Plattform Wohnungsbau: Mehr Wohnraum durch kostengünstigeres Bauen Gemeinnützige und gewerbliche Bauträger legen gemeinsame Vorschläge zur Kostensenkung im Wohnungsneubau vor Die Nachfrage nach erschwinglichem Wohnraum steigt, gleichzeitig wird Bauen immer teurer, die Grund- und Baukosten sind in den vergangenen Jahren enorm in die Höhe geklettert. Eine Entwicklung, von der gewerbliche wie gemeinnützige Bauträger gleichermaßen betroffen sind. Der Österreichische Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV) und PRO Bauen (eine Initiative der Fachgruppe Wien der Immobilien- und Vermögenstreuhänder, des Forschungsverbandes der österreichischen Baustoffindustrie sowie des Verbandes der Baustoffhändler Österreichs) sind daher eine Kooperation eingegangen und legen als „Plattform Wohnungsbau“ einen gemeinsamen Maßnahmenkatalog vor, der die Kostentreiber im Wohnungsneubau auflistet und konkrete Vorschläge aufzeigt, wie die explodierenden Kosten eingedämmt werden können. „Kostentreibende bautechnische Anforderungen und Normen und Auflagen energieeffizienten Bauens haben leistbares Wohnen in den letzten Jahren immer stärker unter Druck geraten lassen. Für die dringend notwendige Forcierung des Wohnungsneubaus sind baukostensenkende Maßnahmen ein Gebot der Stunde“, betont GBV-Obmann Karl Wurm. Mit den Vorschlägen für kostengünstigeres Bauen ist sichergestellt, dass die Vereinfachungen zu keinen Abstrichen bei der Qualität des Wohnungsneubaus, der Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner sowie der Sicherheit führen. „Die Senkung der Baukosten ist eine von mehreren Maßnahmen, die dringend gesetzt werden müssen, um Wohnbau und Sanierungen anzukurbeln. Sonst rechnet es sich nicht und es wird eng für die Politik und teuer für die Menschen. Das Immobilienangebot ist zu klein für den Ansturm und die Preise werden explodieren. Obdachlosigkeit, Armut und amerikanische Verhältnisse - das will die private Immobilienwirtschaft nicht. Wir wollen soziale Stabilität - jetzt liegt es an der Politik, unser Lösungspaket sofort umzusetzen“, erläutert Hans Jörg Ulreich, Bauträgersprecher der Fachgruppe Wien der Immobilien- und Vermögenstreuhänder Die Gründe dafür, dass sich die Kostenspirale in den letzten Jahren immer schneller dreht, sind mannigfaltig: Überbordende bautechnische und energetische Auflagen, Normen und Richtlinien durch Bund, Länder, Gemeinden sowie normgebende Organisationen. „Wir müssen den Kosten-Faktor für den Bewohner wieder stärker in den Blickpunkt des Bauens rücken. Nicht alles, was technisch machbar ist, hat auch für den Endverbraucher denselben Stellenwert”, erklärte GBV-Obmann Stellvertreter Alfred Graf. Die Bedeutung von leistbarem Wohnen geht jedoch über die Bereitstellung von Wohnraum hinaus. „Nicht zuletzt muss Wohnen auch deshalb leistbar bleiben, weil der Wirtschaft ansonsten Kaufkraft entzogen wird, wenn mehr als ein Drittel des Haushaltseinkommens fürs Wohnen aufgewendet werden muss“, betont Georg Bursik, der Vorsitzende des Forschungsverbands der österreichischen Baustoffindustrie. Die Vorschläge der „Plattform Wohnungsbau“ im Überblick: o o o o o o o o o Normenwesen: Generell sollten künftig vor jeder neuen Norm folgende Fragen geklärt werden: Was kostet sie? Was bringt sie den Bewohnern? Was nützt sie und wem nützt sie? Kostenbewusstsein und Praxisnähe für die Normanwender sollten im Fokus stehen. Barrierefreiheit: Während die allgemeinen Erschließungsflächen (Stiegenhäuser) auch weiterhin barrierefrei zu errichten sind, sollte – analog der steirischen Baugesetznovelle 2015 - nur ein Teil der Wohnungen bei Bedarf adaptierbar gestaltet werden müssen. Auch sollten nur bedarfsgerechte Aufzugsregelungen vorgesehen werden, da diese gerade in ländlichen Gebieten mit kleineren Wohnhausanlagen einen erheblichen Kostenfaktor darstellen. Brandschutz: Die Brandschutzauflagen der Notfallorganisationen sollten bereits im Zuge der Bauverhandlungen verbindlich festgelegt werden. Nicht abgesenkt werden sollten die Brandschutzanforderungen an die tragenden Bauteile im Neubau, da dies durch ein Mehr an kostenintensiver Haustechnik kompensiert werden müsste. Schallschutz: Eine moderate Reduktion der Schallschutzanforderungen an die Fenster von Wohngebäuden würde die Kosten merkbar senken, ohne die Wohnqualität zu beeinträchtigen. Energetische Standards: Leistbares Bauen und