34 GARTENDESIGN EXKLUSIV 2/2013 KOLUMNENTITEL 35 Im Gespräch ZWISCHEN NATURTEICH UND POOL Schätzungsweise 10.000 private Schwimmteiche und Pools gibt es in Deutschland, in unterschiedlichsten Varianten. Vieles ist heute machbar – aber alles hat seinen Preis. Wer sein privates Badeparadies finden möchte, sollte sich deshalb nicht Hals über Kopf in die Fluten stürzen. FOTO: MIQUEL TRES | DESIGN: JACQUES ERIC RICHARD 36 GARTENDESIGN EXKLUSIV 2/2013 INTERVIEW 37 ZWISCHEN NATURTEICH UND POOL „An sich sind Schwimmteiche, wenn sie vernünftig geplant, gebaut und gepflegt werden, sehr langlebig. Oft vergehen fünfzehn bis zwanzig Jahre, bis ein größerer Eingriff erfolgen muss.“ INTERVIEW: MATTHIAS HINKELAMMERT wieder mehr Natur wollen. So erleben die Typen mit wenig Technik eine Renaissance, es gibt also einen kleinen Trend „Back to Basic“. Im hochpreisigen Bereich aber sind es klar die Naturpoolanlagen, die direkt mit den klassischen Swimmingpools konkurrieren müssen. Und wie hoch schätzen sie den Anteil derjenigen Anlagen, die nur selten genutzt und wieder zurück- oder umgebaut werden? Was vor dem ersten Bad zu beachten ist, dazu befragten wir mit Jörg Baumhauer einen, der es wissen muss: Denn der Geschäftsführer des Unternehmens re-natur, das sich seit den Anfängen des Teichbaus mit dem Thema beschäftigt, hat die Entwicklung bei den Schwimmteichen über Jahre mit gestaltet. Baumhauer war Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für naturnahe Badegewässer (DGfnB) und kennt Leid und Freud auch über seine Tätigkeit als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Wasseranlagen und Schwimmteiche. Schwimmteiche lassen sich je nach Technikeinsatz in unterschiedliche Kategorien aufteilen. Welche sind das und wohin geht die Entwicklung? J. B. In Deutschland sind die Schwimmteiche in fünf Kategorien eingeteilt. Sie unterscheiden sich in Einkammersysteme mit wenig Technik (Typ 1–3) und in Mehrkammersysteme mit steigendem Technikanteil (Typ 4–5). Natürlich gibt es viele Zwischentöne, wie immer bei einer starren Einteilung. Denn die Varianten und Systeme am Markt haben sich rasant entwickelt. Hätten Sie mich vor zwei Jahren gefragt, wohin der Trend geht, wäre meine Antwort eindeutiger gewesen: Die Pools, also die technikbasierten Anlagen, waren damals besonders gefragt. Inzwischen zeichnet sich ab, dass die Menschen im Zuge von Nachhaltigkeit und steigenden Energiekosten J. B. Da stellt sich die Frage, was Sie unter Nutzung verstehen. Schwimmteiche sind gegenüber Pools auch ohne die klassische Badenutzung attraktive Gestaltungselemente in Gärten. Ein Schwimmteich wirkt selbst in einem kalten Jahr, in dem die eigentliche Badenutzung nur eingeschränkt stattfindet. Der Anteil an selten genutzten Anlagen dürfte bei etwa zehn Prozent liegen, der an zurückgebauten Anlagen ebenfalls bei zehn bis zwanzig Prozent und der Anteil an umgebauten Anlagen bei rund dreißig bis vierzig Prozent. Wobei der Umbau nicht generell die Folge einer schlecht gebauten oder geplanten Anlage ist. Immer öfter erfolgt auch die Anpassung an aktuelle Wünsche der Besitzer und den neuesten Stand der Technik. An sich sind Schwimmteiche, wenn sie vernünftig geplant, gebaut und gepflegt werden, sehr langlebig. Oft vergehen fünfzehn bis zwanzig Jahre, bis ein größerer Eingriff erfolgen muss. Welche Fragen sollten sich Badebegeisterte stellen, bevor sie in einen Schwimmteich investieren? J. B. Da gibt es für mich drei Fragen. Erstens: Bin ich bereit, mit Frosch, Molch und Ringelnatter um die Wette zu schwimmen? Zweitens: Bin ich bereit, regelmäßig Pflege- und Wartungsarbeiten zu übernehmen? Und