BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/1076 21. Wahlperiode 24.07.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 16.07.15 und Betr.: Antwort des Senats Überprüfung der Remonstration im „Gysi-Verfahren“ durch die Justizbehörde Am Dienstag wurde von der Justizbehörde mitgeteilt, dass der Generalstaatsanwalt Lutz von Selle beabsichtigt, zum 1. Oktober 2015 vorzeitig in den Ruhestand versetzt zu werden. Diese Nachricht kam unerwartet, zumal der Generalstaatsanwalt unter anderem für sein Durchsetzungsvermögen und sein besonders ausgeprägtes Pflichtbewusstsein bekannt ist. Der Presse war zu entnehmen, dass bei der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Hamburg ein Ermittlungsverfahren gegen den Bundestagsabgeordneten Gregor Gysi geführt wird. Es soll innerhalb der Hamburger Staatsanwaltschaft Streit um eine mögliche Anklageerhebung gegen den Linken-Fraktionschef Gregor Gysi geben. Der Generalstaatsanwalt soll nach der Berichterstattung eine Weisung erteilt haben, Gregor Gysi wegen falscher eidesstattlicher Versicherung anzuklagen. Der zuständige Staatsanwalt soll sich hingegen geweigert haben, der Weisung Folge zu leisten, da er trotz jahrelanger Ermittlungen keinen für eine Anklageerhebung erforderlichen hinreichenden Tatverdacht sieht. In der Folge soll der Staatsanwalt remonstriert haben. Mit der Frage, ob die Weisung rechtmäßig ist, beschäftigt sich nunmehr seit knapp zwei Monaten die Justizbehörde. Justizsenator Dr. Till Steffen soll über die Remonstration entscheiden, was er bisher nicht getan hat. Das „Hamburger Abendblatt“ zitiert den Senator Ende Juni mit den Worten: „Dafür gibt es keinen Termin.“ Zunächst müsse sich die Strafrechtsabteilung in seiner Behörde ein Bild machen. „Und dafür braucht es eben die Zeit, die es braucht.“ Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wann und bei wem ist die Remonstration des betroffenen Staatsanwalts eingegangen? Nicht der betroffene Staatsanwalt, sondern die Behördenleitung der Staatsanwaltschaft Hamburg hat remonstriert. Die Remonstration ist am 4. Mai 2015 bei der Justizbehörde eingegangen und wurde dem Leiter des Amtes für Justizvollzug und Recht vorgelegt. 2. Wer ist in der Justizbehörde für die Prüfung der Weisung des Generalstaatsanwalts zuständig? Zuständig für die Überprüfung der Weisung ist gemäß § 36 Absatz 2 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) der Dienstvorgesetzte des Beamten, der die Weisung erteilt hat. Dienstvorgesetzter des Generalstaatsanwalts ist gemäß § 147 Nummer 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) die Landesjustizverwaltung und daher – sofern die Aufgabe nicht delegiert wird – der Präses der Justizbehörde. Drucksache 21/1076 3. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Aus welchem Grund ist nach fast zwei Monaten noch keine Entscheidung getroffen worden? Es waren zunächst rechtliche Vorfragen zu klären, zumal es für die Remonstration eines Behördenleiters der Staatsanwaltschaft gegen eine Weisung eines Generalstaatsanwalts keinen Präzedenzfall gibt. Überdies ist eine Einarbeitung in das umfangreiche Aktenmaterial erforderlich. Die Entscheidung darüber, ob die Weisung zu bestätigen ist, kann nur nach vollständiger Durcharbeitung der gesamten Akte erfolgen. 4. Welchen konkreten Sachstand hat die eingeleitete Prüfung der Weisung? 5. Wann ist mit einer Entscheidung zu rechnen? Das Aktenmaterial liegt der Abteilung für Strafrecht zur Prüfung und Erarbeitung eines Entscheidungsvorschlags vor. Die Prüfung dauert derzeit noch an. 6. Wann wird die dem Ermittlungsverfahren gegen Gregor Gysi zugrundeliegende Tat verjähren? Ermittelt wird wegen des Verdachts der Begehung zweier Straftaten. Die Verjährung tritt hinsichtlich eines der Vorwürfe frühestens am 10. Dezember 2017 und hinsichtlich des anderen Vorwurfs frühestens am 11. März 2018 ein. 7. Wann wurde das Ermittlungsverfahren eingeleitet? Das Ermittlungsverfahren wurde am 4. Juni 2012 auf die Anzeige eines Bürgers von der Staatsanwaltschaft Berlin eingeleitet. Es wurde am 20. Juli 2012 von der Staatsanwaltschaft Hamburg zuständigkeitshalber übernommen. 8. Wann wurde der Abschluss der Ermittlungen verfügt? Der Abschluss der Ermittlungen wurde bislang nicht verfügt. Der ermittelnde Staatsanwalt hat lediglich den Entwurf einer Abschlussverfügung vorgelegt. 9. Hat der zuständige Senator Erkenntnisse darüber, ob ein Zusammenhang zwischen dem Wunsch des Generalstaatsanwalts nach einem vorzeitigen Ruhestand und dem „Gysi-Verfahren“ besteht? Falls ja, welche? Zu Personalangelegenheiten nimmt der Senat in ständiger Praxis nicht Stellung. 10. Wie viele Hamburgische Beamte haben seit dem Jahre 2011 einen Antrag auf die Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand gemäß § 36 Absatz 1 Nummer 2 HmbBG gestellt? Bitte pro Jahr darstellen. Zu dem abgefragten Zeitraum siehe Drs. 20/4676, 20/8361 und 20/12056. Im Personalbericht 2015, den der Senat am 7. Juli 2015 beschlossen hat und der der Bürgerschaft noch zugeleitet wird (Bürgerschaftsdrs. 21/1000), wird die Berichterstattung fortgesetzt. Im Jahr 2014 gingen danach 38,6 Prozent der Beamtinnen und Beamten (absolut: 538) nach Erreichen der Regelaltersgrenze (RA) sowie 43,7 Prozent (absolut: 610) im Rahmen der Antragsaltersgrenze (AA) in den Ruhestand. In 17,7 Prozent (absolut: 247) der Fälle erfolgte eine Versetzung in den Ruhestand aufgrund von Dienstunfähigkeit. 11. Welche Prüfung wird aufgrund eines derartigen Antrags von welcher Stelle durchgeführt? Die jeweilige Dienststelle prüft, ob die Tatbestandsvoraussetzung gemäß § 36 Absatz 1 Nummer 2 Hamburgisches Beamtengesetz (Vollendung des 63. Lebensjahres) vorliegt. Ist dies der Fall, handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. 12. Inwiefern wird der Personalrat bei entsprechenden Anträgen Hamburgischer Beamter beteiligt? Falls eine Beteiligung erforderlich ist, inwiefern wurde diese auch bei dem Antrag des Generalstaatsanwalts durchgeführt beziehungsweise wird sie erfolgen? 2 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/1076 Gemäß § 88 Absatz 1 Nummer 15 Hamburgisches Personalvertretungsgesetz (HmbPersVG) ist die Beteiligung des Personalrates bei der Versetzung in den Ruhestand auf eigenen Antrag nur bei einer Ablehnung des Antrages vorgesehen. Sie erfolgt gemäß § 88 Absatz 3 S. 4 HmbPersVG allerdings nur auf Antrag des Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Auf 89 Absatz 2 Nummer 1 HmbPersVG wird ergänzend hingewiesen. 3
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