zwischen naturteich und pool

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GARTENDESIGN EXKLUSIV
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KOLUMNENTITEL
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Im Gespräch
ZWISCHEN NATURTEICH
UND POOL
Schätzungsweise 10.000 private
Schwimmteiche und Pools gibt es in
Deutschland, in unterschiedlichsten
Varianten. Vieles ist heute machbar –
aber alles hat seinen Preis. Wer sein
privates Badeparadies finden möchte,
sollte sich deshalb nicht Hals über Kopf
in die Fluten stürzen.
FOTO: MIQUEL TRES | DESIGN: JACQUES ERIC RICHARD
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INTERVIEW
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ZWISCHEN NATURTEICH UND POOL
„An sich sind Schwimmteiche, wenn sie
vernünftig geplant, gebaut und gepflegt
werden, sehr langlebig. Oft vergehen
fünfzehn bis zwanzig Jahre, bis ein
größerer Eingriff erfolgen muss.“
INTERVIEW: MATTHIAS HINKELAMMERT
wieder mehr Natur wollen. So erleben die Typen mit wenig
Technik eine Renaissance, es gibt also einen kleinen Trend
„Back to Basic“. Im hochpreisigen Bereich aber sind es klar die
Naturpoolanlagen, die direkt mit den klassischen Swimmingpools konkurrieren müssen.
Und wie hoch schätzen sie den Anteil derjenigen Anlagen,
die nur selten genutzt und wieder zurück- oder umgebaut
werden?
Was vor dem ersten Bad zu beachten ist, dazu befragten wir
mit Jörg Baumhauer einen, der es wissen muss: Denn der
Geschäftsführer des Unternehmens re-natur, das sich seit den
Anfängen des Teichbaus mit dem Thema beschäftigt, hat die
Entwicklung bei den Schwimmteichen über Jahre mit gestaltet.
Baumhauer war Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft
für naturnahe Badegewässer (DGfnB) und kennt Leid und Freud
auch über seine Tätigkeit als öffentlich bestellter und vereidigter
Sachverständiger für Wasseranlagen und Schwimmteiche.
Schwimmteiche lassen sich je nach Technikeinsatz in unterschiedliche Kategorien aufteilen. Welche sind das und
wohin geht die Entwicklung?
J. B. In Deutschland sind die Schwimmteiche in fünf Kategorien eingeteilt. Sie unterscheiden sich in Einkammersysteme
mit wenig Technik (Typ 1–3) und in Mehrkammersysteme
mit steigendem Technikanteil (Typ 4–5). Natürlich gibt es
viele Zwischentöne, wie immer bei einer starren Einteilung.
Denn die Varianten und Systeme am Markt haben sich rasant
entwickelt. Hätten Sie mich vor zwei Jahren gefragt, wohin
der Trend geht, wäre meine Antwort eindeutiger gewesen: Die
Pools, also die technikbasierten Anlagen, waren damals besonders gefragt. Inzwischen zeichnet sich ab, dass die Menschen
im Zuge von Nachhaltigkeit und steigenden Energiekosten
J. B. Da stellt sich die Frage, was Sie unter Nutzung verstehen.
Schwimmteiche sind gegenüber Pools auch ohne die klassische Badenutzung attraktive Gestaltungselemente in Gärten.
Ein Schwimmteich wirkt selbst in einem kalten Jahr, in dem
die eigentliche Badenutzung nur eingeschränkt stattfindet.
Der Anteil an selten genutzten Anlagen dürfte bei etwa zehn
Prozent liegen, der an zurückgebauten Anlagen ebenfalls bei
zehn bis zwanzig Prozent und der Anteil an umgebauten Anlagen bei rund dreißig bis vierzig Prozent. Wobei der Umbau
nicht generell die Folge einer schlecht gebauten oder geplanten
Anlage ist. Immer öfter erfolgt auch die Anpassung an aktuelle
Wünsche der Besitzer und den neuesten Stand der Technik. An
sich sind Schwimmteiche, wenn sie vernünftig geplant, gebaut
und gepflegt werden, sehr langlebig. Oft vergehen fünfzehn
bis zwanzig Jahre, bis ein größerer Eingriff erfolgen muss.
Welche Fragen sollten sich Badebegeisterte stellen, bevor
sie in einen Schwimmteich investieren?
