ÖSTERREICHISCHER VERBAND GEMEINNÜTZIGER BAUVEREINIGUNGEN – REVISIONSVERBAND NEWSLETTER 2/16 Juli 2016 Sehr geehrte Damen und Herren! In dieser Ausgabe unseres GBV-Newsletters finden Sie Artikel zu folgenden Themen: ∫ ∫ ∫ ∫ ∫ ∫ Verbandstag 2016: Ein New Deal für den Wohnungsbau GBV in den Bundesländern: Mehr Leistbarkeit - mehr Einfachheit Wohnungsneubau: Hemmnisse und Kostentreiber - ein Bericht aus Deutschland Ausgezeichnet und neubestellt 70 Jahre Verband - Wohnraum für 2 Millionen Menschen Ursachen für den Mietanstieg - und mehr oder weniger gute Mittel dagegen ∫ Das kann sich sehen lassen Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen beim Lesen und hoffen, dass Sie den GBV News die eine oder andere nützliche Information entnehmen können. Die Redaktion Österreichischer Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen Bösendorferstraße 7, A-1010 Wien Kontakt: Mag. Artur Streimelweger E-Mail: [email protected] Tel. 01/505 58 24-227 Fax 01/505 58 24-727 1/14 Verbandstag 2016: Ein New Deal für den Wohnungsbau Preisgünstige Wohnungen fehlen in den Ballungsgebieten an allen Ecken und Enden. Der geförderte Wohnbau kann die gestiegene Wohnungsnachfrage durch das starke Bevölkerungswachstum in den Städten nicht decken, er ist zuletzt sogar auf einem historischen Tiefstand zurückgegangen. Gleichzeitig hat der Normen-Wildwuchs und das Dickicht an bautechnischen Auflagen ein Ausmaß erreicht, das Bauen immer teurer und komplizierter hat werden lassen, Flächenwidmungs- und Bauverfahren ziehen sich durch naturschutzrechtliche Auflagen und Bürgerbeteiligungsprozesse unnötig in die Länge und Grundstücke zu angemessenen Konditionen werden zunehmend zur Mangelware. Mit diesen Rahmenbedingungen und Maßnahmen zur Kostendämpfung und Neubausteigerung beschäftigte sich die Jahrestagung der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft am 8. Juni in Wien. Um den Problemstau zu lösen und die Wohnbauleistung anzukurbeln, braucht es einen New Deal, erklärte Karl Wurm, Obmann des Österreichischen Verbandes NEWSLETTER 2/16 Juli 2016 gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV), in seinem Referat. Bekanntlich hat die neu formierte Bundesregierung einen „New Deal“ gegen die „Zukunftsvergessenheit“ und für die Stärkung der privaten Investitionstätigkeit ausgerufen. Dafür, so der GBV-Obmann, würde sich der Wohnbau bestens eignen. Nicht nur aufgrund seiner erwiesenermaßen hohen Multiplikatoreffekte für Konjunktur und Beschäftigung, sondern auch weil – wie eine österreichweite Umfrage ergeben hat – der Wohnkostenanstieg von den Österreicherinnen und Österreichern als Sorge Nr. 1 angesehen wird und für einfacheres und mehr Bauen kein „frisches Geld“ in den Hand genommen werden müsste. „Vor allem aber braucht es dringend preisgünstige Grundstücke“, appellierte Wurm und konstatierte: „Zur Mobilisierung von Bauland fehlen aber wirksame Instrumente.“ Gemeinsam mit der gewerblichen Wohnungswirtschaft haben die Gemeinnützigen dazu ein umfassendes Baulandmobilisierungspaket erarbeitet. Es umfasst eine Widmungskategorie „förderbarer Wohnbau“, Vertragsraumordnungsmaßnahmen und die Rückwidmungen bzw. eine Baulandmobilisierungsabgabe von länger als 10 Jahren nicht bebauten Grundstücken und die verstärkte Anwendung von Baurechtsmodellen. Kein „frisches Geld“ Anzusetzen ist daher für Wurm zu allererst an der Wohnbauinvestitionsbank: „Die WBIB ist rasch flott zu machen, damit noch heuer die ersten Finanzierungsmittel in die Errichtung von kostengünstigem Wohnraum fließen können.“ Voraussetzung für eine rasche Abwicklung der Wohnbauprojekte sind straffe behördliche Verfahren und einfachere Bauauflagen. Für die Wohnbauoffensive hält GBV-Obmann Wurm die baukostenintensiven Vorschriften der Wohnbauförderungen für überzogen. Maßstab sollte vielmehr die Bauordnung sein. GBV-Obmann Karl Wurm Wichtige Voraussetzung zur rechtlich „wasserdichten“ Anwendung dieser baulandmobilisierenden Instrumente in den Ländern und Gemeinden ist allerdings eine verfassungsrechtliche Klarstellung des Kompetenzgefüges zwischen Bund, Länder und Gemeinden. Wurm kritisiert, dass trotz der Ankündigung im ÖSTERREICHISCHER VERBAND GEMEINNÜTZIGER BAUVEREINIGUNGEN – REVISIONSVERBAND 2/14 Koalitionsübereinkommen die Bundesregierung säumig ist. Säumig ist die Bundesregierung auch bei der Umsetzung des im Regierungsprogramm verankerten Vorhabens, Grundstücksflächen der öffentlichen Hand für den geförderten Wohnbau zu reservieren. So galten Kasernenareale als wichtiges Baulandpotential für den geförderten Wohnbau. Die Bundespolitik hat trotz Ankündigung anders entschieden und bislang 5 Kasernen via Versteigerungsverfahren an die meistbietenden Investoren verkauft. Auflagen-Dickicht Neben den Grundstücken ist als 3. Hebel für kostengünstigeres und schnelleres Bauen an den Bauvorschriften anzusetzen: „Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft musste noch nie in einem so dichten Gestrüpp an Auflagen und Standards agieren wie heute. Es ist zum Großteil überhaupt nicht mehr über- bzw. durchschaubar, was an Rechtsvorschriften bei der Bewältigung der Aufgaben der Gemeinnützigen eingehalten werden muss“, stellte der Obmann der Gemeinnützigen fest. „Die Rechtsordnung ist in diesem Bereich unübersichtlich, ja teilweise sogar widersprüchlich geworden. Sie legt den Unternehmen engste Fesseln an und hemmt ihre Handlungsmöglichkeiten. Dynamisches Wirtschaften und ideenreiches Bauen NEWSLETTER 2/16 Juli 2016 ist dadurch nur mehr schwer möglich.