücke zu ordnen und zweckmäßig zu gestalten. Abbildung 2 zeigt das Schema des
Umlegungsverfahrens in Nepal.
Abbildung 2: Schema des Umlegungsverfahrens in Nepal (Quelle: Oli, P.P. 2010, S.2)
Die Vorbereitung des Umlegungsverfahrens in Nepal gliedert sich in mehrere Schritte. Zunächst
erfolgt eine Neuvermessung und Kartierung des gesamten Umlegungsgebietes, bei dem alle
vorhandenen Infrastrukturanlagen, privaten und öffentlichen Grundstücke sowie die
Gebäudevorderseiten eingemessen werden. Die vorhandenen Karten sind in der Regel nicht
vollständig oder veraltet und werden durch die neuen digitalen Karten ersetzt.
Während des Vermessungsprozesses wird auch eine Wertermittlung der betroffenen Grundstücke
durchgeführt und die betroffenen Grundstückseigentümer werden über das Verfahren, seine Ziele
und Maßnahmen informiert. Zusätzlich wird die soziale und wirtschaftliche Struktur in dem
Umlegungsgebiet anhand von Bewohnerbefragungen ermittelt. Es werden die Meinung zu dem
Projekt, die benötigten Infrastrukturen, die Flächennutzung und die Mitwirkungsbereitschaft erfragt.
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Im Anschluss wird für jeden Siedlungsblock ein Entwurf des Umlegungsplans aufgestellt, der die
nötigen Flächenabtretungen und Projektkosten kalkuliert.
Üblicherweise beträgt der Flächenabzug in Nepal 19% für Straßen, 5% für Freiflächen, 8-10% für
Dienstleistungsflächen (Service Plots) und 4% für administrative Kosten, insgesamt also 35-40% der
Grundstücksflächen (OLI, P.P. 2010, S.5). Abbildung 3 veranschaulicht den Flächenabzug im Rahmen
einer Umlegung.
* Grundstück nach der Umlegung
** Flächenabzug
Abbildung 3: Flächenabzug im Rahmen einer Umlegung (Quelle: UZUN, B., CETE, M. 2004, S.5)
Die minimale Grundstücksgröße soll nach der Umlegung 80 m² betragen. Außerdem soll die
Umlegung eine Mischung der verschiedenen Nutzungen in dem geplanten Gebiet fördern. Hierfür
werden u.a. Blöcke für Freiflächen (Open Space) und Dienstleistungsflächen (Service Plots)
freigehalten, siehe Abbildung 4.
Abbildung 4: Grundstücke vor und nach der Baulandumlegung (Quelle: Pradhan, T. 2000, S.9)
Der erste und zugleich schwierigste Schritt für die Umsetzung des Umlegungsverfahrens besteht in
der Konsensfindung aller Beteiligten und der Unterzeichnung der Einverständniserklärungen der
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Grundstückseigentümer. Nachdem die Beiträge der Grundstücksbesitzer (Flächen und Geldbeiträge)
abschließend geklärt sind, wird der Umlegungsplan fertiggestellt. Sollte der Gebäudeabriss
ökonomischer als die Verlegung einer bestehenden Haupterschließungsstraße sein, werden die
Gebäude beseitigt und Kompensationszahlungen für die Häuser geleistet, damit die Eigentümer diese
auf den neuen Grundstücken neu errichten können. Für die Herstellung von Nebenstraßen sollen
keine Gebäude abgerissen werden. Die Errichtung der Gebäude sowie die Herstellung der Straßen,
der Wasserversorgung, der Abwasserkanäle und des Stromnetzes erfolgen Blockweise.
Bei der Durchführung des Umlegungsverfahrens kommt es zu zahlreichen Problemen. Zum einen ist
es schwierig, die Grundstücksbesitzer davon zu überzeugen, dass ihre Grundstücke von einer
Umlegung profitieren, da sie wenig Vertrauen in die Politik haben (OLI, P.P. 2010, S.7). Dies führt zu
erheblichen Verzögerungen des Projektes. Insbesondere die teilweise ungeklärten
Eigentumsverhältnisse der Grundstücke bereiten Schwierigkeiten, da viele Parzellen in den
bestehenden Karten nicht eingezeichnet sind. Im Rahmen des Umlegungsverfahrens werden
Kleinstgrundstücke für eine zweckmäßige Gestaltung mit anderen Parzellen zusammengelegt, um
eine bebauungsfähige Größe zu erhalten. Ein Grundstückseigentümer eines Kleinstgrundstücks muss
zusätzliche Fläche bis zur Mindestgröße eines Baugrundstücks erwerben oder sein Grundstück
verkaufen.
Bestehende Gebäude werden im Rahmen der Umlegung nicht versetzt. Grundsätzlich soll ein
Grundstückseigentümer sein neugeordnetes Grundstück in vorheriger Lage behalten. Ein Besitzer
von mehreren verteilt liegenden Grundstücken kann die Lage seiner neuzugewiesenen Fläche aus
seinen bisherigen Standorten auswählen.
Der Hauptanlass für die Umlegung ist die ordnungsgemäße Erschließung aller Grundstücke mit
Anbindung an eine öffentliche Straße und an die Versorgungseinrichtungen für
einkommensschwache Bevölkerungsgruppen, die sich die Erschließungskosten für ihr Grundstück
nicht leisten können. Die Eigentümer stellen mit Ihren Flächenabtretungen die benötigten Flächen
für die Service Plots, Straßen und Freiflächen zur Verfügung. Die Haupteinnahmen des Verfahrens
werden durch die Veräußerung von den entstandenen Service Plots erzielt. Die Nutzungen der
Service Plots sind auf soziale Dienstleistungen wie medizinische Einrichtungen, Nahversorgung und
Bildungseinrichtungen beschränkt. Die Kosten des Umlegungsverfahrens (Vorbereitende
Untersuchungen, Straßenbau, usw.) werden zu 50% durch die Veräußerung der Service Plots und zu
50% durch die Regierung getragen (Pradhan, T. 2000, S.10).
Bevölkerungsgruppen ohne Grund- und Immobilieneigentum können an dem Umlegungsverfahren
nicht teilnehmen, da sich das Verfahren an den Interessen der Grundstückseigentümer orientiert. Die
Regierung plant zur Versorgung dieser Bevölkerungsgruppen sozialen Wohnungsbau auf den Service
Plots, und die Wohnungen sollen an die förderbedürftigen Haushalte mit sehr niedrigen Einkommen
vermietet werden (OLI, P.P. 2010, S.9).
Angola - Huambo
Die Stadtplanung und die Bodenordnung einschließlich der Baulandumlegung in Angola sind in
folgenden drei Gesetzen geregelt:



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Territorial Planning Law 3/04 (2004)
Land Law 9/04 (2004)
Law on local administrations (2007)
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Ein wesentlicher Anlass für den strategischen Einsatz der Baulandumlegung sind die
Eigentumssicherung sowie das rasante Bevölkerungswachstum in den Städten, die durch die
kriegsbedingten Flüchtlingsströme noch verstärkt wurden. Es fehlen derzeit schätzungsweise 875.000
Wohnungen und 65 % der existierenden Wohnungen haben keinen Anschluss an Ver- und
Entsorgungsnetze. Bei den meisten Siedlungen handelt es sich illegale, bei denen die Baugrundstücke
durch die Siedler besetzt wurden. Vor diesem Hintergrund hat die Baulandumlegung sowohl zur
Siedlungserweiterung als auch zur Legalisierung von bestehenden Siedlungen eine große Bedeutung
erlangt.
Von 2006 bis 2008 wurden in Huambo in den Stadtteilen Fatima und Camussamba Pilotprojekte für
die Verbesserung der lokalen Infrastruktur mit Hilfe des Instruments der Baulandumlegung
durchgeführt. Die Projekte gliedern sich in zwei Phasen.
