23 Prof. Dr. H. Rommelfanger: Entscheidungstheorie, Kapitel 4 4.4 Nutzwertanalyse • Verfahren zur Lösung von Mehrzielentscheidungen • Hierarchisch aufgebaute Zielsysteme å i.d.R. sind nur zwei oder drei Teilziele gleichzeitig zu betrachten und zu gewichten Gesamtziel Oberziel O1 Ziel Z1 Ziel Z2 Ziel Z3 Oberziel O2 Ziel Z4 Ziel Z5 Oberziel O3 Ziel Z6 Ziel Z7 Ziel Z8 • Schrittweise Aggregation von wenigen Teilzielen zu einem höheren Ziel mittels gewichteter Addition der partiellen Nutzenwerte • Annahme: - Päferenzunabhängigkeit der Ziele - kardinal skalierte Größen !!!! < 4.10 > 24 Prof. Dr. H. Rommelfanger: Entscheidungstheorie, Kapitel 4 Gesamtbewertung des Autokaufs 0,3 Bewertung des Kaufpreises 0,4 Bewertung des Design 0,5 Bewertung des Autos 0,2 Bewertung der Motorenleistung 0,2 Bewertung der Werkstatt 0,4 Bewertung der Ausstattung Entscheidungsregel: Auswahl der Alternative mit höchstem (Gesamt-)Nutzenwert ! • Zentrale Elemente der Nutzwertanalyse: ∗ (partielle) Nutzenwerte ∗ Gewichte der Zielkriterien Ermittlung der Nutzenwerte Prof. Dr. H. Rommelfanger: Entscheidungstheorie, Kapitel 4 25 (nach Zangemeister 1972) å Projektion der Zielerreichungsgrade in das Intervall [0, 10] mit Hilfe von darüber gelegten, verbal erläuterten Intervallklassen "sehr schlecht": "schlecht": "durchschnittlich": "gut": "sehr gut": [0 , 2[ [2 , 4[ [4 , 6] ]6 , 8] ]8 , 10] å wahrheitsgetreue und eindeutige Nutzenwertzuordnung??!! Realistischer dürften Fuzzy-Nutzenwerte über [0 , 10] !! 26 Prof. Dr. H. Rommelfanger: Entscheidungstheorie, Kapitel 4 Ermittlung der Zielgewichte • Bestimmung der Gewichte über Ermittlung der paarweisen Austauschraten zwischen den Zielen a kr ⋅ ∆ ⋅ g k = ∆ ⋅ g r (Paarvergleichsmatrizen) g a kr = r > 0 , k, r ∈ {1,...,K} gk • Austauschrate Preis Auto Werkstatt Preis 1 1 2 3 2 Auto 2 1 3 Werkstatt 2 3 1 3 1 å Speziell gilt: g a kk = k = 1 gk gk 1 a rk = = g r a kr für k = r reziproke Paarvergleichsmatrix Prof. Dr. H. Rommelfanger: Entscheidungstheorie, Kapitel 4 27 • Konsistenzbedingung für Paarvergleichsmatrix !! å widerspruchsfreie Präferenzen g g g a kr ⋅ a rs ( = r ⋅ s = s ) = a ks g k gr g k v in einer konsistenten Paarvergleichsmatrix sind alle Spaltenvektoren Vielfache voneinander und jede Spalte stellt somit einen äquivalenten Gewichtevektor dar! v normierter Gewichtevektor: Austauschraten sind dann eindeutig bestimmt, wenn die Summe der Gewichte auf 1 normiert wird. Preis Auto W.statt Preis 1 1 2 3 2 Auto 2 1 3 W.statt 2 3 1 3 1 3 11 0,2727 6 ≈ 0,54554 11 2 0,1818 11 Prof. Dr. H. Rommelfanger: Entscheidungstheorie, Kapitel 4 28 4.5 Analytic Hierarchy Process (AHP) (THOMAS L. SAATY 1980) • Basis: konsistente, reziproke Paarvergleichsmatrix å Bewertung der Paarvergleiche mit Hilfe der 9Punkteskala von SAATY 1 3 5 7 9 2,4, 6,8 Beide verglichenen Elemente haben die gleiche Bedeutung für das nächst-höhere Element (Ziel). Erfahrung und Einschätzung etwas größere sprechen für eine etwas größere Bedeutung Bedeutung Erfahrung und Einschätzung erheblich größere sprechen für eine erheblich Bedeutung größere Bedeutung sehr viel größere Die sehr viel größere Bedeutung eines Elements hat sich in der Bedeutung Vergangenheit klar gezeigt Es handelt sich um den größtmögabsolut lichen Bedeutungsunterschied dominierend zwischen Elementen Zwischen zwei benachbarten Zwischenwerte Urteilen muß eine Übereinkunft getroffen werden, ein Kompromiß gleiche Bedeutung → Nur ordinalskalierte Paarvergleiche Prof. Dr. H. Rommelfanger: Entscheidungstheorie, Kapitel 4 29 → Unklare Definition der Präferenzen • Alternative Berechnung des normierten Gewichtevektors: Im Fall einer konsistenten Paarvergleichsmatrix A entspricht der Gewichtevektor g dem Eigenvektor x zum größten Eigenwert λ von A A ⋅x = λ ⋅x Weiterhin gilt, dass der größte Eigenwert einer konsistenten Paarvergleichsmatrix A stets gleich der Ordnung von A ist und alle