oh-telegramm.de 01/2015 7. Juli 2015 · oh-telegramm - Vierteljährliche Abrechnung mit der Kommunalpolitik Wahnsinnstunnel oder Tunnelwahnsinn? INHALT Lässt sich das Jahrhundertdesaster noch gegen CDU, SPD und Grüne stoppen? Guten Morgen Ostholstein Eigentlich gibt es doch schon genug bedrucktes Papier, das in der blauen Tonne landet. Wozu also noch das oh-telegramm.de? Seite 2 Wo steht der Kreis Ostholstein? Glaubt man der regionalen Presse: alles bestens! Steigende Übernachtungszahlen, gut gelaunte Urlauber, zufriedene Bürger. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Seite 2 Was macht eigentlich…??? Unter dieser Rubrik stellen wir in jeder Ausgabe eine Person des öffentlichen Lebens in Ostholstein vor. Was liegt näher, als mit dem Kreispräsidenten Ulrich Rüder (CDU) zu beginnen? Seite 3 (Foto: FEMERN A/S) VON THEO IHSSEN Die SPD in Kiel will ihn. Die CDU sowieso. Die Grünen in Kiel wollen ihn nicht, wählen aber den bekennenden Tunnel-Fan Reinhard Sager (CDU) für die kommenden acht Jahre zum Landrat des Kreises Ostholstein. Was denn nun? Die Idee ist nicht ganz neu: schon im Jahr 1999 begannen die Diskussionen, ob an Stelle der Fährverbindung zwischen der Ostholsteiner Sonneninsel Fehmarn und dem dänischen Lolland ein festes Bauwerk den bisherigen Fährverkehr der Scandlines ersetzen sollte. Der Hintergrundgedanke lag klar auf der Hand: nicht nur eine Verkürzung der Fahrzeit stand auf der Haben-Seite, sondern vor allem versprechen sich die Befürworter eine engere Anbindung der skandinavischen Wirtschafträume an die Metropolregion Hamburg. Andererseits war allen klar, dass ein Bauwerk diese Dimension, immerhin sind 18 Km Ostsee zu überwinden, nicht für Kleingeld zu haben sein würde. Mit anderen Worten: das Projekt sollte sich durch eine Maut finanzieren. Die dänische (staatliche) Betreibergesellschaft Femern A/S hat sich im Jahr 2011 auf eine Tunnellösung festgelegt: ein Tunnel aus vorgefertigten Betonelement soll in den Fehmarnbelt abgesenkt werden und so Fehrmarn mit Lolland verbinden. Eine Fertigstellung war zunächst für das Jahr 2021 geplant. Die Kosten – nur für den Tunnel, ohne Anbindung des Hinterlandes – sollten 5,5 Milliarden Euro betragen. Zwischenzeitlich wurde die Kostenschätzung auf 9 Milliarden Euro erhöht. Dennoch hat das Dänische Parlament am 28.04.2015 das Projekt genehmigt. Ursprünglich, unter Annahme der Baukosten von 5,5 Milliarden Euro, sollte sich das Projekt nach 39 Jahren amortisiert haben. Nachdem nun Kosten von 9 Milliarden Euro zu Buche schlagen, wird ein Amortisationszeitraum vorsorglich nicht mehr genannt. Die Verkehrsprognosen sind vage und wenig plausibel: wird angesichts zu Neige gehender Rohölreserven und der Notwendigkeit von CO2-Einsparungen in den nächsten Jahrzehnten überhaupt noch konventioneller LKW- und Individualverkehr vertretbar sein? Nimmt man in Kauf, die funktionierende und bewährte Struktur der Fähren zu zerschlagen? Wer zahlt die Zeche, wenn die Finanzierung an mangelnder Auslastung des Tunnels scheitern? Und last not least: welche Folgen sind für die Bauphase und die Zeit danach für die Menschen im Kreis Ostholstein zu erwarten? Ein ausführlicher Bericht folgt auf Seite 4 und 5. Warum bei uns Kinder auf der Autobahn geboren werden Seit der Schließung der Oldenburger Geburtenstation häufen sich „Problemgeburten“ im Kreisnorden. Hier die Hintergründe: Seite 6 Wie sicher sind Ostholsteins Straßen? Die wesentlichen Fakten aus dem Verkehrssicherheitsbericht. Seite 6 Kupfer im Trinkwasser Was man wissen sollte. Seite 7 Der Gelbe Sack Ein ständiges Ärgernis. Meist reißt der Gelbe Sack schon bevor man ihn überhaupt von der Rolle hat. Wie reagiert der ZVO? Seite 7 oh-telegramm.de schräg In einer kommunalen Zeitung mit kritischem Anspruch darf die Satire nicht fehlen. Dafür steht unsere Seite 9. oh-telegramm.de Seite 2 Guten Morgen Ostholstein! Wo steht der Kreis Ostholstein? VON MARTIN KIENITZ Liebe Ostholsteiner, liebe Gäste! Hier ist was los im Kreis: Babys werden im Rettungswagen geboren, weil der Kreis tatenlos zusieht, wie die SANA-Gruppe als privater Klinikbetreiber die Geburtenstation in Oldenburg schließt. Beim ZVO, dem Zweckverband Ostholstein, verschwindet tonnenweise Edelstahl, und keiner will was gemerkt haben. Unter dem ausgeschiedenen Verbandsvorsteher Heiko Suhren werden mal eben 750.000 Euro für ein Invest in ortsfremde Energieunternehmen verzockt. Keiner muckt auf, obwohl der ZVO gerade die nächste Runde von Gebührenerhöhungen einläutet. Die große Mehrheit der Küstenbewohner will keine feste Fehmarnbeltquerung: ein Konzept, dass auf Energie- und Verkehrskonzepten des letzten Jahrhunderts beruht und hier in den Urlaubsregionen, unserer wirtschaftlichen Lebensader, für Lärm, Luftverschmutzung und nebenbei für eine gigantische Entwertung von Privateigentum sorgt, erscheint den Bürgern überflüssig. Über diese und viele andere Dinge, die sich gegen die Menschen im Kreis richten, berichtet die Lokale Presse entweder nicht, oder jedenfalls nicht kritisch. Stattdessen geht sie mit den Provinzfürsten der Kommunalpolitik ins Bett. Vorläufiger Höhepunkt in diesem Skandal war die „Berichterstattung“ von Susanne Peyronnet in den Lübecker Nachrichten zur Wahl des Landrates im März 2015: während für den CDU-Kandidaten Reinhard Sager mehrere Sympathie-Artikel erschienen, vom Adventskalendertürchen bis zur offenen Lobhudelei über seine vermeintlichen Erfolge der Vergangenheit, wurden die kritische Stimmen abgewatscht. Anschließend feierte die LN ihre gelungen Einflussnahme auf das Wahlgeschehen noch mit einem Kommentar „Der richtige Mann am richtigen Ort“. Das ist nicht nur öde, es verstößt auch gegen die Pflicht der Presse zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Berichterstattung. Aus diesem Grund haben sich die Initiatoren des oh-telegrammes zusammengefunden, um ein Gegengewicht zu schaffen: ein regelmäßig erscheinendes Druckwerk, dass die Kommunalpolitik aus Bürgersicht aufs Korn nimmt. Bitte weitersagen! 