03. Präsentation - Prof. Dr. Martin Heger - Hu

AG Modul Strafrecht I WS 15/16 Fall 3: Beinarterie Sajanee Arzner Wissenscha@liche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Europäisches Strafrecht und neuere Rechtsgeschichte von Prof. Dr. MarOn Heger Kommode Raum 129 Email: sajanee.arzner@hu-­‐berlin.de Themenübersicht Stunde 4 1.  Vorsatzformen 2.  Abgrenzung Vorsatz und bewusste Fahrlässigkeit 3.  Prüfungsau[au §§ 223, 224 StGB 4.  Fall 3: Beinarterie 1. Vorsatzformen (1/4) •  §15 StGB: „Stra[ar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht“ •  Bezugspunkt: alle Merkmale des objekOven Tatbestandes •  Zeitpunkt: Simultanitätsprinzip/
Koinzidenzprinzip –  Im Zeitpunkt der Begehung der Tat (§16 Abs. 1 S.1 StGB) –  Begehung der Tat = Zeit, zu der der Täter gehandelt hat (§8 StGB) 1. Vorsatzformen (2/4) WISSEN (intellektuelle Komponente) + WOLLEN (voluntaOve Komponente) der Tatbestandsverwirklichung 1. Vorsatzformen (3/4) •  Dolus directus I (Absicht): Dominanz des Willenselements –  Wissenselement (intellektuell): Erkennen der Möglichkeit des Erfolgseintries –  Willenselement (voluntaOv): Zielgerichtetes Wollen = Absicht = dem Täter kommt es gerade darauf an, den Eintrie des tatbestandlichen Erfolges herbeizuführen •  Dolus directus II (sicheres Wissen): Dominanz des Wissenselements –  Wissenselement: Der Täter sieht den Erfolgseintrie als sicher voraus –  Willenselement: •  Der tatsächliche Eintrie des Erfolges kann dem Täter sogar unerwünscht sein •  Grund: wer sicher weiß, dass sein Handeln den Tatbestand verwirklicht und trotzdem handelt nimmt den Erfolg zwangsläufig in seinen Willen auf 1. Vorsatzformen (4/4) •  Dolus eventualis (Eventualvorsatz): –  Wissenselement: Der Täter hält den Eintrie des Erfolges für möglich –  Willenselement: •  H.M. Der Täter findet sich mit dem Eintrie des Erfolges ab; er nimmt den Erfolgseintrie „billigend in Kauf“ •  A.A. ein Willenselement ist nicht erforderlich (Möglichkeit-­‐ Wahrscheinlichkeitstheorie) 2. Abgrenzung Vorsatz und bewusste Fahrlässigkeit (1/3) •  Dolus eventualis (Eventualvorsatz): –  Wissenselement: Der Täter hält den Eintrie des Erfolges für möglich –  Das Wissenselement ist auch bei der bewussten Fahrlässigkeit vorhanden P: Abgrenzung ? M1 (Möglichkeitstheorie): •  Vorsatz +, wenn der Erfolgseintries für möglich gehalten wird •  Kein voluntaOves Element erforderlich •  KriOk: Abgrenzbarkeit von der bewussten Fahrlässigkeit erschwert –  M2 (Wahrscheinlichkeitstheorie): •  Vorsatz +, wenn der Erfolgseintrie für wahrscheinlich gehalten wird •  Kein voluntaOves Element erforderlich •  KriOk: Abgrenzbarkeit von der bewussten Fahrlässigkeit erschwert 2. Abgrenzung Vorsatz und bewusste Fahrlässigkeit (2/3) …..P: Abgrenzung –  hM (Billigungstheorie) •  VoluntaOves Element erforderlich •  Der Täter muss den Eintrie des tatbestandlichen Erfolges billigend in Kauf nehmen, sich also damit abfinden (dann ist das Willenselement erfüllt) •  Arg. Vorsatz verlangt ein Wissens-­‐ und ein Willenselement •  Arg. Nur so eine sachgerechte Abgrenzung von Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit möglich 2. Abgrenzung Vorsatz und bewusste Fahrlässigkeit (3/3) Abgrenzung nach h.M.: Willenselement erfüllt? EVENTUALVORSATZ (Willenselement nach herrschender Meinung +) •  „Der Täter findet sich mit dem Erfolgseintrie ab“ •  „Der Täter erkannte die Gefahr, nahm diese aber in Kauf“ •  Fauslormel: „Na wenn schon“ BEWUSSTE FAHRLÄSSIGKEIT (kein Willenselement) •  „Der Täter hone ernstha@ auf den Nichteintrie des Erfolges“ •  „Der Täter vertraute ernstha@ auf das Ausbleiben des Erfolges“ •  Fauslormel: „Es wird schon gut gehen“ •  Grenze: kein Hoffen ins „Blaue hinein“ (Es muss einen begründeten Anlass dafür gegeben haben, dass auf das Ausbleiben des Erfolgseintries vertraut werden dur@e) 3. Au[au §§223, 224 StGB (1/6) I. 
