Ausstellungsvergütung - Sven Scherz

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Ausstellungsvergütung
Nicht zu verwechseln mit → Ausstellungshonorar.
Die Vergütungsregeln, die in den meisten Kultursparten normal und selbstverständlich sind,
haben sich in der Bildenden Kunst kulturpolitisch bislang nicht durchsetzen können.
Künstlerverbände (→ Verbände) fordern seit Jahrzehnten, dass für das Zeigen von
Kunstwerken eine Ausstellungsvergütung gezahlt werden soll.
Die Idee einer Ausstellungsvergütung leitet sich aus der Erkenntnis ab, dass nicht nur der
Verkauf, sondern auch die bloße Präsentation eines künstlerischen Produkts ein Glied der
→ Wertschöpfungskette darstellt. In der Musik ist dieser Zusammenhang bekannt. Ein
Komponist erhält über die → Verwertungsgesellschaften Tantiemen, wenn seine Musik im
Radio oder Konzerthaus gespielt wird. Anders ist es in der Bildenden Kunst.
Dazu folgendes Beispiel: Die Stiftung eines Automobilkonzerns hat über die Jahre
Kunstwerke angekauft. Die Sammlung, die Eigentum der Stiftung ist, hat mittlerweile einen
kulturell-geschichtlich bedeutsamen Rang. Nun plant der Automobilkonzern eine Ausstellung
in den Räumen seiner neuen Niederlassung. Man bestückt die Ausstellung mit Werken aus
dem Stiftungsbestand. Sie werden also aus den Magazinen geholt und der Öffentlichkeit
gezeigt. Es ist keine Erstausstellung, denn jedes Bild hing mal da und dort bereits als
Leihgabe. Also muss der Automobilkonzern nicht mehr unbedingt mit den Künstlern bzw.
den Urhebern (oder deren Erben) Kontakt aufnehmen, da der Konzern als Eigentümer das
Nutzungsrecht der Werke genießt. Die Nutzungsmöglichkeiten regelt das → Urheberrecht
bzw. → Ausstellungsrecht. Sollte der Künstler mit dem Zeigen seiner Werke nicht
einverstanden sein, muss er – wenn es sich nicht um eine Erstveröffentlichung handelt – aus
eigenen Stücken dem Ausstellungsvorhaben ausdrücklich widersprechen. In der Praxis ist so
etwas selten. Schließlich ist ein Künstler in der Regel froh, wenn er davon hört, dass seine
Arbeiten gezeigt werden.
Die im Ausstellungsrecht formulierte Nutzung sieht keine Vergütung vor. Denkbar wäre, dass
in unserem Beispiel die Autofirma eine Pauschale etwa an die VG Bild-Kunst bezahlt. Die
→ Verwertungsgesellschaft würde dann die Einnahmen an den Künstler weiterleiten.
Kulturpolitisch müsste eine solche Regelung durch Bundestag und Bundesrat mit einem
ergänzten Urheberrecht formuliert werden.
Die Autofirma profitiert beim Zeigen der Werke von deren ideellem Wert. Zur Vernissage
kommen Geschäftspartner und man wirbt um Kunden. Ohne die Leistung der Urheber wäre
diese Art des indirekten Marketings nicht möglich. Dennoch stößt bei den meisten Ausstellern
die Forderung nach Vergütung auf Unverständnis. Sie argumentieren, dass mit dem Kauf
eines Werkes der Urheber bereits ausreichend entlohnt sei. Gegner befürchten einen erhöhten
Verwaltungsaufwand, der letzten Endes zu Verunsicherung seitens der Aussteller führen
könnte, so dass insgesamt weniger Kunst gezeigt würde.
Sven Scherz-Schade + Freier Journalist + Berlin + Hörfunk & Print + Kultur & Politik, Kirche & Gesellschaft