01/2015 VON OLAF NEUMANN Diese Frage beantwortet man am besten mit Zahlen. Dazu gibt es vom CDU- und Arbeitgebernahen INSM (Initiative neue soziale Marktwirtschaft) und von dem unabhängigen Institut „Prognos“ Erhebungen. Die Institute erstellen nach festgelegten Kriterien Rankings unter den etwas über 400 Landkreisen. Derzeit liegt Ostholstein im Gesamtranking auf Platz 300, etwa gleichauf mit den Regionen im Oderbruch. Seit 2007 ist der Kreis um 42 Plätze abgestiegen. Beim Durchschnittseinkommen lagen wir 2007 mit Platz 349 an letzter Stelle in Schleswig-Holstein, jetzt sind wir auf 379. Im Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner sind wir von 298 auf 356 abgesackt. Bei der Arbeitsplatzversorgung stagnieren wir seit 2007 um den Platz 300 herum. Bei der Zahl der ALG-II-Empfänger stagnieren wir bei Platz 236. Bei der Produktivität sind wir von 335 auf 344 abgestiegen. Bei der Zahl hochqualifizierter Arbeitskräfte sind wir bei Platz 389 angekommen, wohlbemerkt: bei rund 400 Kreisen. Bei der Kita-Betreuungsquote liegen wir mit 397 auf einem der letzten fünf Plätze. Dazu passend: Demografieranking Platz 373. Das könnte man beliebig so fortsetzen. Es gibt für den Kreis nur eine Richtung: abwärts. Das sind allarmierende Zahlen. Leider sind in der Kommunalpolitik keine Ansätze erkennbar, gegenzusteuern. Es gibt lediglich Mangelverwaltung, kaum neue Ideen und vor allem bei CDU, SPD und Grünen ein „weiter so!“. Politik sollte gestalten, nicht Sterbehilfe leisten. (Foto: Kreis-OH) Der richtige Mann am richtigen Platz? Am 24. März 2015 wählte der Kreistag Ostholstein Reinhard Sager (CDU) für weitere acht Jahre zum Landrat. Mit dem Kommentar „Der richtige Mann am richtigen Platz“ verteilten die „unabhängigen“ Lübecker Nachrichten am 25. März 2015 schon mal reichlich Vorschusslorbeeren. Von 59 Abgeordneten erhielt Sager 40 Ja-Stimmen. 18 Stimmen entfielen auf den parteilosen Gegenkandidaten Volkmar Bauer. Eine Stimme war ungültig. Eine komfortable Mehrheit sollte man meinen. Berücksichtigt man aber, dass 19 Abgeordnete die Zustimmung verweigerten, so ist Sager, der als Verwaltungschef zur Neutralität verpflichtet wäre, wohl doch nicht so ganz jedermann Lieb- VON MARTIN KIENITZ ling, eher ein zweidrittel-Landrat. Das hat auch gute Gründe: in Sagers Amtszeit fiel die Privatisierung der ZVO-Müllsparte, die für die höchsten Müllgebühren weit und breit sorgten, während die Hamburger Investoren mittlerweile rund 10 Mio. € Gewinne mit nach Hause nahmen. Auch die Privatisierung der Ostholstein-Kliniken an die SANA-Gruppe kann man getrost als Pleite bezeichnen: obwohl Sager im Aufsichtsrat der SANA-Klink sitzt, hat er tatenlos bei der Schließung der Geburtenstation in Oldenburg zugeschaut, ja sogar den Kreistag noch falsch über die Tatsachen informiert (Näheres auf Seite 7). Der hohe Krankenstand in der Kreisverwaltung spricht auch nicht eben dafür, dass Sager seine Mitarbeiter optimal motiviert. Sager übt über 20 Nebentätigkeiten aus. Schließlich hat er auch mit seiner gescheiterten Bewerbung beim Sparkassen- und Girosverband gezeigt, dass Ostholstein seine Herzenssache nicht so ganz ist. Auf die Frage des Bürgers, ob er denn für die ganzen acht Jahre Landrat bleiben wolle, wich er aus: „Die Frage stellt sich nicht“. Sager ist bekennender Befürworter des Tunnelprojektes. Fragt sich also, ob Sager wirklich die Interessen der Ostholsteiner vertritt, oder in Wahrheit die Interessen der Wirtschaft und der Berliner Verkehrspolitik durchsetzt, und zwar gegen die Bürger des Kreises. Mit dem unabhängigen Gegenkandidaten Volkmar Bauer hätte eine echte Alternative zu Sager bestanden. Bauer zeigte sich erfrischend ideenreich, brachte viele Impulse mit. Gegen die Stimmen von CDU und Grünen war der aber chancenlos. Fazit: Sager wird die acht Jahre bis zu seiner Pensionierung abwettern. Für den Kreis ist wohl eher Stillstand (= Rückschritt) zu erwarten. oh-telegramm.de 01/2015 Seite 3 Unter dieser Rubrik stellen wir in - jeder Ausgabe eine Person des öf7 fentlichen Lebens in Ostholstein vor. Was liegt näher, als mit dem Kreispräsidenten zu beginnen? g Am 20. Juni 2013 wurde Ulrich Rüder zum Kreispräsidenten ge. wählt. Dem Kreistag gehört Ulrich - Rüder seit 2003 als CDU-Frakti, onsmitglied an. Ulrich Rüder war nach der Aus- bildung in der gehobenen Beamtenlaufbahn in der Gemeinde Henstedt-Ulzburg und in der e Gemeinde Schönberg tätig. Seit Februar 1990 bis 31. Januar 2002 war er Bürgermeister der Gemeinde Scharbeutz. Vom 1. Februar 2002 bis zum 31.12.2014 war er als selbstständiger Unternehmens- und Kommunalberater tätig (Quelle: Kreistagspublikation un- ter www.kreis-oh.de) Bundesweite Aufmerksamkeit richtete sich auf Rüder für einen eigenen Eintrag im „Schwarzbuch“ des Bundes der Steuerzahler für die Errichtung des sogenannten „Soda-Turmes“ (er steht nur so da). Für den vollkommen funktions- und nutzlosen Bau zahlte die Gemeinde Scharbeutz rund 250.000 €. Was Rüder auch nicht so gerne in seinen Lebenslauf schreibt: nach seinem Ausscheiden aus dem Amt des Bürgermeisters in Scharbeutz wurde er als sogenannter selbstständiger Kommunal- und Unternehmensberater ausgerechnet für eben jene Fima Alpen (Neustadt/ OH) tätig, an die er eben noch als