Spanien: Fallstricke beim Kauf von Hypothekenportfolios

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Messeausgabe
Spanien: Fallstricke beim Kauf von Hypothekenportfolios
Auf Spaniens Banken lasten noch aus den Zeiten des dortigen Immobilienbooms
gewaltige Hypothekenbestände, von denen ein Teil im Zuge der Finanzmarktkrise
und der Rezession der Volkswirtschaft notleidend geworden ist. Jetzt müssen
diese Portfolios ausgelagert und abgebaut werden. Dabei stellt der Verkauf der
Forderungen eine Möglichkeit dar, die auch für ausländische Erwerber interessant sein kann. Diesbezüglich weist der Autor auf Besonderheiten im spanischen
Recht hin. Neben den Vorschriften des Hypothekarrechts sind konkurs- und datenschutzrechtliche Aspekte zu beachten. Ebenso ist zu klären, ob und wann der
Schuldner vom Übergang der Forderung zu informieren ist.
(Red.)
Spanische Banken und Sparkassen haben
es seit dem Platzen der Immobilienblase
weitgehend gemieden, sich ihrer notleidenden Immobilienwerte sowie Kreditportfolios zu entledigen. Jetzt stehen sie
unter massivem Druck, der Mitte 2012
noch durch verschiedene Gesetzesinitiativen und Anreize der seit Ende 2011 waltenden konservativen Regierung unter
Ministerpräsident Rajoy erhöht wurde. So
sind etwa spanische Banken ab sofort
verpflichtet, bestimmte Immobiliarwerte
in eigene Gesellschaften auszulagern und
diese innerhalb bestimmter Fristen zu
veräußern. Aus gegebenem Anlass werden
die rechtlichen und steuerlichen Fallstricke und Besonderheiten aufgezeigt, die
unter spanischem Recht beim Ankauf von
Forderungspaketen zu beachten sind.
Das Abtretungsrecht
Das in Art. 1.526 ff. des spanischen Código Civil (im folgenden CC) geregelte Abtretungsrecht stellt die zentrale Grundlage für den rechtsgeschäftlichen Erwerb
von Forderungen dar. Grundsätzlich kann
an dieser Stelle zunächst festgehalten
werden, dass auch im spanischen Recht
den Schuldner die Wirkungen einer Ab-
Der Autor
Stefan Meyer
Rechtsanwalt, Gründungspartner,
Anwaltskanzlei Monereo Meyer
Marinel-lo Abogados, Madrid
tretung nur dann treffen, wenn er förmlich über die Abtretung informiert wurde,
Art. 1.527 CC. Mögliche Einwände des
Schuldners gegenüber dem Altgläubiger
können auch dem neuen Gläubiger entgegengehalten werden, sofern diese nicht
höchstpersönlicher Natur sind und bereits
vor Kenntnisnahme der Abtretung durch
den Schuldner Bestand hatten.
Erfordernissen des spanischen Rechts,
insbesondere des Hypothekenrechts, Genüge tun. Art. 1.526, 2. Absatz CC hält
diesbezüglich fest, dass bei solchen Forderungen „die sich auf eine Immobilie beziehen“, die Abtretung erst im Zeitpunkt
der Eintragung im Register wirksam wird.
Diese im Hinblick auf hypothekarisch
gesicherte Forderungen nicht ganz eindeutige Formulierung wurde von der
spanischen Rechtsprechung jedoch in
verschiedenen Entscheidungen1) klargestellt: Die Vornahme der Abtretung in
öffentlicher Urkunde und anschließende
Eintragung des Neugläubigers im Grundbuch ist jedenfalls kein Wirksamkeitserfordernis für die Abtretung der Forderung
respektive den Übergang der Hypothek.
Sie festige lediglich die Stellung des Hypothekengläubigers gegenüber Dritten.
Einer unter spanischem Recht nachweisbaren förmlichen Information der Schuldner – auch wenn diese keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Abtretung
selbst darstellt – kommt daher zentrale
Bedeutung im Rahmen des Ankaufes von
Forderungspaketen zu. Der Veräußerer
einer Forderung haftet auch im spanischen Recht nur für den Bestand der
Forderung zum Zeitpunkt der Abtretung,
jedoch nicht für die Solvenz des Schuldners, außer diese Haftung wäre ausdrücklich mit dem Erwerber vereinbart worden
(Art. 1.529 CC).
Nicht unbedeutend in diesem Zusammenhang ist auch Art. 176 der spanischen
Hypothekenverordnung (Reglamento
Hipotecario), der es dem Schuldner erlaubt, den im Grundbuch eingetragenen
Hypothekenkredit unter Vorlage eines
einfachen Nachweises der Zahlung an den
Altgläubiger löschen zu lassen, sofern in
der grundbuchlichen Eintragung der Abtretungsurkunde nicht ausdrücklich festgehalten wurde, dass der Schuldner hiervon nachweislich in Kenntnis gesetzt
worden ist.