Wohnen ist in den letzten Jahren unter anderem durch kostentreibende Auflagen für energieeffizientes Bauen deutlich erschwert worden. Eine österreichweit einheitliche Rückkehr zum kosteneffizienten Standard „Wohnbauförderung 2010“ – also dem Niedrigenergiehaus als Standardbauweise – würde zur Kostensenkung beitragen. Energieausweis: Die Energieausweise nach dem Energieausweisvorlagegesetz und den Wohnbauförderungsrichtlinien der Länder sollen vereinheitlicht werden und die Vorgabe der Zielwerte auf Basis realistischer Annahmen über die Verbrauchsreduktion definiert werden. Nationaler Plan zur Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie: Es wird eine Ausweitung des von der EU vorgesehenen Evaluierungsprozesses zur Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie bis mindestens Ende 2016 vorgeschlagen. Durch die Einbeziehung der Wohnungswirtschaft soll eine sozial verträgliche und kostenoptimale Gestaltung des weiteren Umsetzungsprozesses gewährleistet werden. Gemeinschaftsflächen: Die Praxis zeigt, dass die Gemeinschaftsflächen bei den Bewohnern nicht den erwarteten Anklang finden. Es wird daher vorgeschlagen, die Verpflichtung zur Errichtung von Gemeinschaftsflächen zu streichen und die Entscheidung darüber den Bauträgern zu überlassen. Qualitätssicherung (Beiräte, Planung): Um den Aufwand und die Kosten eines Bauvorhabens wirtschaftlich in Übereinstimmung zu bringen, sollte bei Wettbewerben auf ein ausgewogenes Verhältnis der Anforderungen und Strukturen zur Größe des Bauvorhabens o o o o geachtet werden. Die Entscheidung und Übernahme der Kosten für Architektur- und Bauträgerwettbewerbe sollte beim Grundstückseigentümer liegen. Baustoffneutralität: Es darf in den Bauordnungen und den Wohnbauförderrichtlinien der Länder keine Bevorzugung einzelner Baustoffe, Bauweisen oder Gebäudekonzepte geben, die derzeit zu einer Wettbewerbsverzerrung führt. Der Gesetzgeber sollte nur übergeordnete Ziele vorgeben, aber keine technischen Lösungen vorschreiben. Dazu sollte ein bundesweit einheitlicher Katalog von Kriterien und Zielwerten erstellt werden. Stellplatzverpflichtung: Die in den Bundesländern unterschiedlich geregelten Stellplatzverpflichtungen sind gewichtige Kostentreiber (bis zu 18.000 Euro Errichtungskosten für einen Tiefgaragen-Abstellplatz). Zur Kostensenkung sollte künftig die Errichtung von Stellplätzen in der Verantwortung der Bauherren liegen. Grundstücke: Bauland zur Errichtung leistbarer Wohnungen wird vor allem in den Ballungsregionen immer weniger und immer teurer. Zur Forcierung der Grundstücksbeschaffung braucht es: - Eine verfassungsrechtliche Klarstellung auf Bundesebene, die eine rechtlich gedeckte Anwendung von bodenmobilisierenden Instrumenten in den Ländern und Gemeinden möglich macht. - Das im Regierungsprogramm verankerte Vorhaben, Grundstücksflächen (z. B. Kasernenareale) der öffentlichen Hand für förderbaren Wohnbau zu reservieren, muss endlich umgesetzt werden. - Für einen bestimmten Prozentsatz des neu gewidmeten Baulandes sollte künftig die Widmungskategorie „förderbarer Wohnbau“ vorgesehen werden. - Es wird für länger als 10 Jahre unbebaute Grundstücke eine flächendeckende Einführung einer Baulandmobilisierungsabgabe empfohlen (z. B. Baulandabgabe pro m2 und Jahr). - Zur Baulandmobilisierung durch Nachverdichtung im Bestand sollten Aufzonungsmaßnahmen verstärkt und wohnrechtliche Anpassungen (z. B. im Mietrechtsgesetz, Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz sowie im Wohnungseigentumsgesetz) vorgenommen werden. Wohninfrastruktur: Infrastrukturmaßnahmen wie Straßen- und Wegebau, Beleuchtung, technische Einbauten (Kanal, Wasser, Gas) oder Parkgestaltung auf fremden Grund müssen zunehmend von den Bauherren bzw. Bauträgern übernommen werden. Es wird daher eine Abfederung der Mehrkosten durch Abführung von Teilen der Umwidmungsgewinne vorgeschlagen. Diese Mittel sollen keinesfalls aus der Wohnbauförderung kommen. Rückfragehinweis: PRO Bauen – eine Initiative von: VBÖ – Verband der Baustoffhändler Österreich F.B.I – Forschungsverband der österreichischen BaustoffIndustrie WKO - Fachgruppe Wien der Immobilien- und Vermögenstreuhänder Mag. Hans Jörg Ulreich, +43 (1) 7866110 GBV – Österreichischer Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen Mag. Karl Wurm +43 (1) 40109 –1012
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