Bürgermeister Millionenaufträge für Tief- und Straßenbau vergeben hatte. Wie es der Zufall wollte, erhielt die Firma Alpen zusammen mit den Müllriesen Nehlsen und Dörner auch noch im Jahr 2004 den Zuschlag für die Privatisierung der ZVO Müllsparte. Gewinn bis heute: rund 18 Mio€. Zahler: die Müllbürger in Ostholstein. Als Hinweise auftauchten, dass Rüder als Kommunal- und Unternehmensberater auch in touristische Projekte in Heiligenhafen verwickelt sein könnte, Projekte, in denen es auf Entscheidungen des Kreisverwaltung ankommt, lehnte die Kommunalaufsicht in Kiel ein Einschreiten ab, ebenso wie nennenswerte Ermittlungen. Inzwischen soll er seine Tätigkeit eingestellt haben. Das Verständnis Rüders von seiner neutralen Amtsführung als Kreispräsident: der SPD-Kreistagsabgeordnet Burghard Klinke darf sich in einem Kreistagsbeitrag ge- (Foto: Kreis-OH) Was macht eigentlich…??? ULRICH RÜDER gen unangemessene Berichterstattung der lokalen Presse wehren, der FWG-Abgeordnete Martin Kienitz nicht. Unser Fazit: es hätte für das Amt des Kreispräsidenten sicher bessere Kandidaten gegeben. Warum es sich lohnt, die Lübecker Nachrichten nicht zu lesen Es weckt Misstrauen, wenn ein Druckwerk es nötig hat, sich selbst als „unabhängig und überparteilich“ zu belobhudeln. So finden wir diese Attribute auf den Erzeugnissen der Springer-Presse, allen voran die BILD. Wer sich ein bisschen näher mit dem Medienhaus Springer beschäftigt hat weiß, dass BILD eben nicht unabhängig und überparteilich berichtet, sondern mit größter Freude in der schmutzigen Wäsche anderer Menschen wühlt, bis hin zu dem den dramatischen Ereignissen um den Freitod von Raimund Harmstorf, der letztlich von BILD in den Freitod gehetzt wurde. Auch die Lübecker Nachrichten, der Madsack Medien-Gruppe in Hannover zugehörig, bezeichnen sich als unabhängig und überparteilich. Aber was ist dran? Nehmen wir mal als Beispiel das Wahlgeschehen um den EIN KOMMENTAR VON THEO IHSSEN CDU-Landrat Reinhard Sager: Sager hat die Sympathien der LN-Redaktion, allen voran ihrer „Chefreporterin“ Susanne Peyronnet. So wurden von Frau Peyronnet im Vorfeld von Sagers Wiederwahl im März 2015 diverse Sympathie-Artikel für den CDU-Mann gestreut. Sager als FC-Bayern-Fan, Sager als Adventskalendertürchen, Sager will die Früchte seiner Arbeit ernten usw. usw.. Nach Berichten über Sagers Verhalten, z. B. bei der Frage zum hohen Krankenstand in seiner Kreisverwaltung, seiner Untätigkeit bei der Schließung der Geburtenstation in Oldenburg, der Schließung des Hubschrauberlandeplatzes für Notfallpatienten, bei den ausufernden Müllgebühren des ZVO usw. usw. sucht man in den Lübecker Nachrichten vergeblich. Gekrönt hat „Chefreporterin“ Susanne Peyronnet ihre manipulative Berichterstattung am Tage nach Sagers Wiederwahl mit einem Kommentar „Der richtige Mann am richtigen Platz“. Welch ein absurdes Spektakel, so für einen CDU-Mann in die Bresche zu springen, einen CDUMann, dem immerhin ein Drittel der Kreistagsabgeordneten nicht ihr Vertrauen ausgesprochen haben. Ähnliche Erfahrungen konnte man bei den unangenehmen Fragen nach Autobahngeburten, nach Edelstahldiebstählen beim ZVO oder bei der Frage von Leiharbeitern in der hiesigen Müllwirtschaft erleben: ex-ZVO-Direktor Suhren konnte die Öffentlichkeit mittels Lübecker Nachrichten belügen was das Zeug hielt. Auf die Reklamationen durch Bürgerinitiativen reagierten die Lübecker Nachrichten nicht, ließen die Lügen stehen. Abgesehen davon, dass den Lübecker Nachrichten nicht zu entnehmen ist, ob es überhaupt einer Qualifikation bedarf, um dort „Chefreporter“ zu werden, kann man jedenfalls resümieren, dass dort nicht immer unabhängige und überparteiliche Berichterstattung stattfindet, leider nicht einmal eine ehrliche. Ich habe mein Abo gekündigt. Vielleicht hilft’s Impressum oh-telegramm.de Kostenlose Verteilung: Gesamtauflage bis zu 30.000 Exemplare. Herausgeber: oh-telegramm.de - Verlag Anschrift: Martin Kienitz, Ahrensböker Straße 5, 23684 Scharbeutz Verantwortlicher Redakteur: Martin Kienitz Redaktion: Marin Kienitz, Olaf Neumann, Theo Ihßen Tel. +49 (4524) 705431, Fax +49 (4524) 705435; E-Mail: [email protected]; Online: www.oh-telegramm.de Druck: v. Stern’sche Druckerei GmbH & Co KG, Zeppelinstr. 24, 21337 Lüneburg oh-telegramm.de Seite 4 01/2015 Wahnsinnstunnel oder Tunnelwahnsinn? Lässt sich das Jahrhundertdesaster noch gegen CDU, SPD und Grüne stoppen? Wer hat in diesem Land (und in diesem Europa) eigentlich das Sagen? Dunkel erinnert man sich, das Volk sei der Souverän. Was also bringt dem Souverän der Tunnel einschließlich Hinterlandanbindung? Derzeit durchqueren rund 6.000 Fahrzeuge Ostholstein von und in Richtung Dänemark. Die Scandlines-Fähren zeigen seit Jahrzehnten, dass sie diesen Verkehrsstrom gut beherrschen. Lediglich in den Ferienzeiten kommt es zu Spitzen, die gleichbedeutend mit Wartezeiten vor den Fährbahnhöfen sind. Befragt man die Fahrgäste auf den Fähren, herrscht Zufriedenheit. Insbesondere die Trucker nutzen die Überfahrt gerne für die vorgeschriebenen Pausen. Für Familien ist die Überfahrt eine willkommene Abwechslung. Die Scandlines halten moderne Doppelend-Fähren vor, lange vorbei die Zeiten, als die „Carl Carstens“ mühsam vor dem Einlaufen wenden musste, mit entsprechenden Zeitverlusten. Auch das gastronomische Angebot auf den Fähren kann sich inzwischen sehen lassen. Das war nicht immer so. Güterzüge nach Skandinavien nehmen die gut ausgebaute Route FORTSETZUNG VON SEITE 1 über den großen Belt. Eigentlich ist die Lage so, dass alle gut damit leben können. Sicher, mit dieser Einstellung wäre vermutlich bis heute