WOCHE 02: AcI – Grundlagen Im Grunde ist der AcI mit dem deutschen Infinitiv vergleichbar; anders als dieser aber kann er Zeitverhältnisse (Vorzeitigkeit, Gleichzeitigkeit und Nachzeitigkeit) umfassender abbilden und eine größere Gruppe von Verben bedienen. Zudem ergeben sich keine Beschränkungen hinsichtlich der Diathese (aktiv und passiv); wie sie etwa im Deutschen bestehen. Caesar sieht die Römer angreifen. Verben, die einen AcI auslösen können, sind (RHH §168): (i) Verba sentiendi (sinnliche und geistige Wahrnehmung), (ii) Verba dicendi (Sagen und Meinen, nicht jedoch Verba postulandi – RHH §234), (iii) Verba affectus (Gefühle und Gefühlsäußerung) sowie (iv) unpersönliche Ausdrücke (allgemeine Urteile oder Feststellungen). Auch die Begehrsverben (velle, nolle, cupere etc.) können neben reinen Infinitivkonstruktionen einen AcI bilden (RHH §169). Impetum in hostes facere voluit. Milites impetum in hostes facere voluit. Hinsichtlich der Zeitverhältnisse können im AcI Vor-, Nach- und Gleichzeitigkeit ausgedrückt werden; d.h. es wird bestimmt, wie sich das im AcI Ausgesagte zum absoluten Tempus des auslösenden Verbs verhält. Eine Überführung in zwei absolute Tempora ist bisweilen aus logischen Gründen unmöglich. Generell gilt: Infinitiv Perfekt = Vorzeitigkeit Infinitiv Präsens = Gleichzeitigkeit Infinitiv Futur (RHH §173) = Nachzeitigkeit (oftmals unter Wegfall des esse) sperare und co. (RHH §170.2) tendieren auch bei scheinbar gleichzeitigen Verhältnissen zur Nachzeitigkeit Caesar suos vicisse vidit. Caesar suos vincere vidit. Caesar suos victuros (esse) vidit. Die Infinitive Perfekt Passiv und Futur aktiv gleichen sich in Numerus und Genus stets an das Akkusativsubjekt an. Legati Gallos obsides daturos (esse) nuntiaverunt. ÜBUNGSSÄTZE [1] Caesar wurde durch Labienus‘ Briefe benachrichtigt, dass alle Gallier sich gegen das römische Volk verschworen und untereinander Geiseln stellten. [2] Caesar sagte, er werde der Ehre des Diviciacus und der Haeduer1 wegen diese unter seinen Schutz stellen2 und beschützen. [3] Die Reiter meldeten ihrem Stamm, die Römer seien unterworfen und ihr Lager vom Feind erobert worden. [4] Nachdem Caesar gesehen hatte, dass die siebte Legion von den Feinden bedrängt wurde, befahl er den Tribunen, die Legionen allmählich zu verbinden. [5] Als die Gallier sahen, dass der Turm3 sich den Mauern näherte, sandten sie – bewegt durch diesen ungewohnten und neuen Anblick – Boten für Friedensverhandlungen4 zu Caesar. 1 Haedui, orum msk. in fidem recipere 3 siehe RHH §37 4 de pace mittere 2 WOCHE 03: Pronomina im AcI | Relativische Verschränkung | NcI Das Subjekt des auslösenden Verbs wird im AcI stets durch die entsprechenden Formen des Personal- bzw. Possessivpronomens vertreten: sui, sibi, se (Personalpr.) bzw. suus, a, um (Possessivpr.) für die 3te Singular und Plural mei, mihi, me (Personalpr.) bzw. meus, a, um (Possessivpr.) für die 1te Singular tui, tibi, te (Personalpr.) bzw. tuus, a, um (Possesivpr.) für die 2te Singular nostri (nostrum), nobis, nos (Perspr.) bzw. noster, tra, trum (Posspr.) für die 1te Plural vestri (vestrum), vobis, vos (Perspr.) bzw. vester, tra, trum (Posspr.) für die 2te Plural Verstärkte Formen dieser Pronomina (Bsp. memet, tete, sese) sind oft ein Indiz dafür, dass in der oratio recta (RHH §264) ein explizites Pronomen stand. Caesar: „Gallos superavi“ Caesar se Gallos superavisse