Otto Meinecke

Otto Meinecke (1880-1942)
Otto Meinecke kam 1880 in Witten als Sohn des Feilenhauermeisters
Wilhelm und seiner Ehefrau Lina Meinecke, geborene Saße, als mittleres
von drei Geschwistern zur Welt. 1884 zog die Familie nach Dortmund in
die Rheinische Straße 93. Der Vater betrieb die Dortmunder Feilen-Fabrik
in der Münsterstraße 257, bis etwa 1920 seine Nachkommen die Fabrik
übernahmen. Otto Meinecke wohnte als Kaufmann und Fabrikant zunächst
am Sitz der Firma, nach zahlreichen Umzügen innerhalb Dortmunds
wohnte er ab 1940 in der Kleppingstraße 2.
Wann und weshalb Polizei oder Gestapo erstmals gegen ihn ermittelten,
ist unbekannt. Fest steht jedoch, dass er Anfang 1942 in das KZ
Sachsenhausen bei Berlin verschleppt wurde. Er wurde dem bei den
Häftlingen gefürchteten Strafkommando im Außenlager Großziegelwerk
zugewiesen. Dort trug er die Häftlingsnummer 42857 und galt als
„BV175”.
Das Kürzel stand für einen homosexuellen Berufsverbrecher. Nach einem
Erlass des Reichsführers-SS Heinrich Himmler vom 12. Juli 1940 wurden
homosexuelle Männer, die mehr als einen Mann „verführt” hatten, als
Berufsverbrecher in so genannte polizeiliche Vorbeugehaft genommen.
Aufgrund dieses Erlasses wurden homosexuelle Männer nach Verbüßen
der Strafe in ein KZ verschleppt, wo sie meist zu Tode kamen.
Otto Meinecke starb am 13. Juli 1942. Er wurde nur 61 Jahre alt. Die
Sterbeurkunde des Standesamtes Oranienburg nennt als Todesursache
„Kopfschuss bei Fluchtversuch”. Dahinter verbarg sich eine bei der SS
beliebte Mordmethode: Die KZ-Wachmannschaften inszenierten unter
verschiedensten Vorwänden die gezielte Tötung von Gefangenen. Im
Sommer 1942 starben bei einer Mordaktion gegen Homosexuelle
mindestens 95 namentlich bekannte Männer. Neben Meinecke wurden
auch zahlreiche andere Männer aus dem Ruhrgebiet und angrenzenden
Regionen Opfer dieser Mordaktion.
Schätzungen gehen von 5.000 bis 15.000 ermordeten Homosexuellen in
den Konzentrationslagern aus. Mehr als 50.000 Männer wurden mittels
des von den Nationalsozialisten verschärften Paragrafen 175
kriminalisiert. Nach 1945 setzte sich die Verfolgung fort. Erst 1969 wurde
der Paragraf liberalisiert, damit wurden einvernehmliche Beziehungen
zwischen erwachsenen Männern erstmals straffrei. Im Zuge der
Wiedervereinigung wurde der Paragraf 1994 endgültig gestrichen.
Am 9. Februar 2012 verlegte der Künstler Gunter Demnig vor dem Haus in
der Kleppingstraße 6 (vormals Kleppingstraße 2) in der Dortmunder
Innenstadt einen Stolperstein für Otto Meinecke.
Text: Dr. Frank Ahland, September 2014, unter Verwendung eines Textes von Jürgen
Wenke.