drittens: Bin ich bereit, den Gegenwert eines kleinen Mittelklassewagens im Garten „zu versenken“? Nur wenn alle drei Fragen von allen Mitgliedern einer interessierten Familie mit einem deutlichen Ja beantwortet werden, ist ein Schwimmteich die richtige Wahl. Sonst sollte über Vom Naturteich bis hin zu stark technikbasierten Naturpools reicht die Palette der Schwimmteiche. FOTOS: MIQUEL TRES | DESIGN: AR A GRUP 38 GARTENDESIGN EXKLUSIV 2/2013 FOTO: JÜRGEN BECKER | DESIGN: CHRISTIAN BAHL INTERVIEW Alternativen nachgedacht werden. Dazu gehört dann auch der klassische Swimmingpool, der sich heute in sehr natürlichen und naturnahen Varianten bauen lässt. Nicht nur sauber, sondern rein – Fotos von Schwimmteichen und Pools zeigen uns kristallklares und azurblaues Wasser. Sind das realistische Bilder? J. B. Mit der Realität haben die Bilder in Hochglanzmagazi- nen meiner Erfahrung nach wenig zu tun. Das betrifft alle Magazine, die sich an den Endkunden richten. Denken Sie nur an die vielen Zeitschriften rund um das Thema Wohnen. Wir Menschen möchten das Schöne, Saubere und Reine sehen, nicht die Realität. Tatsächlich werden die Anlagen für die Fotos auf Hochglanz poliert. Ich darf da kritische Töne anschlagen, meine Erfahrung als Journalist hat mich das gelehrt. Wenn die Anlage perfekt aussehen soll, dann ist sie entweder neu gebaut oder sie wird professionell gepflegt. Das bedeutet einen hohen Technikeinsatz und eine regelmäßige Pflege – am besten monatlich. Im Alltag erfolgt diese in der Regel durch ein Unternehmen jedoch nur ein oder zwei Mal pro Jahr. Ein Beckenboden, der mit einer hellen Abdichtung ausgekleidet wurde, bringt jedes herabgefallene Blatt ans Licht. Bei der heute geforderten Wasserqualität sehen Sie Biofilm an den Beckenwänden und kleine Steinchen auch in zwei Metern Wassertiefe sehr deutlich. Und jedes Unterwasserlicht wird nachts zum Suchscheinwerfer, der die kleinen Wasserlebewesen (Zooplankton, Phytoplankton) im Lichtstrahl sichtbar macht. Was für den einen Benutzer normal ist, das schreckt den anderen ab. Wenn man die Erwartungen kennt, lässt sich die individuell passende Lösung finden. Sonst sind Enttäuschungen vorprogrammiert. Nutzungswünsche ändern sich: Sind Kinder im Haus, muss ein Schwimmteich „tobetauglich“ sein – später gewinnt der Erholungsfaktor an Bedeutung. Lassen sich für die häufigsten Schwimmteich- und Poolkategorien überschlägig Kostenansätze für Anlagen formulieren? J. B. Das ist schwierig. Die Preise beginnen bei rund 250 Euro pro Quadratmeter Wasseroberfläche und kennen nach oben keine Grenze. Das hängt sehr stark von den Wünschen der Besitzer und auch von den örtlichen Gegebenheiten ab. So entscheidet der Untergrund vor Ort genauso über die Kosten wie etwa die Frage, wo der Aushub für den Teich verbleibt. Mit welchen Folgekosten ist zu rechnen? J. B. Auch das hängt stark von der eingesetzten Technik Auch wenn nicht geschwommen wird, haben Naturteiche eine Funktion als attraktives Gartenelement. FOTO: JUST YNA KR Z YZ ANOWSK A | PL ANUNG: M ARCIN GASIOROWSKI ab. Im Typ 1 ohne Technik sind die Energiekosten, abgesehen von der jährlichen Reinigung mit dem Schlammsauger, gleich null. Mit steigendem Technikeinsatz steigen auch die Energiekosten. Allerdings gibt es heute sehr sparsame Technik: Pumpen mit Leistungsaufnahmen von 40 bis 250 Watt, LED-Scheinwerfer kommen mit Wattagen zwischen 3 und 70 Watt aus. Der Wassereinsatz ist unerheblich, zumindest nach der Erstbefüllung und in unseren Breitengraden. An Zusatzmitteln sollte bei einem funktionierenden Schwimmteich eigentlich nichts mehr folgen, ein Teich muss auch