In einer Stellungnahme für Cicero

Heinrich Bleicher-Nagelsmann zum GRÜNEN-Entwurf
Es ist zu begrüßen, dass sich die GRÜNEN mit ihrem Antrag zum Urhebervertragsrecht für
eine Stärkung der Position der Urheberinnen und Urheber sowie der ausübenden
Künstlerinnen und Künstler einsetzen.
Zu Recht weisen sie darauf hin, dass mit den bestehenden Reglungen noch keine
umfassende Verbesserung der Situation erreicht ist. Richtig ist auch, dass auch dort, wo
Reglungen bestehen, diese von Verwerterseite partiell unterlaufen werden.
Die im Vorspann geäußerte Haltung, dass „dies vor allem an der in der Regel vorliegenden
schwächeren Verhandlungsposition der Urheberinnen und Urheber liegt“, vernachlässigt den
entscheidenden Sachverhalt, dass die Verwerterseite meist schon nicht zur Aufnahme von
Verhandlungen selbst bereit ist.
Richtigerweise wird das Problem einer unzureichenden Schlichtungsregelung thematisiert.
Ein Lösungsmodell wird allerdings nur unzureichend konkretisiert.
Sinnvollerweise wären hier nicht die Beschreibungen in der Begründung hilfreich, sondern
konkrete gesetzesfeste Regelungen.
Der VS hat sich hierzu explizit geäußert. Er fordert einen neuen § 36 Absatz 5.
§ 36 Abs. 5 (neu):
Innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der förmlichen Feststellung der
Schlichtungsstelle, dass ein Einigungsvorschlag nicht angenommen worden ist, kann
jede Partei bei dem nach § 16 Abs. 4 Satz 1 des UrhWG zuständigen OLG im ersten
Rechtszug Antrag auf Prüfung der Angemessenheit der im Einigungsvorschlag
vorgesehenen Mindestvergütung und anderen Mindestbedingungen stellen.
Auch das Problem, dass sich Verwerter den Vergütungsverpflichtungen entziehen und sie
nicht als auch für sie verbindlich ansehen, ist ein massives Problem, bei dem auf sich
gestellte Urheber letztlich nur den Klageweg beschreiten können.
Der VS fordert deshalb im Einklang mit ver.di eine Reglung in Analogie zum ArbeitnehmerEntsendegesetz,
„in Analogie zum Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) rechtliche Grundlagen zur
Durchsetzung vereinbarter Mindestvergütungen nach dem Urhebervertragsgesetz
durch staatliche Stellen oder staatlich beauftragte Institutionen zu schaffen“.
Seltsam am Entwurf der GRÜNEN ist auch, dass ein zentraler Streitpunkt des
Referentenentwurfs nicht thematisiert wird: die Möglichkeit des Rechterückrufs (5-JahreRegelung).
In den Verhandlungen zum Normvertrag hat sich seinerzeit hier eine absolute
Blockadehaltung der Verleger gezeigt. Sie wollten von der 70-Jahre-Reglung nicht ablassen
und hätten daran die Verhandlungen scheitern lassen. Deutlich kürzere Fristen sind aber
durchaus möglich.
Dem VS ist durchaus bewusst, dass Urheberinnen und Urheber für den wirtschaftlichen
Erfolg ihrer Werke auf Verleger, Produzenten, Vermittler und andere Verwerter angewiesen
sind. Deswegen sichert der VS auch bezogen auf den Rückfall bzw. den Rückruf von
Rechten zu, dass wir im Interesse unserer Mitglieder bereit und gewillt sind,
maßgeschneiderte und praktikable Ausgestaltungen für die Branche und Teilbranchen
aufzustellen. Vorgeschlagen wird folgende Regelung:
§ 40a Rechterückfall
1 Ein Nutzungsrecht fällt an den Urheber nach Ablauf des in einer gemeinsamen
Vergütungsregel oder einem Tarifvertrag festgelegten Zeitraums zurück. 2 Mangels
einer Regelung nach Satz 1 fallen die Rechte nach Ablauf von fünf Jahren seit
Einräumung oder Übertragung des Nutzungsrechts oder, wenn das Werk später
abgeliefert wird, seit der Ablieferung an den Urheber zurück, es sei denn, der Urheber
und sein Vertragspartner vereinbaren nicht früher als ein Jahr vor dem Rückfall eine
Verlängerung der Nutzungsdauer um jeweils höchstens weitere fünf Jahre. 3 Der
Urheber kann frühestens ein Jahr vor Ablauf der Fünf-Jahres-Frist durch schriftliche
Erklärung gegenüber dem Vertragspartner auf den Rechterückfall verzichten. 4 Sätze 2
und 3 finden keine Anwendung in Fällen der Miturheberschaft. 5 Abweichende
vertragliche Vereinbarungen zu Lasten des Urhebers sind nichtig. 6 §§ 41 und 42
bleiben unberührt.
Aus Sicht des VS gilt grundsätzlich weiterhin, dass die/der einzelne Kreative in der Regel
nicht in der Lage ist, Verhandlungen mit Verwertern auf Augenhöhe zu führen.
Vertragsparität ist nur dann ansatzweise erreichbar, wenn die Gewerkschaften und
Verbände in die Lage versetzt werden, die Seite der Verwerter zu ernsthaften
Verhandlungen an den Tisch zu bekommen. Auch insoweit gehen die Vorschläge des
Referentenentwurfes in die richtige Richtung.
Der VS ist – seit seiner Gründung 1969 – die anerkannte und repräsentative Organisation für
Schriftsteller und Übersetzer. Wir kennen die Brache und ihre vielfältigen Besonderheiten,
wir sind zu Verhandlungen mit den Verlegern bereit. Wir werden Lösungen finden, die den
noch funktionierenden deutschen Buchmarkt auch angesichts der Intermediären und der
Monopolstrategien der großen Digitalkonzernen eine Zukunft im Interesse der Urheber und
ihrer Verlage sichert.