nicht einmal das Rad erfunden worden, aber ist der Tunnel wirklich ein Fortschritt für die Menschen im Land, vor allem ein Fortschritt, der uns EU-Bürger vermutlich weit mehr als 10 Milliarden Euro wert sein soll? Die Tunnelgesellschaft hat nicht nur eine Rechnung aufgemacht, sondern mehrere. Zunächst hieß es, das Projekt sei für rund 5,5 Milliarden Euro zu haben. Derzeit rechnet man mit 7,4 Milliarden Euro. Hinzukommen die Kosten für die Hinterlandanbindung auf deutscher Seite mit 2,2 Milliarden Euro. Man muss nicht nur nach der Elbphilharmonie oder dem Berliner Flughafen schielen, um zu wissen, wie derartige Projekte von ambitionierten Politikern schöngerechnet werden: erst sind die Kosten überschaubar, hat man aber erst mal begonnen, laufen sie aus dem Ruder. Das spielt dann keine Rolle mehr, weil nach der bekannten Salami-Taktik dann Scheibchen für Scheibchen, in diesem Fall Milli- ardenscheibchen, von der öffentlich-rechtlich finanzierten Wust geschnitten werden. Man weiß: hat man erstmal die ersten Milliarden vergraben, wird fertiggebaut, koste es dann, was es wolle. Dabei kalkuliert die Betreibergesellschaft Femern A/S ihr Projekt auf 39 Jahre. Danach habe sich das Projekt amortisiert. Es ist spannend, sich diese Prognose einmal näher anzusehen: Femern A/S geht zunächst davon aus, dass Scandlines den Fährbetrieb einstellen wird. Scandlines denkt allerdings nicht daran, vielmehr hat die Geschäftsleitung von Scandlines mehr als einmal deutlich gemacht, dass sie den Fährbetrieb aufrechterhalten wird, unter Umständen sogar unter Inkaufnahme von Preissenkungen. Damit ist die erste Stütze der Kalkulation schon mal auf Sand gebaut, was man hier fast wörtlich nehmen kann. Weiter geht Femern A/S davon aus, dass sich die Zahl der Fahrzeuge von heute täglich rund 6.000 schon im Jahr der geplanten Tunneleröffnung 2022 auf rund 9.500 erhöhen wird. Hinzukommen sollen 93 Züge, darunter 61 Güterzüge. Für das Jahr 2047 prognostiziert Femern A/S täglich rund 15.000 PKW; Busse und LKW sowie weit über 114 Züge. Plausibel sind die Zahlen nicht. Woher soll das Verkehrsaufkommen, ob nun wünschenswert oder nicht, kommen? Letztlich kann niemand hellsehen, weder die Tunnelbefürworter, noch deren Gegner. Aber einige Fakten sprechen doch klar gegen die Verkehrsprogosen: wir leben bekanntermaßen auf einer Welt mit endlichen Erdölreserven. Die Preise des Erdöls werden kaum sinken in den nächsten Jahrzehnten. Dies wiederum dürfte sich stark auf die Mobilität auswirken, jedenfalls auf die Mobilität, wie wir sie heute kennen. Es ist damit mehr als ungewiss, ob in den kommenden Jahrzehnten nicht insgesamt der Individal- und Lastverkehr abnehmen wird. Nebenbei bemerkt: kaum jemand bezweifelt heute noch ernsthaft den Zusammenhang zwischen CO²-Ausstoß und Erderwärmung, ebenso wenig wie die dringende Notwendigkeit, den CO²-Ausstoß zu verringern. Warum also ein Projekt, das für die kommenden 39 Jahre auf steigenden CO²-Ausstoß setzt? Damit bleibt festzuhalten, dass die kalkulatorischen Grundlagen für das Projekt mehr als dünn sind. Wirtschaftlich ist das Projekt nicht zu rechtfertigen, zu viele Unbekannte. Gingen Sie oder ich damit zu einer Bank, gäbe es Kopfschütteln. Eine Finanzierung mit Staatsgarantien, also mit Steuergeldern der kommenden Generationen, ist unverantwortlich. Gerade erfahren wir aus Brüssel, dass die EU-Zuschüsse weit geringer ausfallen, das erste Finanzierungsloch von 500 Millionen Euro ist da, bevor auch nur der erste Stein gesetzt ist. Kommen wir zu den unübersehbaren Folgen des Projektes für die Menschen im Kreis Ostholstein: der Ausbau der A1 gehört da noch zu den geringeren Übeln. Mit Autobahnbaustellen kann man sich arrangieren. Dennoch wird aber alleine der Ausbau der A1 zu einem erheblichen Mehr an Schwerlastverkehr, also zu oh-telegramm.de 01/2015 Lärm, höherer Verkehrsdichte und Luftverschmutzung führen, dies in einer Region, deren Lebensader der Tourismus ist. Bis heute gibt es auch keine verbindliche Aussage der Bahn zum notwendigen Ausbau der Bahntrasse. Die anvisierten 114 Zugdurchfahrten lassen sich auf der Bestandstrasse der sogenannten Bäderbahn nicht abwickeln. Sollte die Bahn dies als Zwischenlösung dennoch durchsetzen, wäre dies eine Katastrophe für die Tourismuswirtschaft: wer macht Urlaub in Orten, durch die nachts Güterzüge rattern? Die Zeichen stehen derzeit auf „Neubau neben der Autobahn“. Betrachtet man sich den Verlauf der A1, z. B. in Scharbeutz, macht es diese Trasse auch nicht besser: dicht an den westlichen Wohngebieten vorbei würde die Bahntrasse führen. Bei den hier vorherrschenden westlichen Winden hieße das: Güterzuglärm bis an die Strände. Da die Grundstücke entlang der Trasse, darunter gerade erst erschlossene oder in Erschließung befindliche, erhebliche Beeinträchtigungen hinzunehmen hätten, wären sie auch entwertet. Wer soll so ein Grundstück noch kaufen? Die ruinöse Entwertung von Privateigentum wäre der Preis für die Hinterlandanbindung. Fazit: die Seite 5 Kalkulation des Tunnelvorhabens ist von so vielen Unwägbarkeiten geprägt, dass das Projekt wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen ist. Es beruht auf Verkehrskonzepten des letzten Jahrhunderts. Dagegen stehen viele Einschränkungen für die Menschen in der Region, erst in der Bauphase bis ins Jahr 2028, und danach durch hohes Verkehrsaufkommen. Eine bestehende Struktur der Scandlines müsste vernichtet werden. Also: Finger weg von diesem überflüssigen Prestigeprojekt. Weiterführende Informationen, auch zum Mitmachen: Mit Plakaten wie diesem wird gegen die www.beltretter.de geplante Belt-Querung