Deckel ab — wie komme ich an den Honig?

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SCHWERPUNKT HONIGGEWINNUNG
■ Gabel
Deckel ab — wie komme ich
an den Honig?
Beim Entdeckeln mit der Gabel sollte man
gerade vor dem Endeckelungsgeschirr stehen
und vom Körper weg arbeiten (wegen der
Verletzungsgefahr durch die Gabel).
Foto: Xandia Stampe
Foto: Staemmler
Honig wird in den Waben verdeckelt: um ihn ernten zu können,
müssen die Deckelchen von den Wabenzellen entfernt werden — dazu stellen
wir verschiedene Methoden und Werkzeuge vor.
U
m an den reifen Honig zu gelangen,
muss man die Waben zuerst entdeckeln.
Dazu benötigt man ein Arbeitsgerät,
mit dem man die Wachsdeckel abheben, abschneiden oder wegschmelzen kann. Das Angebot auf diesem Sektor ist vielfältig, die
Wahl richtet sich nach Völkerzahl, Erntemenge, Investitionsbereitschaft, verfügbarer Zeit
sowie nach dem Geschick des Imkers. Für
diesen Zweck kann man entweder die Entdeckelungsgabel, das Entdeckelungsmesser
(mit und ohne elektrische Beheizung), den
elektrisch beheizten Entdeckelungshobel,
Heißluftgeräte oder eine Entdeckelungsmaschine verwenden.
In Deutschland benutzen die meisten Imkereien den Klassiker, die Entdeckelungsgabel.
Mit den Zinken der Gabel fährt man möglichst
flach unter die Deckel und hebt diese ab.
Bei dieser preisgünstigsten, aber auch zeitaufwendigsten Variante wird Entdeckelungswachs erzeugt in dem relativ viel Honig enthalten ist, den man zurückgewinnen kann. Dazu bietet der Handel EntdeckelungswachsTaschen zu einem Preis von ca. 10,00 Euro/
Stück an, mit denen man bis zu 50% des Honigs aus dem frischen Entdecklungswachs herausholen kann. Dazu werden immer zwei
gleich schwere Taschen gegenüber in eine
Schleuder gehängt und in ca. 15 bis 20 Minuten möglichst hochtourig ausgeschleudert.
Das Einfüllgewicht sollte nicht mehr als
2,0 kg/Tasche betragen. Diese Taschen und
die schwere Profi-Entdeckelungsgabel haben
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sich in der Praxis für fast alle Betriebsgrößen
bewährt.
Nach Untersuchungen zum Zeitaufwand an
der Universität Hohenheim schneiden Gaspistole, Heißluftföhn und elektrisches Entdeckelungsmesser etwa gleich gut ab. Das Messer
hat den Vorteil, dass das rasche Abschaben
von Honigwaben unabhängig davon gelingt,
ob sie vorher bebrütet waren oder nicht. Die
Heißluftentdeckelung mit Föhn oder Gaspistole gelingt dagegen nur bei unbebrüteten Waben reibungslos. Bei bebrüteten muss mit der
Gabel nachgearbeitet werden. Deshalb lohnt
es sich, die Völker mit Absperrgitter zu führen
und den Honigraum ausschließlich mit hellen
Waben auszustatten. Dann fällt bei den Heißluftmethoden auch viel weniger Entdeckelungswachs und damit erheblich weniger
Nacharbeit an als bei Gabel, Messer und Automaten.
Die meisten Entdeckelungsmaschinen arbeiten mit einer rotierenden Messerwalze. Die
an der Welle montierten kleinen Messer
schneiden das die Ober- und Unterträger überragende Wachs (und den Honig) komplett ab.
Dabei wird sehr viel Honig mit in das Entdeckelungswachs gerissen, der dann mit einer
Zentrifuge zurückgewonnen werden muss. Ein
solcher Automat ist nur beim Zeitaufwand anderen Techniken überlegen. Wegen des hohen
Anschaffungspreises ist er nur für große Berufsimkereien oder für die Lohnschleuderung
rentabel.
