01.11.2015

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Festgottesdienst - Mendelssohntage Aarau am Reformationssonntag, 1.
November 2015 um 10 Uhr in der Stadtkirche Aarau (mit Abendmahl)/
Liturgie/Predigt über 1. Kön. 17,1-6 gehalten von Pfr. Stefan Blumer/Thema: „ Der ‚Preis‘
und die Quelle unseres Glaubens …?!“/Lektorin: Margrit Leutwyler/Die erweiterte Kantorei
der Stadtkirche Aarau unter der Leitung von Dieter Wagner singt aus dem Oratorium von
Elias (und „WiederUraufführung des Liedes 354 (Dies Irae) von F. Mendelssohn“ für das
Aargauer Gesangbuch>nur Chor)/Sigristendienst: Samuel Negasi/ AbendmahlshelferInnen
(Margrit Leutwyler, Margrit Schärer, Frank Gantner, Yvonne Mäder, Elisabeth Gugelmann)/
Orgel: Elisabeth Waldmeier /Klavier: Dieter Wagner/Anschliessend Apéro vor der Kirche
und in der Zinne gespeichert: Reformationsgottesdienst Mendelssohn-Tage 1.11.2015 Der Preis und die Quelle, der Bach unseres
Glaubens…/vgl. PG130703USiNu/Wasserpredigten/ L.Spinner/ Wort und Musik am Mittag 20.11.13
Eingangsspiel Orgel:
Eingangswort:
(vgl.6. Vollversammlung des ÖRK in Vancouver:))
Mitten in Hunger und Krieg feiern wir, was verheissen ist: Fülle und Frieden
Mitten in Drangsal und Tyrannei feiern wir, was verheissen ist: Hilfe und Freiheit.
Mitten in Zweifel und Verzweiflung feiern wir, was verheissen ist: Glaube und Hoffnung
Mitten in Furcht und Verrat feiern wir, was verheissen ist: Glauben und Hoffnung.
Mitten in Furcht und Verrat feiern wir, was verheissen ist: Freude und Treue.
Mitten in Hass und Tod feiern wir, was verheissen ist: Liebe und Leben
Mitten in Sünde und Hinfälligkeit feiern wir, was verheissen ist: Rettung und Neubeginn.
Mitten im Tod, der uns von allen Seiten umgibt, feiern wir, was verheissen ist durch den
lebendigen Christus
Liebe und Leben.
Gnade sei mit uns Friede vom dem, der da ist, der da war und der da kommt.
Amen
Begrüssung:
Gemeindelied I : altes Aargauer Gesangbuch 354, 1-6, 9,
Überleitung/Thematischer Einstieg:
Damals, damals…rang Martin Luther verzweifelt mit sich und seinem Glauben und fragte:
Wie bekomme ich einen gnädigen Gott? Wie spüre und erfahre ich etwas von dieser
verheissenen Liebe, dieser „Milde“ (>vgl. Str.9), dieser Güte und Gnade von Gott, wenn Er
in all den Gottesdiensten als zorniger und strafender Weltenrichter gepredigt und besungen
wird und des „Sünders Seele erst dann in den Himmel springt, wenn seine Münze in der
Kasse klingt?!“
Damals, damals…liess Gott jenen verzweifelten Mönch Seine Güte und Liebe neu
entdecken und erfahren und führte ihn zurück zur Quelle, zum Evangelium – von der
Drohbotschaft zur Froh-Botschaft. Und Martin Luther fasste neues Vertrauen und machte sich
auf seinen Weg als Reformer. Protestierend, predigend, singend und unverschämt glaubend:
Gott ist für uns – wer kann wieder uns sein (Rm 8,31)!
Heute, heute…ringen viele von uns auch mit sich, mit all den Ansprüchen, dem materiellen
Überfluss und ihrem verlorenen oder verdunsteten Glauben und fragen überrascht:
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Stillt mein Glaube an Gott eigentlich meinen Durst nach Leben?
Belebt mein Glaube an Gott eigentlich meine Hoffnung für diese Welt?
Stärkt mein Glaube an Gott eigentlich meinen Mut zum Handeln und Teilen und Protestieren
und Singen?
Und wieviel darf eigentlich mein Glaube kosten? An Zeit? An Anstrengung? An Fragen? An
Verzicht?