1. Erstmalige Vermessung, Erfassung und Kartierung der bestehenden Häuser und Grundstücke.
Zugleich erfolgt die systematische Registrierung aller Grundstücke in einem Katasterverzeichnis,
in das auch die Eigentümer namentlich eingetragen werden. Die Katastervermessungen und die
Grundlagenerstellung erfolgen durch GPS-Messungen und GIS-basierte digitale Verzeichnis- und
Kartenherstellung.
2. Durchführung eines Umlegungsverfahrens für die Flächenbereitstellung und Herstellung von
Anlagen und Einrichtungen der sozialen und technischen Infrastruktur.
Als schwierigster und zeitaufwendigster Teil der Umlegung hat sich die Konsensfindung aller
Beteiligten erwiesen. Der Umlegungsplan basiert auf dem Prinzip, dass jeder Grundstückseigentümer
im Rahmen der Umlegung eine Parzelle von gleichem Wert wie sein ursprüngliches altes Grundstück
zugewiesen bekommt. Die jeweiligen Flächen sind aufgrund der Flächenabzüge zwar kleiner als
zuvor, jedoch aufgrund der veränderten Bodenwerte (Einwurf: Agrarland – Zuteilung: baureifes Land)
wesentlich wertvoller. Die Abbildung 5 und Abbildung 6 zeigen das Umlegungsgebiet mit den neuen
Grundstücksparzellen. Insgesamt muss jeder Grundstückseigentümer einen Flächenabzug von 65%
leisten (United Nations 2013, S.32). Der Umlegungsplan sieht folgende Flächenaufteilung vor: 30%
der Fläche wird für soziale und technische Infrastruktur eingeplant, 35% für die Verteilung der
privaten Grundstücke an die vorherigen Eigentümer und 35% der Flächen werden der Stadt als
Bauland für eine Veräußerung zugeteilt, um damit die Herstellungskosten der
Infrastrukturmaßnahmen zu finanzieren (United Nations 2013, S.32). Insgesamt ist also rund ein
Drittel der neu geschaffenen Siedlungsfläche für die vorherigen Grundstückseigentümer vorgesehen.
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Abbildung 5: Huambo: vorhandene Ackerflächen (gelb Vordergrund) und
Siedlungsflächen (Hintergrund) im Stadtteil Fatima (Quelle: United Nations 2013, S. 32)
geplante
Abbildung 6: Huambo, Stadtteile Fatima (orange) und Camussamba (blau) nach der Umlegung
(Quelle: United Nations 2013, S. 26)
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Im
Rahmen
des
Umlegungsverfahrens
werden
alle
Grundstückseigentümer
mit
Eigentumsnachweisen („purchase license“) ausgestattet. Diese ermöglichen eine leichtere
Registrierung im Kataster, bilden die Grundlage für den Erhalt von Baugenehmigungen und stellen
eine Eigentumsgarantie dar. Die neu gestalteten Grundstücke sind jeweils ca. 375 m² (15 m * 25 m)
groß. Jedem Eigentümer wird entsprechend der Größe seines Einwurfsgrundstücks eine adäquate
Anzahl von Parzellen zugewiesen (siehe Abbildung 7).
Abbildung 7: Beispiel für die Ermittlung von Zuteilungsflächen (Quelle: United Nations 2013, S. 34)
Die Auf- bzw. Abrundung der Parzellenanzahl führt automatisch zur Bevorzugung bzw.
Benachteiligung für einige Betroffene. Die Regierung sah jedoch für die Implementierung eines
anderen Verteilungsmaßstabs keine Möglichkeit (United Nations 2013, S.34). Im Anschluss werden
die verbliebenen 50 % der baureifen Flächen veräußert, um die notwendigen
Infrastrukturmaßnahmen zu finanzieren. Diese Maßnahmen beinhalten neben der Herstellung von
Straßen auch eine bessere Wasserversorgung und die Errichtung einer Holzbrücke.
In dieses Verfahren werden auch bestehende Siedlerstellen integriert, deren Eigentums- und
Nutzungsrechte gesichert und deren Grundstücke an die geplante Erschließungsstruktur angepasst
werden können.
Die Baulandumlegung in Huambo führte in den betroffenen Stadtteilen zu einer sozialen
Durchmischung durch Zuzug wohlhabendere Bevölkerungsschichten und einer Verbesserung der
Versorgungssituation für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen.
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Montenegro
Hintergrund
Montenegro ist seit dem 3. Juni 2006 ein unabhängiger Staat mit einer Fläche von 13.812 km² und
661.807 Einwohnern. Mehr als 50 % der Bevölkerung leben in der Küstenregion und in der
Hauptstadt Podgorica (UNITED NATIONS 2015, S.71). Aufgrund der geographischen Lage ist
Montenegro auch für Touristen und internationale Immobilieninvestoren interessant. Jedoch ist
gerade die Küstenzone ein seismisches Risikogebiet in der es häufig zu Erdbeben, Erdrutschen, Fluten
und anderen natürlichen Bedrohungen kommt.
Im Jahre 1993 lebten zweidrittel der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. Zusätzlich sind bis zur
Unabhängigkeit über 30.000 Flüchtlinge aus anderen Regionen des ehemaligen Jugoslawien
immigriert (UNITED NATIONS 2015, S.71). Diese Problemlage führte zu einer Vielzahl von illegal
errichteten Gebäuden auf staatlichem Gebiet, da es keine ausreichende Versorgung mit sozialen
Wohnungen oder bezahlbarem Wohnraum gab.
Infolge der Unabhängigkeit kamen weitere Faktoren, die zu einer Ausweitung der illegalen
Siedlungen in Montenegro führten, hinzu. So gab es in den Jahren 2006 und 2007 einen
Immobilienboom in Montenegro. Insbesondere wohlhabende Bürger aus Russland, dem Vereinigten
Königreich und andren Ländern kauften Eigentum entlang der Küsten. Dies führte zu einer starken
sozialen und wirtschaftlichen Zerklüftung zwischen dem Norden Montenegros und dem Rest des
Landes. Bis heute gibt es keine exakte Erfassung der illegalen Bauten. Die unvollständigen offiziellen
Dokumente weisen ca. 40.000 illegale Bauten auf. Die Vereinten Nationen hingegen gehen von über
130.000 illegalen Gebäuden - hauptsächlich in kleineren und mittelgroßen Siedlungen – aus
(POTSIOU, C. 2012, S.107). Die illegalen Gebäude wurden sowohl auf privaten als auch auf
öffentlichen Grundstücken errichtet. Sie variieren in ihrer Ausführung (von Slumbauten bis zur
Luxusresidenz), der örtlichen Lage (Vororte, Stadtkerne und Schutzgebieten), der Nutzung (Wohnund Gewerbezwecke) und Größe. Schätzungen stufen derzeit mehr als 80% der Häuser und
Apartments in Montenegro als illegal ein, d.h. sie wurden ohne Baugenehmigung errichtet oder
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gehen über die Genehmigungsinhalte hinaus (POTSIOU, C. 2012, S.5). Abbildung 8 zeigt eine Karte
der Hauptstadt Podgorica, in der Zonen mit illegalen Gebäuden markiert sind.