Geert Staemmler
[email protected]
Funktion
Mit der Gabel, dem wohl am weitesten verbreiteten Werkzeug zum Entdeckeln, werden die
Wachsdeckel der Zellen in mehreren Zügen
pro Wabenseite abgehoben. Man schiebt die
Gabel dabei dicht unter die Deckel der Wabe,
die im Entdeckelungsgestell über einer Wanne
liegt, und hebt diese dabei ab. Entdeckelungsgabeln gibt es in vielen Ausführungen: Die
Zinken, wie auch deren Halterung bestehen
idealerweise aus Edelstahl, sind gerade oder
gebogen sowie von verschiedener Breite (breite Zinken erfordern mehr Kraftaufwand). Einfache Gabeln verfügen über einen flachen
Kunststoff- oder Holzgriff; besser in der Hand
liegen ergonomisch geformte Kunststoffgriffe,
die in Verbindung mit gebogenen Zinken das
sauberste Arbeiten, ohne Verkleben des Griffes
durch Honig oder Wachs, ermöglichen.
Vorteil
Der Anschaffungspreis ist niedrig – die Entdecklungsgabel gehört zur Grundausstattung
jedes Imkers. Unebenheiten auf den Wabenoberflächen lassen sich gut entdeckeln, indem
man ihnen die Führung der Gabel anpasst
Auch bereits bebrütete Waben lassen sich mit
der Gabel gut entdeckeln. Die Handhabung ist
unkompliziert. Elektrischer Strom wird nicht
benötigt, daher ist sie überall verwendbar.
Nachteil
Von allen Geräten benötigt man für die Arbeit
mit der Entdeckelungsgabel die meiste Zeit
pro Wabe und Muskelkraft – bei einer großen
Zahl von Völkern wird es anstrengend. Außerdem bleibt eine Vielzahl von Wachspartikeln
auf der Wabenoberfläche haften. Sie verstopfen beim Schleudern relativ schnell das Sieb.
Zuletzt wird auch eine Nachbehandlung des
entstehenden Enteckelungswachses nötig,
das größere Mengen Honig enthält.
Kosten
Eine Profi-Entdeckelungsgabel mit ergonomischem Kunststoffgriff kostet ca. 15,00–17,00
Euro und ist für den Durchschnittsimker mit
ca. zehn Völkern völlig ausreichend.
Geert Staemmler
DEUTSCHES BIENEN-JOURNAL 3/2008
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■ Messer
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■ Heißluft
■ Maschine
Foto: Nowottnick
Foto: Liebig
Foto: Nowottnick
Funktion
Um die Wachsdeckel und eventuell einen Teil
der Zellen abzuschneiden, werden Entdeckelungsmesser oder auch Entdeckelungshobel
verwandt. Erleichtert wird die Arbeit durch
Modelle, die elektrisch oder mit Dampf beheizt
werden. Wenn die Wärme des Werkzeugs nicht
zu regulieren ist, muss man zügig arbeiten, damit es nicht zu einer Überhitzung kommt. Aus
diesem Grund ist ein Gerät mit stufenloser
Wärmeregulierung zu empfehlen.
Bei relativ ebenen Waben kann mit einem
Schnitt die gesamte Wabenfläche entdeckelt
werden, indem man die Rähmchenleisten entlangfährt. Es empfiehlt sich, im Honigraum Rahmenleisten mit gleicher Breite sowie keine Hoffmann-Seitenteile zu verwenden. Die Entdeckelung wird einfacher, wenn statt zehn nur
neun Honigraumwaben verwendet werden, weil
die Bienen die Zellen dann breiter ausziehen. Die
Wabe steht hochkant im Entdeckelungsgestell,
darunter eine Entdeckelungswanne.
Funktion
Beim Entdeckeln mit einem Heißluftföhn
macht man sich das kleine Luftpolster unter
dem Deckel der Honigzelle zunutze. Dem heißen Luftstrom ausgesetzt, explodiert diese Luft
und sprengt dabei den Zelldeckel weg. Gleichzeitig schmilzt etwas Deckelwachs, was aber,
da es dem Heißluftstrom nur Sekundenbruchteile ausgesetzt ist, sofort wieder zu kleinen
Wachsflocken erkaltet. Diese klumpen sich an
den Zellrändern zusammen. Der Honig selbst
ist ein sehr schlechter Wärmeleiter, sodass er
die Entdeckelung, die für eine Zanderwabenseite nur etwa zehn Sekunden dauert, unbeschadet übersteht.
Funktion
Entdeckelungsmaschinen gibt es in den unterschiedlichsten Modellen, von einfacher Mechanik bis zur vollautomatisierten Anlage. Ein
Typ verfügt über zwei rotierende Messerwellen
mit Federplättchen oder Ketten, die die Wabenoberfläche abhobeln. Die Wabenstärke ist
einstellbar. Ein anderes Modell arbeitet mit
jeweils zwei Messern pro Wabenseite, die elektrisch oder mit warmem Wasser beheizt werden. Sie schneiden die Deckel von der Wabe,
wobei unterschiedliche Ausführungen existieren: Bei der einen stehen die (voreinstellbaren)
Messer fest, bei der anderen vibrieren sie. Eine
Besonderheit stellt eine Maschine dar, die mit
einem dreieckigen, automatisch verstellbaren
Messer arbeitet. Bei unebener Wabenoberfläche werden nicht entdeckelte, weil unter der
Schnittebene liegende Zellen später mit
Schlitzen zum Austritt des Honigs versehen.
