D MENSCHEN | MM21, 18.5.2015 | 25 Bänz Friedli Moment mal Da haben wirs wieder mal: «Gewalt bei jungen Pärchen nimmt zu», titelte der «Blick», «Jeder Zweite leidet unter Cybermobbing», wusste die NZZ zu berichten. Unsere Jugend: versaut, gewalttätig und kriminell. Man weiss es ja. Von diesem «Carlos» ist seit Monaten fast täglich zu lesen, dem jugendlichen Messerstecher aus Zürich, dem offenbar mit keinem noch so teuren «Sondersetting» beizukommen war. Schon betreibt die eine Partei – diejenige, welche «das Volk» im Namen führt – mit seinem Beispiel Wahlkampf: «Keine Steuergelder verschwenden für Carlos und die Sozialindustrie!» Bänz Friedli (50) über coole Jugendliche. Moment mal. Was war den Schlagzeilen über die ach so arge Jugend vorausgegangen? Die Meldung, wonach gemäss einer ETH-Studie Gewalt und Verbrechen von Jugendlichen geschwunden seien, und zwar massiv: Rangeleien, Körperverletzungen, Raub, Erpressung und sexuelle Gewalt unter Jungen sind gegenüber 2007 um rund ein Drittel zurückgegangen. Sie trinken weniger, rauchen weniger, kiffen weniger als früher. Tage später, letzte Woche wars, untermauerte eine Polizeistatistik die Ergebnisse der Forscherinnen und Forscher: Unsere Jugendlichen sind brav. Und sie treiben in ihrer Freizeit laut einem Bundesamt im Schnitt täglich eine Stunde Sport, den Schulsport noch nicht mal eingerechnet! Und was steht in der Zeitung? Wie schlimm es um die Jungen stehe. Nun mag es Aufgabe der Medien sein, das Negative herauszugreifen, auf Missstände hinzuweisen. Warum aber gross auf Gifteleien via Handy, Facebook und Twitter machen, wenn selbst der Studienleiter der ETH davor warnt, dieses sogenannte Cybermobbing zu dramatisieren? Weshalb sexuelle Gewalt unter Jugendlichen herausstreichen, obgleich sie stark rückläufig ist? Mir ist das unerklärlich. Statt des ewigen Bildes einer bewegungsfaulen Jugend, die nur noch an ihren Smartphones und Bildschirmen hängt und angeblich durch Games und Filmchen zu Gewalt angeleitet wird, könnten die Medien von Flavio berichten, dem Landschaftsgärtnerlehrling, der alle seine Ferienwochen – alle! – daran gibt, Pfadilager für jüngere Jugendliche zu leiten. Von Rebecca, der Umweltaktivistin, die neben dem Gymi fast täglich Unterschriften sammelt, Aktionen plant, Podiumsdiskussionen organisiert. Von Ivan, der verrückte Roboter bastelt, trotz der strengen Lehre Unihockeyjuniorinnen trainiert und mit Freunden Raps aufnimmt. Von einer Million hellwacher, engagierter, cooler Jugendlicher wäre zu berichten. Und weil ich mir wünschte, es stünde mal etwas über diejenigen Jugendlichen in der Zeitung, die supergut drauf sind, habe ich ihnen hier eine Seite gewidmet. Bänz Friedli live: 20. 5. Heerbrugg SG, 21. 5. Zofingen AG, 22. 5. Deitingen SO. Anzeige Das Richtige tun Wenn Armut ihr Gesicht zeigt Erfahren Sie mehr über Patrizia und ihre Kinder: www.dasrichtigetun.caritas.ch Patrizia Monier (33), Alleinerziehende in der Schweiz
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