Abbildung 8: Illegale Siedlungszonen in Podgorica (Quelle: POTSIOU, C. 2012, S.38)
Herausforderungen
Nach der Unabhängigkeit Montenegros stand zunächst die Erfassung und Weiterführung des
Katasters im Vordergrund. Die Wiederherstellung von Eigentumsrechten und die Privatisierung sowie
die Regelung des Immobilienmarktes spielten eine untergeordnete Rolle. Erst im Jahr 2002 wurde
das Gesetz „Law on Restitution on Ownership Rights“ zur Wiederherstellung von Eigentumsrechten
verabschiedet, die Umsetzung schreitet jedoch nur langsam voran. In Folge dessen bauten viele
Personen, die lediglich ein Nutzungsrecht an einer Grundstücksparzelle zugesprochen bekommen
hatten, ohne Baugenehmigung. Eine offizielle Genehmigung erfordert allerdings neben anderen
Dokumenten insbesondere die Besitzrechte an der Parzelle. Somit konnten diese Bauten nicht ins
Kataster aufgenommen werden. Vorherige Eigentümer, die während des Sozialismus
Eigentumsrechte freiwillig an den Staat übertragen haben, haben keine Berechtigungen mehr auf
Entschädigung oder Wiederherstellung der Rechte. Dies hatte unter anderem zur Folge, dass
insbesondere in ländlichen Regionen die meisten Bauten heutzutage als illegal angesehen werden. Zu
Zeiten des ehemaligen Jugoslawien erfolgte die Genehmigung auf Grundlage eines formlosen Briefes
an die Gemeinde, mit dem das Bauvorhaben auf öffentlicher Fläche beantragt und anschließend
gebilligt wurde.
Besonders große Flächen, die für den Staat von strategischer Bedeutung sind, werden von der
Wiederherstellung der privaten Eigentumsrechte ausgenommen. Stattdessen werden diese
enteignet und die Eigentümer durch Kompensationszahlungen entschädigt. Es gibt jedoch keine
zugänglichen Aufzeichnungen, die den Umfang der Enteignungen und die gezahlte
Kompensationssummen dokumentieren (UNITED NATIONS 2015, S.74).
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Neben den Schwierigkeiten bei der Privatisierung trägt auch der ineffiziente
Stadtentwicklungsprozess zu der Entstehung von illegalen Siedlungen bei. Der komplexe
Planungsprozess für die Entwicklung einer Gemeinde ist äußerst zeitintensiv und kostspielig, aus
diesem Grund existiert eine solche Planung noch nicht für jede Gemeinde in Montenegro. Die Folge
sind eine Begrenzung der ausgegebenen Baugenehmigungen und die Verschärfung der illegalen
Siedlungsproblematik. Selbst in Regionen, in denen ein detaillierter Entwicklungsplan existiert,
entstehen aufgrund der hohen Kosten (Steuern und Gebühren) und dem bürokratischen
Genehmigungsverfahren weiterhin Gebäude ohne Baugenehmigung. Ein weiteres großes Problem
sind die veralteten Katasterdaten, auf denen die Entwicklungspläne basieren.
Maßnahmen und politisches Vorgehen
Im Jahr 2008 wurden das Strafgesetzbuch „Criminal Code“ und das „Law on Construction of Objects“
in Montenegro novelliert. Im Strafgesetzbuch werden Bauvorhaben ohne Genehmigung und die
illegale Herstellung zu Versorgungsleitungen unter Strafe gestellt. Auch die privaten Dienstleister,
wie z.B. Elektrizitätsfirmen haften, wenn sie illegale Verbindungen dulden. Illegale Bauten, die nach
2008 errichtet wurden, sollen abgerissen werden, für die bereits vor 2008 bestehenden Gebäude ist
ein Abriss nicht zwingend notwendig.
Gebäude für die keine Wohngenehmigungen bestehen, können nicht im Kataster registriert werden.
Um die zukünftige Ausbreitung von illegalen Bauten zu verhindern erarbeitet die Regierung
detaillierte Planungsdokumentationen aus und verstärkt die Überwachungsinspektionen vor Ort
durch die Einstellung von Inspektoren für Städtebau, Raumplanung, Stadtplanung, ökologische
Nachhaltigkeit und weiteren Bereiche. Der Gegenseitige Informationsaustausch der einzelnen
Inspektoren ist wesentlicher Bestandteil dieses Konzeptes. Darüber hinaus versucht die Regierung
die bereits bestehenden illegalen Gebäude in der weiteren Planung zu berücksichtigen und diese in
letzter Konsequenz zu legalisieren
Die Legalisierung erfolgt auf kommunaler Ebene in zwei Arbeitsschritten. Die erste Stufe beinhaltet
die Identifizierung von illegalen Gebäuden, sowie die Erstellung von Orthophotos und detaillierten
Lagepläne für jedes Grundstück und Gebäude. Die zweite Stufe beinhaltet die Erstellung von
detaillierten Stadtentwicklungsplänen, die Ausstellung von Zertifikaten über die seismische
Anfälligkeit des Bauwerks und die Ausstellung von Belegungsgenehmigungen.
Die Voraussetzung für eine Legalisierung sind nach dem „Law on the Legalization of Informal
Constructions“ die Existenz eines Stadtentwicklungsplans, eine Untersuchung des Bauwerks, ob es
den Bauvorschriften entspricht, eine Standsicherheitsprüfung hinsichtlich seismischer Störungen und
ein Nachweis der Eigentumsrechte. Damit es letzten Endes zu einer Legalisierung kommt, muss der
Eigentümer eines illegalen Gebäudes folgende Kosten tragen:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
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Eine Strafzahlung für die unterlassene offizielle Registrierung des illegalen Gebäudes
Eine Registrierungsgebühr für die Aufnahme ins Kataster
Anschlussgebühren für die Ver- und Entsorgungsleitungen
Jährliche Grundsteuern
Grunderwerbsgebühren, wenn der Antragsteller nicht der Eigentümer des Grundstücks ist
Kosten für die Erstellung der Dokumente und ggfs. notwendiger Studien
Legalisierung von illegalen Siedlungen mittels Baulandumlegung
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Der Staat erhofft sich durch den Legalisierungsprozess erhebliche Einnahmen in den nächsten Jahren.
Für ein durchschnittliches Gebäude mit einer Nutzfläche von 100m² betragen die
Genehmigungsgebühren mindestens 10.000 € bei einem durchschnittlichen Einkommen einer
vierköpfigen Familie von üblicherweise lediglich ca. 400 € im Monat (POTSIOU, C. 2012, S.14). Die
Regierung erlaubt aus diesem Grund kleinere monatliche Raten für die Tilgung der
Legalisierungskosten.
Die Regierung hat die illegalen Gebäude in den überplanten Gebieten in drei Kategorien eingeteilt:
1. Die erste Kategorie betrifft die Gebäude, die zwar legalisiert werden könnten, bei denen
indessen die Gebäudeeigentümer nicht mitwirkungsbereit sind. In diesen Fällen setzt die
Regierung auf Zwangsmaßnahmen der Legalisierung. Zu diesen Maßnahmen zählen die
Abkopplung von Versorgungsnetzen und eine Erhöhung der Grundsteuern um 500 %.
2. Die zweite Kategorie betrifft die Eigentümer, die beabsichtigen, ihr Gebäude zu legalisieren, es
aber nicht können. In diesem Fall müssen diese ein Zertifikat vorlegen, das die Bausicherheit
nachweist. Zusätzlich muss eine kombinierte Genehmigung erworben werden, die sowohl die
Bau- als auch eine Wohngenehmigung enthält. Eine Wohngenehmigung stellt sicher, dass alle
Gesundheits- und Sicherheitsstandards erfüllt sind.
3. Die dritte Kategorie umfasst die Bauwerke die nicht an dem Legalisierungsprozess teilnehmen
können. Diese Bauwerke müssen ggfs. abgerissen werden.
Es wird geschätzt, dass ca. 5 % der derzeitigen 130.000 illegalen Gebäude abgerissen werden
müssen, da sie nicht den Planungen und Vorschriften entsprechen. Die derzeit dort lebenden
Bewohner sollen umgesiedelt werden (UNITED NATIONS 2015, S.83).