“ Wurm forderte hier ein resolutes Umdenken: den für den Wildwuchs an Vorschriften und Normen verantwortlichen, aber ohne Kostenverantwortung tätigen Expertengremien muss Einhalt geboten und der Nutzen und die Kosten für den Endverbraucher in den Vordergrund gestellt werden. Das Auflagen-Dickicht engt nicht nur die Handlungsspielräume der GBV stark ein, vor allem aber hat es das Bauen in den letzten Jahren stark verteuert. In den letzten 10 Jahren sind die Baukosten um rd. 40% auf über 2.000 Euro/m2 gestiegen. Die größten Kostentreiber sind dabei die zusätzlichen Ausstattungen im Bereich der Barrierefreiheit, des Brand- und Schallschutzes, der Stellplatzverpflichtung und Gemeinschafts einrichtungen und vor allem die energetischen Standards. Baukostentreiber Auch hier haben die Gemeinnützigen mit der gewerblichen Wohnungswirtschaft ein Kosteneinsparungsprogramm erarbeitet und der Politik vorgestellt. Der GBV-Obmann führte beispielhaft an: die Reduktion der energetischen Anforderung an die Gebäude durch eine Rückkehr auf den nachgewiesenen kosteneffizienten Niedrigenergie-Standard der Gebäudegeneration „Wohnbauförderung 2010“ oder die Abschaffung der Stellplatzverpflichtung – die Errichtung von Stellplätzen sollte ebenso wie die Errichtung von Gemeinschaftsräumen den Bauträgern überlassen werden - oder die maßvolle Verringerung der Schallschutzanforderungen an die Fenster, die zu keinen Einbußen der Lebensqualität führt. Positiv herausgestrichen wurde von Wurm, dass manche Vorschläge in die im Vorjahr unternommene Überarbeitung der OIB-Richtlinien Eingang gefunden haben. Insgesamt zeigt sich bei den für die OIB-Richtlinien verantwortlichen Bundesländern ein steigendes Kostenbewusstsein. Einige Länder haben in ihre Bautechnikverordnungen von den Richtlinien abweichende „einfachere“ Standards festgeschrieben. Hausaufgaben sind noch einige zu erledigen, um den Qualitätshype im geförderten Wohnbau einzubremsen, eine Bewegung in Richtung einfacheres Bauen ist aber sicherlich feststellbar. Eine solche Kostensensitivität ist bei den ÖNORMEN noch nicht ersichtlich. „So konstruktiv sich das OIB-Institut gezeigt hat, so sehr spießt es sich beim Austrian Standards Institut (ASI).“ Auch hier haben die Gemeinnützigen einen umfassenden Katalog an ÖSTERREICHISCHER VERBAND GEMEINNÜTZIGER BAUVEREINIGUNGEN – REVISIONSVERBAND 3/14 Kostenreduktionsvorschlägen erstellt. Im Gegensatz zum OIB-Institut hat das ASI aber gegenüber den Vereinfachungsvorschlägen bislang kein Entgegenkommen gezeigt. Schulterschluss In Deutschland hat ein aus zahlreichen Experten der Immobilienund Bauwirtschaft bestehendes „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ ein detailliertes Baukostensenkungsprogramm der Bundesregierung vorgelegt. Bezugnehmend auf die im Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung angekündigte „Durchforstung der Baustandards, -normen, Richtlinien und Wohnbauförderungsvorschriften“ auf Einsparungspotenziale schlug der GBV-Obmann vor, dem deutschen Beispiel zu folgen und einen Baukostensenkungsbeirat aus Vertretern von Bund, Ländern, Gemeinden, Experten der gemeinnützigen und gewerblichen Wohnungswirtschaft, Bauwirtschaft und Architekten einzurichten. Ziel sollte sein, kostensenkende Vereinfachungsvorschläge bzw. Verbesserungsmöglichkeiten zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit des Bauens zu erarbeiten. Diese 4 Maßnahmen für einen New Deal im Wohnungsbau wären auch, so Wurm, ein erster konkreter Umsetzungsschritt des angekündigten Deregulierungsprogramms der Regierungskoalition. NEWSLETTER 2/16 Juli 2016 Grundsätzlich hob der GBV - Ob mann hervor: „Angesichts der steigenden Nachfrage nach günstigem Wohnraum geht es nicht nur um die Eindämmung des Qualitätshypes im geförderten Wohnbau, sondern auch um eine vielfältigere Angebotspalette mit einer stärkeren Differenzierung in den Ausstattungsdetails.“ Nicht jedes Projekt muss auch die höchsten bautechnischen Standards der Wohnbauförderung erfüllen. Es darf auch einfacher sein. Es braucht flächendeckend Wohnbauprogramme für unterschiedliche Zielgruppen. Einzelne Bundesländer sind auf diesen Zug schon aufgesprungen und machen sich an die Umsetzung von differenzierten – auch – Low-CostWohnungsangeboten. Und dies häufig mit deutlich strafferen Verfahrensabwicklungen. Genau darin liegt die Zukunft des leistbaren Wohnens: nicht nur einfacher, sondern auch schneller Bauen. Artur Streimelweger GBV in den Bundesländern: Mehr Leistbarkeit mehr Einfachheit Nach sechs Jahren machte die Jahrestagung der Gemeinnützigen wieder in Wien Station. In einer Stadt, für die der Wohnbau geradezu zu einer Schlüsselfrage ihrer Entwicklung geworden ist. Unter allen europäischen Hauptstädten hat Wien den stärksten Bevölkerungszuwachs und damit einen steigenden Wohnungsbedarf, den es unter den Bedingungen knapper erschwinglicher Grundstücke und steigender Mietpreise zu decken gilt. Davon kann aktuell aber keine Rede sein, erklärte der Gastgeber und Wiener GBV-Landesobmann Herbert Ludl in seinem Statement. Das Angebot hinkt der Nachfrage hinterher. Für eine Forcierung des Neubaus fehlt das Bauland, dessen Preise in den letzten Jahren dramatisch in die Höhe geschnellt sind und nur mehr von gewerblichen Bauträgern und Investoren erworben werden kann. Für die angestrebte Wohnbauoffensive braucht es eine Änderung der Rahmenbedingungen und ein klares Bekenntnis zum gemeinnützigen Miet- und Genossenschaftswohnungsbau, forderte Ludl. Anzusetzen wäre hier vor allem an der Beschleunigung der Verfahrensabläufe und dabei insbesondere an den schleppenden Flächenwidmungen, wodurch die Baureifmachung der Grundstücke verzögert werde. Stadt-Land-Gefälle Grundstücksmangel ortete auch Alfred Graf, Landesgruppenobmann der gemeinnützigen Bauvereinigungen in Niederösterreich. Den ÖSTERREICHISCHER VERBAND GEMEINNÜTZIGER BAUVEREINIGUNGEN – REVISIONSVERBAND 4/14 Engpass lokalisierte er vor allem in den Umlandgemeinden Wiens, wo die Wohnungsnachfrage aufgrund des