dixit. Caesar: „Ego Gallos superavi“ Caesar sese Gallos superavisse dixit. Steht das auslösende Verb im Passiv (gilt nicht für Deponentien!), so findet sich statt des AcI ein NcI (RHH 172). Häufig sind Konstruktionen mit videri (es scheint, dass), dici (man sagt, dass) oder iuberi (es wird befohlen, dass). Bei einer Übersetzung ins Deutsche ist eine Verschiebung des Subjektes oftmals nicht zu vermeiden. Cicero rei publicae fuisse conservator dicitur. Res publica videtur peritura esse. Eine Kombination aus Relativsatz und AcI bzw. NcI wird als relativische Verschränkung bezeichnet (RHH §245). Da Vergleichbares im Deutschen nicht vorliegt, muss umschrieben werden. In eos, quos speramus nobis profuturos, non dubitamus officia conferre. ÜBUNGSSÄTZE [1] Senatoren, ich will milde sein; doch sagt man bereits, ich sei angesichts dieser gewaltigen Gefahren für den Staat untätig. [2] Die Germanen senden ihre Kinder zu Druiden. Dort, so sagt man, müssen sie eine Vielzahl Verse auswendig lernen. [3] Gegen Abend befahl Caesar dass die Soldaten die Stadt verließen, damit sie den Einwohnern keinen Schaden zufügten. [4] Wenn ein Teil der Mauer frei von Verteidigern schien, begaben die Feinde sich unverzüglich dorthin und griffen erneut an. [5] Die Führung dieser Gesandtschaft hatten Dumnorix und Diviciacus inne, die versprachen, ihr Stamm werde ohne Übergriffe durch die Provinz reisen. [6] Dieses sind die Kriegsgründe, von denen ich sage, dass sie gerecht sind. WOCHE 04: Fragen, Imperative und indexikalische Ausdrücke in der oratio obliqua Ist ein Satz (oder eine größere Periode) von einem Verbum sentiendi oder dicendi abhängig, so gelten für alle abhängigen Sätze bzw. Satzteile die Regeln der oratio obliqua (RHH §264); im Einzelnen sind dies: Nebensätze: o treten nach den Regeln consecutio temporum (§229f.) stets in den Konjunktiv o lediglich Zusätze des Berichtenden verbleiben im Indikativ Hauptsätze: o Hauptsätze treten in den AcI, sofern es sich um indikativische Aussagesätze handelt o Hauptsätze treten in den Konjunktiv, sofern es sich um Fragen, Imperative o. ä. handelt Hannibal sagte, er werde mit den Elefanten, die er mit sich führe, die Stadt angreifen Hannibal sagte, er werde mit den Elefanten, die – wie wir wissen – Tiere von ungeheurer Größe sind, die Stadt angreifen. Indexikalische Ausdrücke (d.h. Pronomina oder Adverbien wie hier, ich, heute etc.) werden bei der Umformung von direkter zu indirekter Rede zumeist verändert und auf den Standpunkt des Berichtenden bezogen. Während alle subjektbezüglichen Formen durch se, sibi, suus usw. vertreten werden, steht für angeredete Personen für gewöhnlich die entsprechende Form von ille. Weitere Ersetzungen (RHH §264, NM §472) sind: hic ibi (nicht ille: Fehler im Rubenbauer!) nunc tum / tunc hinc inde huc eo adhuc ad id (illud) tempus hodie eo (illo) die cras postero die / postridie / altera die (sic!) heri pridie Perioden, die von unpersönlichen Ausdrücken (necesse est, constat etc.) abhängen, weisen ebenfalls Nebensätze im Konjunktiv auf. Im Gegensatz zur oratio obliqua jedoch erfolgt keine Ersetzung indexikalischer Ausdrücke: Eos enim sanos quoniam intellegi necesse est, quorum mens motu quasi morbo perturbata nullo sit, qui contra adfecti sint, hos insanos appellari necesse est. ÜBUNGSSÄTZE Übersetzen Sie folgende Sätze jeweils in direkter sowie in indirekter Rede. [1] Die Patrizier erklärten, die von den Plebejern gemachten Vorschläge heute nicht untersuchen zu können: [2] (Sie sagten) Die Tribunen sollten morgen erneut kommen, um zu vernehmen, ob man sie (die Vorschläge) anzunehmen beliebe oder nicht1. [3] Caesar sagte dem Labienus, er solle die Boten zuerst verhören; Warum sei Ariovist nicht selbst zu ihm gekommen? 