Illegale Siedlungen in unbeplanten Gebieten können bis zur Fertigstellung der weiteren Pläne nicht
legalisiert werden. Diese Legalisierungen sollen zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.
Für den Fall, dass Eigentümer ihr Gebäude illegal auf staatlichen oder kommunalen Grundstücken
gebaut haben, bestehen zwei Möglichkeiten der Problembewältigung. Zum einen können diese die
Grundstücke mit Hilfe eines Kredites erwerben, oder sie müssen einen langfristigen Pachtvertrag
abschließen.
Die eingenommenen Gebühren werden von der öffentlichen Hand zu 25% für den Abriss von
ungewollten Gebäuden verwendet. Die Regierung geht davon aus, dass das Legalisierungsverfahren
nach einem Zeitraum von 10 Jahren abgeschlossen sein wird (UNITED NATIONS 2015, S.82).
Albanien
Hintergrund
In den neunziger Jahren lebten rund zwei Drittel der albanischen Bevölkerung in Ballungszentren.
Aufgrund der umfassenden politischen Veränderungen zu dieser Zeit gab es eine große
Binnenwanderung, die insbesondere dazu führte, dass ein Großteil der ländlichen Bevölkerung in die
Städte ging. Das Ergebnis der Landflucht waren steigende Arbeitslosenzahlen in den Städten.
Es zeigte sich, dass die in den Städten vorhandene Infrastruktur nicht ausreichte, um den
gesteigerten Bedarf abzudecken. Zudem verschärfte der Mangel an ausreichend Wohnraum und der
fehlende Markt für Mietwohnungen die Problemlage zunehmend. Die Hoffnung auf einen besseren
Lebensstandard konnte in der Stadt häufig nicht erfüllt werden, da auch die Qualität der zur
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Legalisierung von illegalen Siedlungen mittels Baulandumlegung
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Verfügung stehenden Wohnungen gering war. In Folge dessen kam es zu Besetzungen von
öffentlichen und privaten Flächen und der Errichtung von Gebäuden ohne eine Baugenehmigung
oder die Rücksichtnahme auf Stadtentwicklungspläne.
Es entstand sogar ein Markt für illegal errichtete Immobilien, obwohl der Verkäufer folglich nicht der
rechtmäßige Eigentümer sein konnte. Bis zum Jahr 2006 existierten schätzungsweise 400.000 illegale
Gebäude, die eine Fläche von ca. 40.000 Hektar Land bedeckten und ein Investitionsvolumen von 6
bis 8 Milliarden US-Dollar haben (UNITED NATIONS 2010, S.12).
Über 60% der neu errichteten Gebäude wurden von im Ausland arbeitenden Albanern finanziert, die
ihre Ersparnisse in inländische Immobilien anlegen wollen. Schätzungsweise zwei Drittel dieser
Gebäude wurden illegal errichtet, sind aber von einer guten baulichen Qualität.
Ein Großteil der illegalen Bauten ist immer noch nicht mit grundlegenden Versorgungseinrichtungen
verbunden. Sie liegen fernab von Einrichtungen Für Bildung, der medizinischen Versorgung und
haben keine Müllentsorgung oder eine Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln. Abbildung 9 zeigt ein
typisches Beispiel für illegale Siedlungen in Albanien aus der Stadt Berat. Das zufällige Wegenetzwerk
dient dem Fußgängerverkehr. Die Wege können nicht von einem PKW oder Bussen befahren werden.
Zusätzlich wurden keine Flächen für öffentliche Einrichtungen oder Freiflächen reserviert (Bertaud, A.
2006, S.8)
Abbildung 9: Typische illegale Siedlung in Berat (Quelle: Bertaud, A. 2006, S.7)
Im Jahr 2006 hatten mehr als 52 % der in ländlichen Regionen gelegenen Häuser keine
Frischwasserversorgung, mehr als 70 % der Gesamtbevölkerung war von langen täglichen
Stromausfällen betroffen und mehr als 50 % haben täglich nur für sechs Stunden Zugang zu frischem
Wasser (UNITED NATIONS 2015, S.26) .
Im Jahr 1991 wurde in Albanien mit dem Privatisierungsprozess begonnen, und damit früher als in
den anderen Ländern des ehemaligen Jugoslawiens. Verantwortlich für den Privatisierungsprozess ist
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Legalisierung von illegalen Siedlungen mittels Baulandumlegung
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die Immoveable Property Registration Agency (IPRO). Die Privatisierung von den meisten ländlichen
Flächen und annähernd aller Siedlungsflächen ist bereits abgeschlossen. Die privatisierten Flächen
wurden an die Nachfahren der ehemaligen Eigentümer (vor 1946) oder auf die Personen mit
Nutzungsrechten übertragen. Der Privatisierungsprozess ist aber noch nicht für alle Flächen
abgeschlossen.
Herausforderungen
Die Rechtsverstöße durch Landbesetzungen und illegales Bauen lassen sich in Albanien in drei
verschiedene Typen gliedern. Zunächst kommt es häufig zu der Situation, dass das Land zwar dem
Nutzer gehört, aber keine Baugenehmigung für das darauf befindliche Gebäude eingeholt wurde,
oder dass die Bauten über das genehmigte Maß hinausgehen.
Abbildung 10: Illegale Gebäudeerweiterungen in Albanien (Quelle: UNITED NATIONS 2010, S.21)
Die weiteren Typen betreffen die unrechtmäßige Inbesitznahme von privaten und öffentlichen
Flächen. Insbesondere die häufige in Besitznahme von öffentlichen Flächen in ländlichen Regionen
mit anschließender illegaler Bebauung führte zu ganzen illegalen Siedlungen und einem illegalen
Grundstücksmarkt. In der Folge bestehen bis heute anhaltende Eigentumsstreitigkeiten zwischen den
rechtmäßigen Eigentümern und den Besetzern der Grundstücke.
Eine weitere Herausforderung für die Regierung liegt in der Bereitstellung von ausreichend sozialen
bzw. bezahlbaren Wohnraum für die ärmeren Bevölkerungsschichten. Die von der Regierung
ausgesprochenen privaten Eigentumsrechte werden von diesen ignoriert, da die rechtmäßigen
Eigentümer häufig verzogen sind.
Die wachsende internationale Besorgnis über das schlechte Eigentumsregistrierungssystem, den
ineffizienten Immobilienmarkt und der mangelhaften Sicherheit der Eigentumsrechte führte zum
Beginn des Legalisierungsprozesses von illegalen Siedlungen.
Maßnahmen und politisches Vorgehen
Im Jahr 2006 wurde das Gesetz „Law on Legalization, Urbanization and Integration of Informal
Settlements“ verabschiedet und die Behörde „Agency for Legalization, Urbanization and Integration
of Informal Areas and Constructions (ALUIZNI)“ wurde gegründet. Das Gesetz spezifiziert
Eigentumsrechte und führt ein Verfahren ein, mit dem ein Eigentümer eines illegalen Gebäudes zum
rechtmäßigen Eigentümer des besetzten Grundstücks werden kann. Das Gesetzt wurde zusammen
mit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), der Weltbank und
Universitäten aus den USA erarbeitet. Die Umsetzung liegt aber in der Verantwortung der ALUIZNI
(UNITED NATIONS 2015, S.28).
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Legalisierung von illegalen Siedlungen mittels Baulandumlegung
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In den Privatisierungsverfahren sahen die Albaner mit einem durchschnittlichen Einkommen den
einzigen Weg zur Verbesserung ihrer Wohnqualität in illegalen Siedlungen. In Folge dessen beschloss
die Regierung eine zügige Legalisierung der unrechtmäßigen Besetzungen, um
Investitionshemmnisse zu beseitigen, das Wirtschaftswachstum zu fördern und das in den illegalen
Märkten gebundene Kapital in Höhe von wahrscheinlich mehreren Milliarden $ zu aktivieren. Hierfür
stellte sie ein Budget von 5 Mio. $ zur Verfügung (UNITED NATIONS 2010, S.16).