Damals, damals…liess der Prophet Elia sich seinen Glauben an Gott etwas kosten. Aber sein
radikaler Glaube hatte einen hohen Preis. Er kostete andern und beinahe auch ihm selber das
Leben. Seine Predigten brachten Dürre statt neues Leben von Gott. Er musste von Gott wieder
neu zur Quelle geführt werden.
Ja, was ist der Preis und was ist das Geschenk des Glaubens? Und wo finden wir diese
Quelle des Glaubens – auch als reformierte Christen und Christinnen (von Aarau/Umgebung)
heute? Und was ist mir mein Glaube, was sind uns unsere christlichen Werte wert? – das
möchten wir heute Morgen miteinander erfragen und ersingen…und freuen uns, was uns Felix
Mendelssohn Bartholdy an kraftvollen und berührenden Melodien und Lieder geschenkt und
hinterlassen hat: aus seinem reichen Vermächtnis (Schatz), aus einem überzeugten Glauben
als Jude und Christ, aus jener grossen und unerschöpflichen Quelle, jener unbegreiflichen,
phantasiereichen und unermesslichen Liebe, die Gott mit allen seinen Menschen teilen
möchte.
Gebet: (vgl. VMü)
Guter Gott
Du fragst nach uns,
deine Liebe weckt unser Zutrauen;
davon leben wir.
Gib Dein Wort, Dein Lied, Dein Licht, Deine Hoffnung in alles,
was wir überlegen und planen
und lass unseren Mut dir entgegen wachsen.
Wenn wir fragen, schaffe Klarheit.
Wenn wir traurig sind, tröste uns.
Wenn wir leiden, mache uns stark.
Wenn wir krank sind, schenke uns verständige Menschen.
Wenn wir dich brauchen, sei uns nahe,
wenn wir uns abwenden, dann hole uns zurück.
Und wenn wir Grund haben dankbar zu sein, dann lass uns dir danken.
Frage nach uns, guter Gott, denn davon leben wir.
Mach uns offen für Dich und Deine Güte. Amen
Gemeindelied II: RG 50, 1-3 Am Morgen will ich singen
Glauben heisst auch „zu sich selber, zur eigenen Quelle“ stehen“ z.B. wie Felix
Mendelssohn Bartholdy (Kirchenbote Basel Stadt Febr.09/ Fe.M. Schweizer Reise 831 Vorwort H.
Anliker)
Wie viele Juden aus dem deutschen Bildungsbürgertum liess Mendelssohns Vater Abraham
seine vier Kinder 1816 taufen. Die Taufe war in den Augen vieler Juden – wie Heinrich Heine
sarkastisch bemerkte – das „Eintrittsbillett in die europäische Kulrur“. Vater Mendelssohn
fügte den Kindern den Zusatznamen „Bartholdy“ an ( den Namen eines Landguts der
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Familie), weil er hoffte, dass seine Kinder eines Tages auf den jüdischen Namen verzichten
und sich vollends christianisieren würden. Doch genau das geschah nicht. Sowohl Felix wie
auch seine Geschwister unterschlugen eher den christlichen Teil ihres Nachnamens, als ihre
erkennbaren jüdischen Wurzeln zu verschweigen. Felix Mendelssohn war also kein getaufter
Jude, der sich völlig assimiliert hatte. Vielmehrverstand er sich „im Sinne des Apostel Paulus“
als Jude und Christ.
Trotz seiner Taufe war der Komponist aber bereits zu Lebzeiten antisemitischen
Anfeindungen ausgesetzt. So wurde er als „Judenjunge“ beschimpft und sein Wirken als
Kapellmeister (des Leipziger Gewandhausorchesters) als „mosaisch“ verunglimpft. Unter den
Nazis war Mendelssohns Musik verboten.
(..)
Von seinem 12. Lebensjahr an besuchte er mehrmals Goethe in Weimar und gewann sehr
bald seine Zuneigung. Der alte Dichter fühlte sich von der Musik des Jünglings angesprochen
und hörte beglückt dem schon hochentwickelten Klavierspiel zu. Wenn nun Goethe
seinerseits versuchte auf den Gast einzuwirken, gelang ihm das nur, solange er auf dem
Gebiet der Kunst blieb. Stiess er in den Bereich der Wissenschaften vor, so zeigte sich
Mendelssohn wenig empfänglich. Goethe (..) ärgerte sich darüber, und einmal kehrte er dem
jungen Musiker zornig den Rücken zu. Mendelssohn sass nun wie versteinert am Flügel. In
seinem Schrecken fing er unwillkürlich an, die Tasten sacht zu berühren und zu spielen. Jetzt
besann sich Goethe. Er trat an Mendelssohns Seite und sagte: Du hast genug. Halt’s fest!
