Programmheft A Cappella mit dem Ensemble Amarcord

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A CA P P E L L A
Donnerstag, 10. September 2015
19:00 Uhr
Liederhalle Mozart-Saal
Lassus & Friends
amarcord
Andreas Rehschuh
Inhalt
A CA P P E L L A
Donnerstag, 10. September 2015
19:00 Uhr
Liederhalle Mozart-Saal
Programm
3
Orlando di Lasso um 1532 – 1594
Bon jour: et puis, quelles nouvelles ?
Einführung
»Guten Morgen, mein Herz, mein süßes Leben« —
Madrigale und Chansons von Lassus und seinen Zeitgenossen
6
Gesangstexte 17
Biographien
amarcord Andreas Rehschuh 34
36
.
.Lucia, celu
.Cantai, or piango
Philippe Verdelot
Italia mia
.
Lesung
Lesung
Lesung
? – vor 1552
Lesung
Adrian Willaert um 1485 – 1562
Vecchie letrose
.
Dies Konzert wird von SWR2 aufgezeichnet und zu einem späteren
Zeitpunkt in der Sendung »Mi:agskonzert« gesendet.
Orlando di Lasso
Bon jour mon cœur .
.Wohl kommt der Mai
.Allala, pia Calia
.Mia benigna fortuna
Eine Veranstaltung der
Internationalen Bachakademie Stu:gart
Johann-Sebastian-Bach-Pla; 70178 Stu:gart
www.musikfest.de Tel. 0711 61 921-0
Redaktion Dr. Christiane Plank-Baldauf Der Text von
Holger Schneider ist ein Originalbeitrag für dieses HeI
Sa; vjp Druck OKzin Scheufele Änderungen vorbehalten.
.
.
.
.
.
.
Lesung
Pause
Lesung
Lesung
3
Orlando di Lasso
La nuit froide et sombre
.
.S, U, Su, P, E, R, per
.Matona mia cara
.Madonna sa l’amor
Lesung
Lesung
Lesung
Lesung
Anonymus (bei Pierre A:aignant, Paris 1530)
Quand je bois du vin clairet – Tourdion
.
Lesung
Jakob Arcadelt um 1500 – 1568
Quand’io pens’ al martire
.
Lesung
Orlando di Lasso
Hort zu ein news gedicht
.
.Im Mayen hört man die Hanen krayen
4
Gesungenes:
amarcord
Wolfram La:keTenor
Robert Pohlers Tenor
Frank Ozimek Bariton
Daniel KnauI Bass
Holger Krause Bass
Gelesenes:
Andreas Rehschuh
Bühne & Ausstattung:
Ode:e KnauI
Programmkonzeption & Briefauswahl:
Orlando di Lasso, Portrait aus dem Tenor-Stimmbuch des Sibyllenkodex 1558
Daniel KnauI
Lesung
5
» Guten Morgen,
mein Herz, mein
süßes Leben«
Madrigale und Chansons
von Lassus und
seinen Zeitgenossen
W
6
ilhelm V., zweiter Brotherr des Komponisten Orlando di Lasso* am
Münchner Hof, fühlte sich zu höherem heiligen Lebenswandel berufen.
Beginnend mit seiner Ausbildung an einer Jesuitenschule in München
und im Folgenden begleitet von seinem persönlichen Pater Peter
Canisius, der schon Wilhelms Vater Albrecht zur Seite stand, ent­
wickelte er eine gegenreformatorische Emsigkeit, die ihm le;thin
den Beinamen »der Fromme« einbrachte. Canisius konstatierte:
»Nirgendwo in ganz Deutschland habe ich einen Mann von so viel Tugend
und wahrer Frömmigkeit wie diesen Prinzen kennengelernt. Er gemahnt
die Geistlichkeit an ihre Aufgaben, duldet keine Ketzer an seinem Hofe,
widmet sich voll und ganz seinem Gebet und kennt kein Laster.«
Wilhelm wollte in seinem jesuitischen Eifer zum Vorbild des ganzen
Herzogtums werden und knöpIe sich zunächst die eigene HoHapelle
St. Georg vor. Nachdem der Reliquiensammler und -verehrer bereits
mit exemplarischen frommen Zeremonien wie Fußwaschungen und
persönliche Speisung Mi:elloser von sich reden gemacht ha:e, wollte
Wilhelm nun den römischen Ritus am eigenen Go:eshaus einführen.
* Für den persönlichen Gebrauch und als Namen, den er seiner Frau und seinen
Kindern weitergab, zog Orlando die lateinisch-italienische Form di Lasso bzw.
de Lasso der französischen Form Lassus vor, welche als ursprünglich anzunehmen ist.
Hierfür bemühte sich der Herzog um päpstlichen Beistand und wandte
sich an das deutsche Jesuiten-Kolleg in Rom. Michele Lauretano, der
Rektor der Schule, schickte den jungen Kölner Dr. Walram Tumler, der
gerade sein Studium in Rom beendet ha:e. Der ehrgeizige Absolvent
des Collegium Germanicum traf im Oktober 1581 in München ein.
»Der Chor war völlig zerlumpt«
Tumler griD sofort durch. In einem Brief an Lauretano beschwerte er
sich über allfällige Probleme mit dem Klerus, beklagte den desolaten
Zustand der heiligen Gewänder und des Kirchenschmucks und
resümierte, die Befolgung der gö:lichen Riten am Hof befände sich
in einem katastrophalen Zustand. Die für die Messe verantwortlichen
Priester seien so unwissend, dass sie kaum einen Schimmer hä:en,
wie man sie zu lesen, geschweige denn zu feiern habe. In Tumlers
empörtem Brief finden sich auch Beschwerden über die beteiligten
Musiker, ihr Aussehen und ihre Art zu singen: »Der Chor war völlig
zerlumpt. Die Sänger rasten durch die Psalmen, respektlos, gequält.« Am
Rande des Schreibens kommentierte Lauretano: »Hast Du tatsächlich
von Sängerinnen und Sängern mehr erwartet, die aus dem Pöbel stammen?
Sie interessieren sich doch eher für Essen und Trinken als für die Liturgie und
verkaufen ihre Dienste nach dem Motto ›Wer bietet mehr‹.«
Es ist gut möglich, dass derlei überdrehte Tiraden des römischen
Schnösels zu unmi:elbaren Abwehrreaktionen geführt haben, wenn
er seine Meinung den BetroDenen im alltäglichen Umgang ähnlich
arrogant nahezulegen suchte. Jedenfalls murrten die HoHapläne und
Sänger, die »den Römer« schon voller Argwohn erwartet ha:en. Allen
voran Lasso, gegen den sich Tumlers spezieller Zorn richtete, da der
Kapellmeister »unziemliche Bücher« veröDentlicht habe. Sicherlich
bezog sich das auf Lassos Chansons, vielleicht auch auf manch eines
der frechen deutschen Lieder, die Wilhelm ja selbst so gern mochte.
Doch »vollends lief der Ingrimm über, als der Fürst ihnen den Befehl zugehen
ließ, bei Processionen nicht ferner mehr in weltlicher Tracht, den Degen an
der Seite, sondern in langem Talar und Chorrock zu erscheinen.« (Andreas
Kardinal Steinhuber, 1906, nach handschriIlichen Aufzeichnungen
von Wilhelm Fusban, 1664).
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Noch vor der Empörung über die höfischen Degen im Sakralbau
stand übrigens der unerhörte Vorwurf, dass manche der Musiker sogar
beweibt waren! Einen rechten Grünschnabel ha:e Rom da geschickt;
zumindest se;te er nicht das Geringste auf diplomatisches Geschick.
