NACHBARSCHAFT 15 OLTNER TAGBLATT MITTWOCH, 24. JUNI 2015 Lebenslänglich für Angeklagten? Zofingen Mutmasslicher Mörder von Willi M. aus Brittnau steht heute und morgen vor Gericht Babyleiche «Aktenzeichen XY» im Aargau Auch vier Wochen nach dem Leichenfund in einem deutschen Rhein-Kraftwerk ist die Herkunft des toten Babys unbekannt. Ermittlungen auf deutscher wie auf Schweizer Seite blieben bisher ohne Erfolg. Nun soll die TV-Sendung «Aktenzeichen XY ... ungelöst» neue Erkenntnisse liefern. Die Sendung wird heute Abend um 20.15 Uhr im ZDF ausgestrahlt. Auch Hinweise aus der Schweiz, vor allem aus dem Aargau, werden erhofft. Nach bisherigen Einschätzungen der Rechtsmedizin, die noch am Fundtag eine Obduktion durchführte, war das Mädchen vermutlich sieben bis zehn Tage zuvor gestorben. Man geht davon aus, dass das Neugeborene lebensfähig gewesen war und wahrscheinlich direkt nach der Geburt getötet wurde. Die genaue Todesursache ist nach wie vor unklar. Es ist nicht das erste Mal, dass «Aktenzeichen XY ... ungelöst» einen Aargauer Fall aufnimmt. In den letzten 24 Jahren waren insgesamt sechs Aargauer Kriminalfälle Thema der Sendung. Zwei davon wurden in der Zwischenzeit gelöst. (AZ) VON NORA BADER Über drei Jahre ist es her, dass Willi M. aus Brittnau getötet wurde. Heute Mittwoch beginnt am Bezirksgericht Zofingen die zweitägige Gerichtsverhandlung gegen den mutmasslichen Täter. Der Beschuldigte ist ein mittlerweile 31-jähriger Asylsuchender aus Marokko. In der Nacht auf den 15. April 2012 soll er den damals 63-jährigen Willi M. in seinem Haus an der Fennernstrasse in Brittnau brutal niedergeschlagen haben. Willi M. habe den Todeskampf nach wenigen Minuten verloren, steht in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft. Das Medieninteresse an diesem Fall sei riesig, hiess es beim Bezirksgericht auf Anfrage. Auch Zuschauer würden erwartet. Was die Anwesenden sehen und hören werden, ist aber schwere «Den konkreten Strafantrag gibt die Staatsanwaltschaft an der Verhandlung bekannt.» Simon Burger Leitender Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm Kost: Wie im Vorfeld bekannt wurde, sollen unter anderem auch sexuelle Aspekte im Zentrum gestanden haben. Darüber, ob sich Opfer und mutmasslicher Mörder vor der Tat kannten, wird an der Gerichtsverhandlung Klarheit geschaffen. Dem teils geständigen Täter droht eine lebenslängliche Freiheitsstrafe, wenn er des Mordes schuldig gesprochen wird. «Den konkreten Strafantrag gibt die Staatsanwaltschaft an der Verhandlung bekannt», so Simon Burger, leitender Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm. Die Staatsanwaltschaft erhob beim Bezirksgericht Zofingen Anklage gegen Wohlen In diesem Haus kam es Mitte April 2012 zu einem Tötungsdelikt. den Beschuldigten wegen Mordes, Raubs und weiterer Delikte wie illegale Einreise oder Konsum von Betäubungsmitteln. Verhaftet worden war der Marokkaner in der Asylunterkunft in Muri im Freiamt – vier Tage nach dem Tötungsdelikt. Wegen eines vorangehenden Verfahrens waren die Fingerabdrücke des mutmasslichen Täters bereits bei der Polizei registriert. So konnte er aufgrund der Spuren am Tatort überführt werden. Seit Januar 2013 befindet er sich im vorzeitigen Strafvollzug. Gemäss Beschuldigtem Notwehr Willi M. und der Asylsuchende