übrigen Eigenwerte gleich 0 sind. ( A − λE) ⋅ x = 0 Determinantentheorie!!! < 4.12 > bekannte Paarvergleichsmatrix aus < 4.8 > 1− λ 1 2 3 2 2 1− λ 3 2 3 1 3 1− λ = λ2 (3 − λ ) = 0 ⇒ Eigenwerte λ1 = 3 und λ 2,3 = 0 ⇒ Eigenvektor zu λ1 = 3: ( 3 , 3 , 1) ⋅ t , t ∈ R , 2 Prof. Dr. H. Rommelfanger: Entscheidungstheorie, Kapitel 4 30 ⇒ Norm. Gewichtevektor (0,2727 ,0,54554 ,0,1818) • Häufiges Problem bei realen Anwendungen: Entscheider formulieren inkonsistente Paarvergleichsmatrizen. Diese widersprüchlichen Präferenzen sind das Ergebnis einer beschränkten Informationsverarbeitungskapazität Vorschlag von THOMAS SAATY: ∗ Bei kleineren Verstößen gegen die Konsistenzbedingung sollte weiterhin als Gewichtevektor der Eigenvektor zum größten Eigenwert von A verwendet werden. Nach SAATY, solange KI ( A ) der Konsistenzwert KW(A) = ≤ 0,1 ist. RI λ max − n - Konsistenzindex KI = n −1 - Random Index (RI) = durchschnittlicher Konsistenzindex, der sich ergibt, wenn reziproke Zufallsmatrizen auf Grundlage der SAATYschen Skala erzeugt werden n RI(n) n 1 0 9 2 0 10 3 4 5 6 7 8 0,58 0,90 1,12 1,24 1,32 1,41 11 12 13 14 15 31 Prof. Dr. H. Rommelfanger: Entscheidungstheorie, Kapitel 4 RI(n) 1,45 1,48 1,49 1,51 1,56 1,57 1,5 < 4.13 > Design Design Motorleistung Ausstattung Motorleist. 1 7 Ausstattung 1 2 7 1 3 2 1 3 1 1 ⇒ inkonsistente Paarvergleichsmatrix B, da • z. B. b 21 ⋅ b13 = 7 ⋅ 1 ≠ b 23 = 3 2 • maximaler Eigenwert nicht gleich 3, sondern näherungsweise λ max = 3,0026437 • KW(B) = 3.0026437 − 3 3−1 = 0,002279 ≤ 0,1 0,58 ⇒ ausreichend konsistent • Eigenvektor zu λ max : (1; 6,6494; 2,1054)⋅t, t∈R Prof. Dr. H. Rommelfanger: Entscheidungstheorie, Kapitel 4 32 • Norm. Gewichtevektor: (0,1025; 0,6816; 0,2158). • Gewichte für Design, Motorleistung und Ausstattung durch Multiplikation dieser Gewichte mit dem Gewicht für die Bewertung der Attribute eines Autos Gesamtbewertung des Autokaufs Bewertung des Kaufpreises Bewertung des Autos Bewertung des Design Bewertung der Motorenleistung Preis Design Bewertung der Werkstatt Bewertung der Ausstattung Motor- AusWerk- Gesamtleistung stattung statt nutzen w 0,2727 0,0559 0,3717 0,1177 0,1818 3 9 8 6 3 5,5464 A1 8 6 1,5 4 8 4,9998 A2 7 5 4 8 5 5,5258 A3 7 3 6 8 7 A4 6,5210 33 Prof. Dr. H. Rommelfanger: Entscheidungstheorie, Kapitel 4 • Ermittlung der Teilnutzenwerte å analoge Vorgehensweise (Eigenvektor): Zuweisung von Nutzenwerten zwischen 0 und 1 å Zielhierarchie erhält zusätzliche Ebene Ziel Zk Alternative A1 Alternative A2 Alternative A3 å sinnvoll nur bei wenigen Alternativen Alternative A4 Prof. Dr. H. Rommelfanger: Entscheidungstheorie, Kapitel 4 34 < 4.14 > relative Nutzenbewertung "Motorleistung": A1 A2 A3 A4 A1 1 8 5 2 A2 A3 A4 1 8 1 5 1 2 1 1 3 3 1 5 3 1 5 1 3 1 • inkonsistente 4×4-Paarvergleichsmatrix, da z. B. gilt c12 ⋅ c 23 = 8 ≠ c13 = 5. 3 • maximale Eigenwert λ max = 4,0516145 . • Da KW(C) = 4,0516145 − 4 ÷ 0,9 = 0,019116 ≤ 0,1, 4 −1 ist die Paarvergleichsmatrix noch ausreichend konsistent • normierter Eigenvektor (0,5316; 0,0542; 0,1202; 0,2940) als relativer Nutzenvektor Prof. Dr. H. Rommelfanger: Entscheidungstheorie, Kapitel 4 35 Kritik: • Zielgewichtung kriterium??? als geeignetes Aggregations- • Paarvergleiche sind ordinalskaliert; Bestimmung der reziproken Werte/Berechnung der Gewichteverteilung erfordert Verhältnis- bzw. Kardinalskalenniveau • Saatys 9-Punkte-Skala ist rational nicht gerechtfertigt und angreifbar → andere Skalen können zu anderen Rangordnungen der Alternativen führen → Ergebnis: Rangordnungen differieren jeweils unterschiedlich stark in Abhängigkeit der Anzahl von Alternativen, Kriterien und Verteilungen. • Definition der Präferenz in den Paarvergleichen äußerst schwammig • praktische Erfahrungen: Anwender verstehen Austauschraten eher im dem Sinne, daß ein Ziel xmal wichtiger als ein anderes ist.
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