Das kann ein möglicher Grund gewesen sein, warum der päpstliche
Popanz die stolze bayrische Stadt nach zwei Jahren seiner zweifelhaften Unternehmensberatung verließ. Der Grandseigneur der LassoForschung unserer Tage, Horst Leuchtmann, vermutete wohl richtig,
dass Tumler oDenbar keinen blassen Schimmer davon ha:e, dass es
sich in München um eine weltliche Hofmusik handelte, die nebenher
zum kirchlichen Dienst herangezogen wurde. Er war lediglich mit den
Verhältnissen am päpstlichen Hof vertraut, an dem es nur eine geistliche Kapelle gab. Das war natürlich kein Grund, von den verdu;ten
bayrischen Musikern Ehelosigkeit und geistliche Tracht zu verlangen:
»Das Missverständnis liegt gänzlich auf Seiten des weltfremden Eiferers
Tumler, der keine Fürstenhöfe kennengelernt hatte, ehe er frischgebacken
aus dem römischen Collegium mit der Reinigungswut des neuen Besens,
der gut kehrt, nach München geriet.«
»Der mehr als gö:liche Orlando«
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Diese längere Vorgeschichte vom Studentengockel, der sich als
kompromissloser Jesuit ebenso entpuppte wie als le;thin bedeutungslose Marginalie der ganzen Geschichte, mag vielleicht als weniger
erquickliches Exempel für eine ziemlich aufregende Vita stehen. Denn
was uns dieser Orlando di Lasso neben seiner Musik an Superlativen
und Merkwürdigkeiten, an Gerüchten und Spektakeln hinterlassen hat,
das birgt allein schon hohes Drehbuch-Potenzial für eine spannende
europäische Leinwandkrimi-Koproduktion! Zeitgenosse von Tizian und
Michelangelo, nicht weniger wichtig für seine Zeit und unsere Zeit, ist
er neben Palestrina der bedeutendste, jedenfalls aber der berühmteste
Musiker des ganzen 16. Jahrhunderts. Die Apostrophierung seiner
Größe gipfelt in Bezeichnungen wie »belgischer Orpheus« oder »princeps
musicorum« (Fürst der Musiker), man nennt ihn einen »durch Melodien
heilenden Arzt« und der Dichter Pierre de Ronsard rühmt in ihm den
»mehr als göttlichen Orlando, der alle seine Zeitgenossen übertreffe und das
einzige Wunder unserer Zeit« sei.
Der Meister aus Mons (zu finden im Südwesten des heutigen Belgien)
war ein Tausendsassa in vielerlei Hinsicht: Er beherrschte und se;te
alle vier Sprachen in Musik, in denen auf dem europäischen Kontinent
gesungen wurde: Latein, Italienisch, Französisch, Deutsch. Schier
unübersehbar ist die Fülle seiner Werke; Lasso soll die meisten Noten
der Musikgeschichte geschrieben haben. Allein mit der Breite seines
Spektrums übertraf er alle Musikerkollegen und verstand sich auf
Passionen, Messen, Magnificats und Mote:en ebenso wie auf
Madrigale, Villanellen, Chansons und deutsche Lieder. Kein anderer
erreichte mehr Drucke und Nachdrucke in den damals bedeutendsten
Druckzentren. In seinen vier SchaDensjahrzehnten kam durchschni:lich
jeden Monat eine Ausgabe mit seinen Werken auf den Markt! Lasso,
der Liebling großzügiger Fürsten, galt als bestbezahlter Komponist
seiner Zeit.
Mit größter Kunstfertigkeit verschmolz der Wallone die reiche Tradition
seiner künstlerischen Vorväter mit seiner AuDassung der Moderne, er
führte unvereinbar Geglaubtes in harmonische Eintracht und bediente
sich dabei einer unerschöpflichen Farbpale:e an ADekten, EDekten und
KniDen: Knusprigster Humor und tieIraurige Melancholie, überschäumende Freude und verzehrender Liebeskummer, dramatische Verflechtungen und gröbster Bauernschalk, Go:vertrauen und koke:e Liebeleien — all das findet bei Orlando mit einem Charme zueinander, als
habe es schon immer zu einem einzigen wundervollen Gedicht gehört.
Es war wohl seine Fähigkeit, sich mit bedingungslosem Einfühlungswillen ganz in die Texte und deren Protagonisten hineinverse;en zu
können, mit großer Lust Details zu entdecken, um daraus leidenschaIliche musikalische Kommentare zu formen. Diesem Willen zum Ausdruck
erwuchs eine WirkungskraI, die Sänger wie Zuhörer in die Rolle des
künstlerischen Subjekts verse;te, ohne dass sie so recht merkten, wie
ihnen geschah. Das machte und macht ihn so beliebt bei Alt und Jung,
Arm und Reich — und so einmalig.
»Cosstgellt dem Orlando für ain Knaben« (?)
Auch in Sachen »Geotagging« hä:e Orlando den damaligen MusikerWeltrekord für sich beanspruchen dürfen: Er zog kreuz und quer durch
(fast) ganz Europa, lebte in den Niederlanden, in Italien und Deutschland, ging zum Papst nach Rom und pilgerte nach Altö:ing und Loreto,
sah Paris und Venedig, Prag und Wien, Frankfurt und Neapel, Mailand
und Nürnberg. Die ersten Ortswechsel geschahen allerdings nicht
freiwillig: Zweimal wurde (und dies scheint laut Aussage seines ersten
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Biografen mit dem schönen Namen Samuel Quickelberg einigermaßen
sicher) der Knabe Orlando wegen seiner »hellen klaren Stimm« entführt
und konnte nur durch größte Bemühungen seiner Eltern zurückgeholt
werden. Leider schien dies damals eine gängige und insofern besonders a:raktive Praxis zu sein, als die Erziehungsberechtigten im Fall des
geglückten Kidnappings keinesfalls abgefunden werden mussten.
Prompt folgte ein dri:er Versuch, den Knaben mit dem betörenden
Organ zur Zierde des eigenen Chores mitgehen zu lassen, und diesmal
wurde er von Erfolg gekrönt, da Orlando freiwillig bei seinem Entführer
blieb. Das war kein Geringerer als der kaiserliche Feldherr und Vize­
konig von Sizilien, Ferrante Gonzaga. Lassos Weggang aus seiner
Heimat im Hennegau bot wiederum Anlass zu einer abstrusen Geschichte eines zwielichtigen Berichtersta:ers, des selbsternannten
Biografen François Vinchant. Danach sei Lassos Vater angeblich als
Falschmünzer en:arnt, öDentlich ausgepeitscht und der Stadt ver-­
wiesen worden, worauEin Orlando voller Scham ausgewandert sei …
10
Die Serie der Gerüchte und Munkeleien ließe sich fortse;en, etwa mit
der Mär, Lasso sei Anfang der siebziger Jahre gestorben. Im Kontext
der blutigen Unruhen der Bartholomäusnacht 1572 in Paris und der
kriegerischen Auseinanderse;ungen in den Niederlanden ha:e man
irgendwie seine Spur auf der Landkarte verloren und kurzerhand erklärt,
er sei wohl hier oder dort ums Leben gekommen. In Augsburg wurde
er go:lob kurze Zeit später ziemlich lebendig wieder gesichtet. Die
hartnäckige Missdeutung eines Vermerks in den Hofzahlamtsrechnungen von 1560 (»Mer Bezalt Cosstgellt dem Orlando für ain Knaben so aufm
Zingkhen Plasen gelernt 30 f.«) ließ Lasso zum angeblichen Zinkenisten
avancieren. Allerdings ging es hier lediglich um Kostgeld, damit dem
kleinen wackeren Zinkenistenschüler der Magen nicht zu sehr dazwischenknurrte, nicht aber um Lassos Entlohnung als Fachdozent für
Renaissance-Blasinstrumente!
