Charité Campus Virchow-Klinikum 13344 Berlin Sozialpädiatrisches Zentrum (SPZ) für chronisch kranke Kinder Leitung: PD Dr. Angela M. Kaindl Bereich Hören, Sprache, Stimme und Schlucken SPZ-Bereichsleitung: PD Dr. Saskia Rohrbach Klinik für Audiologie und Phoniatrie Direktor: Prof. Dr. Manfred Gross Tel. 030 450 555 450 Fax 030 450 555 950 [email protected] spz.charite.de Das Erlebnisbuch (ab dem 2. Lebensjahr) Bei der Anfertigung des Erlebnisbuches wird beobachtet, welche für uns Erwachsenen scheinbar „kleinen“ Dinge im Alltag des Kindes ein wichtiges Erlebnis darstellen. Der umgekippte Kakao kann dabei wichtiger sein als ein Theaterbesuch. Dabei lernen wir auf einem besonderen Wege, uns in das Kind einzufühlen und herauszufinden, was wirklich interessant für das Kind ist. Das Kind kann mit Hilfe des Erlebnisbuches jeder beliebigen Person über dieses Ereignis berichten, auch wenn es noch wenig sprachliche Ausdrucksmöglichkeiten hat. Es lernt, dass es ohne die Hilfe der Eltern kommunizieren kann und von anderen verstanden wird. Erlebnisse werden so wiederholt, bis das Kind selbständig in der Lage ist, davon zu berichten. Dabei können neue Wörter, Satzbau und Gespräche „geübt“ und gefestigt werden. Die individuellen Inhalte führen zu einer hohen Motivation des Kindes. Es kann sich bei der Betrachtung gut auf das Hinhören konzentrieren. Mit Darstellungen ist, zusammen mit dem Wochenplan (ab ca. dem 2. Lebensjahr), eine Vorbereitung von Ereignissen möglich, auch wenn sie sprachlich noch nicht vermittelt werden können. Das Kind weiß dann, wo es gleich hingefahren wird oder was in den kommenden Tagen geplant ist. Druckbuchstaben oder besser noch Computerschrift in Groß- und Kleinschreibung entsprechen der Leseschrift. Viele Kinder sind schon mit 3 Jahren an ihr interessiert. Sie ist eines der wichtigsten Medien (gerade für hochgradig Hörgestörte), Themen zu erarbeiten oder Verpasstes nachzuarbeiten. Dies ist eine gute Möglichkeit, das Interesse des Kindes für das Lesen und Schreiben frühzeitig zu wecken. Oft können Kinder schon nach kurzer Zeit häufig wiederkehrende Wortumrisse erkennen (Mama, Auto, Opa…) oder Buchstaben, die in ihrem Namen enthalten sind. Somit ist das Erlebnisbuch das erste Lesebuch des Kindes. Die Sprechblasen, die direkt aus dem Mund der jeweils sprechenden Person kommen, verdeutlichen dem Kind, dass es sich um einen Dialog handelt. So lernt das Kind Gesprächsregeln, kann sich in Gedankengänge des Gesprächspartners einfühlen, es lernt Redewendungen. Je nach Sprachstand des Kindes kann der Schwierigkeitsgrad des Geschriebenen angepasst werden. So werden bei kleinen Kindern manchmal nur Ausrufe oder kurze Sätze angeboten, die sich mit zunehmender Sprachkompetenz erweitern bis das Kind sein Erlebnisbuch selbst schreibt. Seien Sie dem Sprachstand des Kindes immer einen Schritt voraus und benutzen Sie immer vollständige Sätze, weil das Ziel ist, dass die Kinder in ganzen Sätzen sprechen lernen. Als Deckblatt empfiehlt sich ein Foto des Kindes mit Angabe des Vor- und Nachnamens, des Alters, der Stadt und der Straße, in der das Kind wohnt, weil dies häufig gestellte Fragen sind, die an das Kind gerichtet werden. Grundsätzlich kann mit Fotos oder selbstgezeichneten Bildern gearbeitet werden. Den Kindern ist dabei egal, ob Sie gut zeichnen oder sich für untalentiert halten. Ein Ordner mit Prospekthüllen ist gut geeignet zum Umblättern für die Kinder. Das Wichtigste aber ist, dass Sie und Ihr Kind Spaß an diesem Buch haben. Literatur: Batliner, G. in „Hörgeschädigte Kinder spielerisch fördern“, Ernst-Reinhardt Verlag, 2001. Schmid-Giovannini, S. in Heft 2: Das Tage- oder Erlebnisbuch für Kinder von 2-4 Jahren“, Internationales Beratungszentrum, Schweiz. Das Erlebnisbuch – ein wunderbarer Begleiter auf dem Weg zur Sprache für Kinder mit Hörstörungen C H A R I T É - U N I V E R S I T Ä T S ME D I Z I N B E R L I N Gliedkörperschaft der Freien Universität Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin Augustenburger Platz 1 13353 Berlin Telefon +49 30 450-50 www.charite.de W 1.1 FO 56 Freigabe 01.05.2015 Seite 1 von 1 -2- → Sich mitteilen unabhängig von engen Bezugspersonen → Hohe Motivation des Kindes, da subjektiv bedeutsame Erlebnisse dargestellt werden → Häufige Wiederholung je nach Interesse des Kindes möglich → Kindgerechte Form und Darstellungsweise → Einstieg in die Welt der Bücher Heute hat unsere Waschmaschine viel zu tun. Mama und ich wollen ganz viel Wäsche waschen. Gut lesbare Druckschrift und/oder Computerschrift Interesse für Schrift früh wecken Wiederkehrende Wortumrisse, einzelne Buchstaben oder Zahlen erkennen Geschehen/Erlebnis in vollständigen Sätzen beschreiben Kommunikation mit Personen möglich, die diese Situation nicht miterlebt haben Satzmuster können wiederholt angeboten und gefestigt werden Angebotenes Sprachmaterial geht der gesprochenen Sprache des Kindes einen Schritt voraus (Beispiel oben: wenn das Kind „anziehen“ schon kennt…) Illustration mit Sprechblasen Bildliche Darstellung als Erinnerungshilfe für das Kind Sprechblasen, die direkt aus dem Mund der sprechenden Person kommen, verdeutlichen den Dialog Redewendungen/Gesprächsregeln können gelernt werden
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