Trends, ein Zuhause am Rande der Bundeshauptstadt anzustreben, besonders groß ist. Gleichzeitig gilt es, auch in den ländlichen strukturschwächeren Regionen bedarfsgerechten Wohnraum bereitzustellen. Für die unterschiedlichen Ansprüche der Wohnungssuchenden sind, so GBV-Obmann-Stellvertreter Graf, auch differenzierte Wohnbauprogramme erforderlich. Viele Kunden fragen einfachere Ausstattungsstandards nach, die sich auch in einem günstigeren Kostengefüge niederschlagen. Darauf hat das Land Niederösterreich auch zuletzt verstärkt mit einer Sonder-Förderschiene (WohnChance) reagiert. Rechnung getragen wird dem Kostenaspekt nun auch mit der Einführung einer Baukosten-Obergrenze von 1.500 Euro/m2 (exkl. Zu- und Abschläge). v.l.n.r . Alfred Graf (LG-Obmann Niederösterreich), Frank Schneider (LG-Obmann Oberösterreich), Herbert Ludl (LG-Obmann Wien) NEWSLETTER 2/16 Juli 2016 Ganz ähnliche Probleme identifizierte Frank Schneider in Oberösterreich. Während die Ballungsräume boomen, dünnen die ländlichen Gebiete aus. Gewohnt wird, wo auch der Arbeitsplatz ist, erläuterte der Obmann der oberösterreichischen GBV-Landesgruppe. Daher zieht es immer mehr Menschen in die Städte. Aber auch dort sind Leerstände aufgrund von Investitionshemmnissen infolge zu geringer Mieteinnahmen zu verzeichnen. Um den unterschiedlichen regionalen Anforderungen gerecht zu werden, sprach sich Schneider dafür aus, die Wohnbauförderung in Richtung einer Bestandsförderung umzubauen. Wohnungsförderungsmodelle in Budgetnöten Auch in der Steiermark zeigt sich ein zweigeteilter Wohnungsmarkt. Im Ballungsraum Graz kommen die GBV mit dem Bauen nicht nach, während die peripheren Gebiete von Abwanderung gekennzeichnet sind. Diese Gegensätze werden aktuell durch die ungelöste Bilanzierung der rückzahlbaren Annuitätenzuschüsse der Wohnbauförderung überschattet. Hier tickt eine „politische Zeitbombe“, brachte Christian Krainer, Landes gruppen-Chef der steirischen Gemeinnützigen, die bisher praktizierte Passivierung der Zuschüsse auf den Punkt. Da nunmehr die Fälligkeit der Zuschüsse aufgrund der Budgetnöte des Landes im Raum steht, skizzierte Krainer, droht dadurch die Eigenkapitaldecke der Bauvereinigungen in Mitleidenschaft gezogen werden, was letztlich sogar in einem unternehmensrechtlich begründeten Reorganisationsbedarf münden kann. Aus diesem Grund plädierte der steirische GBV-Obmann eindringlich für eine für die GBV vertretbare Lösung. Günther Kostan, Landesobmann der Gemeinnützigen in Kärnten, konstatierte im Jahr 1 nach der „Stunde null“ und einen daraufhin eingeschlagenen restriktiven Budget konsolidierungskurs des Landes eine durchaus zufriedenstellende Wohnbauförderungsleistung, wenn auch bei einer situationsbedingt nur mittelfristigen Budgetplanung. Als Herausforderung für die Kärntner GBV machte Kostan die Abwanderung fest. Daher beschäftigen sich die Wohnungsunternehmen auch intensiv damit, die bestehende Häusersubstanz auf einen zeitgemäßen Standard zu bringen. Um die Bewohner in den Ortschaften zu halten, finden zusammen mit der Wohnbauförderung verstärkte Re constructing-Anstrengungen des Wohnungsbestandes statt. ÖSTERREICHISCHER VERBAND GEMEINNÜTZIGER BAUVEREINIGUNGEN – REVISIONSVERBAND 5/14 braucht es überdies wirksame Grundstücksbeschaffungsinstrumente. Bedauerlicherweise haben die politischen Diskussionen über eine Raumordnungsgesetznovelle bislang aber zu keinem Ergebnis geführt. v.l.n.r. Christian Krainer (LG-Obmann Steiermark), Günther Kostan (LG-Obmann Kärnten), Christian Wintersteller (LG-Obmann Salzburg) Über die Erfahrungen des neuen Wohnbauförderungssystems im Salzburg berichtete Landesgruppenobmann Christian Wintersteller. Aus budgetären Erwägungen stellte das Land Salzburg vor einem Jahr die Wohnbauförderung auf nicht rückzahlbare Zuschüsse um. 3035% der Baukosten werden damit finanziert, der Rest muss mit Bankdarlehen aufgebracht werden. Durch das günstige Zinsniveau funktioniert das Refinanzierungssystem aktuell anstandslos. Fraglich ist, so Wintersteller, ob sich das Zuschusssystem auch bei einer sich wieder nach oben bewegenden Zinslandschaft bewähren kann. Eine Schwäche sieht der Salzburger GBV-Obmann gegenüber der alten Förderung: die fehlenden Darlehensrückflüsse. Sobald der Landeshaushalt konsolidiert wurde, zeigte sich Wintersteller optimistisch, sollte ein Umstieg auf eine nachhaltigere Darlehensförderung erwogen werden. Um die hohe Nachfrage nach preisgünstigen Wohnraum decken zu können, NEWSLETTER 2/16 Juli 2016 Neue Entwicklungen - neue Konzepte Mit einem Sonderwohnbaupro gramm reagierte das Land Vorarlberg auf die hohe Wohnungsnachfrage, führte GBV-Landesobmann Hans-Peter Lorenz aus. Noch heuer sollen neben den bereits geplanten 500 Mietwohnungen weiterer 150 Wohnungen zu sehr günstigen Konditionen dazu kommen. Die dreigeschossigen Wohnhäuser werden in Holzmodulbauweise ohne Aufzug und Tiefgarage mit jeweils zehn bis 15 3-Zimmer-Wohnungen errichtet. Unterm Strich, so Lorenz, wird durch die reduzierten Baukosten eine Bruttomiete von nicht mehr als 7,9 Euro/m2 anvisiert. 