»was weiter wirt werden«
Bei seinen Reisen durch ganz Europa im Gefolge der bayrischen Herzöge spielte Orlando selbst mitunter den launigen Akteur bei höfischen
Lustbarkeiten. So trat er 1568 bei einem italienischen Vergnügen aus
Anlass der prunkvollen Hochzeit Wilhelms V. mit Renata von Lothringen
auf und spielte »in einer langen Überjacke aus karmesinfarbenem Satin mit
scharlachroten Schuhen nach venezianischer Mode und einem schwarzen
Mantel, der bis zum Boden reicht. Er trägt eine Maske, bei deren Anblick das
Publikum schon in Gelächter ausbricht, und singt und spielt auf einer Laute,
legt die Laute weg und beklagt sein Unglück in der Liebe.« Machte er sich
gern zum Kasper?
Diese unnü;e Frage wird spätestens mit dem heutigen Abend zurückgestellt, und das verdanken wir zunächst amarcord mit der schönen
Idee zu diesem Programm sowie einem Scha;, den die bayerische
Staatsbibliothek München au7ewahrt: knapp sechzig Lasso-Briefe,
bis auf einige Ausnahmen in den 1570er-Jahren als vertrauliche
odeur
Schreiben an den bayrischen Cronfolger Wilhelm von eigener
fleur
Hand verfasst (und herausgegeben von Horst Leuchtmann
douceur
1977). Mit dieser für einen Musiker jener Zeit erstaunlichen Fülle
faveur
an überlieferten Briefen hat uns Orlando allerdings auch eine
sauveur
Menge Fragen hinterlassen, denn sie bergen neben einer unvercueur
kennbaren Zuneigung gegenüber seinem jungen Herrn unzähmeur’
lige Anspielungen, welche nur für Lasso und seinen Adressaten
pleur’
bestimmt waren und gewiss auch damals schon von keinem
douleur
Dri:en durchschaut werden sollten.
l’honneur
Mit dem überbordenden Spaß eines polyglo: Hochbegabten
hat der Komponist mit seinen Briefen ein eigenes Kunstwerk
geschaDen, das in seinem Sprachenmischmasch und der Freude
an Wortverdrehungen und -spielereien unvergleichlich ist. Lasso
verzwirbelt auf köstliche Weise das Italienische (das Idiom seiner
Ausbildung und ersten Anstellung am Lateran in Rom) mit seiner
Mu:ersprache Französisch (die bezeichnenderweise auch für
Momente der Niedergeschlagenheit und ernsten Klagen reserviert bleibt), mit dem Deutschen als Sprache seiner Lebensstellung und Familienverhältnisse und ein paar Brocken Spanisch;
ab und zu blinzelt ein wallonischer oder norditalienischer Dialekt
hervor. Sein Kapitalspaß beim Schreiben aber ist ein völlig
verballhorntes Latein. Hin und wieder bricht überraschend eine
Passage in grober Vulgärsprache hervor. Das alles vollzieht sich
in einer regelrechten Choreographie aus Wortkaskaden (im kleinen etwa: »was weiter wirt werden«) oder Endlosreimereien (wie
im nebenstehenden Beispiel). Kaum ein Brief, der ohne Reime
auskommt, für welche mitunter der Sinn entstellt oder entleert
werden muss, was seinerseits eine eigene Komik entwickelt.
malheur
seur
createur
pasteur
auteur
l’heur
peur
valeur
horreur
erreur
pecheur
prescheur
couleur
l’aideur
teneur
composeur
sueur
sauteur
joueur
labeur
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Ganz klar: Lasso will amüsieren, seinen Herrn erheitern, die gute
Stimmung auch da erhalten, wo einem der Beiden eher nach Heulen
zumute wäre. Doch es begegnet uns in diesen herzerfrischenden
Briefen auch eine Kehrseite, die Leuchtmann sehr genau empfunden
hat: »Betrachtet man die Porträts, die uns von ihm überkommen sind, kann
man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass seine Grundhaltung die einer
Melancholie, vielleicht sogar eines gewissen Pessimismus gewesen sein muss.
Das steht in keinem Gegensatz zu der turbulenten Heiterkeit, die aus vielen
Briefstellen spricht, ganz im Gegenteil. Die Erfahrung lehrt, dass hinter dem
zeitweise lustigen Überschwang sehr oft eine ernste, wenn nicht düstere
Grundstimmung verborgen liegt. […] Wie in seinen Werken, aber durch den
Gebrauch des Wortes deutlicher und definierbarer, tritt uns Lasso in seinen
Briefen entgegen als ein nervöser, sprunghafter Mensch, voll Tiefe, Schwermut
und überschäumender Heiterkeit, gut aufgelegt und doch zur Melancholie
neigend, auf seinen Vorteil bedacht und vor dem Tod resignierend, gescheit
und witzig, mit Begabung für Sprachen und Einsicht in ihren Bau.«
»vier Flaschen durch ein b erniedrigter Halbtöne«
12
Zu musikalischen Cemen oder eigenen Werken äußert sich Lasso kaum.
Neben ein paar Erwähnungen zur Komposition deutscher Lieder gibt
es lediglich einen Brief, der sich wiederum ausschließlich der Musik
widmet. Leider werden wir ausgerechnet aus diesem komple: verklausulierten SchriIstück überhaupt nicht schlau (vgl. ÜberschriI), auch
wenn Lasso darin u.a. jeweils ein Stück von Verdelot und Arcadelt
erwähnt, den beiden »Urvätern« des italienischen Madrigals, deren
Klänge auch im heutigen Programm zu hören sein werden. Neben
Lassos Beiträgen zur Hochform des italienischen Madrigals finden sich
mit Lucia, celu und Allala, pia Calia auch zwei »Moresche« im Programm,
jene künstlerisch gezierte Form des alten derben Pantomimentanzes.
Das berühmte Matona mia cara wiederum ist eine von deutschen Wortbrocken durchse;te »Todescha«, deren populäre Bezeichnung »Landsknechtsständchen« natürlich aus späteren Zeiten stammt.
Ähnlich rätselhaI wie Lassos Brief Nr. 43 mutet sein Sa; S, U, Su, P, E,
R, per, Super an, den Wolfgang Boe:icher kernig aber auch ein wenig
ratlos als »Profanmote:e mit grotesker Silbenrepetition« bezeichnete.
Das Stück wurde mehrmals nachgedruckt und in den jeweiligen Ausgaben unterschiedlichen Ga:ungen zugeordnet: In Deutschland erschien
es als Mote:e, in Frankreich als Chanson und in Italien als Madrigal —
ein einmaliger Fall in der Vokalmusik des 16. Jahrhunderts. Zwar
finden sich ähnliche »Su-su-su«-Anfänge schon in einigen Fro:olaoder Ba:aglia-Stücken dieser Zeit, doch mit dem silbenstammelnden
Au7au des Super flumina Babylonis sind sie kaum vergleichbar; eine
ironisierende Absicht (wie etwa bei der Napolitana) kann mit dem
Psalm als Textquelle eigentlich ausgeschlossen werden. Vielleicht
wollte Lasso — ungeachtet oder auch eingedenk einer möglicherweise
satirischen Wirkung der Darbietung — tatsächlich eine biblische Szene
abbilden, bei der es darum ging, aus der babylonischen Verwirrung
die gemeinsame Sprache allmählich wieder zu erlernen?
»das jmmer wol fünD beysammen«
Wir kommen angesichts dieses Hinweises im Vorwort zu seiner Liedausgabe von 1567 nicht umhin, dem Verfasser der teütschen Liedlein ein
nachträgliches überschwängliches Dankeschön für seine Initiative zukommen zu lassen, die bis dahin üblicherweise vierstimmigen Sä;e um
eine fünIe Stimme erweitert zu haben. Indem er weitere Zutaten des
italienischen Madrigals und französischen Chansons in seinen neuen
Liedlein verwendete, hat Lasso die Tradition seines Münchner Vorreiters Ludwig Senfl zu einer Blüte geführt, die der Hof wohl zu schä;en
wusste, allen voran Wilhelm, der nicht so gut italienisch und französisch
sprach wie sein Vater.
Hartnäckig hält sich das Vorurteil, die Texte der deutschen Lieder,
die Lasso in die Hand nahm (und die er sich im übrigen zumeist nicht
selbst ausgesucht hat), seien allesamt haarsträubend simpel und geradezu peinlich für einen Künstler vom Range Lassos. Dass dem nicht so
ist, zeigt beispielsweise der in seiner scheinbaren Schlichtheit filigran
ausgeklügelte Sa; des Liedes Wohl kommt der Mai. Natürlich gibt es
auch die derben, holzschni:artigen Wortstanzereien, derer sich Lasso
mit demselben kompositorischen Interesse annahm. Aus der dri:en
Sammlung von 1576 stammt das berühmte Nasenlied (»Hort zu ein neus
gedicht«), das sich auf eine ausnehmend pu;ige Tradition gesellschaIlicher Satire und einige textliche wie musikalische Vorbilder bezieht,
deren Aufzählung hier zu weit führen würde (vgl. Abb.). In erster Linie
geht es natürlich um Nasenformen, deren zumeist unschöne Ausprägung mit derben altfränkischen A:ributen aneinandergekli:ert wird.
Preise sind im Spiel, neben den einfältigen Gimpelsbrunner Gimpeln
auch die Weiber; irgendwann wird klar, dass die Nase für ein ganz
13
anderes männliches Körperglied steht … Noch heute gibt es übrigens
mit dem Wolfacher Nasenzug einen RückgriD auf eine der Quellen zum
Nasenlied, das Fasnacht spil von Hans Sachs.
Das Stücklein Im Mayen hört man die Hanen krayen unterbietet hinsichtlich größtmöglicher Sinnfreiheit das Nasenlied deutlich: Hier geht es
nicht mehr um die Vermeidung eines Reim-dich-oder-ich-fress-dich
(»bum, medle bum« — »ich kum, ich kum«), hier geht es nur noch um
»bewährten Volksbrauch« (Leuchtmann)! Doch auch dieses Lasso-Lied
gehört auf amarcords Wunschliste, denn es gewinnt seine eigene
Dynamik durch den rhythmischen Motor, mit dem die doch recht
einfache Klanglichkeit in Gang gese;t wird. Dieses Tanzlied ist —
gesungener Tanz, getanzter Gesang! Und es hat immerhin für ausreichend Aufmerksamkeit gesorgt, um durch eine geistliche Kontrafaktur
mit neuem Text »geadelt« zu werden: »Im himel dort oben, hort man die
Engel Got loben« — wie passend!
»Vive mon Dieu«
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Das vierstimmige Bon jour mon cœur wurde sogar mehrfach »kontra­
faziert«. Dabei wirkt doch gerade der Zauber dieser wohl schönsten
Miniatur Lassos ausschließlich in ihrer untrennbaren Einheit mit einer
der kostbarsten poetischen Perlen von Pierre de Ronsard! Wie die
Stimmen mit schlichter Vollkommenheit die Kosenamen der Geliebten
umschmeicheln, wie sie leidenschaIliche Steigerungen in aller RaKnesse melodisch, rhythmisch und harmonisch mitfühlen: Das ist ein
anrührendes kleines Wunder! Nachgedruckt in über 20 Büchern hat
sich das Chanson auch rasch verbreitet und wurde für allerlei üblichen
Gebrauch umgeschrieben. Neben instrumentalen Bearbeitungen etwa
für die beliebten Lautentabulaturen gab es auch erns;unehmende
vokale Fassungen. Dem antiken Prinzip der »Aemulatio« folgend,
bemühte sich Lassos flämischer Kollege Andreas Pevernage mit seiner
achtstimmigen Bearbeitung, in der »Imitatio« sein bewundertes Vorbild
noch zu übertreDen. Jean de Castro, ein anderer Zeitgenosse, schuf
eine schöne Version für drei Stimmen.
Was dann allerdings im Zeichen notwendiger »Säuberung« allzu
frivoler (?) Texte durch französische Hugeno:en angerichtet wurde,
die den Komponisten durchaus schä;ten, erscheint uns zumindest aus
heutiger Sicht schwer begreiflich. Ein gewisser Jean Pasquier korrigierte
»Bon jour mon cœur« zu »Vive mon Dieu, a mon Seigneur soit gloire« auf
den identischen Sa; von Lasso, womit das Original jegliche Subtilität
einbüßte; Simon Goulart gab es ähnlich als »Christ est mon Dieu«
heraus; zwei weitere Kontrafakta erschienen auf deutsch: »O Herre
Gott, mein noth thu ich dir klagen« (Johann Pühler) und »Betrübet sehr, bin
ich von Hertzen« (Lüneburg). Diese unglücklichen Versuche evozieren
mit einer gewissen Wehmut den Vergleich mit Bachs großer Kunst der
Parodie. Und was mag Orlando selbst dabei empfunden haben? Erst
kleisterten ihm die eifernden Protestanten unpassende Choraltexte
unter seine schönsten Chansons, dann kommt der römische Klerus
in Gestalt eines Milchreisbubis, der ihm und seinen stolzen Sängern
vorschreibt, wie sie sich gefälligst zu benehmen haben?
Als der Herr Dr. Tumler 1583 wahrscheinlich stolz wie Oskar nach
Freising abreiste, waren die gegenreformatorischen Prinzipien tief in
das höfische Leben vorgedrungen. Wilhelm der Fromme war nicht nur
mehr fromm, sondern von einem regelrechten religiösen Fanatismus
gepackt worden. Auch Lassos Hinwendung zu geistlichen Werken mag
mit diesem Wandel einhergegangen sein. Die profanen Ga:ungen
der frechen Chansons und frivolen deutschen Lieder weichen zunehmend moralisierenden Inhalten über die Vergänglichkeit des Menschen
und die Unbeständigkeit seines Daseins. Doch es wäre ein grundfalscher Ansa;, hierin einen Bruch wahrnehmen zu wollen, der allein im
Gehorsam gegenüber den neuen Prämissen am Hofe gründete. Denn
Orlando di Lasso war seit jeher ein frommer Mann, den es besonders
gekränkt haben muss, dass ihm der eitle geistliche Fa;ke ebendiese
EigenschaI abzusprechen versuchte. Handelte es sich doch um jene
wahre Frömmigkeit, die das irdische Leben mit all seinen bunt schillernden und tiefdunklen Face:en als gö:liches Geschenk dankbar annahm
und es nach bestem menschlichen Vermögen zu würdigen suchte. Wie
anders auch hä:e »der mehr als gö:liche Orlando« so wunderbare
fröhlich-geistlich-weltliche Musik schreiben können?
Holger Schneider
15
Orlando di Lasso
Bon jour :
et puis, quelles nouvelles ?
hugowakademie
Livre de chansons nouvelles a cinq parties, Paris 1571
Clément Marot (1496? – 1544)
Bon jour : et puis, quelles nouvelles ?
N’en saurait-on de vous avoir ?
S’en bref ne m’en faites savoir,
j’en ferai de toutes nouvelles.
Puis que vous êtes si rebelles,
Bon vêpre, bonne nuit,
bon soir, bon jour.