Aktuelle Stadtentwicklungspläne setzten keine Mindestgrößen für Grundstücksparzellen mehr fest
Nun können einzelne Parzellen legal entwickelt werden, wenn diese für die Errichtung eines
Gebäudes groß genug sind. Kleine und unzweckmäßig gestaltete Parzellen werden weiterhin von
einer Bebauung ausgeschlossen. Mit dieser Maßnahme will die Regierung dem Bedarf auf dem
Wohnungsmarkt für die nächsten 20 bis 30 Jahre entsprechen.
Die Regierung hat für die Bewältigung der Legalisierungsaufgabe Rahmenpläne aufgestellt, in denen
mit Hilfe von gelben Linien der Bereich, für den eine Bebauung zugelassen ist und illegale Gebäude
legalisiert werden können, eindeutig festgelegt wird. Innerhalb der definierten Grenzen soll
außerdem die städtische Infrastruktur ausgebaut und weitere Versorgungseinrichtungen errichtet
werden, siehe Abbildung 11.
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Legalisierung von illegalen Siedlungen mittels Baulandumlegung
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Abbildung 11: Flächenbesetzung von illegalen Siedlungen in Fier. Die hier Eingezeichnete gelbe
Linie, begrenzt das Legalisierungsgebiet (Quelle: Bertaud, A. 2006, S. 8)
Es wurden 127 neue Planungsbereiche mit einer Größe von ca. 5 ha auf der Grundlage von
Orthophotos ausgewiesen. Das Law on Legalization, Urbanization and Integration of Informal
Settlements räumt den Bürgern eine Frist von sechs Monaten für die Meldung ihrer illegalen Häuser
ein. Etwa 280.000 Meldungen wurden registriert, von denen 80.000 für Mehrfamilienhäuser,
Wohnungen und Geschäfte waren (UNITED NATIONS 2010, S.15). Das Gesetz sieht Regelungen für
die folgenden drei Fallgestaltungen vor:
1. Für den Fall, dass ein Gebäude auf einem privaten Grundstück im Eigentum eines Dritten
errichtet wurde, folgende Verfahrensweise vor. Zunächst wird das Grundstück zwangsenteignet
und geht in das öffentliche Eigentum über. Daraufhin bereitet ALUIZNI als Vertreter der
öffentlichen Hand einen Vertrag für die Übertragung der Eigentumsrechte vom Staat auf den
Eigentümer des illegal errichteten Gebäudes über, vor. Die Grundstücksübertragungen bedürfen
einer notariellen Beurkundung. Der Eigentümer des illegal errichteten Gebäudes wird
verpflichtet, das Grundstück zu erwerben. Nach dem Erwerb bereitet ALUIZNI die
Legalisierungserlaubnis vor und schickt diese an die örtliche Verwaltung. Dort wird die
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Legalisierung von illegalen Siedlungen mittels Baulandumlegung
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Genehmigung in den Grundstücksakten registriert, sobald der Eigentümer die Gebühren
entrichtet hat.
2. Für den zweiten Fall, dass ein Gebäude illegal auf einer öffentlichen Fläche errichtet wurde,
erfolgt die Eigentumsübertragung durch Erwerbsverpflichtung direkt durch einen
Grundstückskaufvertrag analog zum vorgenannten Fall.
3. Der dritte Fall befasst sich mit dem Szenario, das ein Grundstückseigentümer auf seinem
Grundstück ein Gebäude illegal errichtet hat. In diesem Fall kann die Legalisierung zeitnah
durchgeführt werden, da der Eigentümer lediglich eine Registrierungsgebühr zu zahlen hat.
Damit die betroffenen Personen in der Lage sind, die Grundstücke zu erwerben, hat die Regierung
Sondertarife mit einem Staffelungssystem eingeführt. Die Preise für eine Parzelle mit bis zu 100m²
innerhalb der Gelben Linie betragen 1.463 €, bis zu 200 m² 2195 €, bis zu 300 m² 2.926 € und über
300 m² gelten keine Sondertarife mehr und der Erwerb erfolgt zu Marktpreisen (UNITED NATIONS
2015, S.31).
Eine Legalisierung ist auch möglich, wenn in einem Mehrparteienhaus nicht alle Parteien die
Legalisierungsgebühr bezahlt haben. In diesem Fall geht der Teilbesitz der nicht zahlenden Parteien
temporär an ALUIZNI über, bis die Gebührenforderungen beglichen sind.
Eine Person, die mehr als nur ein illegales Gebäude genehmigen lassen möchte, darf nur für eines die
Sondertarife in Anspruch nehmen. Für Wohngebäude mit bis zu fünf Geschossen muss der
Antragssteller eine persönliche Erklärung unterzeichnen, in der er die Haftung für jegliche Schäden,
die am Gebäude bestehen oder die vom Gebäude verursacht werden, übernimmt. Die Regierung
lehnt die Haftung für Unfälle, die auf eine schlechte Bauqualität der illegalen Gebäude
zurückzuführen ist ab.
Die vorherigen Grundstücksbesitzer werden entschädigt. Um den bisherigen Eigentumsstatus der
Grundstücke identifizieren zu können, fordert ALUIZNI Informationen von den örtlichen Gemeinden
an. Teilweise können die beteiligten Behörden aber keine genauen Angaben zu den
Eigentumsverhältnissen machen. In diesen Fällen ist der Legalisierungsprozess schwer
durchzuführen, da ein Risiko von überlappenden Rechtsansprüchen besteht.
Der Geldbetrag, der an die Gemeinde für den Grundstückstransfer bezahlt werden muss wird zu 20%
für zukünftige Investitionen in die Infrastruktur und zu 80% für die Entschädigung des enteigneten
Eigentümers verwendet (UNITED NATIONS 2015, S.32).
Die Abtretung von Flächen für öffentliche Zwecke (z.B. Erschließung, Wasserversorgung,
Verbindungen des Stromnetzes) erfolgt anhand festgelegter Werte und muss von den
Grundstückseigentümern getragen werden. Das „Law on Legalization, Urbanization and Integration
of Informal Settlements“ definiert nicht was mit den Objekten passiert, die die Kriterien der
Legalisierung nicht erfüllen. Dies betrifft zum Beispiel illegale Gebäude die in Tourismusregionen
oder in belasteten bzw. verunreinigten Gebieten liegen
Mazedonien
Hintergrund
Die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien ist seit 1991 ein unabhängiger Staat mit 2
Millionen Einwohnern auf einer Fläche von 25.713 km². Das Land gliedert sich in 84 Gemeinden und
verfügt über schätzungsweise 1800 Siedlungen, von denen sich 98% in ländlichen Regionen befinden
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Legalisierung von illegalen Siedlungen mittels Baulandumlegung
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(UNITED NATIONS 2015, S.88). Anfang der 60er Jahre kam es in Folge mehrerer Naturkatastrophen
(1962 Überflutung des Vardar Flusses, 1963 Erdbeben mit einem Wert von 6,9 auf der Richterskala)
zu erhebliche Zerstörungen des Gebäudebestandes insbesondere in der Hauptstadt Skopje. Mehr als
80.000 Einwohner wurden obdachlos und weitere 70.000 lebten in stark beschädigten Gebäuden
(POTSIOU, C. 2012, S.84). Insgesamt war nur noch jede 40ste Unterkunft bewohnbar. Die von der
Regierung angebotene Unterstützung reichte nicht aus und es kam zu Landbesetzungen und
Slumbildungen am Stadtrand, insbesondere durch Roma. Während des Sozialismus waren sämtliche
Grundstücke im Besitz des Staates, dadurch wurden bei den neuen Planungen primär staatliche
Interessen verfolgt. Die Interessen Einzelner, bestehende Eigentumsrechte, Grundstücksmarktwerte
und zukünftige Marktbedürfnisse wurden von den Stadtplanern nur bedingt berücksichtigt. Der
Vorrang lag in der Schaffung möglichst vieler kostengünstiger Unterkünfte. Viele lehnten den Bezug
der neuen Wohnungen ab, da Sie nicht aus ihrer sozialen Umgebung gerissen werden wollten. Sie
bauten oder reparierten ihrer Häuser auf eigene Kosten, ohne Baugenehmigung und handelten
entgegen der Stadtplanung. Aufgrund der hohen Bautätigkeit in Skopje zog der Großteil der
erwerbstätigen Bevölkerung auf der Suche nach Arbeit in die Stadt. Diese Personen ließen sich
ebenfalls am Stadtrand nieder und errichtet dort ihre Häuser ohne Genehmigung. In den ländlichen
Regionen bauten Familien ihr Essen auf Parzellen an, für die sie ein Nutzungsrecht von der Regierung
erhalten hatten. Viele bauten auf diesen Parzellen auch Wohnhäuser, die bis heute als illegal
eingestuft werden, da sie auf Flächen errichtet wurden, die ausschließlich für die Landwirtschaft
vorgesehen sind.