2/3 dieser Wohnungen werden über die jeweilige Standortgemeinde vorgemerkte Wohnungssuchende vergeben, der Rest ist für Flüchtlingsfamilien mit Bleiberecht reserviert. Die zuletzt stark gestiegene Nach frage nach kostengünstigem Wohn raum war auch in Tirol dafür ausschlaggebend, eine Low-Cost-Wohnbauschiene mit einer Brutto-Miete von 5 Euro/ m2 (inkl. Heizkosten) ins Leben zu rufen. Die Grundstücke werden von den Gemeinden im Baurecht beigesteuert, erklärte Franz Mariacher, designierter Landesgruppenobmann der Tiroler Gemeinnützigen, in seinem Statement. Mit dem Impulsprogramm, das vom Land Tirol mit zusätzlich 200 Euro/m2 gefördert wird, werden durch vereinfachte Ausstattungsstandards, wie z.B. reduzierte Stellplätze, keine Keller und simplere Haustechnik, geringere Baukosten und damit auch deutlich niedrigere Mietkosten angestrebt. Einen entscheidenden Beitrag dazu, hob der LG-Obmann hervor, leisten auch die GBV mit einem verstärkten Eigenmitteleinsatz. v.l.n.r. Hans-Peter Lorenz (LG-Obmann Vorarlberg), Alfred Kollar (LG-Obmann Burgenland), Franz Mariacher (desig. LG-Obmann Tirol) Ein Nord-Süd-Gefälle bei der Wohnungsnachfrage machte Burgenlands GBV-Obmann Alfred Kollar aus. Das schlägt sich in einem starken Anstieg der Grundstückspreise und auch in einer verstärkten Konkurrenz mit „burgenlandfremden“ Wohnungsunternehmen nieder. ÖSTERREICHISCHER VERBAND GEMEINNÜTZIGER BAUVEREINIGUNGEN – REVISIONSVERBAND 6/14 Aktuell werden von den burgenländischen GBV in 80 Gemeinden rd. 2.000 Wohnungen errichtet. Voraussetzung für die flächendeckende Wohnversorgung ist, so Kollar, eine gesicherte Wohnbauförderung, die auf einer wichtigen strategischen Partnerschaft mit den Gemeinnützigen fußt. In dieser Kooperation werden u.a. auch Senioren- und Startwohnungen für unterschiedliche Lebenslagen zu sehr günstigen Preiskonditionen verwirklicht. Artur Streimelweger Wohnungsneubau: Hemmnisse und Kostentreiber ein Bericht aus Deutschland Am Verbandstag war der Präsident des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen Axel Gedaschko zu Gast, um über das Wohnbaugeschehen in Deutschland zu berichten. Folgende Ausführungen sind eine Zusammenfassung seines Referates. Im Mai 2016 legte das Institut der Deutschen Wirtschaft Köln eine Prognose vor, die ein deutliches Bevölkerungswachstum in den NEWSLETTER 2/16 Juli 2016 nächsten Jahren prognostiziert, bis 2035 wird sogar mit einem Anstieg auf 83,1 Millionen Einwohnern gerechnet. In einer Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes knapp ein Jahr zuvor ging man noch von einem Schrumpfungsszenario für 2035 aus. Auf welche Wohnungsnachfrage wird sich die nachhaltig agierende Wohnungswirtschaft also einstellen müssen? Fakt ist, in Deutschland werden seit Jahren viel zu wenig bezahlbare Wohnungen gebaut. So ist in den letzten Jahren ein Wohnungsbaudefizit von mind. 800.000 Wohnungen entstanden. Herausforderung: Verstärkte Zuwanderung und veränderte Binnenwanderung Das Zuwanderungssaldo lag im Jahr 2015 mit 1,1 Mio. Personen bereits doppelt so hoch wie noch 2014 (550.000). Für 2016 wird erneut mit einem deutlich positiven Saldo von rund 800.000 Personen gerechnet. Mit rund 2,75 Mio. Menschen kamen zwischen 2009 und 2015 rund 1,35 Mio. mehr Zuwanderer in die Bundesrepublik als prognostiziert wurde. Eine weitere Ursache für die Zunahme von Wohnungsknappheit ist ein verändertes Wanderungsmuster innerhalb Deutschlands - das Schwarmverhalten jüngerer Menschen. So sind 30 kreisfreie Großstädte eindeutige Gewinner der Binnenwanderung, die sogenannten „Schwarmstädte“. Dort hat sich die Zahl der jungen Einwohner aus den Geburtsjahrgängen 1973-1993 in nur fünf Jahren (2008-2013) mehr als verdoppelt. GdW-Präsident Axel Gedaschko sieht Parallelen zwischen der deutschen und österreichischen Baukostenentwicklung Neustart des sozialen Mietwohnungsbaus notwendig Im Jahr 2015 wurde in Deutschland der Bau von 309.000 Wohnungen genehmigt. Die Baugenehmigungen sind damit um 8,4 % gestiegen. Ein Blick auf die tatsächlich fertig gestellten Wohnungen zeigt allerdings: Mit rund 247.700 Wohnungen blieb die Zahl der Fertigstellungen deutlich hinter den Erwartungen zurück. Zugleich existieren bundesweit immer weniger Sozialwohnungen. Waren es im Jahr 2002 noch rd. 2,6 Mio. Wohnungen mit Preisbindung, verringerte sich die Zahl bis zum Jahr 2015 auf nur noch rd. 1,4 Mio. Wohnungen. Die Unternehmen im GdW Bundesverband ÖSTERREICHISCHER VERBAND GEMEINNÜTZIGER BAUVEREINIGUNGEN – REVISIONSVERBAND 7/14 deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen bewirtschaften knapp 61% der Sozialwohnungen in Deutschland. Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz in der gültigen Fassung kommen nochmals weitere 2% Bauwerkskostensteigerung dazu. Anstieg der Baukosten - Politik verteuert das Bauen Verstärktes Augenmerk auf C02 - Minderung Seit dem Jahr 2000 ist der Neubau von Mehrfamilienhäusern in Deutschland um rund 60% teurer geworden, wie neue Analysen der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE Kiel) zeigen. Der GdW hat sich daher intensiv in das von der Bundesregierung initiierte Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen eingebracht. Die Wohnungswirtschaft plädiert dafür, die Anforderung an den Wärmeschutz nicht weiter zu verschärfen, sondern das Augenmerk verstärkt auf die CO2-Minderung zu legen. Den Wohnungsunternehmen sollten weitere Maßnahmen zur CO2Minderung ermöglicht werden. Dazu gehören die Nutzung von Photovoltaikanlagen und Blockheizkraftwerken ohne steuerliche Nachteile, die Nutzung von erneuerbarem Strom für Wärme und der Einkauf von Biogas und Ökostrom. Die Wohnungswirtschaft fordert, endlich die Rahmenbedingungen für den Strommarkt den Realitäten anzupassen und Mieterstrom angemessen zu berücksichtigen. Die Neubau-Kosten pro Quadratmeter Wohnfläche (ohne Grundstück) in einem MusterMehrfamilienhaus sind konkret von 1.739 Euro im Jahr 2000 auf 2.788 Euro (in den Metropolregionen) gestiegen. 