Vorteil
Auf der Wabenoberfläche und damit im Sieb
verbleiben kaum Wachspartikel. Der Siebwechsel geschieht in größeren Abständen.
Durch Beheizung nimmt der Kraftaufwand ab,
jedoch darf das Wachs keinesfalls schmelzen.
Vorteil
Es fällt kein Entdeckelungswachs an (das kann
mancher Imker auch als Nachteil betrachten),
und eine Nachbearbeitung entfällt. Die Honigsiebe verstopfen nicht so schnell.
Die entdeckelten Waben tropfen kaum. Stellt
man beim Entdeckeln fest, dass der Honig
nicht den gewünscht niedrigen Wassergehalt
hat, kann er im Zargenstapel im klimatisierten
Schleuderraum, in dem ein Luftentfeuchter im
Dauerbetrieb die relative Luftfeuchtigkeit unter 30% hält, „über Nacht“ noch bis zu 2% Wasser verlieren.
Nachteil
Relativ hoher Anschaffungspreis von ca. 150,00
Euro. Bereits bebrütete Honigwaben lassen sich
ebenfalls entdeckeln – aber man benötigt mehr
Zeit und Kraft. Für beheizte Messer ist eine
Stromversorgung nötig bzw. eine Möglichkeit
zur Dampferzeugung. Auf Wanderplätzen benötigt man daher einen Gaskocher, um die Entdeckelungsmesser in heißem Wasser vorzuwärmen. Auch bei dieser Methode fällt viel Entdeckelungswachs mit Honiganteilen an.
Nachteil
Das wegspritzende Wachs verschmutzt den Arbeitsplatz. Das kann mit einem Spritzschutz
(Karton) verhindert werden. Bei vormals bebrüteten Zellen fehlt das Luftpolster zwischen
dem Zelldeckel und dem Honig. Deshalb funktioniert bei dunklen Waben das Entdeckeln
mit Heißluft nicht bzw. es muss mit der Gabel
nachgearbeitet werden. Wer mit Absperrgitter
und ausschließlich hellen Waben im Honigraum imkert kennt dieses Problem nicht.
Kosten
Die Kosten für Messer ohne Beheizung betragen ca. 17,00 Euro, mit Beheizung ca.
125,00 Euro; für Hobel mit/ohne Beheizung
zwischen ca. 80,00 und 170,00 Euro. Es liegt
also am einzelnen Imker, wie viel er investieren möchte.
Klaus Nowottnick
Kosten
für ein 2.000 Watt-Gerät je nach Angebot ab
50,00 Euro. Statt Heißluftföhn kann auch eine
Propangaspistole verwendet werden. Sie entdeckelt etwas schneller, verlangt aber auch
mehr Feingefühl.
Dr. Gerhard Liebig
DEUTSCHES BIENEN-JOURNAL 3/2008
Vorteil
Das rasche Entdeckeln der Waben bei geringem menschlichem Kraftaufwand veranlasst
Großimkereien aus wirtschaftlichen Gründen
Maschinen in teil- und vollautomatische Honigerntetaktstraßen zu integrieren.
Nachteil
Der hohe bis sehr hohe Anschaffungspreis ist
für Kleinimker nicht rentabel. Teilweise sind die
Maschinen sehr laut. Es entsteht (v.a. bei rotierenden Maschinen) eine große Menge von
Wachspartikeln. Honigsieben ist deshalb wenig
effektiv. Wirtschaftlicher ist die Anschaffung eines Honigsumpfes zur Vorklärung des Honigs
(hoher Preis). Bei vollautomatisierten Anlagen
sind diese integriert. Unebene Waben werden
bei verschiedenen Modellen nicht gänzlich entdeckelt und müssen von Hand nachgearbeitet
werden. Das Entdeckelungswachs hat einen
sehr hohen Honiganteil und bedarf weiterer
maschineller Bearbeitung.
Kosten
Einstiegspreis ab 800,00 Euro, abgebildetes
Modell ca. 3.000 Euro. Maschinen rechnen
sich damit erst ab mindestens 300 Völkern.
Christoph Koch
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