Lindt-Teddy bezwingt Haribo-Goldbär

26 Lebensmittel Zeitung
RECHT UND POLITIK
Belgien plant
Zuckersteuer
Lindt-Teddy bezwingt Haribo-Goldbär
Luxemburg. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs führt zu neuen
Meldepflichten nach der EU-Chemikalienverordnung Reach. Hersteller und Importeure müssen die
Europäische Chemikalienagentur
(ECHA) künftig auch unterrichten,
wenn einzelne Komponenten eines
Produktes mehr als 0,1 Prozent „besorgniserregende Stoffe“ enthalten
(Az.: C 106/14). „Die Entscheidung
führt zu Mehrkosten ohne erkennbaren Nutzen“, kritisiert der Verband Eurocommerce.
lz 39-15
Caparros tadelt
WLAN-Gesetz
Berlin. Rewe-Chef Alain Caparros
hat die von der Bundesregierung
geplante Neuregelung von offenen
Internetzugängen kritisiert. „Die
komplexe Architektur der Störerhaftung beim freien WLAN hilft
uns nicht weiter“, sagte Caparros
auf einer Veranstaltung des Bundeswirtschaftsministeriums zum
„Digitalen Wandel“ am vergangenen Freitag in Berlin. Auch der
HDE lehnt das WLAN-Gesetz wegen der notwendigen Kundenregistrierung ab.
lz 39-15
Meldepflicht von
Waagen in der Kritik
Berlin. Der Bundesverband des
Deutschen Lebensmittelhandels
(BVLH) kritisiert den Entwurf aus
dem Bundeswirtschaftsministerium zum Mess- und Eichgesetz. Die
Anzeigepflicht für Messgeräteverwender bedeute für den Lebensmittelhandel aufgrund der Vielfältigkeit der eingesetzten Thekenwaagensysteme einen erheblichen
bürokratischen Aufwand. Die Meldepflicht sollte vollständig gestrichen werden, fordert der BVLH in
seiner Stellungnahme.
lz 39-15
Almased wegen
Rabatten verurteilt
Hannover. Das Landgericht Hannover hat die Almased Wellness
GmbH wegen Kartellverstoßes verurteilt (Az.: 18 O 91/15). Der Hersteller des Abnehmprodukts „Almased Vitalkost“ hatte Apotheken einen Rabatt von 30 Prozent in bar
auf den Einkaufspreis geboten. Dafür sollten sich diese verpflichten,
den Verkaufspreis von 15,95 Euro
nicht zu unterschreiten. Die Wettbewerbszentrale sah in dem Angebot einen Kartellverstoß: Der Hersteller verlange auf diese Weise unzulässig die Einhaltung einer Preisuntergrenze. Das LG folgt der Auffassung und verurteilte Almased zur
Unterlassung.
ln/lz 39-15
Karlsruhe. Der Schokoladenhersteller Lindt gewinnt den Streit mit Haribo um die Verletzung der Marke
Goldbären. Der Bundesgerichtshof
(BGH) zieht dem Schutzbereich von
Wortmarken eine klare Grenze.
Der Lindt-Teddy verletzt weder die
Goldbären-Marke von Haribo noch
handelt es sich um eine unlautere
Nachahmung der berühmten Gummibären. Das hat der Bundesgerichtshof
am Mittwoch dieser Woche entschieden (Az.: I ZR 105/14).
In dem Rechtsstreit ging es um die
Frage, ob Lindt mit den in Goldfolie
verpackten Schokoladenfiguren in Bärenform gegen von Haribo eingetragene Wortmarken wie „Goldbären“,
„Goldbär“ und „Gold-Teddy“ verstößt. Haribo hatte wegen den seit
2011 vertriebenen Lindt-Teddys auf
Unterlassung des Verkaufs sowie auf
Auskunft, Vernichtung und Schadenersatzfeststellung geklagt.
Das Landgericht Köln gab den
Bonnern im Dezember 2012 Recht.