330 Euro davon gehen allein auf das Konto von Bund, Ländern und Kommunen durch Vorgaben und Anforderungen. Zudem wird das Ordnungsrecht immer schärfer: Seit dem Jahr 2000 wurde die Energieeinsparverordnung (EnEV) vier Mal novelliert – mit immer höheren Anforderungen. Allein das hat die Bauwerkskosten um 6,5% ansteigen lassen. Bei Berücksichtigung der EnEV 2016 kommen Kostensteigerungen von 7% zum Tragen. In Verbindung mit dem NEWSLETTER 2/16 Juli 2016 Preisspirale bei der Grunderwerbssteuer Die Grunderwerbsteuer ist in den einzelnen Bundesländern in den letzten Jahren deutlich gestiegen und liegt heute – mit zwei Ausnahmen – zwischen 4,5 und 6,5% der Bemessungsgrundlage. Im Jahr 2014 wurden 9,34 Mrd. Euro Grunderwerbsteuer eingenommen, 2015 waren es bereits 11,25 Mrd. Euro. Der Staat wirkt also kräftig mit an der Verteuerung des Wohnungsneubaus. Wie können wir preiswerter bauen? Die Wohnungswirtschaft schlägt dafür folgende Wohnstrategie vor: 1. Kommunen sollten städtische Grundstücke grundsätzlich nach Konzeptqualität und nicht im Höchstbieterverfahren vergeben. 2. Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen in einem angemessenen Zeitraum abgeschlossen werden. 3. Bund, Länder und Kommunen sollten weitere Steuerbelastungen vermeiden. 4. Grunderwerbsteuer in Wachstumsregionen absenken. 5. Steuerliche Normalabschreibung (AfA) von 2 auf 3% erhöhen. 6. Der Bund sollte eine SonderAbschreibung für den sozialen Wohnungsbau zulassen. Darüber hinaus sollte es eine gleichwertige Investitionszulage für alle Unternehmen geben, die die Sonder-Afa nicht nutzen können. 7. Die soziale Wohnraumförderung muss angesichts des notwendigen Neustarts beim sozialen ÖSTERREICHISCHER VERBAND GEMEINNÜTZIGER BAUVEREINIGUNGEN – REVISIONSVERBAND 8/14 Wohnungsbau ab 2017 und über 2019 hinaus auf insgesamt 3 Mrd. Euro – jeweils 1,5 Mrd. Euro an zweckgebundenen Bundesund Landesmitteln – aufgestockt werden. Die soziale Wohnraumförderung muss Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern bleiben. 8. Energetische Anforderungen nicht durch einzelne Landesgesetze weiter verschärfen. 9. Den drastischen Anstieg der Mietnebenkosten – Energie, Wasserversorgung, Müllbeseitigung und Grundsteuer – begrenzen. 10. Die erfolgversprechenden Ergebnisse der Baukostensenkungskommission der Bundesregierung schleunigst umsetzen. 11. „Neubauklima“ in der Bevölkerung fördern – alle möchten mehr Wohnraum in Ballungsregionen – aber möglichst nicht in der eigenen Nachbarschaft oder auf dem Grundstück gegenüber. Wir brauchen eine klare politische Schwerpunktsetzung für mehr Neubau und Unterstützung für eine sachgerechte öffentliche Debatte zur Wohnungspolitik. Es gehört zur Führungsverantwortung eines jeden Bürgermeisters, sich für eine funktionierende Wohnungspolitik und den Wohnungsneubau in Boom-Regionen einzusetzen. NEWSLETTER 2/16 Juli 2016 12. Den altersgerechten Umbau angemessen fördern. Der Bund muss das KfW-Programm „Altersgerecht Umbauen“ jährlich weiter steigern und mittelfristig mit jährlich 100 Mio. Euro ausstatten. Investitionszuschüsse müssen endlich auch für die Wohnungsunternehmen geöffnet werden. Zudem sind gemeinsam mit den Bundesländern die Erstellung und Weiterentwicklung kommunaler Demografiekonzepte zu forcieren. 13. Schub für die energetische Gebäudesanierung: Eine steuerliche Förderung und die Aufstockung der KfW-Programme für energieeffizientes Bauen und Sanieren auf insgesamt 3 Mrd. Euro jährlich durch den Bund sind notwendig. 14. Modernisierungsmaßnahmen nicht durch Einführung von extrem investitionsschädlichen Regelungen im Zuge des zweiten Miet rechtspakets behindern. 15. Städtebau- und Regionalförderung stärker auf Schrumpfungsregionen konzentrieren, um Schrumpfung und Attraktivitätsverlust in ländlichen Regionen aufzuhalten und Lebensqualität dort langfristig zu sichern. Axel Gedaschko Präsident GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen Ausgezeichnet und neubestellt Die Jahrestagung der Gemeinnützigen ist nicht nur ein Forum des fachlichen Diskurses und der Rechenschaftsberichte über das abgelaufene Geschäftsjahr, sondern gibt auch Gelegenheit, Persönlichkeiten aus den Reihen der GBV aber auch darüber hinaus Dank und Anerkennung auszusprechen. Der Ehrenring der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft als höchste dieser Auszeichnungen wurde heuer an fünf Personen verliehen, die sich über viele Jahre in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den Gemeinnützigen oder durch ihr Engagement innerhalb der Organisation der GBV große Verdienste erworben haben. Auf sozusagen „heimischem Boden“, nämlich im Rahmen eines Empfanges im Wiener Rathaus, wurde Wohnbaustadtrat Dr. Michael Ludwig der Ehrenring überreicht. Als „Politiker mit hohem Gestaltungswillen hat Stadtrat Ludwig“ – so Verbandsobmann Prof. Mag. Karl Wurm bei der Laudatio – „den Wiener Wohnbau nicht nur in all seiner typologischen Buntheit weiterentwickelt, sondern auch mit der Wohnbauinitiative und den SmartWohnungsprogramm hohe Bereitschaft zu Innovationen gezeigt“. ÖSTERREICHISCHER VERBAND GEMEINNÜTZIGER BAUVEREINIGUNGEN – REVISIONSVERBAND 9/14 v.l.n.r. Herbert Ludl (LG-Obmann Wien), Michael Ludwig (Wohnbaustadtrat Wien), Karl Wurm (GBV-Obmann) Innenminister Mag. Wolfgang Sobotka, dem für seine langjährige gute Kooperation mit den niederösterreichischen Gemeinnützigen als vormaliger Landesrat für Wohnbau der Ehrenring verliehen wurde, betonte in seiner Dankesrede die große Bedeutung des Wohnbaus und des Zusammenlebens in den Wohnanlagen speziell für die Integration und die Vermeidung sozialer Segregation. Eine Aufgabe, zu der – so der Minister – „die Gemeinnützigen viel beitragen können.