Ja, wir sollen zu unserem Eigenen stehen…zu unserer eigenen Überzeugung, zu unserer
Berufung durch Gott.
Wohl dem, der so auf Gottes Wegen geht!
Wohl ihm. Wohl ihr. Ihnen wird Gottes Licht aufgehen. Auch in der Finsternis.
Ihnen geht das Licht auf von dem Gnädigen, Barmherzigen und Gerechten.
Elias-Oratorium Nr. 9/ Kantorei-Lied II
Wohl dem, der den Herrn fürchtet
und auf seinen Wegen geht! Wohl
dem, der auf Gottes Wegen geht!
Denn Frommen geht das Licht auf
in der Finsternis. Den Frommen geht
das Licht auf von dem Gnädigen,
Barmherzigen und Gerechten.
Glaubensbekenntnis aus heutiger Zeit:
Ich glaube an die Quelle des Lebens,
die ich Gott nenne,
die mich geschaffen hat,
so wie ich bin,
und an die göttliche Kraft,
die in meiner Seele lebt.
Ich glaube an die Quelle des Lebens,
die ich Gott nenne,
die meine Freiheit will,
die Entfaltung meiner Kräfte,
die Entwicklung meiner Möglichkeiten,
meine Art zu sein.
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Ich glaube an die Quelle des Lebens,
die ich Gott nenne,
die mich begleitet,
mich wachsen und reifen lässt,
mich fördert und fordert,
göttliches Werkzeug zu sein.
Ich glaube an die Quelle des Lebens,
die ich Gott nenne,
und ihre Liebe, die durch uns wirkt, an ihr Ja zu uns,
das wir nicht verdienen können.
Ich glaube an die Quelle des Lebens,
die ich Gott nenne,
und ihre unermessliche Weisheit,
die mir Grenzen setzt,
und das Vertrauen schenkt,
dass ich in ihr geborgen bin.
Ich glaube an die Quelle des Lebens,
die ich Gott nenne,
das lässt mich leben.
Gemeindelied II/ Monatslied RG 39,1-6 „Geborgen, geliebt und gesegnet“
Predigttext: 1.Kön.17,1-6
Da sprach Elia, der Thisber, aus Thisbe in Gilead, zu Ahab, dem König: „So wahr der Herr,
der Gott Israels, lebt, in dessen Dienst ich stehe, es wird in diesen Jahren weder Tau noch
Regen fallen, ich sage es denn!“
Und es erging an ihn das Wort des Herrn:“ Gehe von hinnen und wende dich gen Osten!
Verbirg dich am Bach Krith, der östlich vom Jordan fliesst. Aus dem Bache kannst du
trinken, und den Raben habe ich geboten, dich daselbst zu speisen.“ Und er tat nach dem
Worte des Herrn; er ging hin und blieb am Bache Krith, der östlich vom Jordan fliesst. Und
die Raben brachten ihm Brot am Morgen und Fleisch am Abend, und aus dem Bache trank er.
Elias-Oratorium Nr. 24/ Kantorei-Lied III:
DAS VOLK
Wehe ihm, er muß sterben! Warum
darf er den Himmel verschließen?
Warum darf er weissagen im Namen
des Herren? Dieser ist des Todes schuldig!
Wehe ihm., er muß sterben, denn er hat
geweissagt wider diese Stadt, wie wir
mit unsern Ohren gehört. So ziehet hin,
greifet ihn, tötet ihn!
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Predigt:
Liebe Gemeinde,
wann sassen Sie das letzte Mal unbekümmert und barfuss am Ufer eines murmelnden Baches,
alleine für sich? (Und haben Sie schon einmal aus einem kühlen, klaren Bergbach getrunken
und sich erfrischt?) Können Sie sich an ein solches Erlebnis erinnern? Bei einer Rast beim
Wandern vielleicht oder in den Ferien damals, als Sie noch viel jünger waren...?
