Bildersturm Sophienkirche Sehen lernen durch Veränderung 31. Januar bis 13. März 2016 Große Hamburger Straße 29–30 10115 Berlin-Mitte 13–18 Uhr, Sonntag ab 10 Uhr kulturkirchen.org Ausführende Elisabeth Stumpf mit Tina Josephin Bresgott, Lea Magdalena Christa, Antonia Felsmann, Nora Jasner, Fee Martin, Ismene Niemann, Florian Patzke, Ida Pöhler, Kaspar Tosin und Johanna Winkelmann Kunstpädagogische Begleitung Iris Musolf und Julia C. Richter Projektleitung Klaus-Martin Bresgott M. A., Kulturbüro des Rates der EKD Partner Evangelische Kirchengemeinde am Weinberg, Berlin-Mitte / Evangelische Schule Berlin Zentrum, ESBZ / Elisabeth Stumpf, Braunschweig / Kulturbüro des Rates der EKD, Berlin / Ralf Pawlitzky, Architekturmodellbau, Berlin Sponsoren Phil Goods, Berlin / Zimmerei Matthias Hartig – Handwerk in der Denkmalpflege, Christinenhof Fotografie Andreas Schoelzel, Berlin Herzlichen Dank an das Weinmeisterhaus mit Sybilla Fabian und Pura Kauf für die Bereitstellung der Ateliers www.gemeinde-am-weinberg.de www.ev-schule-zentrum.de www.elisabeth-stumpf.de www.kultur.ekd.de www.phil-goods.com www.zimmerei-matthias-hartig.de www.schoelzel.net www.weinmeisterhaus.de Das Projekt befasst sich mit dem Oberthema »Sehen lernen. Die Sprache der Künste in der Welt der Kirche«. Am Anfang stand das Sehen und Entdecken des Kirchenraumes, das Kennenlernen der europäischen Kunstepochen im Kontext der sakralen Architektur vor Ort sowie der eigene Umgang mit Kunst und deren Wirkung. Das uns umgebende Praxis-Projekt »Bildersturm« schließlich diente der Vergewisserung durch Veränderung. Es ist die konkrete künstlerische Antwort der Schülerinnen und Schüler auf die These »Reformation ist, wenn wir die Welt in Frage stellen«. Es ist Zeichen vernetzender kultureller Bildung und verbindet Jugendliche durch künstlerische Kommunikation im Kirchenraum mit einer Gemeinde. Aufgabe und Ziel für den teilnehmenden Profilkurs »Kunst, Deutsch« der 12. Klasse der ESBZ war es, der Kirche gemeinsam mit der begleitenden Künstlerin Elisabeth Stumpf ein temporär verändertes Gesicht zu geben. Ein Gesicht, das nicht museal ist und keine Ausstellung darstellt – sondern ein Gesicht, das für die Schülerinnen und Schüler des Kurses diesen Kirchenraum zu einem einladenden Raum macht. Ein Gesicht, mit dem sie selbst diese Kirche als einladend empfinden und in diese Kirche einladen wollen. Klaus-Martin Bresgott Ida Pöhler und Johanna Winkelmann Die Mandalas greifen das in der Kirche mehrfach auftretende Symbol der Strahlen auf. Sie stehen für das Wirken des Heiligen Geistes. Wir denken, dass die Strahlen weiter reichen und jedem nahe kommen können. Darum haben wir die Strahlen vom Himmel auf die Erde geholt, mitten unter uns. Sie liegen gleich am Eingang – so, dass jeder sie wahrnehmen und sich angesprochen fühlen kann. Um die Strahlen in den Alltag einwirken zu lassen, haben wir in den Materialien alltägliches verwendet wie Zahnbürsten, Alufolie, Trinkstäbchen … In der Mitte der Kirche steht ein goldener Käfig. Darin ist nichts zu sehen. Aber ist er leer? Ist er Vergangenheilt oder Gegenwart? Tina Josephin Bresgott Neben dem Kugelkreuz steht eine goldene Scheibe. Die Erde ist rund, vor unseren Augen ist sie eine Scheibe – ein Platz für Gedanken. An ihrem Rand stilisieren Silhouetten verschiedener Städte die Schönheit unserer Welt. Gold symbolisiert ihre Einzigartigkeit. Das Kreuz geht durch die Mitte. Seine Nägel sind Zeichen der Passion von uns allen. Hier haben die Gedanken Platz, die uns kommen, wenn wir eine Kerze anzünden. Die Gedanken, die jeder mitbringt und hier lässt, sind einzigartig wie die Welt. Wie jeder Nagel unserer Erinnerung. Antonia Felsmann, Nora Jasner und Florian Patzke Der Heilige Geist hat große Bedeutung. Aber seine Sinnbilder sind fern, weit über uns. Um ihn uns näher zu bringen, haben wir sein Sinnbild der Taube in Form vielfarbiger Flügelwesen herabfliegen und sich zwischen uns auf die Bänke setzen lassen. Heiliger Geist ist für uns Freiheit und Individualität der Seele, Raum für Eigenheit und Persönlichkeit. Deshalb haben wir mit bunten Folien gearbeitet. Die Wärme der Farben und die Leichtigkeit des Materials laden ein, daneben Platz zu nehmen und diese Freiheit zu fühlen. Die Flügelwesen des Heiligen Geistes spiegeln Geborgenheit und Fröhlichkeit, jedes auf ganz individuelle Art. Lea Magdalena Christa, Fee Martin und Ismene Niemann Die Spiegel dienen dem Sehen in mich und meine Gedanken. Sie sind schonungslos offen. Wer davor steht, steht sich gegenüber, sieht auf Texte und in sein Gesicht. