PDF-Dokument - Verbandes evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer

Okuli
28. Februar 2016, Epheser 5,1-8a(8b-10)
Von: Bodo Wiedemann, erschienen im Deutschen Pfarrerblatt, Ausgabe: 1 / 2016
Die Liebe Christi macht kritisch
Indikativ und Impulse
Der Eph. ist eine kompakte Erörterung paulinischer Theologie der Gnade, die die Gemeinde als Leib Christi und
Neuschöpfung aus Juden und Christen zusammendenkt und die Konsequenzen auf deren irdische Wirksamkeit hin entfaltet.
Der Indikativ des Heilshandelns Gottes, das in Christus Gestalt gewonnen hat, prägt die Argumentation. Begriffe wie
"Kinder", "Erben", "Mitbürger", Eigentum beschreiben den Status der Christen. Die Erlösung durch Christus bestimmt ihre
Existenz.
Klar und gut verständlich und in der Predigt zitierfähig fasst das die zweite These der Barmer Theologischen Erklärung
zusammen, wenn sie den Zuspruch der Gnade mit dem "Anspruch auf unser ganzes Leben" koppelt und neben der
"Befreiung aus den gottlosen Bindungen dieser Welt" den "freien und dankbaren Dienst" an Gottes Geschöpfen benennt.
Darum geht es.
V. 2 und 8 verweisen auf den Indikativ der Erlösung und geben die Impulse: "Lebt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt
hat" und "Lebt als Kinder des Lichts". Sie rahmen die Handlungsbeispiele. Diese sind so zahlreich, dass sich für die Predigt
eine Auswahl empfiehlt.
Kommunikationskultur
Es liegt nahe, V. 4 und 6a genauer zu bedenken unter dem Aspekt der gegenwärtigen Kommunikationskultur. Da sind die
Sprachfindungen der heutigen Bibelübersetzungen schon sehr aufschlussreich: "schandbare, närrische oder lose Reden,
Verführung mit leeren Worten" (Luther), "albernes oder zweideutiges Geschwätz und leere Worte" (Einheitsübersetzung),
"üble Nachrede, leichtfertige Worte oder Stichelei" (Bibel in gerechter Sprache), "Klatsch, Sticheleien, zweideutiges Gerede,
leeres Geschwätz" (Hoffnung für alle), "gemeine, dumme oder schlüpfrige Reden" (Gute Nachricht), "dummes, dreckiges
Gelaber" (Volxbibel).
Beim Stichwort Internetkultur könnte man anfangen: Jugendliche Hörer verstehen einiges davon. Hetze und Häme bei
Facebook. Shitstorm zwischen Jugendlichen. Das gilt auch für Erwachsene. Wer weiß, dass er mit seiner Äußerung anonym
bleiben kann, dessen Hemmschwelle sinkt. Aggression und Maßlosigkeit nehmen zu. Wie geht es den Opfern solcher
Attacken?
Dazu kommen die Wutwellen mit den niedrigschwelligen Angriffen, z.B. aus den politischen Ecken. Es gibt aktuelle
Beispiele, die zu benennen wären. Was bedeutet das für den Frieden in unserem Land und für unser Verhalten in der
schwierigen Frage der Integration der vielen Flüchtlinge? Wie sieht es in der publizistischen Landschaft aus? Nach den
Pariser Attentaten zeigte sich die Hilflosigkeit der Medien angesichts extrem grausamer Ereignisse. Was sollen sie bringen:
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Fakten, Analysen, Meinungen, Deutungen? Es ist zu leicht, in unbedachtes und leichtfertiges Reden zu verfallen. Das gilt
auch für Politiker, die in ihren öffentlichen Befürchtungen den Attentätern gleich die Ziele für nächste Angriffe nennen. Und im
Bereich der Kultur? Die Lobreden auf Preisträger in Musik, Film und Kunst kommen in ihrer maßlosen Superlativfülle
durchaus an seichtes Gelaber heran. Im Übrigen würde es sich auch lohnen, einmal die Texte z.B. von Hardrockbands etwa
im "Death Metal"-Bereich zu analysieren. Hier gibt es Texte, die in ihrer Brutalität nicht mehr zitierfähig sind.
Was tun in der verwirrenden Fülle? Die Liebe Christi als Maßstab und Motiv. Das hat Priorität. Das macht kritisch. Das
macht stark. Das bringt Wahrheit, Güte und Gerechtigkeit als Kriterien ein.
Auf das Attentat in Paris gab es Reaktionen, die der Kernaussage des Textes in die Hände spielen. Es geht ja darum, dem
Vorbild Jesu zu folgen und seiner Liebe entsprechend zu leben und zu handeln. Sich vom erlebten Schrecken und seinen
grausamen Folgen nicht überwinden zu lassen. Dagegen haben sich viele gewehrt. Und die Band U2, ob Christen oder nicht,
hat getwittert: "Liebe ist größer als alles, was sich ihr in den Weg stellt". Das gilt!
▸ Bodo Wiedemann
Deutsches Pfarrerblatt, ISSN 0939 - 9771
Herausgeber:
Geschäftsstelle des Verbandes der ev. Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland e.V
Langgasse 54
67105 Schifferstadt
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