Bei mir liegt das schon lange zurück. Ich glaube, es war während eines Wiederholungskurses
im Militär, als wir irgendwo in einem Seitental auf einer Alp stationiert waren. Aber diesen
Moment für mich, diese Stimmung, dieses Erlebnis ist mir in bleibender Erinnerung
geblieben.
Es ist schön, so alleine und unbekümmert an einem Bach zu sitzen.
Ja, der Bach, wenn er klar und frisch sprudelt, ist wie ein Zauberwort, der schöne
Erinnerungen wecken kann.. an solche Zeiten schöner Rast, an frühere Ferien irgendwo in den
Bergen.
Ich kenne keine andere Bibelstelle, wo so bildhaft von einem Bach die Rede ist, wie hier im
ersten Buch der Könige. Da sitzt jetzt Elia am Ufer des Bachs, nicht bloss eine Stunde lang;
über viele Tage, Wochen sitzt er da an seinem Bach und hält sich verborgen.
Elia, der Prophet, hat Schwieriges hinter sich. (vgl. letztes Oratorium-Lied der Kantorei) Er
hat dem König die schlechte Botschaft ins Gesicht sagen müssen: "Es wird kein Regen
kommen, nicht in diesem Jahr und auch im folgenden." Es braucht Kraft solche Botschaften
auszurichten.
Auch uns fällt das oft schwer. Man würde oft viel lieber nichts sagen, seine Meinung, seine
Überzeugung, das Negative für sich behalten, um sich und die andern zu schonen. Aber
manchmal ist es nötig, dass wir das Ungute ansprechen und zu unseren Werten stehen, auch
wenn wir uns dadurch selber exponieren. Wie Elia damals, der dem ungerechten Regenten
Ahab mutig entgegentrat. Im Namen der Menschen, die durch ihn unterdrückt wurden. Im
Namen des richtigen Glaubens. Und im Auftrag Gottes, wie er meint. Er scheut sich nicht, er
schont sich nicht – und auch nicht die andern. Und er zahlt den Preis für seine Einmischung
als Prophet, als „Protestant“!
Aber jetzt berührt es mich, wie Gott dem dadurch angefeindeten, bedrohten und exponierten
Elia seinen Schutz gönnt: "Verbirg Dich!" Gott gewährt dem Menschen sein Versteck. Auch
der Prophet braucht nicht immer mutig und kämpferisch dem Unrecht auf der Welt und dem
übermächtigen König entgegenzutreten und zu widerstehen.
Ja, es gibt Zeiten, da dürfen wir nicht schweigen, da braucht es unser Kämpfen , unser
Bekenntnis und unseren Protest....Aber es gibt auch eine Zeit, da dürfen, da sollen wir uns
zurückziehen. Wie Elia in sein Versteck - am Bach Krith.
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Nun weiss ich nicht, ob der Bach auch so ferienhaft frisch und lebendig war wie die Bäche in
unseren Alpen, wenn sie über die Weiden sprudeln.
In der kirchlichen Kunst haben die Maler gerne eine Schlucht gezeichnet, wenn sie diese
Episode von Elia im Versteck darstellen wollten. Und zwar eine wilde zerklüftete Schlucht.
(So wurde Elia auch zum Vater der Einsiedler. Wer in den satten Zeiten der Kirche genug
hatte von der Welt mit ihren Königen, wer nur noch geistliche Dürre über die Stätten der Welt
kommen sah, der zog aus in die Wildnis, fort in die Einsamkeit; er liess sich verbergen von
Gott; er tat, was vor Zeiten Elia getan. (Antonius im Jahre 250 n.Chr., der Vater der Mönche,
war wohl nicht der erste und Niklaus von der Flüe nicht der letzte. Wo immer ein Mensch aus
bedrängender Weltlichkeit in die Einsamkeit floh, da folgte er dem Weg Elias.)
Ich meine, so fremd ist er uns nicht, der erschöpfte Prophet. Wer sich engagiert, wer sich ein und aussetzt in seiner Familie, als Kirche, im Beruf, in der Gesellschaft und auf dieser der
Welt, wer seine eigenen Werte nicht verraten will und seine Glaubensüberzeugungen „nicht
unter einen „Wohlstands- Scheffel stellt“, kennt doch Zeiten, da er, da sie ausspannen
möchte:
Hinaus aus dem Gespann der täglichen Anforderungen.
