Mit Papier und andern getreulich umbzugehen

Mit Papier und andern getreulich umbzugehen
Ein Streifzug durch 1000 Jahre Thüringer Geschichte
Buchankündigung des Staatsarchivs Gotha
Archive in Thüringen 2015 – Neuerscheinungen
Das Thüringische Staatsarchiv Gotha wird im Jahr 2015
nach über 350 Jahren im Schloss Friedenstein in das
neue Archivdomizil Perthes-Forum umziehen. Dieser Umzug, der von Bund und Land mit 18 Mio. € Baumitteln für
das Gesamtvorhaben ermöglicht wurde, war dringend
notwendig, da die Klima- und Arbeitsbedingungen im
Schloss der Bestandserhaltung höchst abträglich waren.
Schon allein die Höhe der Bausumme bezeugt, wie hoch
der kulturelle und geschichtliche Wert der Gothaer Sammlungen eingestuft werden.
Der Ursprung des Archivs in Gotha ist eng verbunden mit
der 1640/1641 erfolgten Gründung des Herzogtums Gotha. Nach Übernahme der Urkunden, u. a. für die Klöster
Reinhardsbrunn, Georgenthal und Ichtershausen, von
Amtsbüchern und Akten für das Gebiet des neuen Herzogtums wurde in Gotha das Archivgewölbe in Schloss
Friedenstein erbaut. Bereits in den Bauplänen von 1643
war dieses Archivgewölbe vorgesehen, das dann zwischen 1646 und 1649 bezogen werden konnte. Der Herzog überwachte persönlich dessen Einrichtung. Mit der
Gründung des Herzogtums Gotha errichtete Ernst der
Fromme einen protestantischen Musterstaat, der für
seine Staatsreform, aber auch für seine Schulen und Bildungsstätten berühmt war und zum Vorbild für die Reformen protestantischer Staaten wurde, z. B. Preußens unter
Friedrich Wilhelm I.
Gleichzeitig entstand in Gotha die Keimzelle dessen, was
im 18. Jahrhundert als barocker Hof weite Ausstrahlung
in Europa erreichte, den Vergleich mit Paris standhalten
konnte, und Philosophen(könige) wie Voltaire und Friedrich den Großen anzog. Die Förderung von Kunst und Wissenschaft fand ihren Ausdruck nicht nur in den wissenschaftlichen Sammlungen, sondern auch in der Begründung ganzer Wissenschaftsrichtungen wie der Äthiopistik, der Astronomie oder der Geographie. Ein Beispiel: die
Astronomie in Gotha hatte einen so hohen Ruf, dass die
britische Admiralität die Berechnungen für ihre Navigationskarten und -tabellen hier erstellen ließ.
Heute werden im Staatsarchiv Gotha 9.100 Urkunden,
9.200 lfm Akten und 64.000 Karten von der Gründung der
Landgrafschaft Thüringen im Mittelalter, der kulturellen
barocken Glanzzeit des Herzogtums Sachsen-Gotha im
18. Jahrhundert, der preußische Geschichte der Stadt Erfurt, des Wiederaufstiegs des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gothas durch die Heirat Prinz Alberts mit Queen
Victoria bis hin zum Ersten Weltkrieg und der Gründung
des Volksstaates Gotha verwahrt. Das Staatsarchiv Gotha sichert damit bedeutende Zeugnisse des ernestinischen Erbes in Thüringen von der Gründungsurkunde
des Klosters Reinhardsbrunn aus dem Jahr 1092, über
eine Kaiserurkunde Friedrich Barbarossas für das Kloster
Ichtershausen 1179, eine Papstbreve Leos X. an Kurfürst
64
Friedrich den Weisen zum Kampf gegen Martin Luther von
1518, den Briefwechsel von Herzogin Luise Dorothea von
Sachsen-Gotha mit Friedrich dem Großen 1756 bis 1767
bis hin zur Sammlung von diplomatischen Grußadressen
an Prinz Alfred von Sachsen-Coburg und Gotha, Sohn von
Queen Victoria, auf seinen Reisen durch das britische Empire.
Die positive Zäsur des Umzugs nimmt das Staatsarchiv
Gotha zum Anlass, die Archivschätze gedruckt und kommentiert vorzulegen. Diese Publikation soll die neue Ausstellung zur Eröff nung wirkungsvoll ergänzen und bei der
offiziellen Neueröff nung des Perthes-Forums im Oktober
präsentiert werden. Ebenso wird eine positive Langzeitwirkung dieser Publikationsart erhoff t. Da ja die gedruckten Archivschätze nie veralten, liegt hier nicht nur ein
Katalog kultureller Spitzenstücke vor, sondern auch eine
Argumentationshilfe in Richtung Verwaltung und Politik.
Die Publikation entsteht in Zusammenarbeit mit dem Historischen Verein für Schwarzburg, Hohenlohe und Gleichen. Zum einen, weil von dort die technische und logistische Unterstützung erfolgt, zum anderen, weil sich im
Staatsarchiv Gotha die Adelsarchive der Grafen von Gleichen bzw. Fürsten von Hohenlohe befinden, aus denen
bedeutende Stücke, z. B. die Ersterwähnung des Erfurter
Rats im Jahr 1217, die Archivschätze bereichern werden.
Der Band ist ab Oktober 2015 beim Staatsarchiv Gotha
und im Buchhandel für 29,95 € erhältlich.
Dr. Steffen Arndt
Thüringisches Staatsarchiv Gotha