Oradea im Mai Bildungsurlaub in Oradea, Rumänien 9. bis 16. Mai 2015 Leben mit Behinderung Hamburg organisiert mit Unterstützung der Rumänienhilfe der Evangelischen Stiftung Alsterdorf anerkannte Bildungsurlaube in Oradea, im Nordwesten Rumäniens. Menschen mit und ohne Behinderung reisen gemeinsam, um ein realistisches Bild von der Lebenssituation der Menschen zu bekommen und Menschen mit Behinderung kennenzulernen oder wieder zu treffen. Die Rumänienhilfe ist seit fast 25 Jahren in Oradea und dem Landkreis Bihor aktiv, um die Lebensbedingungen und die Arbeitssituation von Menschen mit Behinderung zu verbessern. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Rumänienhilfe und des Vereins in Oradea machen das Programm, begleiten die Bildungsreisen und können alle Fragen beantworten. Der Bildungsurlaub in dieser Form fand nun schon zum fünten Mal in vier Jahren statt. Zwei aus der Gruppe waren schon bei allen bisherigen Bildungsurlauben dabei. Sie konnten uns schon viel über Rumänien erzählen, bereits gewonnene Freundschaften pflegen und uns in Oradea zeigen auf welchem Weg man am schnellsten auf den Markt oder in die Innenstadt kommt oder in welchem Café man das leckerste Eis bekommt. Für alle Anderen aus der Reisegruppe gab es viel in Oradea zu entdecken. Wir haben viele Einrichtungen für Menschen mit Behinderung oder psychischen Beeinträchtigungen besucht, haben viele nette Menschen kennengelernt und haben die Stadt Oradea erkundet. Bisher fanden alle Bildungsurlaube im September statt, dieses Jahr erstmalig im Mai. ! ! 1 „Hatten wir das nicht schon mal? Bahnstreik - die Zweite: September 2014, den Nachtzug nach Budapest in Berlin fast verpasst, Verspätungen wegen des Bahnstreiks. Mai 2015, der Nachtzug nach Budapest fährt ab Berlin gar nicht - Bahnstreik - er steht in Dresden. Auf Grund der nicht befahrenden Strecke dorthin mit Zügen, nehmen wir nach einigem hin und her den Fernbus ab Hamburg. Wegen starker Nachfrage fehlt uns leider ein Platz. Anne wurschtelt sich irgendwie so durch nach Dresden und kommt zum Glück noch rechtzeitig an. Bahnfahren ist so entspannend! Wenn man erstmal drinnen sitzt! Aber dann war es doch wieder wirklich nett, es wird geplaudert, gelacht, erzählt und Budweiser getrunken bis man müde in die Koje fällt und durch die Nacht rumpelt. Ich konnte gut schlafen, allerdings nicht alle. Und morgens wachte man bei strahlendem Sonnenschein in Begleitung der Donau auf.“ Michael ! ! 2 Nach der durchgeschaukelten Nacht werden wir in Budapest von einem Bus abgeholt, es liegen ja noch drei Stunden fahrt über die Landstraße vor uns und wir müssen noch durch die Kontrollen an der Grenze von Rumänien. Aber erstmal sind wir froh einen Ausflug zur Burg von Budapest zu machen. Hier können wir uns bei strahlender Sonne ein wenig die Beine vertreten und eine Kleinigkeit essen. So sind wir ausgeruht und gestärkt für die letzte Etappe mit dem Bus. Wir holen noch schnell Tull vom Flughafen ab und los gehts auf die Landstraße… ! ! 3 An jedem Morgen nach dem Frühstück haben wir uns zusammengesetzt und besprochen, was wir an dem Tag vorhaben. Dank des schönen Wetters saßen wir oft draußen, im Innenhof unserer Pansion. Bei allen Programmpunkten hat uns unsere Dolmetscherin Ana Maria David begleitet und für uns alles übersetzt. “Beate steigt vollbepackt die Treppe zu ihrem Zimmer hoch. Sofort springen wir zu ihr. Sie nimmt kurzerhand den Taschenhenkel zwischen die Zähne und hat beide Hände fürs Geländer frei. Patent!” Jutta ! ! 4 Bisher war auf jeder Bildungsreise nach Oradea der erste feste Programmpunkt der Besuch der Wohngruppe Casa Max. Natürlich auch in diesem Jahr. Hier gibt es immer einen großen Empfang durch die Bewohner. Wir werden herzlich begrüßt und eingeladen, uns die Zimmer anzusehen. Die MitarbeiterInnen haben für uns eine Gulasch-Suppe auf offenem Feuer gekocht und sogar vegetarische Sarmale (Kohlrouladen) vorbereitet. Wir verbringen einen sonnigen Vormittag im Garten, lernen uns gegenseitig kennen und essen dann gemeinsam an großer Tafel im Freien. ! ! 5 Am Nachmittag hörten wir bei einer Führung durch die Burg viel über die Geschichte von Oradea. Beim Besuch des Zentrum für Menschen mit Trisomie 21 haben wir gesehen, wie wichtig die Arbeit von Elterninitiativen und Selbsthilfegruppen ist. Denn der rumänische Staat unterstützt Einrichtungen für Menschen mit Behinderung längst nicht so gut wie in Deutschland. Gleich dazu haben wir noch ein paar Tanzstunden bekommen. In einer Fabrik für Kartons haben wir Menschen während ihrer Arbeit besucht, die mit Hilfe der Arbeitsassistenz Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt gefunden haben und in ihrer Firma nur noch selten Unterstützung brauchen. ! ! 