16
Mais si vous cueillez des groseilles,
Envoiez m’en !
Car pour tout voir, je suis gros :
Mais c’est de vous voir quelque matin,
Mes damoiselles !
Bon jour.
Guten Tag, was gibt’s Neues?
Sollte ich nicht etwas von Euch erwarten?
Wenn Ihr’s mir nicht schnell sagt,
mache ich selber Neuigkeiten.
Nun, da Ihr so rebellisch seid,
Schöne Vesper, gute Nacht,
guten Abend, guten Tag.
Falls Ihr Johannisbeeren sammelt,
bringt mir davon!
Denn ich bin wild danach, alles zu sehen,
eines Morgens aber vor allem Euch,
Meine Fräulein!
Guten Tag.
17
Lucia, celu
Libro de villanelle, moresche, et altre canzoni, Paris 1581
18
Lucia, celu, hai, hai, hai, hai,
hai
Biscania, hai,
tambilililili gua gua, ciri, ciri cian. Non canusci giorgia tua,
Christophona tua? Se tu fare cariss’a me,
Et io far cariss’a te, gua, gua! Se te voi scarpe de laura
Con chia velle sommolata,
Et doble:a quadra cirifa Con gonella de scuagliata,
Giorgia tua port’à te.
Ciambelo:a verde, bruna,
carmosina, leonata,
Et no pare de paternoglia
cosa canda come contessa, cod’alzata com’à Madonna, apri porta! Giorgia tua canta la magna! Hai! Lucia mia,
non canusci Giorgia tua
che te vole tanto di bene,
che non pote niente bedere, V, V, gricache, za, za, za, baraza, tiri, tiri gua, gua.
(Nigra guala burno, ie vous quie au ne. Alabachi laudi barichigno)
Scaba canaza, vati con dio,
non cene leche
Per santa malina
Zu, zu, zu, zu bere, tiri, tiri gua, gua
Hai, hai Lucia mia! Giorgia sporcata pisci’a lo lieto!
Dici, sudata pampona,
fete come tonina, burnoguala, scaba canaza! Ziche lizi, diridindina, zocolo zo,
Che della burnoguala siamo, Dindiri, dindiridina.
Lucia, Himmel, ei, ei, ei
du Flittchen, ei,
Tambilililili gua gua, ciri, ciri, cian.
Kennst du deine Giorgia nicht mehr?
Deine arme Sängerin?
Wenn du nett zu mir bist, wirst du sehen,
dass auch ich nett zu dir bin, gua gua!
Wenn du goldene Schuhe
mit Absätzen möchtest,
gefüttert mit feiner Baumwolle,
einen schönen Rock, ganz aus Volants,
wird deine Giorgia dir das alles kaufen.
Einen Kamelhaarstoff, grün, braun,
karminrot, rotblond;
also erröte nicht, wenn Giorgia für dich
wie für eine Gräfin singt,
für eine Fürstin, für die Madonna.
Öffne das Tor! Deine Giorgia ist hier,
um dich zu preisen. Ah, meine Lucia,
erkennst du deine Giorgia nicht,
die dich so lieb hat? Die nichts anderes
mehr sehen kann als dich?
Uh, uh, gricache, za, za baraza, tiri, tiri, gua, gua.
(Miststück von einem Schwarzgesicht. Alabachi laudi barichigno.)
Hau ab, räudiger Hund,
hier gibt es nichts zu lecken.
Ich gehe etwas trinken,
Zu, zu, zu, zu bere, tiri, tiri, gua, gua,
Ah, meine Lucia!
Giorgia, du hast ins Bett gepinkelt,
und sag’ nicht, du hättest zuviel geschwitzt.
Du stinkst wie ein fauler Fisch!
Schwarzgesicht, räudiger Hund!
Ziche lizi, dirindindina, zocolo zo,
wir kommen aus dem Land der Schwarzgesichter,
Dindiri, dindiridina.
19
Cantai, or piango
Il primo libro di madrigali, Venedig 1555
Petrarca
Cantai, or piango; e non men di dolcezza
Del pianger prendo che del canto presi,
Ch’a la cagion, non a l’eDe:o, intesi
Son’ i miei sensi vaghi pur d’altezza:
Indi e mansuetudine e durezza
Et a:i fieri et umili e cortesi
Porto egualmente; ne mi gravan pesi,
Nè l’arme mie punta di sdegni spezza.
Tengan dunque ver’ me l’usato stile,
Amor, madonn’, il mondo e mia fortuna;
Ch’io non pens’esser mai se non felice.
20
Arda, o mora, o languisca, un più gentile
Stato del mio non è so:o la luna,
Si dolc’è del mio amaro la radice.
Ich sang, jetzt wein’ ich, und ein gleich Vergnügen,
Wie sonst am Singen, ich am Weinen finde;
Denn, nicht der Wirkung denkend, nur der Gründe,
Zur Höhe meine irren Sinne fliegen.
Gleich trag’ der Härt’ ich und der Sanftmut Fügen,
Ob Zorn, ob Huld und Demut sich entbinde;
So dass ich schwerer keine Last empfinde
Und meine Waffen keinem Zorn erliegen.
So mag nach alter Weise meinetwegen
Amor, Madonna, Welt, Geschick verfahren;
Doch denk’ ich stets nur Freuden zu erwerben.
Glüh’, sterb’ und schmacht’ ich auch; ein holder Pflegen
Als mein’s, ist unterm Mond nicht zu gewahren;
So süß erweist die Wurzel sich des Herben.
Philippe Verdelot
Italia mia
Petrarca
Italia mia, benche’l parlar sia indarno
A le piaghe mortali
Che nel bel corpo tu sì spesse veggio,
Piacemi almen ch’i miei sospir sien quali
Spera’l Tever e l’Arno,
E’l Po, dove doglioso e grave or seggio.
Re:or del ciel, io cheggio
Che la pietà che ti conduss’ in terra
Ti volgh’ al tuo dile:’ almo paese:
Vedi, signor cortese,
Di che levi cagion che crudel guerra;
E i cor ch’indur’ e serra
Marte superb’ e fero
Apri tu, padr’ e’ntenerisci e snoda;
Ivi fa che’l tuo vero,
Qual’ io mi sia, per la mia lingua s’oda.
Zwar, mein Italien, bleiben, was wir sagen,
Die Todeswunden offen,
So ich an deinem schönen Leib’ ersehe,
Doch mindest will, wie Tiber, Arno hoffen
Wie Po es wünscht, ich klagen,
Bei dem ich schmerzensvoll und jammernd stehe. –
O Himmelsfürst, ich flehe,
Dass, wie dich Mitleid einst zur Erde sandte,
Es jetzt in dein teures Land dich lade.
Da sieh, o Herr voll Gnade,
Wie wilder Streit erwuchs aus kleinem Brande.
Die Herzen schlug in Bande
Mars, stolz und wild, die blinden;
O Vater, löse sie, dem Hochmut wehre!
Lass meine Zunge künden,
Wer ich auch sein mag, deiner Wahrheit Lehre!
21
J. S. Bach
MESSE IN H­MOLL
Adrian Willaert
Vecchie letrose
Aus Bachs Handschrift:
Erstmals eine Einspielung
nach den von Bach selbst
detailliert eingerichteten
„Dresdner Stimmen“
Canzone villanesche alla napolitana di M. Adriano Wigliaret a quatre voci
Primo libro, Venedig 1544
Vecchie letrose, non valete niente,
se non a far l’aguaito per la chiazza.
Tira, tira, tira tirr’alla mazza,
vecchie letrose scannaros’e pazze.
J. S. BACH MESSE IN H-MOLL
Ihr elenden Vetteln seid zu nichts gut,
außer um einen Hinterhalt zu legen.
