Erfahrungsbericht Name: C a l y p s o H o c k Studiengang und -fach: ANIS Austauschjahr: SS2015 Gastuniversität: Waseda University Stadt: Tokio Land: Japan Aus Spam- und Datenschutzgründen wird die E-Mail-Adresse nicht im Internet veröffentlicht. Studierende der Universität Augsburg können diese auf Anfrage im Auslandsamt erhalten. Die Erfahrungsberichte werden von Studierenden verfasst und spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Universität Augsburg wider. Für den Inhalt des Berichts ist der/die Verfasser/in verantwortlich. Das Akademische Auslandsamt behält sich vor, ggf. Änderungen vorzunehmen. Eine längere Zeit im Ausland zu verbringen, ist eine Erfahrung die jeder machen sollte! Die Universität bietet einem sehr viele Möglichkeiten, die man in den folgenden Abschnitten seines Lebens nicht wiederbekommen wird. Egal welche Fachrichtung oder Berufsziele, ihr lernt für Euer Leben! Ich habe mich für Japan beworben, da meine Drittsprache im ANIS-B.A. Japanisch ist. Nachdem ich 5 Monate in Tokio verbracht habe, bin ich überzeugt die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Die Waseda University hat einen Shuttle Transport für alle internationalen Studenten vom Flughafen organisiert und die Neuankömmlinge in ihre jeweiligen Wohnheime gebracht. Ich war zufrieden mit meinem Wohnheim, da das Gebäude sehr neu und sauber ist. Mein Zimmer war sehr klein und etwas teuer, entsprechend den Verhältnissen in Tokio, aber ich hatte ein eigenes Bad und die Gemeinschaftsküche war mit allem ausgestattet. Ein Vorteil war auch der 5 minütige Fußweg zur Universität. Die Universität und der Campus sind sehr modern, es gibt viele, gute und günstige Essensmöglichkeiten auf und um den Campus herum, inklusive der Mensa. Jedoch muss man sich in Japan angewöhnen für alles anzustehen. Wenn sich vor einem Restaurant oder Imbiss eine lange Schlange bildet, lohnt es sich die Wartezeit in Kauf zu nehmen! Ich habe mich in die School of International Liberal Studies (SILS) eingeschrieben um nicht ausschließlich Sprachkurse besuchen zu dürfen. In SILS gibt es ein sehr weites Spektrum an Kursen unter anderem über Kultur, Geschichte, Politik und Wirtshaft. Die Kurse werden alle auf Englisch gehalten, das Niveau und die Qualität des Kurses hängen sehr stark vom Dozenten ab, da muss man einfach Glück haben oder sich vorher umhören. Ich habe ebenfalls drei Japanisch Sprachkurse im Sprachenzentrum belegt, mit denen ich nur teilweise zufrieden war. Ich habe mich für den Intensivkurs mit sieben Zeitstunden in der Woche, einen Kommunikationskurs und einen Kanji Kurs entschieden (alle Niveau 2). Der Intensivkurs hat sich auf drei Tage in der Woche verteilt, für die es jeweils eine Dozentin gab. Obwohl zeitlich und mit nur vierzehn Teilnehmern, die Möglichkeit bestand diesen Kurs sehr interaktiv und abwechslungsreich zu gestalten, müssen die Dozentinnen dem strengen Lehrplan folgen und bringen wenig eigene Kreativität ein. Mit anderen Worten haben wir das ganze Grammatikbuch, Kapitel für Kapitel, nach demselben Schema durchgearbeitet. Das macht es zwar leicht bei den vielen und regelmäßigen Tests gute Noten zu schreiben, aber es ist sehr schnell langweilig geworden und der Lerneffekt lässt zu wünschen übrig. Trotz- dem habe ich viel nützliche Grammatik gelernt, die vergleichbar mit dem Japanisch 4 Kurs an der Universität Augsburg ist. Der Kommunikationskurs hatte einen positiven Effekt auf meine Sprachfähigkeiten im Mündlichen sowie im Schriftlichen, da man jede Woche einen Aufsatz zu einem bestimmten Thema schreiben musste und sich im Unterricht in kleinen Gruppen austauschen konnte. Hier gab es, zusätzlich zur Lehrerin, eine japanische