BÜCHER LINKS Pic asso mit Wächter UNTEN Galeristen und Sammler: Mitglieder einer schic htspezifischen Wertege meinschaft samt zu erfassen. So erfährt man, warum sie so anachronistisch persönlich ist ("Anonymität ist unter den besonderen Bedingungen des Handeins mit singulären Gütern ein Risiko für beide Seiten") oder dass der Kunstmarkt mitnichten global geworden ist (nur die unwichtigeren, jungen Positionen und Galerien kommen aus anderen Erdteilen als Europa und USA, früher wie heute). Eine soziologische Studie zur ARTBASEL untersucht den Zustand der Gegenwartskunst "Also wenn du zur Art Basel gehst und du bist drei Stunden herumgelaufen, dann steht dir der Kopf nachher. Wo steht er? Ich weiß es nicht." So zitiert "Kunst und Kapital - Begegnungen auf der Art Basel" einen Galeristen. Der Ratlose bleibt anonym, wie die anderen Händler, Sammler, Kritiker und Museumsleute, die in dem Buch zu Wort kommen. Die wichtigste Messe der Kunstwelt reizt zur Polarisierung. Mal wird sie kategorisch verdammt ("alles Kommerz", "nur etablierte Kunst"), mal zum glamouräsen Gipfel der Kunstwelt verklärt. Doch mit noch so viel Champagner lassen sich die Autoren von "Kunst und Kapital" - Franz Schultheis, Erwin Single, Stephan Eggerund Thomas Mazzurana - nicht ins Schwärmen bringen. Die nüchternen, an Pierre Bourdieu geschulten Soziologen von der Universität St. Gallen haben für ihre Studie die Art Basel und deren Schwesterveranstaltung in Miami Beach über Jahre hinweg wie ein Indianerdorf untersucht: den Aufbau, die Rituale, das soziale Gefüge und die Dynamik, die das Ganze immer wieder neu stabilisiert. Wie viel davon ist Projektion, wie viel ist Imagepflege, und um was geht es den wichti124 gen Menschen, die sich an den Previewtagen in drängelnde Grobiane verwandeln, wirklich? UmdiesenFragenaufdieSpurzukommen,habendie Wissenschaftler zugleich Daten ausgewertet und die Akteure der Messe befragt. Dass sie sich nicht blind auf Zahlen stützen, aber auch nicht den Selbstauskünften einzelner Händler oder Sammler auf den Leim gehen, macht die Stärke ihrer Studie aus. Die Autoren nehmen die Menschen auf der Art Basel dabei weniger als Individuen wahr denn als Angehörige einer schichtspezifischen Wertegemeinschaft. Sammler legen gemeinhin Wert auf die Feststellung, dass sie "nicht diese Art Sammler" seien, sondern am Gehalt von Kunstwerken mindestens so interessiert wie an der Investition, dem Weiterverkauf oder dem Sozialprestige, das sich mit der Kunst erwerben lässt. Die idealistischen Bildungsbürger, die das Gros der fast 100 ooo Besucher in Basel stellen, zeigen sich umso enttäuschter von der Warenform der Kunst, je weniger sie dem Betrieb verbunden sind. Die Verfasser von "Kunst und Kapital" haben immer auch das große Ganze im Blick. Basel dient ihnen als Ausgangspunkt, um den gegenwärtigen Stand der Kunstwelt insge- Und man bekommt Fakten an die Hand, die belegen, dass die zeitgenössische Kunst schon sehrweit vorangekommen ist auf ihrem Weg, zu einer Unterabteilung der globalen Luxusgüterindustrie zu werden. Dass immer mehr bildende Künstler in ihrer Produktion explizit Messeanforderungen erfüllen, ist dabei keine Einbildung, sondern eine Tatsache. Andererseits: Eine von ihrem wirtschaftlichen Umfeld völlig gelöste Kunst hat es ja auch noch nie gegeben. Das weiß niemand besser als die Soziologie. Boris Pofalla Kunst und -~"..."~~ Franz Schultheis, Erwin Single, Stephan Eggerund Themas Mazzurana: "Kunst und Kapital. Begegnungen auf der Art Basel". Walther König, 257 Seiten, 29,80Euro -=-=
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