“ Für drei Persönlichkeiten aus den Reihen der Gemeinnützigen war die Verleihung des Ehrenringes auch ein „Dankeschön“ nach einem langen Wirken in Gremien der GBV-Verbandes: Prof. Dr. Herbert Ludl schied mit Ende der Funktionsperiode als Vorstandsmitglied ebenso aus dem Verbandsvorstand aus wie Prof. Dr. Klaus Lugger als Vorsitzender des Aufsichtsrates. Nach mehr als drei Jahrzehnten wird im Herbst KR Theodor Österreicher Abschied NEWSLETTER 2/16 Juli 2016 als Verbandsdirektor nehmen. Begleitet von Standing Ovations des Auditoriums wurden von Prof. Mag. Karl Wurm und Ing. Alfred Graf, beide beim Verbandstag als Obmann resp. Obmann-Stellvertreter wiedergewählt, und dem neu gewählten Vorsitzenden des Aufsichtsrates Prof. Dipl.Ing. Michael Pech die Ehrenringe an die Ausgezeichneten überreicht. Neu in den Verbandsvorstand wurde Ing. Ewald Kirschner gewählt. v.l.n.r. Michael Pech (GBV-Aufsichtsrats-Vorsitzender), Karl Wurm (GBV-Obmann), Klaus Lugger, Wolfgang Sobotka (Innenminister), Theodor Österreicher (Verbandsdirektor), Alfred Graf (GBV-Obmann-Stellvertreter) Christian Wintersteller (LG-Obmann Salzburg) Alfred Früh 70 Jahre Verband - Wohnraum für 2 Millionen Menschen Im Jahr 2016 können die Gemeinnützigen in zweifacher Hinsicht feiern: Am 27. September findet in der Aula der Wissenschaften in Wien ein Festakt aus Anlass des 70-jährigen Gründungsjubiläums des Österreichischen Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen statt. Zeitlicher „Referenzpunkt“ für das Geburtstagsfest ist eine Arbeitstagung im August 1946, bei der für den noch bis 1947 unter öffentlicher Verwaltung stehenden - so der damalige Name – „Österreichischen Verband gemeinnütziger Wohnungsvereinigungen in Wien“ ein provisorischer Verbandsvorstand bestellt und damit der Grundstein für die heutige Verbands organisation gelegt worden war. Festakt Bei dem Festakt, zu dem neben Vertretern der gemeinnützigen Bauvereinigungen auch Repräsentanten aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung erwartet werden, soll nicht nur der Rückblick auf bewegte 70 Jahre der GBV, sondern in einer Podiumsdiskussion auch die „Gemeinnützigkeit morgen“ im Fokus der Betrachtungen stehen. ÖSTERREICHISCHER VERBAND GEMEINNÜTZIGER BAUVEREINIGUNGEN – REVISIONSVERBAND 10/14 Denn wenn – so wie jüngst in einer Gallup-Umfrage – rund 85% der Gesamtbevölkerung und 91% der GBV-Kunden dem gemeinnützigen Wohnbau hohe Bedeutung zusprechen, mehr als 60% erwarten, dass dessen Rolle künftig noch steigen wird und 7 von 10 Österreichern die Sicherstellung kostengünstiger Wohnungen als die Top-Herausforderung der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft sehen, dann ist das „für uns ein klarer Handlungsauftrag, alles daran zu setzen, dass die Gemeinnützigen auch in den nächsten 70 Jahren ein wichtiger Faktor für die Wohnversorgung unserer Bevölkerung bleiben werden“, skizziert Verbandsobmann Karl Wurm die „Arbeitsperspektive“ der GBV. Der Zufall hat gut Regie geführt, denn in das Jubiläumsjahr des GBV-Dachverbandes fällt auch ein Ereignis, „um das es letztlich geht“ – die Errichtung von Wohnungen. Und am 11. April war es soweit: Die Gemeinnützigen konnten ihre 1.000.000ste Wohnung übergeben und haben damit Wohnraum für 2.000.000 Österreicherinnen und Österreicher geschaffen. Ein Meilenstein, nicht nur für die gemeinnützige Wohnungswirtschaft, sondern für die Wohnungspolitik insgesamt. „Jeder fünfte Einwohner unseres Landes wohnt damit unter gemeinnützigem Dach und profitiert von qualitätsvollen und preisgünstigen NEWSLETTER 2/16 Juli 2016 Wohnungen“, strich Verbandsobmann Wurm bei der Übergabefeier hervor. In Radfeld, einer rd. 2.200 Einwohner zählenden Gemeinde westlich von Kufstein, liegt die von der Neue Heimat Tirol (NHT) errichtete Anlage, in der die „Jubiläumswohnung“ zu orten ist. Vorausgegangen war ein Auswahlverfahren unter 42 Projekten der Gemeinnützigen, alle mit dem Fertigstellungsdatum zwischen April und Juli. Aus einem Dreierpool, in dem neben dem späteren Gewinner auch zwei großvolumige Stadtentwicklungsprojekte der „Giwog“ am Harter Plateau von Leonding und der „Heimbau“ im Sonnwendviertel beim neuen Wiener Zentralbahnhof waren, fiel der Losentscheid letztlich auf das Projekt der NHT. Diese hat dann die „Jubiläumswohnung“ ermittelt, in der nun eine Jungfamilie mit drei Kindern von der Wohnqualität über den Standort im Grünen bis hin zur leistbaren Miete all das findet, was sie sich erhofft hat. 1.000.000ste Wohnung Die prämiierte Anlage repräsentiert in hohem Maß die Bautätigkeit der Gemeinnützigen: Es handelt sich um eine in den Dimensionen auf die Umgebung wohl abgestimmte, für kleinere und mittlere Gemeinden typische Bebauung mit viel Natur rundherum. Geboten werden hohe energetische und bautechnische Standards, qualitätsvolle Architektur und das zu erschwinglichen Konditionen. Übergabe der 1.000.000ste Wohnung Die insgesamt 42 um die 1.000.000ste GBV-Wohnung ritternden Projekte umfassten vom Reihenhaus über die knifflige Einfügung im Stadtzentrum, Bauten in Verbindung mit Infrastruktureinrichtungen, dem kleinvolumigen Geschoßbau bis zum großen Stadtentwicklungsvorhaben ein breites Spektrum bautypologischer Aufgaben. Das 42er-Sample hat einmal mehr gezeigt, mit welch hohem Standard die GBV den Bedürfnissen und Wünschen ihrer Kunden nachkommen und damit jenes „Fundament“ legen, aus dem sich nicht nur Wohn- sondern auch Lebensqualität entwickelt. Alfred Früh ÖSTERREICHISCHER VERBAND GEMEINNÜTZIGER BAUVEREINIGUNGEN – REVISIONSVERBAND 11/14 Ursachen für den Mietanstieg - und mehr oder weniger gute Mittel dagegen Mit schöner Regelmäßigkeit ist der starke Mietanstieg Gegenstand von Diskussionen – zuletzt anlässlich der Präsentation der Mietenentwicklung zwischen den Jahren 2011 und 2015 durch die Statistik Austria im Mai dieses Jahres. Der für die letzten vier Jahre ausgewiesene Trend entsprach jenem vorangegangener Perioden: Die Mieten waren mit durchschnittlich 15,8% – bezogen auf die Nettomiete ohne Betriebskosten – deutlich stärker gestiegen als der Verbraucherpreisindex mit 7,2%. Statistik-Chef Konrad Pesendorfer unterbreitete auch mehrere Vorschläge zur Eindämmung des weiteren Anstiegs und stellte dabei auch die regelmäßigen Inflationsanpassungen der Mieten infrage. Im