1 siehe RHH §222. WOCHE 05: Gerundium Das Gerundium (Bildung siehe Verbtabellen RHH §79-99) entspricht dem deutschen substantivierten Infinitiv. Es liegt häufig im Genitiv (auch mit nachgestelltem causa), Ablativ, sowie im Akkusativ mit der Präposition ad (selten in) vor. Die Verwendung im Dativ oder präpositionslosen Akkusativ ist eine absolute Randerscheinung und daher nicht nachzuahmen. Eine Verwechselung mit dem Gerundivum ist zumeist ausgeschlossen, da das Gerundium stets im Neutrum Singular steht und kein Bezugswort in KNG-Kongruenz aufweist. Deponentien und aktivische Verben bilden das Gerundium in gleicher Weise. Composita von -ire (gehen) bilden Gerundium und Gerundivum mit -eund (RHH §102 bei Infintiv). tempus agendi | tempus sequendi | tempus transeundi Das Gerundium ist jederzeit in der Lage, ein eigenes Adverb zu binden. Objekte hingegen sind nur für Gerundia im Genitiv oder im präpositionslosen Ablativ zulässig (RHH §175). Wenngleich auch der Theorie nach mehrere Adjektive, Relativsätze etc. mit dem Gerundium verbunden werden könnten, wird ein solch gewaltsames Aufblähen der Konstruktion (anders als für Partizipien oder Infinitive) in der Praxis stets vermieden; nd-Konstruktionen bleiben somit immer schlank und auf wenige Worte begrenzt. ars legendi ars diligenter legendi ars libros diligenter legendi ars bonos libros diligenter legendi Eine Übersetzung des Gerundiums durch den substantivierten Infinitiv ist zwar immer möglich, bisweilen aber unschön. Im Zweifel lohnt es, auf Nebensätze oder Infinitive mit zu und um zu zurückzugreifen. Hier einige Vorschläge: Gerundium im präpositionslosen Genitiv des [subst. Inf.] / zu [Inf.] Gerundium mit Genitiv + causa wegen des [subst. Inf.] / um zu [Inf.] / zum [subst. Inf.] Gerundium mit Accusativ + ad zum [subst. Inf.] / um zu [Inf.] / finale Nebensätze Gerundium im präpositionslosen Ablativ durch das [subst. Inf.] Gerundium mit Ablativ + in beim [subst. Inf.] Sic tecum agam, ut meo loco vel respondendi vel interpellandi tibi potestatem faciam, vel etiam si quid voles interrogandi. Ubi neutri transeundi initium faciunt, Caesar suos in castra reduxit. ÜBUNGSSÄTZE [1] Der größte Fehler beim Reden ist, über das Reden zu reden. [2] Meine Schriften haben nicht nur den Leseeifer der Jugend geweckt, sondern auch ihren Eifer, zu schreiben. [3] Nachdem die Feinde die Brücke erobert hatten, war keine Zeit mehr, um Speere zu werfen. [4] Weil die Stadt von allen Seiten mit sehr hohen Mauern befestigt war, hatten die Soldaten keine Möglichkeit, anzugreifen. WOCHE 06: Gerundivum als Prädikatsnomen und Attribut Anders als das Gerundium kann das Gerundivum alle Kasus, Numeri und Genera ausbilden – hierzu werden der Stamm des Gerundiums sowie die Kasusendungen der A- & O-Deklination verwendet. Zu beachten ist, dass das Gerundivum mehrere – in ihrer Bedeutung teils deutlich unterschiedene – Verwendungsformen aufweist. Steht das Gerundivum in Verbindung mit dem Prädikat esse im Nominativ oder (als Teil eines AcI) im Akkusativ, beschreibt es eine