protestiert. Was bedeutet der Tunnelbau für die Umwelt? Klar ist, dass die wirtschaftsfreundlichen Kräfte sich wenig darum kümmern, was mit der Umwelt geschieht, solange die Kasse klingelt. Und die Wirtschaft ist in diesem Land so mächtig, dass ganze Ministerriegen vor ihr Einknicken, wie gerade erst wieder Sigmar Gabriel vor der Kohle-Lobby. Dabei übersehen die Befürworter, dass sie mit derartigen Großprojekten zwar kurzfristig relativ viel Geld in ihre Kassen spülen, letztlich aber doch den Ast absägen, auf dem wir alle sitzen. Das Projekt Tunnelbau fußt auf der Annahme steigenden Verkehrsaufkommens und damit auf erhöhtem CO²-Ausstoß. Das erscheint nicht vernünftig, berücksichtigt man die Tatsache, dass Verkehrskonzepte der Zukunft auf weitgehendem Verzicht von fossilen Brennstoffen beruhen sollten. Es ergibt sich zwangsläufig die Notwendigkeit, Lieferketten wieder zu dezentralisieren. Brauchen wir in den Ostholsteiner Supermärkten eingeflogene Fischfilets vom Viktoria-See? Müssen Nordseekrabben zum puhlen 5.000 Km nach Marokko und anschließend 5.000 Km wieder zurück in die deutschen Supermärkte gefahren werden? Warum müssen die Äpfel aus Neuseeland kommen, wo wir doch eigene Anbauflächen in Hülle und Fülle haben? Anders ausgedrückt: schreitet die Motorisie- VON THEO IHSSEN rung weiter so voran, insbesondere in den Schwellenländern China und Indien, haben wir zwar alle Autos. Dann können wir noch einmal kurz den Motor starten, danach ist das Öl alle. „Ein Planet wird geplündert“, so schrieb es Prof. Herbert Gruhl Anfang der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts in seinem weit vorausschauenden Buch – und flog dafür aus der CDU. Was jetzt am Fehmarn-Belt geplant ist, ist - wider jede Vernunft – weiterer Raubbau an der Natur, und dies ohne jede wirtschaftliche Notwendigkeit. (Ganz zu schweigen davon, dass die derzeitige dänische Regierung die Wiedereinführung von Grenzkontrollen erwägt und damit vermutlich den letzten messbaren Vorteil, die Zeitersparnis bei der Beltquerung, zunichte zu machen droht). Die gesamte Bautätigkeit, bei der Millionen Tonnen von Erdmaterial bewegt werden müssen, führt bereits in der Bauphase zu unüberschaubaren zusätzlichen Belastungen in der Region durch Straßenlärm und Abgase. Die Verkehrsprognosen mal als realistisch unterstellt, würde sich der CO²-Ausstoß in der Region vervierfachen. Prost Mahlzeit. Es drängt sich dabei auch die Frage auf, wie sich Baubetrieb und später der zusätzliche Verkehr, insbesondere die durchratternden Güterzü- ge, auf den Tourismus auswirken: was nützen Milliardengewinne in Hamburg und Kopenhagen, wenn die durch den demografischen Wandel ohnehin schon aussterbende Region Ostholstein endgültig ihrer Lebensgrundlage beraubt wird? (Die Behauptung, man werde neben Autobahn, Bahntrasse und 380 KV-Oberleitung eine blühende Urlaubsregion von Lübeck bis Kopenhagen schaffen, ist absurd). Der Tunnelbau selbst wird neben den massiven Eingriffen in die Natur Fehmarns und Lollands auch unter Wasser einiges verändern, aber nicht zu Guten: nach dem Stand der Untersuchungen soll sich unter den oberen Schichten des Meeresbodens Mergelschichten befinden. Es steht zu befürchten, dass sich dieses Material beim Ausbaggern weiträumig verteilt und wie ein alles abtötetender Teppich über die gesamte Unterwasserregion legt. Hierzu gibt es keine Untersuchungen, keine Veröffentlichungen. Das gleiche gilt sinngemäß für den dann unverzichtbaren Bau einer neuen Verbindung über den Fehmarn-Sund. Eine Brücke wird in dieser sensiblen Region für eine erhebliche Lärmbelastung sorgen. Ein Tunnel wird wegen der Notwendigkeit eines geringen Gefälles für den Bahnverkehr Unmengen an Landflächen verschlingen. Diesen ganzen Unwägbarkeiten stellen die Tunnelbefürworter eigentlich nur ein Argument gegenüber: wir wollen den Tunnel. Koste es, was es wolle. Vielleicht sollten die Ostholsteiner die Politik bei der nächsten Wahl überraschen und wieder in Scharen wählen gehen, und zwar dann diejenigen, die das Projekt verhindern wollen. Dabei ist es gar nicht so leicht, da auf dem Wahlzettel noch jemanden zu finden. DIE NÄCHSTE AUSGABE ERSCHEINT ANFANG OKTOBER Schwerpunktthema wird der ZVO, der Zweckverband Ostholstein sein. Millionengrab, Molloch oder moderner Dienstleister? Außerdem stellen wir den Bürgermeister der Gemeinde Ratekau, Thomas Keller, vor, und noch vieles anderes. Schreiben Sie uns Ihre Meinung: [email protected] . Alles, was irgendwie noch mit Nettiquette zu vereinbaren ist, veröffentlichen wir auf unserer Internetseite. oh-telegramm.de Seite 6 Wie sicher sind unsere Straßen? VON OLAF NEUMANN zurückgeht: von 123 im Jahr 2012 auf 86 im Jahr 2014. Unfälle unter Drogeneinfluss (fünf ) spielen kaum eine Rolle. Besorgnis erregend sind die Steigerungen bei Verkehrsunfällen mit Beteiligung des Güterverkehrs: von 106 in 2012 auf 148 in 2014, ebenso wie die seit 2010 kontinuierlich steigenden Fällen mit Senioren als Unfallverursachern (von 206 Fällen in 2005 auf 285 Fälle im Jahr 2014). Hauptunfallursachen sind nach wie vor Fehler beim Abbiegen, Wenden und Rückwärtsfahren, Vorfahrtsverletzungen einschließlich Rotlichtverstöße, überhöhte Geschwindigkeit, Verstöße gegen das Rechtsfahrgebot, dichtes Auffahren und Alkohol am Steuer. Direkt aus dem Rechtsstaat VON THEO IHSSEN Es war einmal ein Landgericht in einem kleinen Bundesland. Das Bundesland war SPD-geführt, deswegen war auch der Landgerichtspräsident ein strammer Genosse, so wie es sich eben für eine unabhängige Justiz gehört. Streng wachte der Präsident über seine Heerschar von Richtern und vorsitzenden Richtern. Als