ohne funktionieren. Falls doch, sind das in der Regel Mittel gegen Algen (Aktivsauerstoff ). FOTO: JÜRGEN BECKER An welche Nebenkosten ist noch zu denken? J. B. Das hängt vom System und den Wünschen ab. Die bequemste und sicherste Lösung ist die Pflege durch das Fachunternehmen. Art, Umfang und Preis richten sich nach dem Schwimmteich, der Nutzung und den Anforderungen durch den Betreiber. Ein Netz ist mit Sicherheit sinnvoll, ebenso wie das eine oder andere Pflegegerät wie Kescher, Schlammsauger oder Reinigungsroboter. Auch ein Schwimmring sollte nicht fehlen. Und natürlich muss das gesamte Grundstück vor unbefugtem Zutritt gesichert werden, besonders Kinder werden von Wasser magisch angezogen. 39 40 GARTENDESIGN EXKLUSIV 2/2013 INTERVIEW Wie lange dauert es von der Entscheidung bis zum ersten Bad? Und wie stark sind die Belastungen während der Bauphase? J. B. Einen Schwimmteich im Bestand zu bauen, ist eine besondere Aufgabe – und fordert die Toleranz des Bauherrn. Oftmals wird der gesamte Garten in Mitleidenschaft gezogen, die Rasenflächen leiden und alte Bäume müssen weichen. Je nach Bauweise und Jahreszeit kann der Bau in zwei bis vier Wochen abgeschlossen sein, es kann sich jedoch auch deutlich länger hinziehen, etwa bei Baubeginn im Herbst und plötzlichem Wintereinbruch. Ich würde empfehlen, ab dem Herbst mit dem Unternehmer die Leistungen und Anforderungen zu klären und dann sofort im ausklingenden Winter mit dem Bau zu beginnen. Das hat den Vorteil, dass mit dem Beginn der Badesaison der Schwimmteich und der Garten wieder „betriebsbereit“ sind. gartendesign made in germany DIE SUCHE NACH DEM TRAUMTYP Welche Fragen Sie sich beantworten sollten, um Ihren persönlichen Traumteich oder -pool zu finden: ü : HOFKHU:DVVHUW\SELQLFK3RRORGHU6FKZLPPWHLFK – Technik oder Natur)? ü : HOFKH1XW]XQJVZ¾QVFKHKDEHLFK6DXQD:HWW schwimmen, Planschen)? ü : DVVDJWGLH)DPLOLHGD]X":HOFKH9HU¦QGHUXQJHQ innerhalb der Familie lassen sich in näherer Zukunft absehen (wie lange sind die Kinder noch im Haus, eigene berufliche Perspektiven, gibt es Enkel, die häufig zu Besuch kommen)? ü + DEHLFKGHQ3ODW]LP*DUWHQXQGHLJQHWVLFKGHU Garten dafür? ü . DQQLFKPLUYHUVFKLHGHQH$QODJHQDQVFKDXHQXQG mit den Besitzern sprechen? ü + DEHLFKVFKRQ9RUVWHOOXQJHQ%LOGHUXQG%HLVSLHOH mit denen ich ins Beratungsgespräch gehen kann? ü : HOFKH*U¸¡HVROOGHU6FKZLPPWHLFKKDEHQLVWHLQH Baugenehmigung nötig? ü : HOFKH3ɈHJHDUEHLWHQNDQQXQGP¸FKWHLFK übernehmen? ü %UDXFKHLFK+LOIHRGHUNDQQLFKDOOHLQHSODQHQEDXHQ" ü :DVZLOOLFKDXVJHEHQ" DIE HÄUFIGSTEN MISSVER STÄNDNISSE ZUM THEMA TEICH ü ( LQ6FKZLPPWHLFKLVWSɈHJHOHLFKWRGHUSɈHJHORV Je naturnaher, desto weniger Pflege! Jeder Teich braucht Pflege. Unterschiedlich ist jedoch bei Pool oder Teich, welche Pflegearbeiten anfallen. ü ( LQ6FKZLPPWHLFKRGHU1DWXUSRROLVWSUHLVZHUWHU als ein klassischer Pool! Die Kosten hängen von der Ausformung, den Gestaltungselementen und dem Typ ab und variieren deshalb stark. ü 'LH3ɈDQ]HQUHLQLJHQGDV:DVVHU Um den Reinigungsaufwand zu begrenzen und die Wasserqualität dauerhaft gewährleisten zu können, nutzt man Mikroorganismen, die sich an den Substraten und Oberflächen ansiedeln, beispielsweise Biofilm. ü $OJHQXQG%LRɅOPODVVHQVLFKNRPSOHWWYHUKLQGHUQ Wo es Nährstoffe und Licht gibt, da wachsen auch Pflanzen und Mikroorganismen. ü (LQSDDU)LVFKHLP6FKZLPPWHLFKJHKHQGRFKEHVWLPPW Fische sorgen für zusätzlichen Nährstoffeintrag und gehören damit nicht in einen Schwimmteich. Manuel Sauer Landschaftsarchitekt AKNW Paul-Kemp-Straße 7 53173 Bonn-Bad Godesberg Fon: 0228-3681583 [email protected] www.terramanus.de
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