Einmal ganz sich bergen,
weg von den stechenden Blicken,
weg von den unerträglichen Schlagzeiten über Gewalt, Korruption und Flüchtlingselend
fort vom Lärm der Welt,
hinein in die Stille, dort, wohin Gott mich führt.
Ja, vielen, ist der Ruf vertraut, auch wenn die Stimme nur leise klingt:"Verbirg Dich!"
Und vielen ist dieser Ruf fremd. Sie sammeln sich nicht gerne in der Stille, sondern auf ihre
Weise. Durch Ablenkungen, Zerstreuung oder Shopping. (vgl.au Rudolph Bohren/Predigtlehre: „Manche
Pfarrer sind zu faul um auszuruhen.“
Nun gibt es aber nicht wenige Menschen auch unter uns, die haben sich einen solchen Ort der
Stille nicht selbst ausgesucht. Sie sitzen unfreiwillig dort, abseits. Ihre Kinder wohnen nicht
mehr zu Hause, der Ehepartner und viele Bekannte von früher sind bereits gestorben. Das
Leben im Alter ist oft einsam. Sie denken viel zurück an frühere Zeiten. Sie sind froh um
jeden Boten, der die Stille bricht.
Nein. Nicht jeder möchte Elia sein.
Ja, wir wissen nicht einmal, ob Elia selbst glücklich war in seinem Versteck, in das Gott ihn
führte. Darüber schweigt die Bibel.
Elia am Bach: Es könnte ein Motiv für ein farbig-frohes Ferienphoto sein. Aber Elia ist kein
ausgelassenes Kind, das Verstecken spielt.
Er ist ein Mensch, der gezeichnet und erschöpft ist. Und er stillt nun seinen Durst mit Wasser,
das der Bach ihm bringt:" Aus dem Bache kannst du trinken!" sagt ihm Gott.
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Elia sieht dürre Zeiten kommen. Wie viele von uns heute auch.
Doch Gott hat ihn zu einem Bach geführt, aus dem er trinken kann.
Das ist für mich eine wie Verheissung und ein schönes Bild auch für unseren Glauben:
Ein Bach ist kein Brunnen, keine Zisterne, kein Vorrat an Wasser, den er messen oder
aufbewahren könnte. Das Wasser kommt, er weiss nicht woher, und was er nicht trinkt, fliesst
fort und ist nicht zurückzuholen. So gibt der Prophet sich ganz der täglichen Gnade Gottes
hin.
Er selbst hat keine Macht über den Ursprung , die Quelle des Wassers; er kann es nur
kommen lassen. Und er kann das erfrischende Wasser auch nicht für schlechtere Zeiten
zurückhalten; er muss es ziehen lassen.
So lebt er denn jeden Tag von dem Wasser, das Gott ihm Tag für Tag schickt.
Und es kommen die Raben am Morgen und am Abend. Wie im Märchen bringen sie dem
Menschen in seiner Einsamkeit sein Essen: Brot und Fleisch.
Das mag uns daran erinnern: Unser „tägliches Brot“ wird uns Menschen in der Stille
gebracht und in der Stille realisieren wir und vertrauen auch, dass Gott uns jeden Tag das
Nötige schenkt.
Die Raben waren für Elia Boten Gottes. In der Stille entdecken wir noch ganz andere Zeichen
und Menschen, die Gott uns schickt als seine Boten.
Es ist kein Idyll, der Prophet am Bach Krith. Es ist ein Mensch, den Gott aus dem Hick-Hack
von Gut und Bäse, Richtig und Falsch, Sieger und Verlierer, Freund und Feind… in die
Einsamkeit führt. Elia, der Prophet, der Kämpfer, der Mahner und Kritiker von Unrecht und
Unglaube wird ein Mensch, der lernt, von dem zu leben, was Gott ihm jeden Tag schenkt.
Manchmal vergessen wir, dass bei Gott Gnade und Güte vor Recht und Rechtschaffenheit
gehen und Gott kein Scharfrichter sondern in Christus unser Bruder geworden ist.
