Sport als Zielscheibe von Terroristen?

 Sport als Zielscheibe von Terroristen?
Eine halbe Stunde in manchen Fitnessstudio (es gibt auch andere!) macht erlebbar,
wie sogar jedermanns Sport vom Markt geschluckt und selber zum Treiber geworden
ist. Auf den Bildschirmen zucken Videos und Werbung. Quälende Belanglosigkeiten
und Werbespots übertönen die sportlichen Nebengeräusche. Sportler mit
Ohrstöpseln und den neuesten Abspielgeräten bewegen sich in Parallelwelten und
mit dem geringstmöglichen Kontakt zu den anwesenden Kollegen. Es ist
gespenstisch.
Konsumorientierte Gesellschaften arbeiten erstaunlicherweise freiwillig und ohne
Zwang an der Unterwanderung von Selbstbestimmtheit und sinnvoller
Lebensgestaltung. Nüchterner Widerstand und Verweigerung werden herablassend
belächelt, nur bei der Forderung nach Wachstum wird ernst gemacht. Wer
lebenslanges Kaufen und Austauschen von nutzlosen Spielzeugen als sinnentleert
und entwürdigend ablehnt, wird gerne für weltfremd erklärt. Auch die großen
Weltsportarten haben sich widerstandslos und vergnügt ins gemachte Bett einer
globalen Geldmaschinerie gelegt.
Es ist, um den Bogen nach Paris zu schaffen und mit der Philosophin Susan
NEIMAN gesprochen, „eine Tragödie, dass der religiöse Fundamentalismus die
stärkste Opposition im Kampf gegen den Marktfundamentalismus darstellt.“
Und es ist noch viel tragischer, dass der internationale Terror mit seinen Gräueltaten
ganz nahe und live mitvollziehbar an ein gefülltes Stadion herankam. Erstmals waren
der Sport an sich und die ihm geschenkte Aufmerksamkeit die erklärten
Zielscheiben.
Bis zu den Anschlägen von Paris und dem verhinderten Attentat in Hannover
schienen Sportevents trotz des gewaltigen Aufmerksamkeitsgrades irgendwie tabu
für terroristische Angriffe zu sein. Die religiösen Fanatiker sahen den Sport
außerhalb der, von ihnen verabscheuten und beneideten westlichen Vergnügungsund Konsumwelt. Sport steht schließlich für faire Aufstiegschancen und Hoffnung, er
machte besonders den Underdogs am Rande der Gesellschaft Mut. Sein
„ideologisches Immunsystem“ war intakt. Ein Attentat gegen den Sport und seine
vergötterten Stars hätte bei den eigenen Sympathisanten für Empörung gesorgt,
Schock und Unverständnis ausgelöst.
Skandale, Betrügereien oder obszön hohe Spielergehälter und Transfersummen
zeigen einen Tanz um das goldene Kalb statt Chancen für alle. Terrorangriffe gegen
eine Institution mit völkerverbindendem Anspruch sind besonders erschreckend.
Vermutlich aber auch ein Hinweis darauf, dass wichtige Grundprinzipien verspielt
und verkauft wurden.
04.12.15
Innauer + (f)acts OG
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