„Seifen-Niegel“ – Eine Hausgeschichte Wie so

„Seifen-Niegel“ – Eine Hausgeschichte
Wie so viele andere Gebäude der Stadt wurde auch die Bautzner Straße 13 ein Opfer der Flammen
des Brandes von 1842. Mit dem Wiederaufbau wurde noch im Oktober 1842 begonnen.
StadtA KM, C 3.6.2 Bauzeichnungen nach dem Stadtbrand von 1842
Damals gehörte das Gebäude dem Seifensiedermeister Karl Eduard Koark. Dessen Tochter Minna
Alma heiratete den Tuchfabrikanten Gustav Adolph Niegel. Dieser hat das Haus nach dem Tod der
Witwe des Seifensiedermeisters 1893 von den Erben erworben. Da er aber Tuchfabrikant war,
verpachtete er die Seifensiederei an den Seifensieder Raimund Rottenbacher.
StadtA KM, B 6. U-1 NL Fotograf Alfred Uschner, Bautzner Straße 13 (rechts im Bild) vor 1905
Erst ein Sohn des Tuchfabrikanten Niegel - Moritz Hermann - erlernte das Handwerk des Seifensieders. Im April 1905 übernahm besagter Hermann Niegel den Betrieb in der Bautzner Straße 13 von
Rottenbacher. Seine Gewerbeanmeldung erfolgte am 3. April 1905. Noch im gleichen Jahr nahm er
eine Vergrößerung des Geschäftsraumes bzw. Veränderungen am Haus insgesamt vor.
StadtA KM, B 6. U-1 NL Fotograf Alfred Uschner, Bautzner Straße 13 („Seifen-Niegel“) kurz nach 1905
Neben Seifen verkaufte Niegel auch Waschmittel und Parfümeriewaren. Allerdings meldete Hermann
Niegel sein Gewerbe am 13. April 1915 - womöglich kriegsbedingt wegen Militärpflicht - wieder ab,
um dann am 19. Juni 1920 das Gewerbe jedoch wieder aufzunehmen.
StadtA KM, B 6. U-1 NL Fotograf Alfred Uschner, Bautzner Straße 13 um 1910
Bei dem Herrn im Eingang des Geschäftes könnte es sich um Hermann Niegel handeln.
Im August 1933 - dem Todesjahr von Minna Alma Niegel, geb. Koark - expandierte der Seifensiedermeister Hermann Niegel auf die Schützen- bzw. Güterbahnhofstraße (33). Für seine Söhne
Erich Max Helmut und Werner Karl Gottfried erwarb er die notwendigen Grundstücke zur Errichtung
einer neuen Seifensiederei vom Baumeister Johannes Kurt Linke. Nach Aktenlage wurde 1934 zuerst
ein Lagergebäude und 1936 die eigentliche Seifensiederei erbaut, so dass seit 1937 mit der
Produktion begonnen werden konnte. Besonders hervorzuheben ist dabei, dass Hermann Niegel die
Fabrik von seinen (minderjährigen) Söhnen pachtete. Auf Anordnung der Reichsstelle für industrielle
Fettversorgung wurde die Seifensiederei mit Wirkung vom 5. September 1939 stillgelegt. Das
Lagergebäude sollte erst zum 1. Januar 1940 geschlossen werden, damit Niegel die Möglichkeit
gegeben werden konnte, vorhandene Bestände aufzubereiten sowie im Ladengeschäft auf der
Bautzner Straße zu veräußern. In diesem Sinn handelt es sich demnach nicht unbedingt um eine
Zwangsenteignung, sondern vielmehr um eine generelle staatliche Maßnahme zur Sicherung
kriegswichtiger Rohstoffe. Niegel hoffte zwar, dass er bald wieder mit der Produktion beginnen kann,
doch dies wurde ihm verwehrt. Noch im gleichen Jahr (1940) erfolgte die Lösung des Pachtverhältnisses und die endgültige Übertragung der Seifenfabrik an die Söhne von Hermann Niegel. Da
jedoch die Stilllegung bestehen blieb und zudem die Söhne seit 1941 zum Kriegsdienst eingezogen
waren, ruhte das Unternehmen weiter. Bereits im Juli 1945, die Söhne befinden sich noch in Kriegsgefangenschaft, erhielt Hermann Niegel die Genehmigung zur Wiederaufnahme der Seifensiederei
und des Verkaufs von Seifenprodukten. Nach seiner Rückkehr am 3. Juli 1947 übernahm Werner Karl
Gottfried Niegel die Seifensiederei und das Ladengeschäft. Sein Bruder Erich verstarb am
21. September 1947 in Gefangenschaft. Mit dem Tod von Werner Karl Gottfried Niegel im Jahre 2008
stellte die Firma ihre Produktion ein und das Verkaufsgeschäft wurde geschlossen. Damit endete
nach annähernd zwei Jahrhunderten die Geschichte des Kamenzer Seifenhandwerks auf der Bautzner
Straße 13.