Handlung, die getan werden muss (Stichwort: Passivzwang). In der Negation ergibt sich zumeist ein starkes Verbot: etwas also, das nicht getan werden darf. Da das Gerundivum hierbei das alleinige, grammatische Subjekt des Satzes (respektive dass-Satzes) bildet, steht es folgerichtig im Neutrum Singular. Die Kopula esse entfällt im AcI regelmäßig. (RHH §176) Nunc est bibendum! | Constat nunc bibendum (esse) Das logische Subjekt der so angegebenen Handlung, die Person oder die Gruppe also, welche die aufgezwungene Handlung ausführen muss, erscheint im Dativus auctoris (RHH §127). Nunc nobis bibendum est! | Caesar sibi agendum (esse) intellexit. Ist die im Gerundivum ausgedrückte Handlung bereits um ein eigenes Dativobjekt erweitert, so erfolgt die Nennung des Handelnden nicht im Dativus auctoris, sondern im Ablativ. Diese Ersetzung hilft, Doppeldeutigkeiten zu vermeiden. Ei a me credendum non erat. Mit dieser Verwendung eng verbunden zeigt sich das attributiv gebrauchte Gerundivum. Es steht ebenfalls häufig in Kombination mit esse, weist aber zusätzlich ein grammatisches Subjekt auf, von welchem es Numerus und Genus übernimmt. Die Aussage, dass etwas getan werden muss, ist sodann auf einen konkreten Gegenstand bezogen. Liber legendus est. | Agri colendi sunt. | Agros colendos (esse) constat. Gelegentlich steht das attributiv gebrauchte Gerundivum ergänzend zum Akkusativobjekt nach Verben des Gebens, Nehmens etc. (RHH §176.2). Der in Teilen finale Charakter einer solchen Konstruktion erlaubt verschiedene Übersetzungen. Trado tibi librum legendum. ÜBUNGSSÄTZE [1] Alle Gallier müssen dasselbe tun, was die Helvetier getan haben. [2] Die zehnte Legion versicherte, zum Kampf bestens bereit zu sein. [3] Caesar glaubte, er müsse weiter vorrücken oder sich schnell zurückziehen. [4] Alle Menschen, seien sie Römer oder Fremde, müssen das Gesetz beachten und geschlossene Verträge einhalten. [5] Nachdem Caesar die Pläne der Feinde erfahren hatte, beschloss er, dass das Lager befestigt und die Reiterei zurückgerufen werden müsse. WOCHE 07: Gerundivumkonstruktionen als Objektersatz Da das Gerundium eigene Objekte nur im Genitiv und präpositionslosen Ablativ binden kann, tritt für alle übrigen Fälle Ersatz durch das Gerundivum ein. Semantisch entspricht eine solche Gerundivkonstruktion ganz dem Gerundium; es besteht also kein Passivzwang. Vielmehr können jene Übersetzungsregeln angewandt werden, die auch schon für das Gerundium festgehalten wurden. Themistocles ad Graeciam liberandam pugnavit. Pompeius piratis persequendis mare tutum reddidit. In amicis eligendis homines saepe neglegentes sunt. Caesar obsides Haeduis custodiendos tradidit. Cicero in re publica administranda fortissimorum virorum exempla sibi proposuit. mutatis mutandis Ein Ersatz des Gerundiums durch das Gerundivum ist indes ausgeschlossen, wenn das in Frage stehende Objekt ein Pronomen im Neutrum Singular oder ein substantiviertes Adjektiv im Neutrum ist (RHH §175.1b). Dialectica est ars vera ac falsa diiudicandi. Cupiditate id oculis suis videndi commotus Labienus primam in aciem progressus est. ÜBUNGSSÄTZE [1] Ariovist erklärte, er habe die Germanen nach Gallien geführt, um sich zu verteidigen, nicht um Gallien zu erobern. [2] Täglich kommen Händler zu ihnen, um Waren zu importieren, die geeignet sind, die Menschen zu verweichlichen. [3] Caesar verließ Gallien, um Gerichtstage