Hilfsstudentin zur Unterstützung. Obwohl die Sonne in Japan bereits um 4Uhr30 aufgeht und es um 18Uhr ziemlich plötzlich dunkel ist, haben Japaner keinen morgendlichen Lebensstil, deshalb fängt die Uni erst um 9Uhr an und kann bis 21Uhr dauern. Ich habe mich arrangiert um Montag, Dienstag und Donnerstag von 9 bis 16.15 Unterricht zu haben, zusätzlich hatte ich am Samstag von 9 bis 10Uhr30 Intensiv-Japanisch. In der SILS Fakultät habe ich drei Kurse gewählt: Race and Ethnic Relations, Life and History in the Christian World und International Organizations and Japan. Letzterer war ein Volltreffer, der Dozent war Japaner, konnte sehr gut Englisch und war viele Jahre für die Vereinten Nationen tätig. Deshalb verfügte er über sehr viel theoretisches und praktisches Wissen, dass er mit dem nötigen Humor und Tiefgründigkeit vermitteln konnte. Es gab zwei „mid term“ Klausuren und eine Endklausur, die fair aufgebaut waren. Zusätzlich konnte man sich für eines der Referats- oder Debattenthemen anmelden um extra Punkte zu bekommen. Der Kurs Life and History in the Christian World war wie eine Vorlesung aufgebaut und deshalb nicht sehr interaktiv, die meisten Japaner haben diesen Kurs für ihren Mittagsschlaf genutzt. Am Ende des Semesters hat der französische Dozent Themen für ein Essay von 5 Seiten vorgeschlagen, im Großen und Ganzen war dieser Kurs nicht sehr anspruchsvoll aber trotzdem interessant. Der Titel und die Kursbeschreibung von Race and Ethnic Relations wirkten sehr ansprechend auf mich und ich habe es als gute Ergänzung für das Ethnologie Modul gesehen, dass ich im letzten Wintersemester im Wahlbereich gemacht habe. Die Dozentin hat viele interessante Themen angesprochen die mir zum Teil neu waren aber sehr aktuell sind. Leider blieben die Diskussionen und Vorträge oft oberflächlich. Die ausgeteilte Lektüre hatte keinen roten Faden und mangelte deshalb an Kohärenz. Wir haben eine Klausur und ein Essay schreiben müssen. Noch dazu musste jeder an einem Gruppenreferat teilnehmen, dieser Bestandteil hatte für mich den größten Lerneffekt und Erfahrungswert. In Japan bekommen internationale StudentenInnen die Möglichkeit eine Arbeitserlaubnis zu erwerben, aus meinem Umfeld hatte ich den Eindruck, dass es nicht schwierig ist einen Nebenjob zu finden. Die Bezahlung ist in etwa mit dem deutschen Mindestlohn vergleichbar. Die meisten internationalen StudentenInnen geben Sprachnachhilfe in ihrer eigenen Muttersprache oder in Englisch. Ich habe mich gegen ein Nebenjob entschieden, da fünf Monate doch sehr kurz waren und meine Freizeit für Ausflüge und Freundschaften knüpfen sehr kurz aus-gefallen wäre. Die Lebenshaltungskosten sind in Japan, besonders in Tokio, sehr hoch im Vergleich zum Preis-Leistungsverhältnis in Augsburg. Ich habe für neun qm mit eigenem Bad und Gemeinschaftsküche mit Nebenkosten 460 Euro monatlich bezahlt. Die Lage des Wohnheims ist aber sehr gut, da mehrere Metro Stationen und ein größerer Bahnhof sehr nah liegen. Zudem sind mehrere Stadtteile sehr leicht und schnell zu Fuß erreichbar wie zum Beispiel der angesagte Stadtteil Shinjuku, das französiche Viertel Kagurazaka oder das koreanische Viertel mit sehr vielen Restaurants. Außerhalb essen ist in Tokio auf jeden Fall bezahlbar und gut. Auf Dauer auswärts zu essen wird aber trotzdem ein bisschen teuer, deshalb empfehle ich auch ab und zu selbst zu kochen. Leider sind Gemüse und Früchte etwas teuer und Vegetarier könnten es etwas schwer haben fleischfreie Gerichte zu finden. Japanische Spezialitäten wie Ramen, Udon, Tempura, Curry Reis, Okonomiyaki, Sushi und vieles mehr fand ich sehr lecker. Es gibt sehr viele Varianten desselben Gerichts, deshalb