Folgenden soll der Zweckmäßigkeit dieses Vorschlags nachgegangen werden: Der beobachtete durchschnittliche Mietenanstieg in einem gewissen Zeitraum spiegelt nicht nur die laufende Erhöhung der Mieten bei aufrechten Mietverhältnissen NEWSLETTER 2/16 Juli 2016 wider, sondern beschreibt auch den Unterschied in den Durchschnittsmieten von zwei unterschiedlich zusammengesetzten Wohnungsmengen zu zwei verschiedenen Zeitpunkten. Insofern kann der Maßstab der VPI-Steigerung in Frage gestellt werden. Die Mietenentwicklung ist auch das Ergebnis quantitativer und struktureller Veränderungen – wie dem Wohnungszuwachs und -abgang und der Veränderung der Mieten anlässlich Mieterwechsel bzw. neuer Verträge. Fragwürdige Vorschläge Sieht man sich die strukturellen Veränderungen im fraglichen Zeitraum an, erkennt man, dass von dem Bestand an Mietwohnungen des Jahres 2015 rd. 35% (!) im Jahr 2011 entweder noch nicht vorhanden waren (Neubau) oder nach dem Jahr 2011 neu vermietet worden sind (alle Daten lassen sich den Publikationen der Statistik Austria entweder direkt entnehmen oder sind damit berechenbar). Besonders hoch ist die Fluktuationsrate bei privaten Mietwohnungen, bei denen mittlerweile über 40% befristete Verträge aufweisen. Aus den Daten der Statistik Austria ist auch zu entnehmen, dass die Mieten bei neuen Verträgen deutlich über der Durchschnittmiete liegen: Diese betrug im Jahr 2011 4,4 Euro/m2 (exkl. BK), zwischen 2011 und 2015 vermietete – inkl. neu errichteten – Wohnungen wiesen Mieten von rd. 6,5 Euro/m2 auf, das entspricht einem Mietwohnungen 2015 (N = 1,569 Mio) nach Abschluss Mietvertrag, Neubau Bestand (Hauptwohnsitze in 1.000) Mietwohnungen ohne Mieterwechsel seit 2011 Neubau 2011 - 2015 wiedervermietet 2011 - 2015 private Hauptmiete wiedervermietet 2011 - 2015 GBV-Miete wiedervermietet 2011 - 2015 Gemeinde Miete Daten: Statistik Austria Berechnungen gbv ÖSTERREICHISCHER VERBAND GEMEINNÜTZIGER BAUVEREINIGUNGEN – REVISIONSVERBAND 12/14 Vorsprung von fast 50%. Diese Relationen lassen erkennen, dass den neuen Vertragsabschlüssen bei der Mietenentwicklung ein hohes Gewicht zukommt. Anhand eines etwas vereinfachenden Modells lässt sich nachrechnen, dass selbst OHNE Mietenanpassung bei laufenden Verträgen die Durchschnittsmiete zwischen 2011 und 2015 über der Inflationsrate gestiegen wäre – dies alleine aufgrund des Neubau- und Wiedervermietungseffekts. Darüber hinaus zeigen die Daten der Statistik Austria auch, dass bei Gemeindewohnungen sowie GBV-Mietwohnungen die Differenz zwischen Durchschnittsmiete und Neuvermietungen (inkl. Neubauwohnungen) weitaus geringer ist als bei privaten Mietwohnungen (siehe Diagramm), die zudem das höchste Gewicht an den Neuvermietungen haben. Nichtdestotrotz In wohnungswirtschaftlicher bzw. -politischer Hinsicht würde die vorgeschlagene Zurückhaltung bei laufenden Erhöhungen zwar eine Mehrheit an MieterInnen treffen und begünstigen, aber die Kluft zwischen Alt- und Neuverträgen erhöhen und möglicherweise die Mieten bei neuen Abschlüssen noch weiter unter Druck bringen. Die wohnungssuchende Generation wäre die Verliererin dieses Modells. Als Alternative bleibt dann nur eine Dämpfung der Kosten bei Neuvermietungen. Dazu gibt es mehrere, aber beschränkte Möglichkeiten: eine Erhöhung der Produktion von günstigen Neubauwohnungen als 7,3 7,0 Euro/m2 Monat Verlierer sind Wohnungs suchende Nettomieten (excl. BK; incl. USt) 2011 - 2015 8,0 6,5 6,0 5,0 haben auch Gemeinde- und GBVWohnungen einen gewissen, wenn auch kleineren Anteil an der Dynamik der Durchschnittsmiete. 4,4 5,1 6,3 5,3 4,5 4,1 4,0 4,6 5,1 5,0 3,5 4,0 3,0 2,0 1,0 0,0 Miete 2011 gesamt Miete 2015 private Hauptmiete darunter: Mietvertrag 2011 - 2015 Daten: Statistik Austria Berechnungen gbv NEWSLETTER 2/16 Juli 2016 Miete GBV Miete Gemeinde darunter: Mietvertrag vor 2011 Alternative zu teuren privaten Mietwohnungen bzw. mit preissenkender Wirkung auf diese, und/oder die Begrenzung der privaten Mieten, die, wie gezeigt, den stärksten Einfluss auf die Mietensteigerung haben und auch „in sich“ die stärkste Steigerung aufweisen (2011 – 2015: +18,9 %, GBV-Mietwohnungen + 12,2%). Wohl gibt es auch seitens einer populistischen Oppositionspartei immer wieder Vorschläge zur Senkung der Mieten bei gemeinnützigen Bauvereinigungen. Wie wenig diese aber geeignet sind, die tatsächlichen Probleme bei der Mietenentwicklung zu lösen, sollten die hier präsentierten Daten zeigen: Der Bestand an gemeinnützigen Mietwohnungen weist einen hohen Grad an Homogenität auf. Bei der Wiedervermietung und auch nach Auslauf der Förderung sind die Mieten gedeckelt. Die Erhöhung der Erhaltungsbeiträge wird im heurigen Jahr freilich auch in diesem Segment zu einer Steigerung führen. Kostensenkung im Neubau Was die Neubauwohnungen anbelangt, so liegt das das Mietenniveau selbst bei neu errichteten geförderten Wohnungen über der 5-Euro-Marke. Zur Kostenreduktion müssen entweder die Baukosten gesenkt oder die Förderung intensiviert werden. ÖSTERREICHISCHER VERBAND GEMEINNÜTZIGER BAUVEREINIGUNGEN – REVISIONSVERBAND 13/14 Insofern Neubauwohnungen eine höhere Qualität als ältere Wohnungen bieten, weisen sie – zwar nicht „naturgemäß“, aber doch mit einer inneren Logik - höhere Kosten als der Bestand auf. Der sich in der Mietendynamik niederschlagende Neubaueffekt wird sich nicht zur Gänze ausschalten lassen. In Zukunft wird sich dieser Effekt auch durch die Menge neu gebauter Wohnungen zumindest tendenziell verstärken. intensivierten Bemühungen zur verstärkten Wärmedämmung in Hinblick auf Kostensenkungen lassen keinen breiten Entlastungs effekt erwarten. Im gemeinnützigen Wohnbau ist dafür aber durch die Anhebung der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge immerhin ein funktional