J. B. Da gibt es für mich drei Fragen. Erstens: Bin ich bereit,
mit Frosch, Molch und Ringelnatter um die Wette zu schwimmen? Zweitens: Bin ich bereit, regelmäßig Pflege- und Wartungsarbeiten zu übernehmen? Und drittens: Bin ich bereit,
den Gegenwert eines kleinen Mittelklassewagens im Garten
„zu versenken“?
Nur wenn alle drei Fragen von allen Mitgliedern einer interessierten Familie mit einem deutlichen Ja beantwortet werden, ist ein Schwimmteich die richtige Wahl. Sonst sollte über
Vom Naturteich bis hin zu stark
technikbasierten Naturpools reicht die
Palette der Schwimmteiche.
FOTOS: MIQUEL TRES | DESIGN: AR A GRUP
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FOTO: JÜRGEN BECKER | DESIGN: CHRISTIAN BAHL
INTERVIEW
Alternativen nachgedacht werden. Dazu gehört dann auch der
klassische Swimmingpool, der sich heute in sehr natürlichen
und naturnahen Varianten bauen lässt.
Nicht nur sauber, sondern rein – Fotos von Schwimmteichen und Pools zeigen uns kristallklares und azurblaues
Wasser. Sind das realistische Bilder?
J. B. Mit der Realität haben die Bilder in Hochglanzmagazi-
nen meiner Erfahrung nach wenig zu tun. Das betrifft alle
Magazine, die sich an den Endkunden richten. Denken Sie
nur an die vielen Zeitschriften rund um das Thema Wohnen. Wir Menschen möchten das Schöne, Saubere und Reine
sehen, nicht die Realität.
Tatsächlich werden die Anlagen für die Fotos auf Hochglanz
poliert. Ich darf da kritische Töne anschlagen, meine Erfahrung als Journalist hat mich das gelehrt. Wenn die Anlage
perfekt aussehen soll, dann ist sie entweder neu gebaut oder
sie wird professionell gepflegt. Das bedeutet einen hohen
Technikeinsatz und eine regelmäßige Pflege – am besten
monatlich. Im Alltag erfolgt diese in der Regel durch ein
Unternehmen jedoch nur ein oder zwei Mal pro Jahr. Ein
Beckenboden, der mit einer hellen Abdichtung ausgekleidet
wurde, bringt jedes herabgefallene Blatt ans Licht. Bei der
heute geforderten Wasserqualität sehen Sie Biofilm an den
Beckenwänden und kleine Steinchen auch in zwei Metern
Wassertiefe sehr deutlich. Und jedes Unterwasserlicht wird
nachts zum Suchscheinwerfer, der die kleinen Wasserlebewesen (Zooplankton, Phytoplankton) im Lichtstrahl sichtbar
macht. Was für den einen Benutzer normal ist, das schreckt
den anderen ab. Wenn man die Erwartungen kennt, lässt sich
die individuell passende Lösung finden. Sonst sind Enttäuschungen vorprogrammiert.
Nutzungswünsche ändern sich: Sind Kinder im Haus, muss ein Schwimmteich
„tobetauglich“ sein – später gewinnt der Erholungsfaktor an Bedeutung.
Lassen sich für die häufigsten Schwimmteich- und Poolkategorien überschlägig Kostenansätze für Anlagen
formulieren?
J. B. Das ist schwierig. Die Preise beginnen bei rund 250 Euro
pro Quadratmeter Wasseroberfläche und kennen nach oben
keine Grenze. Das hängt sehr stark von den Wünschen der
Besitzer und auch von den örtlichen Gegebenheiten ab. So entscheidet der Untergrund vor Ort genauso über die Kosten wie
etwa die Frage, wo der Aushub für den Teich verbleibt.
Mit welchen Folgekosten ist zu rechnen?
J. B. Auch das hängt stark von der eingesetzten Technik
Auch wenn nicht geschwommen wird,
haben Naturteiche eine Funktion als
attraktives Gartenelement.
FOTO: JUST YNA KR Z YZ ANOWSK A | PL ANUNG: M ARCIN GASIOROWSKI
ab. Im Typ 1 ohne Technik sind die Energiekosten, abgesehen von der jährlichen Reinigung mit dem Schlammsauger,
gleich null. Mit steigendem Technikeinsatz steigen auch die
Energiekosten. Allerdings gibt es heute sehr sparsame Technik: Pumpen mit Leistungsaufnahmen von 40 bis 250 Watt,
LED-Scheinwerfer kommen mit Wattagen zwischen 3 und 70
Watt aus. Der Wassereinsatz ist unerheblich, zumindest nach
der Erstbefüllung und in unseren Breitengraden. An Zusatzmitteln sollte bei einem funktionierenden Schwimmteich
eigentlich nichts mehr folgen, ein Teich muss auch ohne funktionieren. Falls doch, sind das in der Regel Mittel gegen Algen
(Aktivsauerstoff ).