sollen sich am Abend der Tat gemäss Anklageschrift geeinigt haben, «geschlechtlich miteinander zu verkehren». Im Schlafzimmer habe der Beschuldigte Willi M. attackiert. Er soll ihm mehrere heftige Schläge verpasst und ihn mit einem Leintuch gefesselt haben. Dann habe er mit einem Holzstück auf das Opfer eingeschlagen. «Darauf schleifte der Beschuldigte Willi M. in ein angrenzendes Büro, um dort nach Wertsachen zu su- RAN/ARCHIV chen», steht in der Anklageschrift. Schliesslich habe der Beschuldigte Willi M. in den Boilerraum befördert und ihm weitere Schläge verpasst, um ihn zu töten. Der Beschuldigte brachte laut Aussage der Staatsanwaltschaft vom Dezember gegenüber dieser Zeitung vor, in Notwehr gehandelt zu haben. Nachdem der Beschuldigte weiter brutal auf das Opfer eingeschlagen und es gefoltert habe, sei der Täter mit einer Geldkassette, Bankkarten und einem Bankschliessfachschlüssel geflüchtet. Im August 2016 stossen sie erstmals an Sissach Brauerei Farnsburg nach langer Odyssee am Ziel – ab Sommer 2016 wird produziert VON ANDREAS HIRSBRUNNER Bier fliesst zwar noch immer keines, aber jetzt herrscht nach zwei Rohrkrepierern erneut Aufbruchstimmung bei der Brauerei Farnsburg. Dieses Bild vermittelte die Generalversammlung mit 139 von insgesamt 761 Aktionären am vergangenen Montagabend in Sissach. Und was aus dem Traktandum Wahlen auch überdeutlich hervorging: Die Aktionäre vertrauen ihrem Verwaltungsrat mit Präsident Reto Wetzel, Vize und Hauptaktionär Roger Holzer, Matthias Manz und Simon Schmid vorbehaltlos, obwohl er mit der bisherigen Planung an den beiden gescheiterten Standorten Lausen und Gelterkinden eine Million Franken in den Sand gesetzt hat. Wetzel betonte jedoch, dass es sich bei diesem Geld zu zwei Dritteln um Abschreibungen handle und nur der Rest effektiv an Liquidität verloren gegangen sei. Bei Letzterem handelte es sich zu einem wesentlichen Teil um Löhne, die die Brauerei den bereits für den Standort Gelterkinden angestellten und inzwischen wieder entlassenen Braumeister und Geschäftsführer bezahlen musste. Aber das noch 2013 als hervorragender Standort angepriesene Gelterkinden ist bereits Geschichte. Spätestens seit Mitte April ist Sissach Trumpf: Zu diesem Zeitpunkt wurde der Mietvertrag mit der Mineralquelle Eptingen für deren ehemalige Abfüllhalle zwischen Bahnhof- und Hauptstrasse als neuer Standort für die Brauerei Farnsburg unterzeichnet. Bis letzten Freitag war klar, dass der Wohler Einwohnerrat an seiner Sitzung vom Montag die Jahresrechnung 2014 mehrheitlich genehmigen wird. Ablehnung war lediglich von der SVPFraktion zu erwarten. Es kam ganz anders: Das Parlament hat die Rechnung zurückgewiesen und das mit 34:3 Stimmen äusserst deutlich. Der Grund sind finanzielle Verfehlungen von Gemeindeammann Walter Dubler. Er hat sich selber höhere Pensionskassenbeiträge zugeschanzt, als ihm zustehen würden. Finanzkommissionspräsident Thomas Hoffmann hatte den Antrag für die Rückweisung gestellt mit der Begründung, das Parlament könnte sonst Gefahr laufen, das Finanzgebaren des Ammanns nachträglich zu sanktionieren. Lohnkürzung aufgefangen Die Brauerei Farnsburg kommt in das ehemalige Abfüllgebäude der Mineralquelle Eptingen in Sissach zu liegen. «Ich garantiere, dass wir keinen vierten Standort suchen