Nach der erlangten Unabhängigkeit im Jahr 1991 wurde die soziale und zivile Stabilität durch die
Zuwanderung von ca. 300.000 Flüchtlingen auf eine harte Probe gestellt. Der Großteil der
Zuwanderer ließ sich in Städten nieder. Damit konzentriert sich bis heute der größte Teil der
mazedonischen Bevölkerung auf die Städte (2009 betrug der Anteil 66%). Dieser Umstand erhöhte
die Armut in den Ballungsgebieten und führte zu einer schnellen Ausbreitung der illegalen Siedlungen
(UNITED NATIONS 2015, S.90). Die Familien mit einem durchschnittlichen Einkommen konnten sich
kein Eigenheim leisten. Aus diesem Grund errichtete ein Teil der Bevölkerung minderwertige
Bauwerke illegal auf öffentlichen und nicht für die Bebauung vorgesehenen Flächen.
Herausforderungen
Mazedonien steht bei der Legalisierung von illegalen Siedlungen vor großen Herausforderungen. Die
wesentlichen Problemlagen ähneln denen in den vorangestellten Fallbeispielen aus Albanien und
Montenegro. An erster Stelle sind hier die Privatisierungsmaßnahmen nach der Unabhängigkeit zu
nennen. Die Privatisierung von Grundstücken und die Rückübertragung von Eigentumsrechten an die
ursprünglichen Besitzer sind im Jahr 2000 gestartet. Die Vorgehensweises dieses noch nicht
abgeschlossenen Prozesses sieht es vor, das Land an die ursprünglichen Eigentümer zu übertragen
oder diese mit einer Parzelle derselben Qualität und Quantität in einer anderen Lage zu
kompensieren (UNITED NATIONS 2015, S.92). Hierfür muss allerdings ein Antrag des Eigentümers mit
allen notwendigen Nachweisen und Berechtigungen eingereicht werden. Nach dem
Privatisierungsgesetz „Law for Privatization“ aus dem Jahr 2008 sind Anlagen von besonderer
historischer und kultureller Bedeutung sowie „nationale Raritäten“ kein Gegenstand der
Privatisierungen. Landwirtschaftliche Flächen, Weiden, Wälder und Landreserven für öffentliche
Einrichtungen, die Gegenstand eines gültigen Rahmenplans sind, können nicht an die ursprünglichen
Eigentümer übertragen werden und müssen kompensiert werden. Dies wird damit begründet, dass
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Legalisierung von illegalen Siedlungen mittels Baulandumlegung
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sie Güter von öffentlichem Interesse und natürlich begrenzt sind. Kompensationszahlungen werden
auch geleistet, wenn inzwischen eine andere natürliche oder juristische Person auf Grundlage einer
gerichtlichen Entscheidung Eigentumsrechte von solchen Flächen erworben hat. Sollte der Wert des
Grundstücks seit der Konfiszierung gestiegen sein, muss der Antragsteller die Differenz begleichen
bevor die Eigentumsrechte übertragen werden (UNITED NATIONS 2015, S.93).
Neben den Privatisierungsverfahren stellen die Legalisierungs- und Baugenehmigungsverfahren in
Siedlungsräumen die Regierung vor Herausforderungen. In den Städten sind aufgrund des
durchschnittlichen Gebäudealters von 30 Jahren viele Gebäude sanierungsbedürftig. Dieser Umstand
und der steigende Siedlungsdruck führten dazu, dass viele Besitzer von Eigentumswohnungen
eigenmächtig Gebäudeerweiterungen durchführen. Diese beinhalten z.B. den Anbau von Balkonen,
Treppenhäusern oder ganzer Stockwerke. Die illegale Ausführung solcher Baumaßnahmen
beeinflusst neben dem rechtmäßigen Status der Eigentumswohnung auch die Sicherheit und den
Wert des Gebäudes, sowie den Immobilienmarkt.
Die Siedlungsgebiete werden anhand von Stadtentwicklungsplänen ausgewiesen. Die Aussicht auf
zusätzliche Einkommenssteuern erhöht die Kooperationsbereitschaft des Ministeriums für Land-,
Forst- und Wasserwirtschaft (Zuständig für die Legalisierungen in landwirtschaftlichen Flächen) und
der örtlichen Behörden bei Erweiterungsplanungen der Stadtentwicklungspläne. Auf Antrag können
illegale Siedlungen in die Stadtplanung integriert werden, wenn die dortigen Eigentümer die
Herstellungskosten für die grundlegenden Infrastrukturen übernehmen. Jedoch können die Bürger
mit einem geringen oder mittleren Einkommen im Regelfall weder die Kosten für die Planungen und
die Baugenehmigungen noch für die Infrastrukturherstellungskosten übernehmen. Deswegen wählen
diese Bevölkerungsschichten als Wohnstandort illegale Gebäude in unbeplanten Gebieten und
stellen unrechtmäßigen Verbindungen zu den Versorgungsnetzen her. In manchen Gemeinden
befinden sich deshalb auf 60% der im Staatsbesitz befindlichen Flächen illegale Gebäude (UNITED
NATIONS 2015, S.92).
Hinzu kommt der langwierige und kostspielige Prozess der Baugenehmigungserteilung. In
Mazedonien ist das Bauen ohne Baugenehmigung ein Phänomen durch alle Bevölkerungsschichten.
Sowohl die Wohlhabenden, als auch die Armen und die Mittelschicht errichten unrechtmäßig
Bauwerke. Selbst Gebäude für gewerbliche Zwecke sind häufig in informelle Entwicklungen
involviert.
In Mazedonien sind städtische und ländliche Gebiete administrativ klar abgegrenzt. Das Ministerium
für Transport und Kommunikation ist für die städtischen Regionen zuständig, wohingegen das
Ministerium für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft die Planungen der ländlichen Regionen
übernimmt. Das Ministerium für Transport und Kommunikation ist zwar zuständig für die
Legalisierung von illegalen Gebäuden, liegen diese aber in landwirtschaftlichen Flächen sind dessen
Kompetenzen eingeschränkt. Landwirtschaftliche Flächen werden von dem Gesetz „Law of
Agricultural Land“ geschützt und dürfen keiner Nutzungsänderung insbesondere in Siedlungsflächen
unterzogen werden. Somit ist die Legalisierung von illegalen Siedlungen in landwirtschaftlichen
Flächen verboten. Nach der Unabhängigkeit waren die landwirtschaftlichen Flächen von den
Privatisierungen nicht betroffen und verblieben nach den Regelungen des Law of Agricultural Land in
staatlichem Besitz. Das Ministerium für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft hat aber die Möglichkeit
landwirtschaftliche Flächen zu vermieten. Die einzigen Einrichtungen die legal in landwirtschaftlichen
Flächen errichtet werden dürfen, sind für die Produktion benötigte Gebäude, die keine Wohnzwecke
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Legalisierung von illegalen Siedlungen mittels Baulandumlegung
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erfüllen. Die Personen mit einem Nießbrauchrecht an den Flächen errichteten jedoch häufig illegale
Häuser auf diesen Grundstücken (UNITED NATIONS 2015, S.98).