ruchbar wurde, dass einer seiner Richter, zufällig auch in der SPD beheimatet, über Monate hinweg Akten zu Hause auf der Fensterbank stapelte – statt diese im Namen des Volkes zu bearbeiten – wurde der Präsident richtig böse. Er verdonnerte den Richter zu einem sechsmonatigen Sonderurlaub, bezahlt natürlich. Und er verdonnerte den armen Richter, in diesem Ist die Autobahn der richtige Platz, um das Licht der Welt zu erblicken? VON MARTIN KIENITZ (Foto: fotolia.de/k_rahn) (Foto: fotolia.de/pixelstore) Die Frage ist gar nicht leicht zu beantworten. Nimmt man beispielsweise den Fahrradweg von Pönitz nach Neustadt, zeigt sich, dass auch schon ein Weg für sich genommen, beschädigt durch Wurzelwerk, Schlaglöcher usw. zur ernsten Gefahr werden kann. Der „familienfreundliche Kreis“ macht es den Familien mit Kindern nicht eben leicht, auch mal auf das Auto zu verzichten. Damit die Lage messbar wird, erstellt die Polizeidirektion Lübeck jährlich den Verkehrssicherheitsbericht. Jetzt liegt der für 2014 vor. Im Jahr 2014 gab es 6.206 gemeldete Verkehrsunfälle im Kreisgebiet. Seit 2012 sind die Fälle damit um rund 400 jährlich gestiegen. 1.202 Menschen kamen zu Schaden, gegenüber 2012 eine Steigerung von rund 134 Opfern. Von diesen Opfern starben zehn, drei mehr als im Jahr 2012. Gegenüber 2012 (1.257 Fälle) gab es 2014 1.348 Fälle von Fahrerflucht. Erfreulich ist allein, dass die Zahl der Verkehrsunfälle unter Alkoholeinwirkung kontinuierlich 01/2015 Sonderurlaub, seine Fensterbank abzuarbeiten. Das war wirklich bitter. Als der arme Richter am Ende seines Sonderurlaubes tatsächlich zu Hause wieder eine besenreine Fensterbank vorweisen konnte, zog der Präsident die Konsequenzen: der arme Richter wurde, natürlich mit entsprechender Gehaltserhöhung, zum Kammervorsitzenden befördert. Er wurde Vorsitzender einer Berufungskammer für Zivilsachen. Warum? Weil ein Kammervorsitzender für zivile Berufungssachen keine Begründungen schreiben muss, die Fensterbank also endgültig sauber bleibt. Und wenn er nicht gestorben wäre, dann richtete er noch heute… Am 01. August 2014 schloss die SANA-Gruppe die Geburtenstation in Oldenburg. Basta! Diese Tatsache hielt weder Landrat Sager (CDU), noch Kreispräsident Ulrich Rüder (CDU) davon ab, auf dem Schleswig-Holstein Musikfestival mit dem seinerzeitigen Geschäftsführer der Klinik, Dr. Puke, mit Sekt anzustoßen. Was gab es zu feiern? Doch der Reihe nach: Zum 01. Januar 2004 wurde aus der kreiseigenen Ostholstein-Kliniken GmbH mit den Krankenhausstandorten Burg. a. F., Eutin und Oldenburg die private SANA-Klinken Ostholstein GmbH. Der Kaufpreis: nicht der Rede wert. In den notariellen Urkunden zur Übertragung der Kliniken an die SANA-Gruppe wurden eine Aufrechterhaltung der Klinikstandorte, eine bestmögliche medizinische Versorgung und vor allem: das Verbot künftiger Leistungseinschränkungen vereinbart. Dies schien dann 2014 bei der SANA-Gruppe „vergessen“ worden zu sein, denn man entschloss sich, wegen zu geringer Geburtenzahlen die Geburtenstation in Oldenburg zu schließen. Trotz zahlreicher Proteste war am 01. August 2014 Schluss. Gebärende aus dem Kreisnorden müssen seither bis zu 80 Km zurücklegen, um eine Geburtsklinik zu erreichen. Während Sager, Rüder und Dr. Puke Sekt tranken, häuften sich Problemgeburten. Mindestens zwei Kinder wurden am Fahrbahnrand im Rettungswagen geboren. Ob es mehr waren, lässt sich nicht sicher feststellen: die Lübecker Nachrichten haben nach den unangenehmen Berichten den bis dahin kritisch nachfragenden Redakteur nach Mölln versetzt. Auf die Frage nach einer rechtlichen Handhabe gegen die SANA-Gruppe (Sager sitzt im Aufsichtsrat der SANA-Kliniken Ostholstein GmbH) erklärte Sager dem Kreistag, es gebe im Vertragswerk, und auch dort nur in einer Präambel, eine unverbindliche Absichtserklärung. Diese sei nicht geeignet, rechtliche Schritte gegen die SANA-Gruppe einzuleiten. Sager wurde im anschließenden Redebeitrag des FWG-Abgeordneten Martin Kienitz (FWG) durch Vorhalte aus den notariellen Urkunden widerlegt. Eine gegen Sager gerichtete Dienstaufsichtsbeschwerde wies der Hauptausschuss zurück. Sager habe nicht gelogen, so der Hauptausschuss. Den Gebärenden im Kreis hilft dies allerdings wenig. oh-telegramm.de 01/2015 Ein gelber Sack, der wenig Freude macht VON MARTIN KIENITZ Der gelbe Sack hat sich eingebürgert. Umverpackungen, sogenannte Wertstoffe, sollen darin gesammelt und der Wiederverwertung zugeführt werden. Soweit die Theorie. In der Praxis sieht es so aus, dass der ZVO, unser Zweckverband Ostholstein mit seiner ZVO Entsorgung GmbH, dem teuersten Entsorger im ganzen Norden, die gelben Säcke frei Haus liefert. Die Müll- und Wutbürger des Kreises müssen die Säcke nur noch befüllen und alle zwei Wochen an die Straße stellen. Dazu müsste man den gelben Sack allerdings erstmal -von der Rolle bekommen: das Material ist so dünn, .dass es nahezu unmöglich ist, den hSack beschädigungsfrei vom „Nachibarsack“ abzureißen. Unser Praxisdtest hat gezeigt, dass jeder zweite sSack dabei so einreißt, dass er nicht mehr verwertbar ist.Auch ist es aufgrund der schlechten Materialnqualität nicht möglich, etwas in den Sack „hineinzustopfen“. der Sack reißt sofort, ebenso wenn kantige Wertstoffe hineingegeben werden. nSelbst das Zuschnüren ist fast unmöglich, da die eingezogene Schnur tnur mit Glacé-Handschuhen nzugezogen werden kann, sonst reißt -sie, der Sack ist unbrauchbar. Der dZVO-Tipp, man könne ja zwei Sä,cke übereinander ziehen ist widersinnig: erstens müsste man wenigs,tens Sack Nr. 2 heil von der Rolle -bekommen, und außerdem: warum - Klabusterbeeren. Zugegeben, der - Begriff ist in die Jahre gekommen, kaum noch jemand weiß, was Kla. busterbeeren sind. Dabei wird der Begriff regional sehr unterschiedlich verwendet. Im Raum Hannover z. B. versteht dann nicht gleich ein brauchbares Material verwenden. Landkreise Bayern und Nordrhein-Westfalen machen es vor. Wenig hilfreich erschien so auch die Nachfrage des SPD-Mitgliedes Herman Greve in der Abfallwirtschaftssitzung des ZVO vom 13.05.2015: auf die schlechte Qualität der gelben Säcke angesprochen, wiegelte ZVO-Geschäftsbereichsleiter Holger Kroll ab: der Einkauf sei vom Dualen System vorgeschrieben. zur Vermeidung sog. „intelligenter Fehlwürfe“ sei die Qualität so dünn gehalten, man könne so besser selektieren. Wie schon so oft, muss man leider konstatieren, dass es mit der Wahrheitsliebe beim ZVO – auch nach Ausscheiden des früheren ZVO-Vorstehers – nicht weit her ist: Das Duale System Deutschland teilt auf unsere Nachfrage mit: die Säcke müssen entweder aus LDPE-Folie mit einer Mindeststärke von 22µm oder aus HDPE-Folie mit einer Mindeststärke 15µm bestehen, gelblich transparent sein, bestimmte Stabilitätskriterien erfüllen, 90 Liter fassen und mit einem Zugband ausgestattet sein. Mit anderen Worten: das Duale System schreibt dem ZVO mitnichten den Einkauf mieser Säcke vor, sondern es stünde dem teuersten Entsorger im Norden frei, seine Kunden mit brauchbarem Material zu beliefern. Seite 7 Dienstag, der 12.05.2015 in Ostholstein VON MONIKA HEGE Eine junge Mutter geht in einem Dorf in Ostholstein, nennen wir es mal P. , spazieren, direkt neben einem Sportplatz. Begleitet wird sie von ihren Kindern, zwei kleine Mädchen, 5 und 10, jeweils mit Kinderfahrrädern. Ein fröhlicher, bunter Ausflug, könnte man denken. Auf dem Sportplatz: eine Gruppe Schulkinder, ca. 10 Kinder, ca. 10 – 12 Jahre alt, Schüler der örtlichen Gemeinschaftsschule. Bis hierher eigentlich nicht Berichtenswertes, hätten die Frau und ihre Kinder nicht eine schwarze Hautfarbe und wäre nicht eines ihrer Kinder mit dem Fahrrad auf den Grünstreifen des Sportplatzes geraten. „He, verschwindet da mit dem Fahrrad oder verstehst du kein Deutsch“. Die junge Mutter versteht nicht nur Deutsch, sie spricht es auch recht gut. Sie leitet die Tochter vom Grünstreifen und will einfach nur ihre Ruhe haben. Solche Pöbeleien ist sie gewohnt, zu lange lebt sie schon in diesem Land. Doch die Gruppe Schulkinder will sie nicht in Ruhe lassen. „Kannst du überhaupt sprechen?“ ruft einer hinterher. „Du schwarze Sau!“. Es beginnt aus der Gruppe Beschimpfungen zu hageln, die aus der alleruntersten Schublade stammen, sexistisch, alle immer in Verbindung mit „schwarz“. Einige Kinder versuchen zu mäßigen, ohne Erfolg. Die beiden Wortführer, ein 13-jähriger Junge und ein 12-jähriges Mädchen finden immer neue Ausdrücke, die sie der Frau hinterherrufen. Die 12-jährige souffliert, der 13-jährige schreit es heraus. Sie geht, will den Ort der Demütigung so schnell wie möglich verlassen, doch der Tross der Kinder folgt. Der 13-Jährige beginnt – Dinge, die keiner braucht man darunter vergammeltes Gemüse, jedenfalls das, was unterirdisch wächst, oder auch scherzhaft ausufernde Hämorrhoiden. Der Duden bezeichnet Klabusterbeeren als kleine Kotansammlungen in der Afterregion von Schafen. Also: insgesamt nicht unbedingt etwas Gutes. Als unser Zweidrittellandrat Reinhard Sager (CDU) sich vor seiner Wiederwahl öffentlich via LN brüstete, er wolle wieder antreten, „um die Früchte seiner Arbeit zu ernten“, konterte FWG-Kreistagsmitglied neben seinen Beschimpfungen – die Frau anzuspucken. Er bewirft sie mit Dreck. Sie flieht, die Gruppe Schüler hinterher. In der Ortsmitte angekommen, stößt sie, Hilfe suchend, auf eine Gruppe Erwachsener. Keiner, aber auch wirklich keiner, mischt sich ein, hilft der Frau. Nicht einmal der ältere Herr, der sonst so gerne alle auf ihre Parkverstöße hinweist. Es ist kein S-Bahnhof, kein dunkler U-Bahnhof, und die Täter sind allesamt nicht größer als 1,5m. Aber keiner mischt sich ein. Erst als die junge Mutter einen der Täter festhält, um zu erfahren, wie die Eltern heißen und wo sie wohnen, da werden die anderen wild: „lassen Sie Kind los. Das geht gar nicht.“ „Lassen Sie das Kind los, sonst rufen wir die Polizei.“ Tränen in den Augen vor Wut und Scham lässt sie das Kind nicht los. Einer ruft die Polizei. „Da muss man doch was machen“, sagt jetzt der ältere Herr. Immer mehr der Umherstehenden schreien jetzt auf die Frau ein, beschimpfen sie. „Ich bin ja kein Rassist, aber…“. „Ich habe ja nichts gegen Ausländer, aber…“. Die Kinder der jungen Frau stehen in Tränen aufgelöst, vollkommen verzweifelt neben ihrer Mutter. Ein Bundeswehrsoldat pöbelt aus dem Fenster: wenn da nicht gleich Ruge ist, komme ich runter. Sie lässt das Kind los. Die Polizei erscheint. Da können wir nichts machen, sagt der Beamte. Die sind alle noch nicht strafmündig. Ermittlungen wird sie führen, ja gegen die junge Frau, weil sie einen der Täter festgehalten hat. Übrigens: die junge Frau hat sich bei dem festgehaltenen Jungen entschuldigt. Auf eine Entschuldigung der Kinder wartet sie bis heute. und Mitautor des oh-telgrammes.de, Martin Kienitz, angesichts der Wirtschaftsdaten des Kreises könne es sich bei den zu erntenden Früchten allenfalls um Klabusterbeeren handeln. Nun, sei‘s drum, wir werden es erleben. e d . m m a r g e oh-tel schräg! 01/2015 hrliche Abrechnung mit m - Vierteljä 7. Juli 2015 · oh-telegram Mutti wird’s schon richten VON FRITZ HONKA Wir Deutschen sind das Land der Dichter und Denker. Kant, Herder, Goethe, Schiller - und Merkel. Gestern war es wieder soweit. Mutti wieder einen fahren lassen: „Wir sind die wirtschaftlichen Vorreiter in Europa, dürfen aber den Anschluss nicht verpassen.