müssen.» Reto Wetzel VR-Präsident Brauerei Farnsburg Symbiose mit «Eptinger» Wetzel schwärmte: «Jetzt sind wir endlich am richtigen Standort. Er ist mit einer Nutzfläche von 1000 Quadrat- Walter Dubler die Schlüssel wegnehmen? metern ohne viele Ecken, einem Büround Empfangsbereich, einer optimalen Infrastruktur und einer durchgehenden Rampe ideal für unsere Bedürfnisse.» Er garantiere, dass man nun keinen vierten Standort suchen müsse, meinte Wetzel schon fast euphorisch und fügte an: «Zur Partnerschaft mit der Mineralquelle Eptingen bezüglich Logistik, Vertrieb und Marktbearbeitung kommt jetzt noch eine Standort-Partnerschaft. Das bringt für beide Synergien, ja es ist eine Symbiose.» Bis die Partner mit Farnsburger Bier anstossen können, vergeht aber noch geraume Zeit: Anfang 2016 will die Brauerei die neuen Lokalitäten beziehen, im März sollten die Umbauten fertig sein, im April und Mai folgt der Einbau der Brauanlage, deren Fertigung beim Scheitern der Gelterkinder Pläne gestoppt wurde; in einem Jahr beginnt der Braubetrieb, und im August 2016 fliesst endlich, endlich das erste Farns- FOTOS: HI burger Bier. Auf eine vorgezogene Produktion bei einer Fremd-Brauerei habe man verzichtet, weil alle Kleinbrauereien im Sommer ausgelastet seien, sagte Wetzel. Im Februar 2013 hat der Wohler Einwohnerrat das Gehalt für das Vollamt des Gemeindeammanns um über 10 Prozent gekürzt. Walter Dubler (parteilos), der im gleichen Herbst für eine fünfte Amtsperiode gewählt wurde, verdient seit 2014 noch 188 770 Franken pro Jahr. Vorher waren es 217 715 Franken. Wohlen zahlt die Arbeitgeberbeiträge für Dublers Pensionskasse aber noch auf der Basis des alten Lohnes. Herausgefunden hat das letzte Woche Einwohnerrat und Grossrat Jean-Pierre Gallati (SVP). Er hat die Rechnung 2014 geprüft und ist auf den zu hohen Pensionskassenbetrag gestossen. Die Abweichung beträgt für das Jahr 2014 rund 2800 Franken, bis heute sind insgesamt rund 4200 Franken aufgelaufen. Diesen Betrag hat Walter Dubler am Montagmorgen zurückbezahlt und sich vor dem Einwohnerrat für sein Verhalten entschuldigt. Als die Geschichte aufflog, hatte er sich vorerst noch mit Ausflüchten zu rechtfertigen versucht und unter anderem erklärt: «Der Gemeinderat weiss das.» Chance am Markt? Ob das Farnsburger Bier überhaupt noch eine Chance auf dem Markt habe, wollte ein Aktionär wissen; dies in Anbetracht, dass Konkurrenten wie die Baselbieter Brauerei schon seit einem Jahr produzieren. Dazu Wetzel: «Das haben wir evaluiert. Wir haben zwar Zeit verloren, aber der Biermarkt ist ein Verdrängungsmarkt. Und im Moment verlieren die grossen Anbieter.» Ins Bild des Aufbruchs passte auch, dass die Aktionäre einer Kapitalaufstockung um knapp 1,2 Millionen Franken mit grossem Mehr zustimmten. Gemeinderat wusste nichts Die übrigen Mitglieder des Gemeinderates haben von den zu hohen Beiträgen vor einer Woche erfahren. Walter Dubler hatte sie informiert, als er im Gemeindehaus von Gallatis Nachforschungen erfuhr. Das hat Finanzminister Markus Gsell dem Parlament am Montag in einer Erklärung mitgeteilt. Dubler habe die Zahlung der höheren Pensionskassenbeiträge selber angeordnet. Ob er Walter Dubler anzeigen wird, liess der Gemeinderat auf noch offen. (AZ)
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