Das Oberlandesgericht kassierte das
Urteil im April 2014 und sah keine
Kollision zwischen den Wortmarken
von Haribo und der Produktgestaltung von Lindt. Weil auf dem SchokoTeddy deutlich ein „Lindt“-Aufdruck
F O T O : R O L F V E N N E N B E R N D / D PA
Reach-Meldepflicht
deutlich verschärft
Bundesgerichtshof verneint Markenrechtsverletzung – Keine Verwechslungsgefahr gegeben – Grundsatzurteil zur Wortmarken-Kollision
Bärenstreit: Es ist Platz für mehr als einen Bären im Süßwarenregal, meint der BGH.
aufgebracht sei und auch der LindtSchokohase für den Verbraucher eine
bekannte Größe sei, liege keine Herkunftstäuschung vor.
Der BGH bestätigte nun das Urteil
des OLG, stellt es aber dogmatisch
auf eine andere Begründung. An die
Annahme einer Zeichenähnlichkeit
zwischen einer Wortmarke und der
dreidimensionalen Produktgestaltung
seien strenge Anforderungen zu stellen, führen die Richter aus. Andern-
falls drohe durch den Markenschutz
eine „weitgehende Monopolisierung“
der Warengestaltung. „Markenrecht
soll Herkunftstäuschungen verhindern, nicht aber dazu führen, dass nur
noch ein Hersteller Süßigkeiten in Bärenform verkaufen darf“, erläutert Julia Schönbohm von Linklaters.
Um dies zu verhindern, fordert
der BGH für die Kollision von Wortmarke und Produktform, „dass die
Wortmarke aus Sicht der angespro-
Vzbv unterliegt im Stevia-Streit
Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen – Verbrauchertäuschung verneint
Boizenburg. Die Abbildung eines
Stevia-Blattes auf einer Verpackung beinhaltet keine Irreführung
der Verbraucher, wenn im Produkt
das Stevia-Extrakt „Steviolglycoside“ enthalten ist und darauf im Zutatenverzeichnis hingewiesen wird.
Der Süßwarenhersteller Ragolds hat
die juristische Auseinandersetzung gegen den Verbraucherzentrale Bundesverband (Vzbv) um die Abbildung eines Stevia-Blattes auf dem Produkt
„Velamints Spearmint“ endgültig gewonnen. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Vzbv gegen das Urteil
des Oberlandesgerichtes (OLG) Rostock vom September 2014 wurde vom
Bundesgerichtshof zurückgewiesen.
„Wir sind sehr zufrieden mit dem
Ausgang des Rechtsstreits, in dessen
Verlauf der gegen uns zu Unrecht erhobene Irreführungsvorwurf vollständig entkräftet wurde“, kommentiert
FOTO: RAGOLDS
Brüssel. Die belgische Regierung
will eine Zuckersteuer bei allen Erfrischungsgetränken einführen. „Es
wurde noch keine Liste von Produkten festgelegt, aber es ist ganz
einfach: Alle Getränke, die Zucker
beinhalten, werden einbezogen“,
wird die Ministerin für Volksgesundheit, Maggie De Block, in Medienberichten zitiert. Ab 2016 verspricht sich die Regierung von der
Steuer Mehreinnahmen von 50
Mio. Euro im Jahr. Sie sollen bis
2020 jährlich um weitere 50 Mio.
Euro steigen. Ursprünglich sollten
in Belgien nur Alkopops besteuert
werden.
lz 39-15
LZ 39 25. September 2015
Gerichtlich geklärt: Wo Stevia-Extrakt
drin ist, darf ein Stevia-Blatt draufstehen.
Ragolds-Geschäftsführer Jörg Viader.
Die Verbraucherschützer hatten
den Hersteller im Jahr 2012 abgemahnt, weil sie in der stilisierten Abbildung des Stevia-Blattes eine Verbrauchertäuschung sahen, da als Süßungsmittel „nur“ das Stevia-Extrakt
Steviolglycoside verwendet werde.