“ Ja was denn nun? Vorreiter oder nicht? Wer hat da gelacht, Freud? Das erinnert an das berühmte Honnecker-Zitat: „1949 standen wir an einem Abgrund – und dann haben wir einen großen Schritt nach vorne gemacht.“ Auch klasse. Klasse war auch Muttis Ausspruch zum Köhler Rücktritt. Dort gab sie sich „aufs Allerhärteste überrascht“. (Das war so ähnlich, wie beim brutalstmöglichen Aufklärer Koch). Schon putzig, was da so verbal vom Stapel läuft, wenn nicht irgendein Ministerialbeamter vorher die Ansage formuliert und damit das „Allerhärteste“ verhindern konnte. Noch ein Merkel-Beispiel: „Nicht jede heilige Kuh kann mit einem Prinzip gerechtfertigt werden.“ Oder: „Ich will, dass Mecklenburg-Vorpommern das Bayern des Ostens wird.“ Wem das noch nicht reicht, der kann sich auf den bevorstehenden Grexit freuen. Wetten, dass die Rede schon geschrieben ist, damit derartige verbale Fehltritte sich zumindest bei diesem Anlass nicht wiederholen? Aber wie ich Steffen Seibert kenne, wird er der Merkel lieber den Mund zu halten, als dass er uns so eine Schadenfreude nochmals gönnt. Wahrscheinlich üben sie schon den Spruch und den überraschten Gesichtsausdruck. Ich tippe: „Mit allergrößtem Respekt haben wir die Entscheidung der Griechen zur Kenntnis genommen. Ihre einzigartigen politischen Leistungen und ihr Engagement für das europäische Gemeinwesen bleiben uns unvergessen.Wir wünschen dem zurückgetretenen griechischen Volk für seine berufliche Zukunft alles Gute.“ Unsere Erde wird wieder gesund VON THEO IHSSEN BILD wusste es schon immer: alles was Klimaforscher, Atomkritiker, Umweltschützer, Mediziner und andere selbst denkende Menschen über die Gefährdung unserer Planeten verbreiten, ist blanker Unsinn, Panikmache. Indianer kennt kein Schmerz. Alles wird gut. Dank BILD. Das Ozonloch wird nämlich kleiner und am Wochenende kommen 24°C. Damit haben wir die Frage, wo wir strahlenden Atommüll für die nächsten 1.000.000 Jahre lassen, die Frage der Überfischung der Meere, die CO²-Verseuchung von Atmosphäre und Ozeanen, die Verseuchung des Pazifik mit Plastikpartikeln, die AIDS -und Hungerepedemien, die Kriege und Bürgerkriege im Nahen Osten, in Afghanistan, in Schwarzafrika, im Kaukasus, die Gier nach atomarer Aufrüstung, Überbevölkerung, Artensterben, steigende Meeresspiegel und die ganzen anderen Kleinigkeiten ja auch gleich vom Tisch. Die Erde dreht sich seit rund fünf Milliarden Jahren. Die Menschheit hat nur ca. 100 Jahre benötigt, um ihre Exis- der Kommunalpolitik Neuer Verbandsvorsteher für den Zweckverband Ostholstein (ZVO) VON FRIEDEL BUDDENBOHM Wie berichtet endete die Amtszeit des bisherigen ZVO-Verbandsvorstehers Bernd Heiko Suhren am 31.12.2014. Suhren steht aus persönlichen Gründen nicht für eine weitere Amtszeit zur Verfügung. Über einen Personaldienstleister (Headhunter) hatte der Verband seit Dezember 2013 vergeblich versucht, einen geeigneten Nachfolger zu finden. Jetzt waren die Gremien erfolgreich. Franz-Peter Tebartz-van Elst, Jahrgang 1959, gebürtiger Rheinländer, heißt „der Neue“, der am 02.01.2015 das Amt angetreten hat. Durch glückliche Umstände war Tebartz-van Elst, der bis zuletzt eine Führungsposition in ein einem nicht näher genannten und nicht börsennotierten Milliardenunternehmen einnahm, für die Position gewonnen worden. Der Hauptausschuss des ZVO gab dies jetzt bekannt. Tebartz-van Elst hat sich überregional als Fachmann für solide Finanzierung öffentlicher Projekte einen Namen gemacht. Seine Kreativität bei der Darstellung von Finanzierungsmodalitäten ist sprichwörtlich. Ihm wird eine große Geschmacksicherheit und ein hohes Maß an Aufrichtigkeit im Umgang mit der Öffentlichkeit und bei der Abgabe von tenz so nachhaltig zu gefährden, dass die Ausrottung der eigenen Spezies mittels Atomtechnik, bakteriologischer und chemischer Gifte und einer verseuchten Umwelt in greifbare Nähe rückt. Die Erde wird sich auch weitere fünf Milliarden Jahre drehen, ohne dass sie dabei auf menschliche Be- Eidesstattlichen Versicherungen nachgesagt. Der Personalrat äußerte sich schon positiv: Aus Sicht der Klärwerker gewinnt der Begriff „bischöflicher Stuhl“ mit dem neuen Vorsteher eine ganz neue Bedeutung. Der bisherige Amtsinhaber: „Nicht immer der billige Jakob ist die beste Auswahl“. CDU und Grüne kommentieren gemeinsam: „Ein großen Glück für den Kreis, dass diese hervorragende Führungspersönlichkeit von Außerhalb gewonnen werden konnte. Auch von Seiten des SPD gab es große Zustimmung: „Endlich hört das kleinliche Gezänk auf, einen neuen Dienstwagen bringt Tebartz-van Elst mit und künftig erhalten die ZVO-Gremien nicht nur Entlastung, sondern sogar Absolution“. Die FDP: Wir beglückwünschen den ZVO und die Kreisbürger zu dieser Personalentscheidung; endlich führt den Verband jemand, der auch bei Millionenverlusten nicht gleich mit schlotternder Hose dasteht. Einzig von Seiten der im Hauptausschuss nicht vertretenen Freien Wähler (FWG) kam Kritik: Hier hätte man lieber einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin gesehen, die die Kommunalpolitik nicht durch linksrheinischen Frohsinn von ihrer Dauernörgelei ablenkt. siedelung (oder Besudelung?) angewiesen ist. In spätestens 1 Million Jahren wird alles hinweggefegt sein, was die Menschheit angerichtet hat, einschließlich BILD und FDP. Und das ist die eigentlich gute Nachricht. Dann dreht sie sich weitere 4 Milliarden und 999 Millionen Jahre. Aber so was scheibt BILD leider nie.
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