abzuhalten; auf dem Weg musste er zahlreiche Schwierigkeiten überwinden. [4] Veranlasst durch die Hoffnung, die Herrschaft über ganz Gallien an sich zu reißen, überquerten die Germanen den Rhein. WOCHE 08: Passiv, unpersönliche Ausdrücke und das deutsche “man“ Das deutsche „man“ kann und muss verschiedentlich übersetzt werden. Für die Verben sagen, befehlen und sehen bieten sich jeweils Umformungen in den entsprechenden NcI (siehe Script, Woche 03) an; man sagt, der Staat (…) – res publica (…) dicitur. Auch das Gerundivum mit esse kann in einigen Fällen als Übersetzung dienen: man muss die Leidenschaften zügeln – libidines coercendae sunt. Darüber hinaus ist bisweilen eine Umwandlung des Prädikats ins Passiv möglich: man hat euch gelobt – laudatis estis. Voraussetzung hierfür ist ein jeweils passendes Objekt: man lobt euch (Acc.) ihr (Nom.) werdet gelobt. Das unpersönliche Passiv der 3ten Person Singular (Vgl. das deutsche „es“) hingegen ist nur für wenige Verben einschlägig1, sollte aber genutzt werden, sobald sich die Möglichkeit ergibt: Bsp. pugnatum est – man hat gekämpft. Concurritur in forum. Utrimque usque ad vesperum est pugnatum. Eine zweite Gruppe von Auflösungen ergibt sich im Bereich aktiver Übersetzungen: Hierzu wird das unspezifische „man“ in ein anderes Personalpronomen überführt. Je nach Semantik und Kontext ist es dabei möglich, dass der Sprecher sich in die Handlung mit einbezieht (wir) oder ausklammert (sie): man glaubt, dass (…) – credunt bzw. credimus. Quae volumus, libenter credimus. Für Ausdrücke wie man könnte, man hätte etc. steht oftmals die 2te. Singular Präsens Konjunktiv; jedoch nur dann, wenn der Kontext eine fiktiv angeredete Person zulässt. Darüber hinaus findet sich diese Konstruktion in einigen Sentenzen. Edere oportet ut vivas, non vivere, ut edas. (Fehler im RHH §106) Zu guter letzt kann das deutsche man auch in ein Pronomen überführt werden. Üblich sind aliquis, quispiam, quisquam oder quis.: dicet aliquis – man wird sagen | dixerit aliquis – man könnte sagen (RHH §216). Dixerit aliquis ea serius a me facta esse. 1 Einige Wörterbücher, wie u.a. der Stowasser, weisen gesondert auf solche Verba hin, indem sie beim Partizip Perfekt Passiv explizit den Nom. Sg. Ntr. anstelle des üblichen Nom. Sg. Msk. angeben. ÜBUNGSSÄTZE [1] Sowohl auf der Spitze des Hügels, als auch beim Tross kämpfte man bis in den Abend hinein. [2] Obwohl man auf beiden Seiten mit größter Anspannung kämpft, sah man niemanden fliehen. [3] Man pflegt zu behaupten, dass die Germanen sich auch im Winter in Flüssen baden. [4] Als sie sahen, dass niemand die Stadt verteidigte, versuchte man, sie vom Marsch aus zu erobern. [5] Man hatte dem Labienus gemeldet, dass die Feinde den Hügel bereits besetzt hielten und man alle Brücken, die über den Sumpf führten, abgerissen hatte. WOCHE 09: Cum mit Indikativ (eine Auswahl) – RHH §253 Cum mit dem Indikativ steht im Sinne des cum temporale; also immer dann, wenn der Nebensatz (allein) dazu dient, die Haupthandlung zeitlich einzuordnen. Regelmäßig geschieht dies mit Bezug auf ein Signalwort (eo tempore | eo die | illo anno, cum …). Es gelten die Regeln der indikativischen Zeitenfolge (RHH §228). Die Verstärkung cum primum (im Deutschen: sobald) gehört technisch betrachtet ebenfalls zu den Temporalsätzen; sie steht daher immer im Indikativ! Cum Caesar in Galliam venit, alterius factionis