sinnvoller Schritt gesetzt worden, auch wenn er erkennen lässt, dass die Senkung der Energiekosten nicht kostenfrei zu erreichen ist. Dazu kommt noch ein weiterer, in seiner Wirkung ähnlicher Effekt: jener der Qualitätsanhebung durch Sanierungsmaßnahmen in Altbauten. In Kombination mit einer freien Mietzinsgestaltung im privaten Mietensegment führt dies wohl zu den stärksten Erhöhungen im Vorher-Nachher-Vergleich, ist aber eine Mischung aus Marktmechanismen und Standardverbesserung. Sollte in den kommenden Jahren die Zahl der Mietwohnungen weiterhin so dynamisch zunehmen wie in der jüngsten Vergangenheit und sich an Nachfrage und Bedarf nichts Gravierendes ändern, wird dies mit einer starken Mietendynamik einhergehen. Günstig wirkt sich bei der Mietenentwicklung aktuell die Dynamik bei den Energiekosten aus. Aufgrund der in den letzten Jahren rückläufigen Energiepreise und der verbesserten Energieeffizienz sind die durchschnittlichen Energiekosten der Mieterhaushalte in den letzten fünf Jahren um weniger als 10% gestiegen und damit deutlich unter der Mietenentwicklung geblieben. Die ebenfalls in der Diskussion vorgeschlagenen Das kann sich sehen lassen NEWSLETTER 2/16 Juli 2016 Eva Bauer Die „Hall of Fame“, mit prämiierten Projekten der Gemeinnützigen bereits üppig ausgestattet, kann zwei weitere Zugänge verbuchen, und nicht zum ersten Mal sind es die „Heimat Österreich“ und die ENW, welche sich in die GBV-Erfolgsliste eintragen. Der Energy Globe Award, in der Hierarchie der Wettbewerbe mit Schwerpunkt Energieeffizienz, Klimaschutz und Nachhaltigkeit ganz weit oben positioniert, ging in seiner Auflage 2016 in der Kategorie „Erde“ an das „Zero Carbon Building“ der Heimat Österreich. Nachdem schon der Salzburger Contest souverän eingeheimst werden konnte, war das in Niederalm errichtete Objekt mit 12 Wohnungen auch in der österreichweiten Version des Energy Globe nicht zu schlagen. Grundidee des von Scheicher Architekten entwickelten Objekts ist seine „CO2Neutralität über den Lebenszyklus von 100 Jahren hinweg“. Ziel ist es, dass Errichtung, Betrieb und Entsorgung nicht mehr Kohlendioxyd emittieren, als im Gebäude in festen Stoffen wie etwa Holz und Stroh gespeichert ist. Dementsprechend der Material einsatz: Bis auf Stiegenhaus und Sanitärzeile, die aus Beton sind, besteht die Konstruktion des Hauses aus Holz in verschiedensten Verarbeitungsformen. Die Innenwände formieren sich aus gepresstem Stroh, das durch seine Dichte nicht nur schwerer, sondern auch akustisch besser ist als etwa dieses Hauses rund 220 Tonnen CO2 gebunden. Eine Luft-Wasser-Wärmepumpe mit Gipskartonwände. Insgesamt sind durch nachwachsende Rohstoffe Wärmrückgewinnung, Betonkernaktivierung durch ÖSTERREICHISCHER VERBAND GEMEINNÜTZIGER BAUVEREINIGUNGEN – REVISIONSVERBAND 14/14 (c) Energy Globe Award in den Wänden verlegte Rohrleitungen mit zirkulierendem Warmwasser und Photovoltaik tragen ebenso zum bisherigen „Aufgehen“ der Öko-Bilanz bei. Dass bei all der konzeptiven Rigorosität nicht eine „Wohnkiste“ herauskommen muss, sondern man auch gestalterisch punkten kann, macht das in unverwechselbarem „Falunrot“ an der Fassade gehaltene Objekt mit feingliedriger Holzstruktur an den Balkonen auch in dieser Hinsicht zu einem „Anschauungsobjekt“. Behaglichkeit statt Drill regiert in der Maria-Pachleitner-Straße 30 von Graz, denn das Bundesheer hat dort abgerüstet und das Pflegeheim Peter Rosegger ersetzt die ehemalige Hummelkaserne. Die ENW gemeinnützige Wohnungsgesellschaft und Dietger Wissounig Architekten fanden sich zum planerischen Gleichschritt, der mit dem Steirischen Holzbaupreis 2015 belohnt wurde. Entstanden ist ein kompakter, zweigeschoßiger Baukörper von nahezu quadratischer Grundfläche mit Einschnitten und nach innen gerichteten kleinen Höfen. 4 Wohngemeinschaften zu je 13 Personen plus Betreuer bilden jeweils eine „soziale, überschaubare Einheit“, ausgestattet mit Küche, gemeinsamem Essplatz und Einzelzimmer. komplexen, minuziösen Unter der Voraussetzung eines Brandschutzkonzeptes war es möglich, das Pflegeheim als vorgefertigten Holzbau auf Passivstandard zu realisieren. Über dem Kellergeschoß kommt der Bio-Baustoff in unterschiedlichster Technologie, mal in Riegelbauweise mit Brettsperrholzelementen, mal als Rippen-Skelett-Konstruktion zum Einsatz. Die Fassade besteht aus unbehandeltem Lärchenholz, auch Innen vermitteln Sichtholzoberflächen eine beschauliche Atmosphäre. (c) Holzbaupreis Steiermark / G. Ott Fernwärme plus Photovoltaik sichern die Energieversorgung, deren Kennzahl von anvisierten 9,58kWh/m²a bescheidene Verbrauchswerte erwarten lässt. Alfred Früh Impressum/Offenlegung gem. § 25 MedienG Herausgeber und Medieninhaber: Österreichischer Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen – Revisionsverband, Vorstand: Prof. Mag. Karl Wurm, Ing. Alfred Graf, Ing. Ewald Kirschner, DI Herwig Pernsteiner Aufsichtsrat: Dir. Manfred Damberger, Dr. Alfred Kollar, Dir. Günther Kostan, Bmstr. DI Wolfgang Liebl, Dr. Hans-Peter Lorenz, Dr. Georg Maltschnig, Prof. DI Michael Pech, DI Dr. Bernd Riessland, Ing. Wolfram Sacherer, Dir. Frank Schneider, Dipl.Ing. (BA) Christian Struber, MBA, Dir. Christian Switak, gem. § 110 ArbVG: Mag. Friedrich Fajtak, MMag. Christian Fauner, 1010 Wien, Bösendorferstraße 7/2. Redaktion: Artur Streimelweger, Alfred Früh, Eva Bauer. Layout und Satz: Doppelpunkt PR- und Kommunikationsberatung GmbH Verlags- und Herstellungsort: Wien. Kostenlose Bestellung unter: www.gbv.at Erscheinungsweise: 4-mal jährlich. Blattlinie: Information und Diskussion über das Wohnen ATU 37538107, DVR 0518263, ZVR 657328661 NEWSLETTER 2/16 Juli 2016 ÖSTERREICHISCHER VERBAND GEMEINNÜTZIGER BAUVEREINIGUNGEN – REVISIONSVERBAND
© Copyright 2024 ExpyDoc