Darum zieht, zieht, zieht am Stecken,
ihr elenden Vetteln, diebisch und verrückt.
MASS IN B MINOR · BWV 232
DELUXE
Sampson · Vondung · Johannsen · Berndt
Gächinger Kantorei Stuttgart · Freiburger Barockorchester
Hans-Christoph Rademann
2 CDs & DVD
J. S. BACH MESSE IN H-MOLL
CCarus
MASS IN B MINOR · BWV 232
Sampson · Vondung · Johannsen · Berndt
Gächinger Kantorei Stuttgart · Freiburger Barockorchester
Hans-Christoph Rademann
2 CDs
CCarus
Carolyn Sampson, Anke Vondung, Daniel Johannsen, Tobias Berndt
Gächinger Kantorei Stuttgart, Freiburger Barockorchester
Hans-Christoph Rademann
D
ie Messe in h-Moll von Johann Sebastian
Bach wird oft als „Gipfelpunkt der abend­
ländischen Musikkultur“ bezeichnet.
Erstmals basiert nun eine Einspielung in Kyrie
und Gloria konsequent auf den von Bach selbst
detailliert eingerichteten „Dresdner Stimmen“.
Mit seiner ersten CD als Leiter der Internatio­
nalen Bachakademie Stuttgart setzt Hans­
Christoph Rademann mit renommierten
Solisten und Ensembles in künstlerischer und
aufführungspraktischer Hinsicht Maßstäbe.
Carus 83.314 (2 CDs)
Carus 83.315 (Deluxe: 2 CDs
inkl. Bonustracks + 1 DVD)
C Carus
23
Orlando di Lasso
Bon jour mon cœur
Le premier livre de Chansons, Susato / Antwerpen 1564
Pierre de Ronsard (1521 – 1585)
Bon jour, mon cœur,
Bon jour ma douce vie,
Bon jour, mon œil,
Bon jour ma chère amie !
Hé, bon jour, ma toute belle,
Ma mignardise bon jour,
Mes délices, mon amour ;
Mon doux printemps, ma douce fleur nouvelle,
Mon doux plaisir, ma douce colombelle,
Mon passereau, ma gente tourterelle !
Bon jour, ma douce rebelle !
Guten Morgen, mein Herz,
Mein süßes Leben,
Mein Augen süß,
Freundin!
Meine Allerschönste,
Meine Federnelke,
Meine Lust, meine Liebe;
Mein süßer Frühling, süße, frische Blume,
Süßes Ergötzen, süße Taube,
Mein Spatz, mein zartes Turtelchen!
Guten Morgen, süßer Rebell!
Wohl kommt der Mai
Newe teutsche Lieder, München 1583
Wohl kommt der Mai mit mancherlei der Blümlein zart nach seiner Art,
erquicket, das verdorben was durch Winters G’walt, des freuet sich ganz mannigfalt. Alls, das da lebt sich je;t erhebt;
der Vöglein Gsang, verstummt so lang,
verschwiegen was, auch Laub und Gras, das grunet schon,
derhalb ich auch nicht trauren kann.
Und sonderlich erfreu ich mich
heimlichen des, ich weiß wohl wes,
davon man nicht viel Bsunders spricht noch sagen soll:
wills Glück uns wohl, so geht’s uns wohl!
24
Allala, pia Calia
Libro de villanelle, moresche, et altre canzoni, Paris 1581
Allala pia Calia,
Siamo, siamo, siamo bernaguala!
Tanbilililili, Tanbilili.
Schinchina bacu, santa gamba,
gli, gli pampana calia.
Cian, cian, nini gua gua, ania catuba,
(Chi linguacina bacu lapia clama gurgh.)
He, he… ha, ha… ho, ho!
Cucanacalia rite apice scututuni, la pia piche;
berlinguaminu charachire.
Et non gente gnam gnam
Ch’ama figlia gentilhuom!
Non curare berlingaminum
ch’amar fosse
Chissa hominum are buscani!
A la cura chi de cua!
Are patichache, siamo beschin!
Mia benigna fortuna
Il primo libro di madrigali, Venedig 1555
Petrarca
Mia benigna fortuna e’l viver lieto,
I chiari giorni e le tranquille no:i
E i soavi sospiri, e’l dolce stile
Che solea resonare in versi e’n rime,
Volti subitamente in doglia e’n pianto,
Odiar vita mi fanno, e bramar morte.
Crudele, acerba, inesorabil Morte,
Cagion mi dai di mai non esser lieto,
Ma di menar tu:a mia vita in pianto,
E i giorni oscuri e le dogliose no:i;
I miei gravi sospir non vanno in rime,
E’l mio duro martir vince ogni stile.
Mein freundliches Los und glückliches Leben,
Der klare Tag und die friedliche Nacht,
Die zarten Seufzer im zarten Stil,
Die in Versen und Reimen widerhallten —
Alles hat jäh sich in Kummer und Weinen verkehrt.
Ich hasse das Leben, ersehne den Tod.
Grausamer, bittrer, unerbitterlicher Tod,
Du gibst mir Grund, nie wieder glücklich zu sein,
Sondern mein Leben mit Klagen zu verbringen,
Die Tage sind finster, kummervoll die Nächte;
Meine Seufzer lassen sich nicht in Reime zwingen,
Und mein hartes Los bezwingt jeden Stil.
25
Anmerkung der Redaktion:
Lassus lernte in Neapel die »Moresca« kennen, den schon im 15. Jh.
weit verbreiteten »Mohrentanz« — ein SammelbegriD für eine Vielfalt
skurriler Tänze, bei dem in diesem Fall der muselmannische »Allala«
auIaucht. Man rechnete damals auch Araber, Türken und Juden zu
den »Schwarzen«. Bei einem Stück wie diesem wäre es unvorsichtig,
eine endgültige Überse;ung vorzuschlagen: der Autor macht sich
in einem Gefühl des Überschwangs das Vergnügen, Wörter, deren
Sinn oI verlorengegangen ist, spaßhaI zu verdrehen; zuweilen ist es
schwierig fes;ustellen, ob er die saIige Sprache der Mauren parodiert oder aber seiner eigenen fröhlichen Phantasie freien Lauf lässt.
Diese »Verse« sind ein Durcheinander von immer burleskeren Ausrufen zu sein. Man findet darunter pikante Lautmalereien, die an die
Sprache der Mauren erinnern, an ihre überschäumende Fröhlichkeit,
ihre Energie und ihren Appetit.
La nuit froide et sombre
Les meslanges… contenan; plusieurs chansons, Paris 1576
Joachim du Bellay (1522 – 1560)
La nuit froide et sombre
Couvrant d’obscure ombre
La terre et les cieux,
Aussi doux que miel
Fait couler du ciel
Le sommeil aux yeux.
Puis le jour suivant
Au labeur duisant
Sa lueur expose,
Et d’un tein divers
Ce grand univers
Tapisse et compose.
26
Die Nacht, kalt und dunkel,
Bedeckt mit undurchdringlichen Schatten
Die Erde und den Himmel.
So sanft wie Honig
Lässt sie den Schlaf
In die Augen fließen.
S,
U,
Su,
P,
E,
R,
per
Secondo libro delle fiamme, Venedig (?) 1567
Doch der folgende Tag,
Zur harten Arbeit,
Breitet seinen Glanz aus,
Und bedeckt und gestaltet
Mit schillernden Farben
Dieses Große Universum.