principes erant Haedui, alterius Sequani. Recordare illud tempus, cum pater Curio maerens iacebat in lecto. Das cum iterativum steht, wenn die Haupthandlung zu einer sich wiederholt (!) ereignenden Nebenhandlung ins Verhältnis gesetzt wird – deutsch: immer dann, wenn. Geht hierbei die Nebensatzhandlung der Haupthandlung zeitlich voraus, so sind für den cum-Satz neben dem Imperfekt auch Perfekt oder Plusquamperfekt möglich (keine strenge consecutio also). Der Hauptsatz hingegen erscheint (als sich wiederholende Handlung) meist im Imperfekt. Hostes cum ex litore nostros ex navi egredientes conspiciebant, impeditos adoriebantur. Fallen Haupt- und Nebenhandlung nicht nur zeitlich, sondern auch sachlich zusammen (und zwar derart, dass die Haupthandlung sogleich als direkter Ausdruck der Nebenhandlung zu verstehen ist), so steht das cum explicativum (auch bezeichnet als cum modale, cum coincidens bzw. cum identicum – siehe RHH). Die deutsche Übersetzung geschieht oftmals durch Ausdrücke wie indem bzw. dadurch, dass. Beispiel: Cum tacent, te accusant (Indem sie schweigen, klagen sie dich an. bzw. Durch ihr Schweigen klagen sie dich an.) Das cum explicativum steht dabei in strenger Gleichzeitigkeit zum Hauptsatz. Bis improbus fuisti, cum et remisisti, quod non oportebat, et accepisti, quod non licebat. Aus überwiegend stilistischen Gründen steht das cum inversum. Es bildet die zeitliche Abfolge zweier Handlungen ab, unterscheidet sich jedoch vom gewöhnlichen narrativen cum (RHH §254) mit Blick auf deren Gewichtung: Durch ein Verschieben der eigentlich relevanten Handlung in den Nebensatz (wobei das Nebensächliche im Hauptsatz berichtet wird) soll Spannung erzeugt werden – sinngemäß: Der Präsident nahm noch ein Bad in der Menge, bevor er aus heiterem Himmel erschossen wurde. Iamque Treveri a Labieno non longius bidui via aberant, cum duas venisse legiones a Caesare missas cognoscunt. ÜBUNGSSÄTZE [1] Sobald er konnte, verließ Caesar Italien und brach zum Heer auf. [2] Kaum war die Sonne aufgegangen, als er befahl, die Brücke abzureißen und den beim Sumpf gelegenen Hügel zu besetzen. [3] Immer dann, wenn sie sahen, dass unsere Männer einen Teil der Mauer nicht verteidigten, griffen die Feinde diesen unverzüglich an. [4] Es wurde von allen Seiten erbittert gekämpft, als Caesar einem seiner Männer den Schild abnahm und selbst in die erste Schlachtreihe vorrückte. [5] Zur Zeit, als Caesar zum ersten Mal1 den Rhein überquerte, gab es bei den Germanen zwei Sorten von Menschen, die in einem gewissen Ansehen standen. 1 siehe RHH §111.1b WOCHE 10: Cum mit Konjunktiv – RHH §254 Sollen die zeitlichen Nebenumstände einer Haupthandlung angegeben werden; so steht der Regel das cum historicum bzw. cum narrativum. In der überwiegenden Zahl der Fälle liegt neben dem zeitlichen Aspekt auch eine weitere Verbindung der beiden Handlungen vor (beispielsweise gehen beide auf dasselbe Subjekt zurück, fallen räumlich zusammen oder stehen in einem gewissen logischen Zusammenhang). Wie für alle übrigen konjunktivischen Nebensätze gelten für das cum historicum die Regeln der consecutio temporum (RHH §229f.). Die Übersetzung ins Deutsche erfolgt – je nach Zeitverhältnis – mit als oder nachdem. Cum esset Caesar in citeriore Gallia in hibernis, litteris Labieni certior fiebat omnes Belgas contra populum Romanum coniurare obsidesque inter se dare. Cum in Italiam