denke ich dass jeder seinem Geschmack entsprechend etwas findet. Man sollte auf jeden Fall probieren! Auf Brot und Milchprodukte habe ich während meines kompletten Aufenthalts verzichtet da es nur weiß- bzw. Toastbrot gibt und Milchprodukte keine japanische Spezialität sind. Dafür gibt es sehr viele verschiedene Nudelsorten und japanischer Reis ist auch etwas ganz besonderes. Persönlich habe ich keinen starken Kulturschock empfunden, da ich im Wohnheim und am der Universität mit vielen verschiedenen Kulturen in Kontakt gekommen bin. In Japan gibt es viele Regeln und gesellschaftliche Angewohnheiten die man als Ausländer unmöglich alle kennen und verstehen kann. Da die japanische Gesellschaft sehr homogen ist und man als Ausländer sofort heraussticht, werden kulturelle Fauxpas verziehen. Zum Beispiel, gilt auf japanischen Straßen Rauchverbot, es ist nur in blickgeschützen kollektiven Glaskabinen möglich. In den öffentlichen Verkehrsmitteln sind Japaner sehr schweigsam und wenn sie nur ansatzweise krank sind oder einen Kater haben, ziehen sie eine Maske an, um andere nicht anzustecken. Meiner Meinung nach, sind solche Regeln in Tokio besonders stark ausgeprägt, da eine Stadt dieser Größe anders nicht so gut funktionieren würde. Während meiner Reisen nach Kyoto und Osaka habe ich die Menschen als etwas entspannter und kontaktfreudiger erlebt. Um soziale Kontakte zu knüpfen habe ich an den Aktivitäten von zwei Clubs der Universität teilgenommen. Ich war vor allem viel im Hip-Hop Tanzclub aktiv, während der regelmäßigen Trainings und Veranstaltungen bin ich viel auf die anderen Mitglieder zugegangen um Japanisch zu üben und die Leute kennen zu lernen. Japaner sind jedoch sehr zurückhaltend und man darf nie die Ausdauer verlieren auf sie zuzugehen bis Gegenseitigkeit entsteht. Zudem bin ich mehrmals zu den Treffen eines Handarbeits- und Bastelclubs gegangen, die Teilnehmerinnen waren sehr interessiert und haben viel mit mir gesprochen. Am Ende des Semesters wurde ich auch zum Abschlussessen eingeladen, was mir sehr viel Freude bereitet hat. Als ich im März in Japan angekommen bin war es noch etwas kalt und windig. Im April, Mai und Juni waren die Temperaturen und das Wetter sehr angenehm, die Regenzeit hat sich auf den Juli verzögert. Mit der Regenzeit kam auch die hohe Luftfeuchtigkeit, weswegen sich 35 Grad Celsius wie 45 Grad Celsius anfühlen und man pausenlos schwitzt. Das feuchte Klima machen körperliche Aktivitäten anstrengend und durch den ständigen Wechsel zwischen klimatisierten Räumen und Hitze kann man leicht krank werden. Das einzige Gegenmittel ist, die Stadt zu verlassen und viele Ausflüge zu machen. In Japan gibt es viele tolle Berge die leicht zu besteigen sind. Zum Beispiel sind der Takao-san oder Mitake-san eine willkommene Abwechslung zur Großstadt. Der Fuji-san ist auch nicht sehr weit von Tokio entfernt, jedoch verlangt das Besteigen ein bisschen Planung. Durch das sehr gut ausgebaute Zugnetz ist es auch sehr leicht die Umgebung Tokios kennen zu lernen, zu empfehlen sind Enoshima und Kamakura, Nikko, Chiba uvm. Tokio war ganz sicher die richtige Wahl für mich, diese Stadt ist sehr vielfältig und bietet Aktivitäten für alle Interessen. In Tokio und Umgebung gibt es sehr viele interessante und schöne Plätze zu besichtigen, die alle leicht und schnell mit der Metro und dem Zug erreichbar sind. Die Mitarbeiter an der Universität und im Wohnheim waren stets hilfsbereit und freundlich. Meine Zeit in Japan ist zu schnell vergangen und ich möchte auf jeden Fall zurückkehren um eine Rundreise von Norden nach Süden mit den Japan Rail Pass zu unternehmen.
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