B, A,
B, I, bi, babi,
L, O, lo, bilo, babilo,
N, I, S, nis, lonis, bilonis, Babilonis,
Prima pars
S, U, su, P, E, R, per, super,
27
F, L, U, flu, per flu, super flu,
M, I, mi, flumi, per flumi, super flumi,
N, A, na, mina, flumina, per flumina, super flumina,
ba, na ba, mina ba, flumina ba, per flumina ba, super flumina ba,
na babi, mina babi, flumina babi, per flumina babi, super flumina babi,
na babilo, mina babilo, flumina babilo, per flumina babilo, super flumina babilo,
na Babilonis, mina Babilonis, flumina Babilonis, per flumina Babilonis, super flumina Babilonis.
Secunda pars
I, L, il, L, I, C, lic, illic,
S, E, se, lic se, illic se,
D, I, di, sedi, lic sedi, illic sedi,
M, U, S, mus, dimus, sedimus, lic sedimus, illic sedimus,
E, T, et, mus et, dimus et, sedimus et, lic sedimus et, illic sedimus et,
F, L, E, fle, et fle, mus et fle, dimus et fle, sedimus et fle, lic sedimus et fle, illic sedimus et fle,
V, I, vi, flevi, et flevi, m us et flevi, dimus et flevi, sedimus et flevi, lic sedimus et flevi, illic sedimus et flevi,
M, U, S, mus, vimus, flevimus, et fl evimus, mus et flevimus, sedimus et flevimus, lic sedimus et flevimus, illic sedimus et flevimus.
An den Flüssen Babels saßen wir und weinten. Psalm 137, 1
Matona mia cara
Libro de villanelle, moresche, et altre canzoni, Paris 1581
28
Matona, mia cara,
mi follere canzon,
cantar so:o finestra,
lan;e buon compagnon.
Don don don,
diri diri don don don don don.
Frollein, meine Schöne,
mir machen Lied,
singen unter Fenster,
Lanze guter Geselle.
Ti prego m’ascoltare,
che mi cantar de bon,
e mi ti foller bene,
come greco e capon.
Don don don ...
Dich bitte mir zuhören,
denn mir singen gute.
Und mir dich haben wollen
wie griechisch und Hahn.
Comandar alle cazze,
cazzar con le falcon,
mi ti portar beccazze
grasse come rognon.
Don don don ...
Befehle Schwänze,
schwänzel mit Falke,
mir dir bringen Schnabel,
dick wie Niere.
Si mi non saper dire
tante belle rason,
Petrarcha mi non saper,
ne fonte d’Helicon.
Don don don ...
Ja mir nicht wissen sagen,
ganze gute Grund,
Petrarcha mir nicht wissen,
nicht Quell vom Helikon.
Se ti mi foller bene,
mi non esser poltron,
mi ficcar tu:a no:e,
urtar come monton.
Don don don ...
Wenn dich mir haben wollen,
mir nicht sein Faulenze,
mir ficken ganze Nacht,
stoßen wie Bock ...
Madonna sa l’amor
Les meslanges … contenan; plusieurs chansons, Paris 1576
Madonna sa’l amor s’el ver dic’io,
io non vorrei morire più per il vostro,
che per l’util mio.
Chi sicura vi fa di non uscire di vita,
all’ hor che me morto vedrete,
lasso poi che desio tanto n’havete,
et se ciò non avien come viurete,
se d’altro non si cib’ il vostro core,
che del mio gran dolore.
Deh sia pietat’ in voi madonna poi,
che me salvat’ e voi,
che gli è pur crudeltà tropp’ infinita,
se stessa trar per trarr’ altrui di vita.
Geliebte, die Liebe weiß, ob ich die Wahrheit sage,
ich möchte nicht mehr zu Eurem Vorteil,
sondern zu dem meinigen sterben.
Wer versichert Euch, nicht aus dem Leben zu scheiden,
zur Stunde, da Ihr mich tot sehen werdet;
ich lasse es dann zu, dass Ihr ein so großes Verlangen zum Sterben habt,
und wenn das nicht geschieht, wie werdet Ihr leben,
wenn Euer Herz vor nichts anderem erkaltet,
als vor meinem großen Schmerz.
Ach, möge denn Mitleid in Euch sein, Geliebte,
dass Ihr mich errettet,
denn es ist eine gar zu unendliche Grausamkeit,
sich aus dem Leben zu stoßen, um einem anderen dasselbe anzutun.
29
Anonymus
Jacob Arcadelt
Quand je bois du vin clairet
Quand’io pens’ al martire
Tourdion
Quand je bois du vin clairet,
amis, tout tourne,
aussi désormais
je bois Anjou ou Arbois.
Chantons et buvons,
à ce flacon faisons la guerre,
chantons et buvons,
mes amis, buvons donc.
»Teütsch Lautenbuch« des Melchior Neusidler, 1566
Quand’io pens’al martire,
amor, che tu mi dai gravos’e forte,
corro per gir’a morte
così sperando i miei danni finire.
Ma poi ch’io giung’al passo,
che port’in questo mar pien di tormento,
tanto piacer ne sento,
che l’alma si rinforza ond’ io no’l passo.
Buvons bien, buvons mes amis,
trinquons, buvons, gaiement chantons.
En mangeant d’un gras jambon,
à ce flacon faisons la guerre.
Così’l viver m’ancide,
così la morte mi ritorn’in vita,
o miseria infinita,
che l’un apport’e l’altra non recide.
30
Le bon vin nous a rendus gais,
chantons, oublions nos peines, chantons.
En mangeant d’un gras jambon,
à ce flacon faisons la guerre.
Wenn ich hellen Rotwein trinke,
Freunde, dreht sich bei mir alles,
aber so geht’s mir auch,
wenn ich Anjou trinke oder Arbois.
Lasst uns singen und trinken,
dieser Flasche den Garaus machen,
lasst uns singen und trinken,
meine Freunde, trinken wir aus.
Trinkt aus, meine Freunde,
stoßen wir an, trinkt und singt fröhlich.
Während wir vom fetten Schinken essen,
lasst uns dieser Flasche den Garaus machen.
Der gute Wein hat uns froh gemacht,
lasst uns singen, unsre Sorgen vergessen und singen.
Während wir vom fetten Schinken essen,
lasst uns dieser Flasche den Garaus machen.
O Liebe, wenn ich denke,
wie du mich triffst mit grimmen Schicksalsschlägen,
eil ich dem Tod entgegen,
dass ich mein endlos Leid ins Nichts versenke.
Doch nah ich schon der Stunde,
dem Hafen, wo der Qual ich bald entronnen,
fühl ich so hohe Wonnen,
dass neugestärkt zum Leben ich gesunde.
So will der Tod mir geben
das Leben, Tod sich mir in Leben wandeln.
Wie seltsam an mir handeln,
bald feindlich und bald freundlich, Tod und Leben.
31
Orlando di Lasso
Hort zu ein news gedicht
Der dri:e Ceil schöner, neuer, teutscher Lieder, München 1576
Hört zu ein news gedicht
Von nasen zugericht,
Der sein sehr vil und gnueg;
Ein jeder wil mit fueg
Damit sein in dem gsellen spil,
Ein schöne nasen haben wil;
Dem sol man sie lassen zu ruh,
Es seind noch ander nasen gnueg.
32
Krade, krumpe, bucklete, einbogne,
Murrete, dicke, brai:e, gspi;te,
Maset, schrammet, gflickte,
Driecket und knollet,
Vierecket und drollet
Gschnei;te, ro;ig,
Bu;ig, gstumpDet,
KumpDet, ruessig,
DrieDend, blietend,
Schnoflent, schnaufent,
Schnarchent, schnopDent,
Frostblabe, brinrothe,
Knopret, zucket, frade,
Zschlagne, zkra;te,
Zbißne, zschnidne,
Zhackte, zrißne,
Blocket, hacket,
Zincket, muncket,
Pflunschet, stincket,
Gleissent, wimbret, hogret,
Vol engering, knogret,
Ebne, schlechte, flache,
Ein Kruß planne,
Waiche Nasen, wie die ADen Nasen,
Drat mit klaDen,
Und ander noch vil mehr,
Die wir nit zehlen her,
Wir haben der genueg.