Tatbestand 1.  ObjekOver Tatbestand des Grunddelikts (§223 Abs.1 StGB) 2.  SubjekOver Tatbestand des Grunddelikts (§223 Abs.1 StGB) 3.  ObjekOver Tatbestand der QualifikaOon (§224 Abs.1 StGB) 4.  SubjekOver Tatbestand der QualifikaOon (§224 Abs.1 StGB) II.  Rechtswidrigkeit III.  Schuld IV.  Ergebnis 3. Au[au §§223, 224 StGB (2/6) QualifikaVonsmerkmale: •  §224 Abs.1 Nr. 1 –  Var. 1: Beibringung von GiY •  Beibringung: Der Stoff muss derart mit dem Körper in Verbindung gebracht werden, dass sich die gesundheitsschädliche Wirkung enlalten kann •  GiY: organischer oder anorganischer Stoff, der unter besOmmten Bedingungen durch chemische oder chemisch-­‐physikalische Wirkung geeignet ist, die Gesundheit zu zerstören oder zu schädigen (z.B. Rauschmieel, Salzsäure) –  Var. 2: Beibringung von anderen gesundheitsschädlichen Stoffen •  Gesundheitsschädlicher Stoff: Jeder Stoff, der unter den konkreten Bedingungen geeignet ist, die Gesundheit zu schädigen (z.B. Kochsalz) 3. Au[au §§223, 224 StGB (3/6) QualifikaVonsmerkmale: •  §224 Abs.1 Nr. 2 –  Var. 1: mi[els einer Waffe •  Waffe: Gegenstand, der seiner Natur nach dazu besOmmt ist einem Menschen körperliche Verletzungen beizubringen (KonstrukOonstheorie) •  Mi[els: Gesteigerte Gefährlichkeit beruht gerade auf dem Einsatz der Waffe –  Var. 2: mi[els eines gefährlichen Werkzeugs •  Gefährliches Werkzeug: Jeder Gegenstand, der nach seiner objekOven Beschaffenheit und der konkreten Art seiner Verwendung im Einzelfall dazu geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen •  Stri\g: Beweglichkeit? Bewegungsrichtung gegen das Opfer? (SOchwort: Hauswand, BGH: beides als Vssn. +, Hauswand: -­‐) 3. Au[au §§223, 224 StGB (4/6) QualifikaVonsmerkmale: •  §224 Abs.1 Nr. 3 mi[els eines hinterlisVgen Überfalls –  Überfall: Plötzlicher, unerwarteter Angriff auf einen Ahnungslosen –  HinterlisVg: planmäßige Verdeckung der wahren Absicht 3. Au[au §§223, 224 StGB (5/6) QualifikaVonsmerkmale: •  §224 Abs.1 Nr. 4: mit einem anderen Beteiligten gemeinschaYlich: Einverständliches Zusammenwirken von mindestens zwei Personen am Tatort 3. Au[au §§223, 224 StGB (6/6) QualifikaVonsmerkmale: •  §224 Abs.1 Nr. 5: Mi[els einer das Leben gefährdenden Behandlung –  Stri\g: Konkrete (im Einzelfall tatsächlich eingetretene) oder abstrakte (objekOve generelle) Lebensgefahr? –  Wohl h.M. abstrakte Gefahr ausreichend –  Arg. Vergleichbarkeit mit den anderen QualifikaOonsvarianten –  Arg. Abgrenzung von den Tötungsdelikten 4. Fall 3: Beinarterie (1/6) •  Frage 1: Hat sich M durch den Messerangriff auf F wegen Totschlags und wegen gefährlicher Körperverletzung stra[ar gemacht? •  Frage 2: Hat sich M durch das Abbrennen des Hauses wegen Totschlags stra[ar gemacht? 4. Fall 3: Beinarterie (2/6) Frage 1: Stracarkeit des M wegen des Messerangriffs auf F A.  Totschlag §212 StGB I.  Tatbestand 1.  ObjekVver Tatbestand (Taterfolg, Tathandlung, Kausalität, objekOve Zurechnung): + 2.  SubjekVver Tatbestand: Vorsatz a) 
b) 
c) 
Dolus directus I? (-­‐ mangels Erfüllung des Koinzidenzprinzips) Dolus directus II? (-­‐ mangels sicheren Wissens) Dolus eventualis? i. 