Im Falle der ausdrücklichen Übernahme
der Delkrederehaftung, ohne Bestimmung
einer konkreten Haftungsfrist wird diese
durch Art. 1.530 CC auf ein Jahr, gerechnet ab Fälligkeit der Forderung, beziehungsweise bei Abtretung, einer bereits
fälligen Forderung gerechnet ab dem
Zeitpunkt der Abtretung beschränkt.
Abschließend kann auch noch festgehalten werden, dass die abgetretenen Forderungen in der Bilanz des Altgläubigers
dann gelöscht werden können, wenn von
diesem weder das Delkredererisiko übernommen worden ist, noch eine Rückkaufverpflichtung besteht.
Abtretungszeitpunkt
(Fecha cierta)
Der automatische Übergang von Kreditsicherheiten im Moment der Wirksamkeit
der Abtretung ist auch dem spanischen
Recht bekannt (Art. 1.528 CC). Die die
Forderung sichernden Hypotheken gehen
gemäß Art. 1.878 CC immer dann über,
wenn sie den besonderen gesetzlichen
Art. 1.227 CC bestimmt, dass das „Datum“
eines privatschriftlichen Vertrages nur
zwischen den Vertragsparteien selbst
Wirkung entfaltet (nicht also gegenüber
Dritten!), und zwar solange, bis entweder
einer der Unterzeichner des Vertrages
ablebt beziehungsweise dieser einem
öffentlichen Register zugeführt oder
einem Beamten in Ausführung seiner
Dienste übergeben wurde. Auf diese zentrale Vorschrift des spanischen Schuldrechts verweist auch die Grundregel des
spanischen Abtretungsrechtes (Art. 1.526
CC) ausdrücklich.
Diese aus der Sicht anderer Rechtsordnungen sicherlich etwas ungewöhnliche
Besonderheit des spanischen Zivilrechts
(auch Fecha-cierta-Problematik genannt)
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Immobilien & Finanzierung 19 — 2012
will Dritte schützen, denen der legitime
Zugriff auf Vermögenswerte durch vordatierte Übertragungen unter Privatleuten
verwehrt werden soll, eine Vorschrift also,
die missbräuchliche Übertragungen im
Rahmen privatschriftlicher Verträge verhindern möchte. Übertragungen, die
mittels öffentlicher Urkunden erfolgen,
entfalten dagegen volle Wirkung auch
gegenüber Dritten (Art. 1.218 CC). Allein
schon aus diesem Grunde ist jedem Erwerber von Forderungsportfolios zu empfehlen, diese mittels notarieller Übertragungsurkunde zu erwerben. Andernfalls
könnte eine einmal übertragene Forderung später noch durch Dritte gepfändet
werden, da diesen gegenüber der Zeitpunkt der Übertragung ja keine Wirkung
entfaltet.
Problematik der spanischen
Stempelsteuer
Die spanische Stempelsteuer (Actos Jurídicos Documentados, kurz AJD) wird von
den autonomen Gebietskörperschaften
Spaniens erhoben und beträgt regelmäßig
zwischen 1,0 und 1,5 Prozent, wobei diese
Steuer im Falle der Abtretung eines durch
Hypothek gesicherten Kredites über den
maximalen Haftbetrag der Hypothek
(Haupt- und Nebenforderungen) berechnet würde und nicht über den Kaufpreis,
der regelmäßig erheblich niedriger ausfallen wird als der maximale Haftungsrahmen einer Hypothek. Die spanische AJD
fällt immer dann an, wenn (i) mittels
öffentlicher Urkunde (ii) ein bewertbarer
Gegenstand übertragen wird und (iii) das
zugrunde liegende Geschäft eintragungsfähig ist, was beim Kauf von hypothekarisch gesicherten Forderungspaketen
grundsätzlich der Fall ist (Eintragungsmöglichkeit im spanischen Eigentumsregister). Dabei kommt es auch nicht darauf
an, ob es letztlich zu einer Eintragung der
öffentlichen Übertragungsurkunde gekommen ist oder nicht. Alleine die „Eintragungsfähigkeit des Geschäfts“ ist entscheidend für die Auslösung der Steuerpflicht.
Als Ergebnis kann daher festgehalten
werden, dass die spanische Stempelsteuer
im Rahmen der Übertragung von gesicherten Forderungsportfolios nur dann
nicht anfällt, wenn der Forderungserwerb
in privatschriftlicher Urkunde vorgenommen wird. Dieser Weg wäre prinzipiell
auch wirksam, da die Vornahme in öffentlicher Urkunde und anschließende
Eintragung derselben im spanischen Eigentumsregister keine Wirksamkeitsvoraussetzung ist. An dieser Stelle muss
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allerdings angemerkt werden, dass ein Teil
der spanischen Rechtslehre dem Neugläubiger die Möglichkeit, ein bereits begonnenes Hypothekenvollstreckungsverfahren
zu übernehmen, abspricht, wenn dieser
nicht als Inhaber der Hypothek eingetragen wird. Auch Art. 1.280 Nr. 6 CC statuiert eindeutig die Pflicht, dass initiierte
Klageverfahren nur durch öffentliche
Urkunde übertragen werden können.