proficisceretur Caesar, Servium Galbam in Nantuates misit. Sind die Haupt- und Nebenhandlung eines Satzes primär kausal verknüpft (weil beispielsweise die Nebenhandlung Ursache oder Grund der Haupthandlung ist), so steht das cum causale. Es kann mit praesertim bzw. quippe (welches auch der kausalen Färbung von Relativsätzen dient – RHH §242) verstärkt werden. Die Übersetzung erfolgt zumeist über die Konjunktionen weil bzw. da (ja). Helvetii repentino eius adventu commoti, cum id, quod ipsi diebus viginti aegerrime confecerant, ut1 flumen transirent, uno illum die fecisset intellegerent, legatos ad Caesarem miserunt. Cum suos in pugna superiores esse confiderent, Galli omnibus ex partibus clamore et ululatu suorum animos confirmabant. Das cum adversativum schließlich drückt ein gewisses Spannungsverhältnis zwischen Haupt- und Nebenhandlung aus. Der faktische oder gefühlte Gegensatz dieser Handlungen kann hierbei unterschiedlich stark (Übersetzung mit obwohl, obschon, obgleich) oder schwach (deutsch: wobei bzw. wohingegen) ausgeprägt sein. Nemo a Caesare ad Pompeium transierat, cum paene cottidie a Pompeio milites ad Caesarem perfugerent. Cum multa sint in philosophia gravia et utilia, latissime patere videntur ea, quae de officiis tradita sunt. 1 ein Explikativsatz! – siehe NM §549 ÜBUNGSSÄTZE [1] Weil sie keinen anderen Weg hatten, beschlossen die Gallier, durch unsere Provinz zu marschieren. [2] Nachdem lange und heftig gekämpft worden war, konnten sich unsere Männer des feindlichen Lagers bemächtigen. [3] Als Labienus sah, dass der Feind den Hügel besetzt hielt, zog er sich und seine Männer in die nächstgelegenen Wälder zurück. [4] Als Caesar nach Gallien zurückgekehrt war, wurde ihm berichtet, dass sowohl Galbas, als auch Labienus‘ Lager von den Feinden angegriffen worden war. [5] Obgleich die Feinde nicht mehr als fünfzig Reiter hatten, befahl Caesar seinen Soldaten, die Belagerung aufzuheben und sich auf den nächsten Hügel zurückzuziehen. WOCHE 11: die Konjunktionen ut und ne Die Konjunktion ut mit dem Konjunktiv steht regelmäßig bei den Verba postulandi und curandi (RHH §234 – Vgl. Verba sentiendi und dicendi: RHH §168). Für einige dieser Verben sind neben Akkusativobjekten (obsides postulare) auch AcI-Konstruktionen üblich, wobei sich zuweilen eine Bedeutungsverschiebung zu den ut-Sätzen ergibt (Bsp. persuadere – RHH §234.2). Die Verneinung der Begehrs- und Wunschsätze erfolgt mit der Konjunktion ne (Achtung bei aliqus etc. – es gilt NM §90). Hinsichtlich der Zeitverhältnisse greifen die Regeln der consecutio temporum (RHH §229f.). Darüber hinaus werden – wie auch im AcI – Pronomen, die sich auf das Subjekt des auslösenden Satzes beziehen, oftmals (nicht jedoch immer; bisweilen auch ohne striktes System) durch se, sibi, suus etc. vertreten. Man spricht diesbezüglich von einer inneren Abhängigkeit (RHH §227). Caesar loquendi finem fecit seque ad suos recepit suisque imperavit, ne quod omnino telum in hostes reicerent. Petunt Bellovaci, ut clementia ac mansuetudine sua in se utatur. Darüber hinaus (RHH §235) steht ut mit dem Konjunktiv nach beliebigen Verben im Sinne eines echten Finalsatzes (also immer dann, wenn das Ziel bzw. der Zweck einer Handlung angegeben werden soll – Übersetzung mit damit bzw. damit nicht). Hinsichtlich der Verneinung, consecutio und Pronomina gelten die oben genannten Regeln. Caesar quam