6 Das AHP Zentrum ist aus einer Selbsthilfegruppe entstanden. Hier finden Menschen mit psychischen Beeiträchtigungen psychologische Beratung und einfache Arbeitsangebote. Es finden auch immer wieder gemeinsame Aktionen statt. Wir kamen in einen lockeren Kontakt, haben uns gut unterhalten, im Hof zusammen Tischtennis gespielt und nebenbei das Fahrrad der Nachbarin repariert. ! ! 7 “Besuch im App. 3: Wir standen im Zimmer von Robert & Dan Dan, mit Bärbel, Jürgen & Herbert. Adriane erzählte von Roberts geplanten Auszug & für Herbert übersetzt meinte dieser, “das ist genauso wie bei mir”. Das fand ich berührend.” Jutta Die Menschen mit Behinderung, die sehr selbstständig sind, können auch in ambulant betreute Wohnungen ziehen. Wir haben uns gerne in zwei davon auf einen Kaffee einladen lassen und uns mit den Bewohnern ausgetauscht. „Ein Abend für Nadja und dann doch auch für uns... Eigentlich wollten wir nur Essen gehen, aber dann wollte Nadja noch auf die Piste zum Nachtleben in Oradea. Wir hatten die beiden Praktikanten/innen aus Alsterdorf getroffen und mit denen wollte sie los. Aber da hat man ja seine Verantwortung gegenüber dem Jungvolk. Wir also alle zum Treffpunkt in eine Sportkneipe in der Nähe. Und was ist, es läuft gerade das Championspiel mit Bayern. Die Verabredung verzögert sich, wir überbrücken mit "Sambuca", es fallen die Tore und die Runden rollen. Nadja ist los, das Spiel zu Ende und wir erinnern uns der Verantwortung. Also los, ihr nach und in die nicht bekannte Musikkneipe. Den Weg kennt keiner, man läuft in die falsche Richtung und die Beine werden schwer. Endlich finden wir sie, die Nacht ist schon lang, wir eisen sie los und zum Glück gibt es günstige Taxis. Das Bett hat schon so laut gerufen! Jetzt kennen wir auch das Nachtleben in Oradea.“ Michael “Als wir Mittwoch Nachmittag einen Stadtbummel unternahmen, setzten wir uns kurzerhand in ein Café. Anne bestellte sich eine Zitronenlimo und als dieses eiskalte Erfrischungsgetränk gebracht wurde, liefen Herbert, Beate und mir das Wasser im Munde zusammen. Auf der Getränkekarte entdeckte ich verschiedene Sorten. Beate und Herbert wollten etwas fruchtiges und ich entschied mich für eine Aleo Vera Limo. Als die Bestellung raus war und wir uns tierisch auf eine eiskalte Erfrischung freuten, brachte die Bedienung drei Tassen mit heißem Wasser und jeweils einen Teebeutel. Fazit: Irgendwas ist ja immer.” Nadja ! ! 8 Wir haben einen Tagesauslfug nach Cadea gemacht. Das Dorf Cadea liegt ungefähr 35 Kilometer nördlich von Oradea. Hier haben wir eine Großeinrichtung für 50 junge Erwachsene Menschen mit Behinderung besucht. Die Großeinrichtung in Cadea, das der Trägerverein vor Ort, die „Asociatia romana germana Alsterdorf“, vor einem Jahr in eigene Trägerschaft übernommen hat, war eines der herkömmlichen Abschiebeheime. Die BewohnerInnen lebten hier bewacht rund um die Uhr, schlecht versorgt und ohne Perspektive. Dabei wollen die meisten arbeiten und ein normales Leben führen. In Cadea haben die Mitarbeiter des Vereins innerhalb kürzester Zeit dafür gesorgt, dass alle Bewohner aus dem alten Schloß ausziehen konnten. Aus modrigen Schlafsälen, die im Winter nicht ausreichend beheizt werden konnten, in kleine Wohneinheiten. Zusätzlich wurden verschiedene Arbeitsangebote aufgebaut, Werkstätten eingerichtet, Gärten angelegt und die Viehaltung zur Eigenversorgung vergrößert. ! ! 9 ! ! 10 “Skeptisch, überhaupt als “Gutmensch” aus Deutschland die Aufbauarbeit im “armen” Rumänien zu begucken. Das Gefühl, als Zoobesucher Einrichtungen zu besuchen kam mir immer mal wieder. Vor Ort war dann die Freude über Besuch und der Stolz ein Zuhause zu zeigen ganz authentisch und nahm mir die Befangenheit.” Jutta Am letzten Tag der Reise hatten wir die Gelegenheit im Büro des Vereins Frau Olimpia Hexan zu treffen. Sie arbeitet im Jugendamt der Stadt Oradea und ist dort für Menschen mit Behinderung zuständig. Wir hatten eine nette Gesprächsrunde. Sie konnte noch einige Besonderheiten der rumänischen Behindertenhilfe erklären und wir haben auf alle Fragen, die noch offen geblieben waren, eine Antwort bekommen. RumBU 2015 Leben mit Behinderung Hamburg Anne Becke ! ! Michael Futh 11 Tobias Gommer
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