Manchmal vergessen wir im Erledigen, Kämpfen, Kalkulieren und Arbeiten, was Elia am
Bach Krith erfahren hat: Nämlich: dass jeder neue Tag ein Geschenk ist, das Gott mir und uns
allen gibt.
Ich habe eine Geschichte gefunden, welche zwar nur halb-passt, aber trotzdem etwas von dem
veranschaulicht: von diesem sich ‚Beschenkenlassen von Gott‘ trotz und in aller Not und
allem Druck und all den Dringlichkeiten. (Sie mag veranschaulichen, was Martin Luther
damals bei seiner ‚Bekehrung‘, seiner „Begegnung mit Gott, der gnädig ist“, erfahren haben
muss…):
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Es waren einmal viele Tiere auf dem Weg zum Himmel. Unterwegs fragten sie einander der
Reihe nach aus nach ihrem Leben und was sie geleistet hatten:
Da zählte ein Fuchs seine Abenteuer auf, ein Eichhörnchen berichtete von seiner
überdurchschnittlichen Sprungkraft; ein Hahn tat gross mit seinen Pflichten und
Verantwortungen; ein Regenwurm murmelte von den Tiefen des Lebens und ein Floh wusste
viel Kämpferisches zu berichten.
Als es aber an der Eidechse war zu reden, schwieg sie. Alle drängten, sie möge doch auch
berichten, doch sie schwieg.
"Was hast Du getan, wer warst Du....was hast Du geleistet...?"..doch die Eidechse schwieg
verschämt.
Schliesslich, als sie schon dem Himmel nahe waren, züngelte sie ein bisschen, blinzelte
einmal und sagte dann verlegen:" Ich habe mich gesonnt."
Sich sonnen, sich sonnen dürfen unter Gottes Sonne, seiner Gnade. In der Stille vor Gott, am
Ufer eines Baches ausruhen und uns von Ihm beschenken lassen.
Unser Glaube und auch wir alle brauchen immer wieder solche Zeiten wie damals Elia. Gott
schenkt sie uns. Gönnen müssen wir sie uns selber.
Nun will ich aber nicht verschweigen, dass die Tage des Propheten am Bach Krith gezählt
waren.
Auch das Versteck war der Welt nicht völlig entzogen.
Nicht, dass die Menschen den Propheten doch entdeckt hätten. Aber die Dürre, der fehlende
Regen liessen auch die Quelle des Baches versiegen.
Die Zeit der Stille, die Wochen der Einsamkeit gingen zu Ende. Und Elia musste wieder
hinaus in die trockene Welt, er musste hindurch durchs ganze Land, bis er die Menschen fand,
denen er Hilfe bringen sollte.
Nein, Einsamkeit und Stille sind kein Idyll; es kommt die Zeit, da trocknen die Bäche aus, da
muss ich hinaus, zurück in die Welt.
Aber habe n wir das Entscheidende aus dieser Geschichte gehört? Gott gibt uns nicht das,
was wir verdienen. Er schenkt uns das, was wir brauchen und führt uns immer wieder zu uns
selbst, „zum frischen Wasser“, zur Quelle, die Er selber ist.
Und was ist jetzt der Preis, was ist das Geschenk des Glaubens?
Dass Gott mir schicken wird, was ich brauche?
Dass Gott mir schicken wird, wer mich braucht?
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Amen
Elias-Oratorium Nr. 29/ Kantorei-Lied IV:
Siehe, der Hüter Israels schläft noch
schlummert nicht. Wenn du mitten in
Angst wandelst, so erquickt er dich.
ABENDMAHL
Segen:
Es segne euch Gott.
Er behüte euch in allem, was ist.
Er versöhne euch mit allem, was war.
Er stärke euch für alles, was kommt.
Es segne euch der menschenliebende Gott
mit Gnade in Fülle.
Geht in der Kraft, die euch gegeben ist:
einfach, leichtfüssig und zart.
Haltet Ausschau nach der Liebe.
Gottes Geist geleite euch.
Amen.
Ausgangsslied: Elias-Oratorium Nr. 20/ Kantorei-Lied V:
DAS VOLK
Dank sei dir Gott, du tränkest das durst'ge
Land! Die Wasserströme erheben sich, sie
erheben ihr Brausen. Die Wasserwogen
sind groß und brausen gewaltig. Doch
der Herr ist noch größer in der Höhe.