FOTO: JÜRGEN BECKER
An welche Nebenkosten ist noch zu denken?
J. B. Das hängt vom System und den Wünschen ab. Die
bequemste und sicherste Lösung ist die Pflege durch das Fachunternehmen. Art, Umfang und Preis richten sich nach dem
Schwimmteich, der Nutzung und den Anforderungen durch
den Betreiber. Ein Netz ist mit Sicherheit sinnvoll, ebenso wie
das eine oder andere Pflegegerät wie Kescher, Schlammsauger
oder Reinigungsroboter. Auch ein Schwimmring sollte nicht
fehlen. Und natürlich muss das gesamte Grundstück vor unbefugtem Zutritt gesichert werden, besonders Kinder werden
von Wasser magisch angezogen.
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INTERVIEW
Wie lange dauert es von der Entscheidung bis zum ersten
Bad? Und wie stark sind die Belastungen während der
Bauphase?
J. B. Einen Schwimmteich im Bestand zu bauen, ist eine
besondere Aufgabe – und fordert die Toleranz des Bauherrn.
Oftmals wird der gesamte Garten in Mitleidenschaft gezogen, die Rasenflächen leiden und alte Bäume müssen weichen.
Je nach Bauweise und Jahreszeit kann der Bau in zwei bis vier
Wochen abgeschlossen sein, es kann sich jedoch auch deutlich
länger hinziehen, etwa bei Baubeginn im Herbst und plötzlichem Wintereinbruch. Ich würde empfehlen, ab dem Herbst
mit dem Unternehmer die Leistungen und Anforderungen
zu klären und dann sofort im ausklingenden Winter mit dem
Bau zu beginnen. Das hat den Vorteil, dass mit dem Beginn
der Badesaison der Schwimmteich und der Garten wieder
„betriebsbereit“ sind.
gartendesign made in germany
DIE SUCHE NACH
DEM TRAUMTYP
Welche Fragen Sie sich beantworten sollten, um
Ihren persönlichen Traumteich oder -pool zu finden:
ü :
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– Technik oder Natur)?
ü :
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schwimmen, Planschen)?
ü :
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innerhalb der Familie lassen sich in näherer Zukunft
absehen (wie lange sind die Kinder noch im Haus,
eigene berufliche Perspektiven, gibt es Enkel, die
häufig zu Besuch kommen)?
ü +
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Garten dafür?
ü .
DQQLFKPLUYHUVFKLHGHQH$QODJHQDQVFKDXHQXQG
mit den Besitzern sprechen?
ü +
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mit denen ich ins Beratungsgespräch gehen kann?
ü :
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Baugenehmigung nötig?
ü :
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übernehmen?
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DIE HÄUFIGSTEN
MISSVER STÄNDNISSE
ZUM THEMA TEICH
ü (
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Je naturnaher, desto weniger Pflege!
Jeder Teich braucht Pflege. Unterschiedlich ist jedoch bei
Pool oder Teich, welche Pflegearbeiten anfallen.
ü (
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als ein klassischer Pool!
Die Kosten hängen von der Ausformung, den
Gestaltungselementen und dem Typ ab und variieren
deshalb stark.
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Um den Reinigungsaufwand zu begrenzen und die
Wasserqualität dauerhaft gewährleisten zu können, nutzt
man Mikroorganismen, die sich an den Substraten und
Oberflächen ansiedeln, beispielsweise Biofilm.
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Wo es Nährstoffe und Licht gibt, da wachsen auch Pflanzen
und Mikroorganismen.
ü (LQSDDU)LVFKHLP6FKZLPPWHLFKJHKHQGRFKEHVWLPPW
Fische sorgen für zusätzlichen Nährstoffeintrag und
gehören damit nicht in einen Schwimmteich.
Manuel Sauer
Landschaftsarchitekt AKNW
Paul-Kemp-Straße 7
53173 Bonn-Bad Godesberg
Fon: 0228-3681583
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