Nun höret wei:er zu!
II
So findt man gülden,
Silberin, messing,
Zienen, küpDeren,
Stählin, eysen,
Stainen, bainen, hiernen,
Hül;en, wäxen,
Gschni;te, goßne,
Gfrorne, gmalte Nasen,
Lange, kur;e, grosse, kleine,
Wei:e, enge, hohe, nidere
Nasen,
Flaischnasen, Vischnasen,
Alt fränkisch Nasen,
Reissennasen,
Gan;nasen,
Schön Nasen,
Sauber Nasen,
Wol gformet Nasen,
Gar allerley Nasen,
Mit Knoden und Fasen.
III
Wer gewinnen wil den Kran;,
Künig werden am Nasen Tan;,
Der kumb biß Suntag frue
Gen Gimpelsbrun darzue.
Im Mayen
hört man die Hanen krayen
Neue teütsche Liedlein, München 1567
Im Mayen hört man die hanen krayen,
Frey dich, du schöns brauns megetlein,
HilD mir den habern seyen!
Bist mir vil lieber dann der knecht,
Ich thu dir deine alte recht, Bum, medle, bum.
Ich frey mich dein gan; umb und umb,
Wo ich freundlich zu dir kum,
Hinderm ofen und umb und umb,
Frey dich, du schöns brauns megetlein,
Ich kum, ich kum, ich kum.
33
Der Nasen tantz zu Gümpelsbrunn, Holzschnitt von Hans Sebald Beham
zu einem Text von Hans Sachs, gedruckt von Niclas Meldemann, Nürnberg 1534
Foto Martin Jehnichen
34
35
Dem Ensemble amarcord gehören Wolfram La:ke und Robert
Pohlers (Tenor), Frank Ozimek (Bariton), Daniel KnauI und Holger
Krause (Bass) an. Das äußerst face:enreiche und breitgefächerte
Repertoire umfasst Gesänge des Mi:elalters, Madrigale und Messen
der Renaissance, Kompositionen und Werkzyklen der europäischen
Romantik und des 20. Jahrhunderts sowie A-cappella-Arrangements
weltweit gesammelter Volkslieder und bekannter Songs aus Soul und
Jazz. Dem Neuen gegenüber aufgeschlossen, legen die Sänger großen
Wert auf die Pflege und Förderung zeitgenössischer Musik. So schrieben u.a. Bernd Franke, SteDen Schleiermacher, Ivan Moody, James
MacMillan, Sidney M. Boquiren, Siegfried Ciele und Dimitri Terzakis
Werke für amarcord. Wenngleich reine A-cappella-Programme im
Mi:elpunkt der Konzer:ätigkeit stehen, gibt es regelmäßig Projekte mit
namhaIen Ensembles und Künstlern wie dem Gewandhausorchester
Leipzig, der Lau:en Compagney, dem Swedish Chamber Orchestra,
dem Leipziger Streichquarte:, den KlazzBrothers, der Pianistin Ragna
Schirmer, dem Bandoneonvirtuosen Per Arne Glorvigen, der Gambistin Hille Perl und dem Geiger Daniel Hope. Das Vokalensemble ist
Preisträger zahlreicher internationaler We:bewerbe (Tolosa/Spanien,
Tampere /Finnland, Pohlheim /Deutschland, 1. Chor-Olympiade in
Linz/Österreich). Im Jahr 2002 gewann das Ensemble den Deutschen
Musikwe:bewerb, nachdem es bereits zwei Jahre zuvor mit dem
Stipendium und der Aufnahme in die Bundesauswahl Konzerte junger
Künstler des Deutschen Musikrates ausgezeichnet worden war. 2004
wurden die Sänger als erstes Vokalensemble mit dem Ensemblepreis
der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern ausgezeichnet. Neben dem
Gewandhaus­orchester und dem Comanerchor zählt amarcord zu den
wichtigsten Repräsentanten der Musikstadt Leipzig im In- und Ausland.
Regelmäßig gastiert die Gruppe bei den bedeutenden Musikfestivals.
Zahlreiche Konzer:ourneen führten die Sänger in über 50 Länder
und auf nahezu alle Kontinente der Erde. In Zusammenarbeit mit dem
Goethe-Institut gastierten sie in Australien, Südostasien, dem Nahen
Osten, Russland, Afrika und in Mi:elamerika. Das 1997 von amarcord
ins Leben gerufene Internationale Festival für Vokalmusik a cappella
hat sich unter der künstlerischen Leitung der Gruppe zu einem der
wichtigsten Festivals seiner Art entwickelt. Regelmäßig sind die Stars
der Szene wie Ce Real Group, Ce King’s Singers, Take 6 oder das
Hilliard Ensemble im Frühjahr in Leipzig zu erleben.
Zahlreiche C D s dokumentieren eindrucksvoll die Face:en des Repertoires. Sie wurden vielfach mit Preisen ausgezeichnet, so erhielten die
Sänger 2014 für die C D Folks & Tales ihren sechsten Contemporary
A Cappella Recording Award — den »A-cappella-Oscar«, mit dem
jährlich die besten Produktionen weltweit im A-cappella-Bereich prämiert werden. Die C D Zu S. Thomas mit zwei gregorianischen Messen
aus dem Comasgraduale der Leipziger Comaskirche wurde 2013 mit
dem International Classical Music Award (I C M A ), dem wichtigsten
Preis der europäischen Schallpla:enkritik, ausgezeichnet. Rastlose
Liebe — ein Spaziergang durch das romantische Leipzig, veröDentlicht 2009,
erhielt den E C H O Klassik, den luxemburgischen Supersonic Award und
wurde für den M I D E M Classical Award nominiert. Im Februar 2010
legte amarcord seine erste C D -Produktion gemeinsam mit Orchester
vor: eine rekonstruierte Fassung von Johann Sebastian Bachs MarkusPassion unter Mitwirkung von Dominique Horwi; und der Kölner
Akademie. Auf amarcords erster DV D -Produktion The Book of Madrigals
bei Accentus Music (Koproduktion mit dem Z D F und A R T E ) interpretieren die fünf Sänger vor malerischer Kulisse der Villa Godi in Venetien
Kompositionen der wichtigsten Vertreter der Renaissance.
36
Geboren 1969 in Magdeburg, wuchs Andreas Rehschuh in Dresden
auf und studierte Schauspiel an der Hochschule für Musik und Ceater
Leipzig. Es folgte ein mehrjähriges Engagement am Schauspiel Leipzig.
Seit 2001 ist Andreas Rehschuh freiberuflich als Regisseur, Schau­
spieler, Autor und Synchronsprecher tätig. Er inszenierte und spielte in
dieser Zeit am Hans-O:o-Ceater Potsdam, am Neuen Ceater Halle,
am Schauspiel Leipzig, am Ceater Bremen, am Ceater Magdeburg,
am Staatsschauspiel Dresden, am Calia Ceater Halle, am Ceater
Gera /Altenburg, am Staatstheater Co:bus und am Anhaltischen
Ceater Dessau. Mit dem Open-Air-Ceater Titanick führten ihn Gastspiele zu verschiedenen Festivals in Länder wie Italien, Spanien,
Frankreich und Mexiko. Im Jahr 2004 wurde er in Theater heute als
bester Nachwuchsregisseur genannt. Mehrere Stückfassungen sind
beim henschel S C H AU S P I E L Ceaterverlag Berlin verlegt. Andreas
Rehschuh lebt in Leipzig.