Folgerichtig bezieht sich diese Regel auch
auf die Abtretung streitbefangener Forderungen. Gleiches soll laut diesem Teil der
Rechtsliteratur auch gelten, wenn der
Neugläubiger ein summarisches Hypothekenvollstreckungsverfahren initiieren
möchte.
Richtig ist sicherlich, dass die spanische
Stempelsteuer durch Forderungsübertragungen in privatschriftlicher Form umgangen werden kann. Allerdings dürfen
auch die Risiken, die durch den Verzicht
auf die öffentliche Beurkundung des
Geschäfts eingegangen werden, im Besonderen Fecha-cierta-Problematik, nicht
außer Betracht gelassen werden.
Gerichtlich geltend gemachte
Forderungen
Art. 1.535 CC birgt eine besondere Problematik, die bei Forderungskäufen unbedingt im Auge behalten werden muss: Im
Falle des Verkaufes einer streitbefangenen
Forderung hat der Schuldner das Recht,
diese durch Zahlung des Kaufpreises einschließlich Übertragungskosten und Zinsen seit Befriedigung des Kaufpreises zum
Erlöschen zu bringen. Allerdings darf der
Schuldner dieses Recht nur innerhalb von
neun Tagen, gerechnet ab der Zahlungsaufforderung des Neugläubigers, geltend
machen.
Die Probleme, die diese Vorschrift beim
Ankauf von Forderungspaketen, die auch
streitbefangene Forderungen enthalten,
nach sich zieht, sind offensichtlich: Der
übliche Risikonachlass, den der Erwerber
eines Forderungspaketes bekommt, kann
durch den Schuldner bei dieser Art von
Forderungen zunichte gemacht werden.
Außerdem dürfte beim Ankauf eines Forderungspaketes wohl kaum ein individualisierter Kaufpreis bezahlt werden, sodass
nicht einmal klar ist, zu welchem Betrag
ein bestimmter Schuldner seine streitbefangene Forderung überhaupt ablösen
darf. Eine Lösung könnte insoweit etwa
dadurch gesucht werden, dass die Veräußerung der streitbefangenen Forderungen
dem Schuldner gegenüber nicht offengelegt wird und das Verfahren weiterhin
durch den Altgläubiger aber zugunsten
des Neugläubigers betrieben wird.
Zunächst ist die (maximal) einjährige
Wartezeit zu nennen, die der Gläubiger
bei der Realisierung einer Hypothek, die
auf einem Grundstück lastet, das eine
Produktionsstätte des Gemeinschuldners
darstellt beziehungsweise wesentlicher
Unternehmensbestandteil ist, im Auge
zu behalten hat (Art. 56 des spanischen
Konkursgesetzes).2) Unabhängig davon
sind Forderungen, die mittels Hypothek
gesichert sind, im Sinne des spanischen
Konkursrechtes als „besonders privilegierte Forderungen“ einzustufen, das heißt
die Immobilie, auf der die Hypothek lastet, ist grundsätzlich für die Befriedigung
des Hypothekengläubigers reserviert.
Außerdem ist beim Ankauf von Konkursforderungen Art. 122, Nr.1, 2º des spanischen Konkursgesetzes zu beachten, der
Gläubigern, die ihre Forderung nach Eröffnung des Konkursverfahrens durch
Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben
haben, das Stimmrecht in der Gläubigerversammlung abspricht.
Im Rahmen des Ankaufes eines Forderungspaketes werden dem Erwerber gewöhnlich die persönlichen Schuldnerdaten zugänglich gemacht. Andernfalls wäre
er nicht in der Lage, die erworbenen Forderungen effizient geltend zu machen.
Die implizite Übertragung der Schuldnerdaten im Rahmen von Forderungsankäufen ist in Spanien unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten diskutiert
worden, wobei im Ergebnis davon auszugehen ist, dass eine Weitergabe der
Schuldnerdaten, die zur Geltendmachung
der Forderungen respektive Inanspruchnahme der Kreditsicherheiten vonnöten
sind, zulässig sein muss.
Art. 11. 2. a) des spanischen Datenschutzgesetzes verzichte auf eine Zustimmung
des Betroffenen (hier des Schuldners),
wenn die Weitergabe gesetzlich erlaubt
sei. Bei einer Forderungsabtretung kann
man diese gesetzliche Erlaubnis sicherlich
aus dem Abtretungsrecht des Código Civil
herleiten. Unproblematisch ist jedenfalls
der Fall der Zustimmung des Schuldners
im Rahmen der Bestellung von Kreditsicherheiten.3)
Fußnoten
1) Entscheidungen des spanischen Tribunal Supremo
vom 29. Juni 1989 und vom 23. November 1993 sowie Landgericht Barcelona Audiencia Provincial de
Barcelona vom 15. September 2011.
2) Weiterführend zu dieser Problematik, Meyer, Der
Hypothekengläubiger und das neue spanische Konkursrecht, ZfIR 22/2004, S. 971 f.
3) Einen guten Überblick speziell zu dieser Frage gibt
Albiñana Cilveti in: Foro de actualidad, Actualidad
jurídica Uría Menedez 23-2009, S. 87 f.