Doch bereits das Landgericht wies die
Klage als unbegründet ab. Das OLG
bestätigte die Entscheidung und ließ
keine Revision zu (Az.: 2 U 9/14).
Da Steviolglycoside tatsächlich aus
der Stevia-Pflanze gewonnen werden,
liege keine Verbrauchertäuschung vor,
urteilten die Gerichte. Der Fall sei mit
dem
„Himbeer-Vanille-Abenteuer“
(lz 24-15) nicht vergleichbar, weil es
dort um die Verwendung von „natürlichen Aromen“ ging, die unstrittig
nicht aus Himbeeren und Vanille gewonnen werden.
„Die Entscheidung hat grundsätzliche Bedeutung für die Nutzung von
Stevia-Blättern auf Verpackungen“, erläutert Simon Apel von der Kanzlei
SZA Schilling, Zutt & Anschütz, die
Ragolds in der Sache vertrat. „Die
Pflanze kann abgebildet werden, wenn
im Zutatenverzeichnis auf die Verwendung des Stevia-Extraktes hingewiesen
wird“. Ragolds wird die Produktverpackung nun wieder auf den Markt bringen, kündigt Geschäftsführer Viader
gegenüber der LZ an.
be/lz 39-15
chenen Verbraucher die naheliegende, ungezwungene und erschöpfende
Bezeichnung der dreidimensionalen
Gestaltung ist“.
Im konkreten Fall liege eine solche
Zeichenähnlichkeit nicht vor. Für den
Lindt-Teddy komme nicht nur die Bezeichnung „Goldbären“ oder „Goldbär“ in Betracht. Ebenso naheliegend
seien Alternativen wie „Teddy“ oder
„Schokoladen-Bär“.
Haribo bedauerte das Urteil: „Wir
halten es für inhaltlich unzutreffend.
Unserer Meinung nach nutzt Lindt
unsere Markenbekanntheit und unsere Investitionen in die Marke Goldbären aus“, heißt es aus Bonn.
„Der BGH stellt mit der Entscheidung hohe Anforderungen an eine
Kollision von Wortmarken und Produktform“, sagt Anette Gärtner, IP-Expertin in der Kanzlei Reed Smith.
„Wenn nur eine alternative Bezeichnung für die Gestaltung denkbar ist,
soll bereits keine Markenverletzung
vorliegen“. Nach Auffassung von Gärtner hat das Urteil damit weitreichende
Auswirkungen auf Anmeldestrategien.
Es reiche nicht mehr aus, möglichst
viele Marken zu registrieren, um ein
Produkt umfassend vor Nachahmungen zu schützen. „Der Designschutz
wird künftig eine größere Rolle spielen“, urteilt Gärtner.
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Hamburg votiert für
Ministererlaubnis
Hamburg. Der Wirtschaftssenator der
Hansestadt Hamburg hat am vergangenen Donnerstag überraschend doch
noch eine Stellungnahme zum Antrag
auf Ministererlaubnis von Edeka und
Tengelmann abgegeben. „Die geplante
Übernahme der Tengelmann-Filialen
durch Edeka bietet eine realistische
Chance für den Erhalt von möglichst
vielen Arbeitsplätzen an den einzelnen
Standorten“, heißt es darin. Die Ministererlaubnis sei daher gerechtfertigt.
Ursprünglich hatte Hamburg dem
Bundeswirtschaftsministerium bereits
Anfang August mitgeteilt, dass der Senat keine Stellungnahme abgeben will.
Sigmar Gabriel liegen nunmehr alle
vom Wirtschaftsministerium angefragten Erklärungen der Bundesländer
NRW, Bayern, Berlin und Hamburg
vor. Niedersachsen votierte ungefragt
gegen eine Erlaubnis. Ein Termin für
die ausstehende öffentliche Anhörung
zum Antrag auf Genehmigung der Fusion stand zum Redaktionsschluss jedoch noch nicht fest.