Darüber hinaus wird die Landfragmentierung nicht begrenzt. Die Unterteilung von privaten
Grundstücken ist erlaubt, da es weder in städtischen noch in ländlichen Regionen eine
vorgeschriebene Mindestparzellengröße gibt. Dieser Umstand fördert insbesondere in ländlichen
Regionen die Bildung weiterer Splittersiedlungen.
Maßnahmen und politisches Vorgehen
Im Februar 2011 wurde das „ Law on the Treatment of Unlawful Constructions“ zur Förderung der
Legalisierungen von illegalen Bauwerken in Mazedonien verabschiedet. Das Gesetz befasst sich zum
einen mit der Legalisierung von Einrichtungen von besonderer Bedeutung, z.B. Krankenhäuser,
Stromnetze und weiterer Versorgungseinrichtungen zum anderen mit der Legalisierung von Häusern
im Privatbesitz. Das Ministerium für Transport und Kommunikation ist zuständig für die Privatisierung
von Flächen im Staatsbesitz und die örtlichen Verwaltungen für die Erteilung von
Baugenehmigungen. Damit die Legalisierungen für alle Bürger erschwinglich sind, wird lediglich eine
symbolische Gebühr von 1€ pro m² für alle Legalisierungen erhoben (UNITED NATIONS 2015, S.99).
Einrichtungen von besonderer Bedeutung für das Land werden ohne eine Gebühr legalisiert. Den
betroffenen Bürgern und juristischen Personen wurde eine Frist von sechs Monaten gewährt um alle
nötigen Dokumente für die Legalisierung bei den zuständigen Behörden einzureichen. Die benötigten
Dokumente bestehen aus einer Kopie des Personalausweises, dem Verbindungsnachweis zu
Versorgungsinfrastrukturen (z.B. über Kopien von Strom- und Wasserrechnungen), einem
Vermessungsbericht, der den unrechtmäßigen Status des Gebäudes bestätigt sowie der Nachweis
über die Eigentumsrechte an dem betroffenen Grundstück. Für den Fall, dass das Gebäude auf einem
Grundstück errichtet wurde, das sich nicht im Eigentum des Antragstellers befindet, ist ein
langfristiger Pachtvertrag mit dem derzeitigen Eigentümer einzureichen. Die örtlichen Behörden
akzeptieren alle Dokumente, die innerhalb der Frist eingereicht wurden. Eine Ausnahme bildet der
Vermessungsbericht, dieser kann nachgereicht werden. Einsprüche können von betroffenen
Nachbarn, dem Grundstücksbesitzer und jedem der unmittelbar von dem Bauwerk betroffen ist
eingereicht werden.
Wenn ein Landbesetzer bereit ist, die Gebühren für die Übertragung der Eigentumsrechte zu
bezahlen, wird er offiziell registriert und in die Grundstücksliste eingetragen. Sollte er darüber hinaus
aber nicht für die Baugenehmigung zahlen können, wird ihm die die Registrierung des Gebäudes in
der Eigentumsliste verwehrt und das Objekt wird in einer anderen Liste der „Evidence List“
eingetragen. Grundstückseigentümer wird aber die Möglichkeit eingeräumt, Baugenehmigungen
nachzukaufen, wenn sie diese nicht vorweisen können. Wenn nur ein Teil des Gebäudes legal ist (z.B.
nur das Erdgeschoss) dann wird dieser Teil in der Eigentumsliste registriert und alle weiteren
Gebäudeteile in der Evidence List. Die meisten Häuser (auch die illegalen) in den Siedlungsgebieten
verfügen über einen legalen Anschluss an das Stromnetz. Das kommt dadurch zustande, dass die
Elektrizitätsfirmen privatisiert sind und vom Gesetz nicht gezwungen werden den Rechtsstatus der
Häuser zu prüfen bevor sie die Leitungen herstellen. Es wird davon ausgegangen, dass der Großteil
der Gebäude einen legalen Zugang zum Stromnetz hat. Die Anzahl der illegalen Anschlüsse an das
Stromnetz ist unbekannt (UNITED NATIONS 2015, S.100). Die Personen die kein Nutzungs- oder
Eigentumsrecht an dem Grundstück haben auf dem sie ein Gebäude errichten, werden zusammen
mit dem Bauwerk in der Evidence List registriert. Die bauliche Qualität dieser Bauwerke variiert von
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Objekt zu Objekt. Diese Eigentümer müssen neben dem Antrag auf Legalisierung ihres Gebäudes
auch einen Grundstückskaufantrag stellen. Der Betrag für das betroffene Grundstück ist innerhalb
von drei Monaten zu zahlen, ansonsten müssen sie das Grundstück langfristig Pachten.
Die Gemeinden erteilen eine Baugenehmigung wenn die notwendigen Verbindungen zu
Versorgungsinfrastrukturen hergestellt sind. Illegale Bauwerke werden auf den neuen Katasterkarten
mit einer schwarzen diagonalen Linie gekennzeichnet und in der Evidence List dargestellt, siehe
Abbildung 12.
Abbildung 12: Katasterkarte von Skopje, in der illegale Gebäude mit einer schwarzen Linie
gekennzeichnet sind (Quelle: UNITED NATIONS 2015, S.96)
Jedoch sind nicht alle Katasterkarten Mazedoniens auf dem aktuellsten Stand und viele
Informationen für die Digitalisierung basieren auf alten Karten.
Zusätzlich gibt es bisher keine Kontrolle der seismischen Anfälligkeit der Bauwerke. Illegal errichtete
Bauwerke müssen lediglich die derzeitigen Umwelt- und Gesundheitsstandards erfüllen sowie die
Auflagen von Brandschutz und Bauordnung berücksichtigen. Nach dem Eingang des
Legalisierungsantrags besichtigt und inspiziert eine von der Agentur für Raumplanung gebildete
Kommission das Gebäude vor Ort und erstellt einen Bericht mit Fotos und technischen Daten des
rechtswidrigen Bauwerks. Innerhalb von sechs Monaten muss der Legalisierungsantrage entweder
zurückweisen oder akzeptieren werden. Wird der Antrag akzeptiert, ist der Antragsteller mit einem
Nachweis über die Legalisierung auszustatten. Illegale Gebäude innerhalb von Parks, geschützten
Gebieten, archäologischen Stätten und Gebiete, die für den Flughafenschutz vorgesehen sind,
können nicht legalisiert werden.
Das Gesetz „ Law on the Treatment of Unlawful Constructions“ weist die Gemeinden an, die
Einnahmen durch die Legalisierungen und Grundstücksveräußerungen in die Infrastruktur zu
investieren.
