Luxemburg bereitet sich vor

THEMA ASYL
Mittwoch, 23. September 2015 • Nr. 221
Luxemburg bereitet sich vor
FLÜCHTLINGE Täglich kommen 20 bis 35 Syrer, Iraker, Afghanen, Eriträer ... im Land an
Robert Schneider
Ziel ist es, ausreichend Notaufnahmeeinrichtungen zu schaffen,
aber auch in einer zweiten Phase
die Integration der anerkannten
Flüchtlinge in die Gesellschaft
sprich in die Schulen und auf
dem Wohn- und Arbeitsmarkt sicherzustellen.
Die Familienministerin rechnet
mit einem anhaltenden Zustrom
an Menschen aus Kriegsgebieten
oder ohne wirtschaftliche Zukunftsaussichten bis Oktober,
November. Erst danach würde
die Zahl der Asylbewerber (so die
Erfahrung früherer Jahre) zurückgehen.
Der gestern von Cahen, Bausch
und Meisch präsentierte Aufnahmeplan wurde vom „Haut-commissariat à la protection nationale“ ausgearbeitet und sieht u.a.
die Schaffung mehrerer neuer
Aufnahmeeinrichtungen
(teils
bereits bekannt) vor.
Fotos: Hervé Montaigu
Seit Anfang September sind,
so Familienministerin Corinne
Cahen gestern, 398 neue
Flüchtlinge in Luxemburg
angekommen.
Die Aufnahmekapazitäten
wären Ende des Monats
erschöpft, weshalb nun in
einer gemeinsamen
Anstrengung praktisch aller
Ministerien (zusammen mit
„Croix-Rouge“, OLAI und der
„Administration des services
de secours“ sowie zahlreichen
weiteren öffentlichen
Dienststellen) und mit
Unterstützung der
Gemeinden die Logistik
spektakulär verbessert wird.
Die Regierung versucht, den Hilfesuchenden die bestmöglichen Aufnahmebedingungen zur Verfügung zu stellen. Hier die
Minister Claude Meisch, Corinne Cahen und François Bausch
während der gestrigen Pressekonferenz.
Spartanisch, aber sauber und trocken: So empfängt Luxemburg die Kriegsflüchtlinge
Das ehemalige Logopädiezentrum in Strassen ist fertig umgebaut
Zwei Arten von Aufnahmezentren sind im Plan vorgesehen.
Kurzfristig werden Schlafplätze
in bestehenden, aber nicht genutzten Gebäuden eingerichtet
(unten stehender Rahmen).
Daneben werden drei Container-Dörfer eingerichtet, die jeweils 300, im Notfall aber bis 600
Flüchtlingen Schlafplätze bieten
können.
Diese werden in Steinfort (beim
aktuellen Park&Ride), in Diekirch/Herrenberg
(gegenüber
den Kasernen) und in Mamer
aufgebaut werden. Die Bauverwaltung wird sich um die Vorbereitung der jeweiligen Gelände
und deren Versorgung mit Strom
und Wasser kümmern. Übrigens
strebt die Regierung an, jede der
Aufnahmeeinrichtungen mit WiFi auszurüsten.
398
398 Flüchtlinge sind
seit Anfang September
in Luxemburg angekommen. Die Hälfte
davon (184) sind Syrer,
aber auch Menschen
aus anderen Kriegsgebieten (Irak, Afghanistan, Eritrea) sowie
Menschen vom Balkan
bitten um Asyl.
Zwischen 20 und 35
Asylberwerber kommen täglich neu hinzu.
Foto: Tageblatt-Archiv
Mehrere
Erstaufnahmezentren
Die notwendigen Einrichtungen stehen bereit
Die Container-Dörfer sollen
Mitte 2016 bezugsfertig sein. Im
Staatshaushalt wird ein Posten im
Ressort des Staatsministeriums
von 20 Millionen für die zusätzlichen Kosten durch Asylbewerber
eingeschrieben. Dieses Geld kann
dann nach Bedarf auf die jeweiligen Ministerien verteilt werden.
Innenminister auf
Prospektionstour
Innenminister Dan Kersch redet
zurzeit mit allen Gemeinden des
Landes über freie Wohnungen
und leer stehende Häuser, denn
parallel zum Aufbau der Notunterkünfte wird aber intensiv nach
Wohnraum
für
anerkannte
Flüchtlinge gesucht.
Der so zusätzlich gefundene
Wohnraum soll allerdings auch
Einwohnern des Landes zugute-
kommen, die bereits lange auf
den diversen Wartelisten für eine
Sozialwohnung stehen und immer noch nicht untergebracht
werden konnten.
Die Schulen jener Gemeinden,
die Flüchtlinge aufnehmen und
deren Kinder die Grundschulen
dort besuchen – und im Idealfall
auch die außerschulischen Aktivitäten mitmachen („Maisons relais“) –, sollen personell verstärkt
werden. Zusätzliche Lehrer werden diesen Kommunen vom Ministerium zugestanden.
Auch im Bereich Arbeit soll
schnell etwas geschehen. Bislang
konnten Asylbewerber erst nach
neun Monaten im Land einen
Job annehmen. Jetzt sollen sie bereits nach sechs Monaten arbeiten dürfen. Erste Spitäler bieten
bereits Praktika für Asylbewerber
an, mehrere Anwaltsbüros haben
Interesse an Arabisch sprechenden Juristen gemeldet ...
Das Gebäude B des CHNP in Ettelbrück wird 220 Menschen
aufnehmen können
Schnell funktionierende
Einrichtungen
– Das ehemalige Strassener Logopädiezentrum wird bereits
heute aufnahmefähig sein. Hier
werden 300 Betten Familien,
Frauen und Minderjährigen
ohne Begleitung zur Verfügung
stehen.
– Die frühere „Maternité“ des
„Centre hospitalier“ wird 130
ältere oder kranke Flüchtlinge
beherbergen können (Ende
September operationell).
– Die Halle 6 der Luxexpo wird
mit Zelten ausgestattet und
kann Anfang Oktober 360 Personen aufnehmen.
– Das Gebäude B des neuropsychiatrischen Krankenhauses in Ettelbrück (frühere Kaserne) wird so umfunktioniert
werden, dass 220 Betten für Familien, Frauen und Minderjährige ohne Begleitung eingerichtet werden können.
Ende Oktober ist das Gebäude
bezugsfertig.
Zusätzliche Gebäude werden
zurzeit noch gesucht.
Bislang konnten 1.010 Betten
für die schnelle Aufnahme vorbereitet werden.
Persönlich erstellt für: Service culturel Commune de Strassen
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Tageblatt