Anhang 8 - Leitlinien zu Sanktionen und deren Durchsetzung

Anhang 8 - Leitlinien zu Sanktionen und deren Durchsetzung
1.1 Ein Verstoß gegen die Richtlinie und die Leitlinien oder gegen das Kartell- und Wettbewerbsrecht
kann schwerwiegende Folgen für die Gesellschaft und ihre Mitarbeiter haben. Er kann für die Gesellschaft
bedeutende Geldstrafen, Schadensersatzklagen und Rufschädigungen nach sich ziehen. Darüber hinaus
ist nicht ausgeschlossen, dass Personen, die an einem Verstoß gegen das Kartell- oder Wettbewerbsrecht
beteiligt sind, strafrechtliche Sanktionen drohen.
Zu Geldstrafen:
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Die Europäische Kommission kann Geldstrafen bis zu einer Höhe von 10% des weltweiten Umsatzes
verhängen. Die Kommission verhängte beispielsweise gegen ein einzelnes Mitglied eines Kartells eine
Strafe in Höhe von 896 Millionen Euro / 1 Milliarde US-Dollar (gegen Saint-Gobain, Autoglas-Kartell,
2008) und Geldbußen in Höhe von 1,06 Milliarden Euro / 1,1 Milliarden US-Dollar wegen
Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (gegen Intel, 2009).
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In den Vereinigten Staaten beträgt die maximale gesetzliche kartell-/wettbewerbsrechtliche Geldbuße
für Kapitalgesellschaften 100 Millionen US-Dollar; die Höchststrafe für natürliche Personen beträgt 1
Million US-Dollar. Die Höhe der Strafe kann bis zum Doppelten des aus dem Verstoß entstandenen
finanziellen Vorteils bzw. das Doppelte des durch die Geschädigten erlittenen Schadens betragen.
Hierbei kann es sich um gewaltige Beträge handeln. Geldbußen gegen Kapitalgesellschaften von mehr
als 100 Millionen US-Dollar sind mittlerweile Gang und Gäbe, und es sind auch bereits Strafen in
Höhe von 500 Millionen Dollar verhängt worden. Geldstrafen dieser Größenordnung können ein
Unternehmen und seine Mitarbeiter zu Grunde richten.
1.2 Nicht nur wegen drohender hoher Geldbußen sondern u.a. auch aus folgenden Gründen ist die
Einhaltung von Wettbewerbsregeln essentiell:
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Wer wegen des Verstoßes gegen Kartell- und Wettbewerbsrecht verurteilt wird, dem drohen
Freiheitsstrafen. Während einer kürzlich vergangenen Zweijahresperiode mussten beispielsweise 48
Personen wegen Verstößen gegen das Kartell- und Wettbewerbsrecht Haftstrafen verbüßen, 15 davon
erhielten Freiheitsstrafen von 12 Monaten oder mehr. Die bisher längste verhängte Freiheitsstrafe
beträgt vier Jahre, wobei auch längere Gefängnisstrafen ausgesprochen wurden, wenn es sich um die
Kombination eines kartell- und wettbewerbsrechtlichen Delikts mit anderen Gesetzesverletzungen
handelte. Einige Europäische Länder, wie etwa das Vereinige Königreich und Irland, haben mittlerweile
ebenfalls die strafrechtliche Ahndung kartell- und wettbewerbsrechtlicher Verstöße eingeführt.
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Die weiteren Konsequenzen einer Verurteilung wegen kartell- und wettbewerbsrechtlicher Verstöße
können ebenfalls vernichtend sein. Für Kapitalgesellschaften kann dies beispielsweise bedeuten:
zivilrechtliche Schadensersatzklagen, Durchsetzungsmaßnahmen in anderen Ländern, Störungen des
Betriebs oder Geschäfts, Kosten der Verteidigung in Ermittlungen und Rechtsstreitigkeiten, negative
Berichterstattung in den Medien und Blamage des Unternehmens.
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Für natürliche Personen kann ein kartell-/wettbewerbsrechtlicher Schuldspruch Freiheitsentzug
(Haftstrafe), den Verlust der Arbeitsstelle und verbundener Leistungen, den Verlust des Rufes,
geringere spätere Einstellungschancen und Rechtsstreitigkeiten nach sich ziehen.
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Eine wettbewerbswidrige Vereinbarung kann im Ganzen oder teilweise unwirksam sein, was bedeutet,
dass das Unternehmen keine Ansprüche daraus geltend machen kann.
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Außerdem können die Ereignisse im Zusammenhang mit einem kartell- und wettbewerbsrechtlichen
Verstoß weitere Anklagepunkte begründen. Die Staatsanwaltschaften tendieren dazu, kartell- und
wettbewerbsrechtliche Anklagepunkte mit Betrugsvorwürfen wie „Wire Fraud“ (Betrug mittels
drahtgebundener bzw. online-Kommunikation) oder „Mail Fraud“ (Betrug über den Postweg) zu
kombinieren sowie mit dem Vorwurf, unrichtige Angaben gegenüber Regierungsstellen gemacht zu
haben. Auf diese Straftaten stehen zusätzliche Geldstrafen.
1.3 In den Vereinigten Staaten können die Bundesregierung, die Generalstaatsanwaltschaften und
sämtliche natürliche Personen oder Unternehmen, die behaupten, durch einen kartell- oder
wettbewerbsrechtlichen Verstoß geschädigt worden zu sein, ebenfalls Zivilklage einreichen und bis zum
Dreifachen der erlittenen Schadenssumme, zuzüglich Anwaltsgebühren, fordern. Die zugesprochenen
Schadensersatzsummen in solchen Fällen können Hunderte von Millionen Dollar betragen und können
ein Unternehmen ruinieren. Darüber hinaus können Gerichte Verfügungen erlassen, die für ein
Unternehmen eine ernsthafte Beschränkung des Geschäftsbetriebs bedeuten können.
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Flint Group: Anlage
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