ii. 
Wissenselement: Für möglich halten des Erfolgseintries + P: Willenselement à ABGRENZUNG VORSATZ UND BEWUSSTE FAHRLÄSSIGKEIT 4. Fall 3: Beinarterie (3/6) …. P: Willenselement à ABGRENZUNG EVENTUALVORSATZ UND BEWUSSTE FAHRLÄSSIGKEIT •  Möglichkeitstheorie: Vorsatz +, da Erfolgseintrie als möglich erkannt •  Wahrscheinlichkeitstheorie: Vorsatz +, da Erfolgseintrie als wahrscheinlich erkannt •  Billigungstheorie: Vorsatz – wegen des ernsten Hoffens auf das Ausbleiben des tatbestandlichen Erfolges und des Bestehen eines begründeten Anlasses hierfür •  Streitentscheid: Erforderlichkeit eines voluntaVven Elements? –  Erforderlichkeit – (so Möglichkeits-­‐ und Wahrscheinlichkeitstheorie) •  Arg. Wortlaut des §16 Abs.1 S.1 –  Erforderlichkeit + (so Billigungstheorie) •  Arg.1 Abgrenzbarkeit von der bewussten Fahrlässigkeit •  Arg. 2 keine Stra[arkeitslücken, da bei wichOgen Rechtsgütern Fahrlässigkeitsstra[arkeit gegeben •  Arg. 3 geringere Strafwürdigkeit bei ernstha@em Vertrauen auf den Erfolgseintrie •  Zwischenergebnis: VORSATZ – II. Ergebnis: Keine Stra[arkeit gemäß §212 StGB 4. Fall 3: Beinarterie (4/6) B. Stracarkeit gemäß §§223, 224 Abs.1 Nr.2 und Nr.5 wegen gefährlicher Körperverletzung I.  Tatbestand 1.  ObjekVver Tatbestand des Grunddelikts: + 2.  SubjekVver Tatbestand des Grunddelikts: + dolus directus I 3.  ObjekVver Tatbestand der QualifikaVon: a) 
• 
• 
§224 Abs. 1 Nr. 2 Waffe: -­‐ Gefährliches Werkzeug: Küchenmesser in den Oberschenkel + 4. Fall 3: Beinarterie (5/6) b) §224 Abs.1 Nr.5 •  Abstrakte Lebensgefahr: + •  Konkrete Lebensgefahr: + •  Streit also entbehrlich 4. SubjekVver Tatbestand der QualifikaVon •  Bzgl. §224 Abs.1 Nr. 1: + •  Bzgl. §224 Abs.1 Nr.5: + II. Rechtswidrigkeit III. Schuld IV. Ergebnis: Stra[arkeit gemäß §224 Abs. 1 Nr.2 und Nr. 5. §223 Abs.1 trie dahinter im Wege der Spezialität zurück. 4. Fall 3: Beinarterie (6/6) Frage 2. Stracarkeit des M wegen des Inbrandsetzen des Hauses Stracarkeit gemäß §212 Abs.1 StGB I.  Tatbestand 1. 
2. 
ObjekVver Tatbestand (Taterfolg, Tathandlung, Kausalität, objekOve Zurechnung): + SubjekVver Tatbestand a) 
b) 
Dolus directus I: -­‐, denn der Tod der S ist nur bloße Nebenfolge (Endziel = Verwischen der Tatspuren) Dolus directus II: + II.  Rechtswidrigkeit III.  Schuld IV.  Ergebnis: Stra[arkeit gemäß §212 Abs.1 StGB +