celerrime potest ad exercitum proficiscitur, ne graviori bello occurreret. Auch im Sinne eines Konsekutivsatzes (Angabe möglicher oder tatsächlicher Folgen einer Handlung – RHH §237f.) steht ut mit dem Konjunktiv nach den Regeln der consecutio. Die Negation erfolgt jedoch im Unterschied zum Final- oder Begehrssatz nicht über die Konjunktion ne, sondern mit non, nihil, nemo etc.; die deutsche Übersetzung lautet dass bzw. so dass. Aliquot de causis acciderat, ut Galli belli renovandi consilium caperent. Ut mit dem Indikativ schließlich erscheint im Vergleichssatz (RHH § 246 – deutsch: wie). Dieser kann bisweilen auch verkürzt sein und als Ellipse (d.h. ohne eigenes Prädikat) auftreten. Caesar cum ab hoste non amplius passuum XII milibus abesset, ut erat constitutum, ad eum legati revertuntur; Nach Verben des Fürchtens und Hinderns (RHH §236) steht ne in der Bedeutung, dass. Hac re per exploratores cognita Caesar insidias veritus est. ÜBUNGSSÄTZE [1] Caesar schickte die Reiterei zu den Germanen, damit von ihnen keine Unterstützung nach Gallien gesandt werde. [2] Nachdem man die Angelegenheit gemeldet hatte, befahl Caesar ihnen, sämtliche Truppen in die Heimat zurückzuführen. [3] Die Germanen fürchteten, dass, nachdem ganz Gallien erobert worden war, der Krieg auch zu ihnen getragen1 werde. [4] Labienus wartete auf die Ankunft der Reiterei, damit der Feind durch einen gemeinsamen Angriff leichter überwunden werden konnte. [5] Nachdem sie die Brücke abgerissen hatten, kehrten die Soldaten wie beschlossen (wie beschlossen worden war) zu Caesar zurück. 1 Achtung: bellum ducere bedeutet nicht Krieg führen, sondern den Krieg in die Länge ziehen. WOCHE 12: Übungstext [1] Um die dritte Nachwache erteilt er dem Legaten Titus Labienus den Befehl, mit zwei Legionen den Berg einzunehmen. [2] Er legt ihm seine Pläne dar. [3] Er selbst begibt sich um die vierte Nachtwache herum auf jenem Weg, den auch die Feinde genommen hatten, zu ihnen und schickt die gesamte Reiterei vor sich her. [4] Publius Considius, von dem man sagt, er sei in Kriegsdingen sehr erfahren, wird mit Kundschaftern vorausgeschickt. [5] Als der Bergrücken bei Tagesanbruch bereits von Labienus gehalten wurde, und er selbst nicht weiter als eine Meile vom feindlichen Lager entfernt war, kehrt Considius plötzlich zu ihm zurück: [6] Der Berg, der eigentlich von Labienus besetzt werden sollte, werde von den Feinden gehalten; er habe dies anhand der gallischen Waffen und Feldzeichen erkannt. WOCHE 13: Übungstext (Fortsetzung) [7] Caesar zieht seine Truppen hieraufhin unbemerkt zum nächsten Hügel ab und lässt sie die Schlachtordnung einnehmen. [8] Labienus aber wartete, nachdem er den Hügel besetzt hatte, auf die Ankunft der Römer und hielt sich vom Kampf fern. [9] Ihm war von Caesar befohlen worden, dass er kein Gefecht beginne, wenn nicht seine eigenen [Caesars] Soldaten nahe dem feindlichen Lager erschienen seien, damit der Angriff auf die Feinde zur gleichen Zeit von allen Seiten geschehe. [10] Als schließlich die Sonne aufgegangen war, erfuhr Caeasar von Kundschaftern, dass nicht nur der Berg von seinen Leuten gehalten wurde, sondern auch, dass die Helvetier ihr Lager verlegt hatten. [11] Considius aber hatte, weil er fürchtete, die Feinde könnten ihn ergreifen, sich diesen nicht genähert und Dinge gemeldet, die er nicht mit eigenen Augen gesehen hatte.
© Copyright 2024 ExpyDoc