Arbeiten im Kollektiv. Politische Praktiken der Normierung und Gestaltung von Gemeinschaft Workshop am 2./3. Juni 2016 im Sächsischen Staatsarchiv Chemnitz Der Begriff Kollektiv evoziert verschiedene Assoziationen: von hierarchiefreier Zusammenarbeit über „Zwangsgemeinschaften“ bis hin zum nostalgischen Blick auf die Arbeitswelt in der DDR. Alle diese Interpretationsformen beschreiben eine Gruppe mit einem gemeinsamen Projekt. Das Arbeiten im Kollektiv impliziert damit ein hohes Maß an Identifikation der einzelnen Mitglieder mit einem bestimmten Ziel und betont ihre Verantwortung der Gruppe gegenüber. Diesen Effekt instrumentalisierten sozialistische Staaten, als sie das Kollektiv als grundlegende Form der Vergesellschaftung zu installieren versuchten. Die massenhafte Gründung von „sozialistischen Brigaden“ in der DDR ist wesentlich auf das Anreizsystem des „Sozialistischen Wettbewerbs“ zurückzuführen, das den Kollektivmitgliedern ein gemeinsames Ziel gab und so für eine gewisse Verselbständigung des Systems sorgte. Aufgrund des sozialen Zusammenhalts, bedingt durch den hohen Stellenwert der gemeinsamen Freizeitveranstaltungen, der gegenseitigen Hilfe und Verpflichtung gegenüber der Gruppe, werden die Brigaden von ehemaligen Mitgliedern mitunter bis heute wertgeschätzt. Auf dieses Prinzip ist auch die Adaption des Arbeitens im Kollektiv in kapitalistischen Staaten zurückzuführen. Insbesondere im Zuge der „68erBewegung“ wurden kollektiv geführte Unternehmen als Gegenmodelle zur herkömmlichen Arbeitsorganisation gegründet. Ziel des Workshops ist es, sich dem Phänomen ‚Kollektiv und Arbeit‘ aus verschiedenen Perspektiven zu nähern. Im Zentrum sollen die sozialen und gesellschaftlichen Funktionsweisen unter Berücksichtigung der spezifischen historischen und ökonomischen Voraussetzungen stehen. Dabei interessieren die Wirkungsweisen des Versprechens von Gemeinschaft, welches dem Kollektivgedanken inhärent ist. Wie wirken sie sich auf die Entwicklung der Gruppenstruktur aus? Welchen Einfluss haben sie auf Hierarchiebildung, Internalisierungs- und Identifikationsprozesse? Das Kollektiv als Ort der Vergesellschaftung soll im Workshop um die gesellschaftliche Funktion ergänzt werden, die ihm zugeschrieben wurde und wird. Beiträge, die sich grundlegenden Fragen des Konzeptes widmen, sind ebenso willkommen wie solche, die konkrete Aspekte des Arbeitens im Kollektiv beleuchten. Den Fragestellungen des Workshops könnten sich die Beiträge über folgende Themenbereiche nähern: - Kollektivformen in der DDR und anderen sozialistischen Staaten - Kollektiv und Gruppenstruktur - Selbstverortung im Kollektiv - Grenzräume von Arbeit und Freizeit - Funktion des Kollektivs als erinnerungskulturelles Moment - Tradierungsmuster - Kollektivformen als Gegenentwürfe zu neoliberalen und kapitalistischen Wirtschaftsformen Beiträge von Nachwuchswissenschaftler/innen sind ausdrücklich willkommen. Das Abstract (max. 350 Wörter) mit kurzem CV senden Sie bitte per Mail bis zum 18. November 2015 an Merve Lühr, Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e. V., Zellescher Weg 17, 01069 Dresden, [email protected]. ****************************** Merve Lühr M.A. Wissenschaftliche Mitarbeiterin Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V. Zellescher Weg 17, 01069 Dresden 0351/436 16 42 [email protected]
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