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Legalisierung von illegalen Siedlungen mittels Baulandumlegung
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Übertragungsansätze der Fallbeispiele für die Legalisierung von
illegalen Siedlungen in Serbien mit dem Instrument der
Baulandumlegung
In zahlreichen Ländern weltweit wird das Instrument der Baulandumlegung zur Legalisierung von
illegalen Siedlungen nicht angewendet, obwohl es dafür hervorragende Voraussetzungen bietet. Wie
die Beispiele in Angola und Nepal zeigen, lassen sich folgende Herausforderungen und Probleme in
der Ausgangssituation von illegalen Siedlungen mit der Baulandumlegung bewältigen:






Vielzahl von illegalen Gebäuden, die vollständig oder in Teilen auf öffentlichen Grundstücken
oder auf Grundstücken Dritter errichtet wurden
Vielzahl von betroffen Grundstückseigentümern, auf deren Grundstücken illegale Gebäude
durch Dritte errichtet wurden
Unklare Rechtsverhältnisse an Grundstücken
Fehlende Katastergrundlagen und fehlende offizielle Registrierung der Grundstücke
Defizite in der Grundstücksstruktur (Größe, Form)
Nicht ordnungsgemäße oder unzureichende öffentliche Erschließung
Folgende Ziele und Maßnahmen lassen sich mit der Baulandumlegung in illegalen Siedlungen
verwirklichen:
 Zusammenführung von Grund- und Gebäudeeigentum
 Schaffung von Grundstücken, die nach Lage, Form und Größe sowohl der vorhandenen
Bebauung als auch der städtebaulichen Planung entsprechen
 Bereitstellung von Flächen für eine der Planung entsprechenden, ordnungsgemäßen
öffentlich-rechtlichen Erschließung
 Bereitstellung von Flächen für sozialen Wohnungsbau
 Finanzierung der öffentlichen Erschließungsanlagen und der Verfahrenskosten durch
Flächenabtretungen und Abschöpfung des Umlegungsvorteils
 Schaffung von Katastergrundlagen und Erfassung aller Grundstücke in einem
Eigentumssicherungssystem
Für den Erfolg von Baulandumlegungen als Instrument für die Legalisierungen von illegalen
Siedlungen müssen sich einige grundlegende Aspekte in Serbien verändern. Insbesondere die
Sicherheit der Eigentumsrechte muss im Zusammenhang mit den Privatisierungsvorgängen
gewährleistet werden. Bisher hat der Umwandlungsprozess von Nutzungsrechten in Eigentumsrechte
diese teilweise unterwandert und nicht gefördert (WORLD BANK 2012, S.189). Mit der
Verabschiedung des Law on Restitution and Compensation in 2011 hat die Regierung eine wichtige
Grundlage geschaffen. Das Gesetz hilft, offene Eigentumsfragen zu klären und sichert dadurch auch
die Immobilieninvestitionen und Entscheidungen ab, so dass die Attraktivität für
Immobilieninvestitionen steigt. Das Gesetz priorisiert die Wiederherstellung von Eigentumsrechten
vor Kompensationszahlungen und hat einen wirtschaftlich zweckmäßigen Ansatz, indem es die
Kompensationszahlungen deckelt. Für einen schnellen Abschluss der Legalisierungen werden jedoch
noch weitere Ressourcen finanzieller und personeller Art benötigt (WORLD BANK 2012, S.190).
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Legalisierung von illegalen Siedlungen mittels Baulandumlegung
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Bevor die Rückgabe von Eigentumsrechten nicht abgeschlossen ist, befinden sich viele Immobilien in
einem rechtlich unsicheren Zustand. Dies ist insbesondere für europäische Investoren ein großes
Hindernis, da diese nicht in Eigentum investieren werden, solange die Gefahr besteht, dass die
Rechte noch an den vorherigen Grundstückseigentümer zurück übertragen werden könnten. Die
Erfahrungen aus den Fallbeispielen haben gezeigt, wie langsam der Prozess der Rückübertragung und
Kompensation von Eigentumsrechten verlaufen kann und welche Verzögerungen damit einhergehen.
Sollten einige Fälle nicht gelöst werden können, würde das Hauptziel dieses Gesetzes, die Sicherung
der Eigentumsrechte, nicht erreicht.
Während des Sozialismus wurden Grundstücke verstaatlicht und den Gebäudeeigentümern wurden
im Gegenzug Nutzungsrechte für die Grundstücke erteilt. Ähnlich verlief der Verkauf von
Unternehmen im Staatsbesitz. Der Käufer erhielt neben den Eigentumsrechten an den Gebäuden
ebenfalls nur die Nutzungsrechte für das Grundstück. Die für die Privatisierung nötigen
Konversionsbestimmungen werden seit 2009 in dem Gesetz „Law on Spatial Planning“ festgesetzt.
Diese Festsetzungen ähneln denen in Albanien, Montenegro und Mazedonien. Das Gesetz ermöglicht
den Inhabern von Nutzungsrechten nicht nur den rechtmäßigen Erwerb des Grundstückes, es kann
unter bestimmten Umständen sogar zum Kauf verpflichten. Für die Erteilung einer Baugenehmigung
muss der Antragsteller die Eigentumsrechte für das zu bebauende Grundstück nachweisen. Das
Gesetz legt die Vorgehensweise für die Wertermittlung von Liegenschaften fest. Dies ist ein
essenzieller Aspekt für ein transparentes Privatisierungsverfahren und kann als eine Grundlage für
die Ermittlung von Einwurfs- und Zuteilungswerten in einem Umlegungsverfahren verwendet
werden.
Die Probleme bei der Erteilung von Baugenehmigungen und der nicht regelmäßig stattfindenden
Aktualisierung von Katasterdaten treten bei den meisten Ländern des ehemaligen Jugoslawiens auf.
Die Probleme bestehen aus dem Mangeln an modernen Stadtentwicklungsplänen, äußerst restriktive
Genehmigungs- und Prozessregelungen sowie der örtliche Korruption. In der Folge errichten auch in
Serbien viele Personen ihre Gebäude ohne die erforderlichen Genehmigungen. Dabei bestehen für
die Bürger Anreize die illegalen Bauten legalisieren zu lassen. Insbesondere die Möglichkeit legales
Eigentum als Wertrücklage und für den nachweise der Kreditwürdigkeit einzusetzen.
Weiterhin ist die Erstellung einer vollständigen Katasterdatenbank zu empfehlen. Das Kataster sollte
alle Gebäude und Grundstücke einschließlich der illegalen Gebäude beinhalten. Die Katasterdaten
können als Grundlage für eine effiziente Bodenordnung, die Wertermittlung und die Erteilung von
Baugenehmigungen verwendet werden. Die Erstellung eines solchen Katasters kann ähnlich wie in
Mazedonien über den Vergleich von aktuellen Orthofotos mit den offiziellen Registerdaten erfolgen.
Bei kritischen Fällen kann eine Erfassung vor Ort veranlasst werden. Durch die digitale Erfassung der
Daten, können die erhaltenen Informationen schnell und einfach weiterverarbeitet werden.
Ähnlich wie in den hier genannten Fallbeispielen gibt es auch in Serbien viele Splittersiedlungen. Eine
effektive Bodenordnung stellt einen verbesserten Zugang zu Einrichtungen der technischen
Infrastruktur (z.B. Straßen und Bewässerungssystemen) her und führt so zu einer Steigerung der
Grundstückswerte und erleichtert die exakte Registrierung in der Katasterdatenbank. Denkbar ist die
Erprobung eines Umlegungsverfahrens in einem Pilotgebiet. Dieses kann dann ähnlich wie in
Albanien stückweise erweitert werden.
Für die Akzeptanz und letztlich auch den Erfolg eines Bodenordnungsverfahrens sind die Transparenz
des Verfahrens und die Abwägung der einzelnen Interessen unter Berücksichtigung der rechtlichen
und sozialen Gegebenheiten entscheidend. Damit das Instrument der Baulandumlegung für die
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Legalisierung von illegalen Siedlungen mittels Baulandumlegung
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Legalisierung von illegalen Siedlungen in Serbien erfolgreich eingesetzt werden kann, muss es
zunächst auf eine rechtliche Grundlage geschaffen werden.
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