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Gericht bestätigt Gebühren bei Routinekontrollen
VG Oldenburg weist zwei von drei Musterverfahren zurück – Ministerium will Regelwerk prüfen
Oldenburg. Die Gegner der Gebühren für Regelkontrollen im Futtermittel- und Lebensmittelbereich im
Bundesland Niedersachsen mussten in der ersten Instanz einen
Dämpfer hinnehmen.
Zwei der drei als Musterverfahren behandelten Klagen von Futtermittelherstellern gegen Gebührenbescheide
des Niedersächsischen Landesamts
für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) wurden in
der vergangenen Woche vom Verwaltungsgericht Oldenburg zurückgewiesen (Az.: 7 A 2567/14 u.a.).
Nach Auffassung des Gerichts ist
das Land Niedersachsen grundsätzlich berechtigt, Gebühren für anlasslose Regelkontrollen zu erheben. Bei
der Frage der Gebührenhöhe bewerten die Richter die Festsetzungen allerdings als zu pauschalisierend. Es
werde in der seit Ende 2014 geltenden
Gebührenordnung nicht ausreichend rungen an der Gebührenordnung wernach Betriebs- und Probearten diffe- den nun intensiv geprüft“, teilt ein
renziert. Der unterschiedlich hohe Sprecher des Ministeriums auf LZKontrollaufwand sei mit einer ein- Anfrage mit. Dies gelte etwa für eine
heitlichen Gebühr nicht vereinbar.
differenziertere Betrachtung von BeDennoch wurden zwei Klagen ab- triebsarten und Kontrollaufwand.
gewiesen, weil die konkreten BescheiPeter Radewahn, Geschäftsführer
de die Kläger nach Überzeugung des im Deutschen Verband Tiernahrung
Gerichts nicht in ih(DVT), kritisierte
ren Rechten verdas Urteil: „Das
letzt. Sie seien „Im Großen und Ganzen
Gericht stellt fest,
durch die Pauschal- wird unsere Linie bestätigt“
dass der Gleichgebühren begünstigt
heitsgrundsatz
worden und hätten Christian Meyer, Landwirtschaftsminister
verletzt ist, weist
eigentlich
höhere Niedersachsen
aus prozesstechEntgelte
zahlen
nischen Gründen
müssen. Nur in einem Verfahren wa- aber dennoch zwei Klagen zurück.“
ren die Gebühren laut Gericht zu Der Verband, der die klagenden Tierhoch angesetzt. Diese Klage hatte da- futterhersteller in den Prozessen unher teilweise Erfolg.
terstützt, prüft nun, ob man in die Be„Im Großen und Ganzen wird un- rufung geht.
sere Linie damit bestätigt“, kommenInsgesamt sind alleine vor dem VG
tiert der niedersächsische Landwirt- Oldenburg rund 450 Verfahren gegen
schaftsminister Christian Meyer das Gebührenbescheide anhängig, die bis
Urteil. „Eventuell notwendige Ände- zur einer rechtskräftigen Entscheidung
über die Musterklagen ruhend gestellt
wurden. In ganz Niedersachsen sollen
mehr als 700 Verfahren anhängig sein.
„Das Gericht hat klargestellt, dass die
fehlende Typisierung der Gebührenordnung rechtswidrig ist“, erläutert
Ronald Steiling von der Kanzlei Graf
von Westfalen. „Daher wird es auch allen Klagen stattgeben, bei denen die
Pauschalgebühr nicht zu einer Begünstigung führt“, so Steiling, der die Futtermittelhersteller vertritt. In den anderen Fällen müsse die Berufung zeigen, ob das Urteil, dass auch Signalwirkung für die Lebensmittelkontrollen habe, Bestand hat.
Andere Bundesländer schauen gespannt auf die Pilotverfahren. Schleswig-Holstein hat Anfang September
den Entwurf einer Gebührenordnung
für Routiniekontrollen vorgelegt. In
Nordrhein-Westfalen konzentrieren
sich die Pläne der Landesregierung
bislang auf neue Gebühren für Lebensmittelkontrollen.
be/lz 39-15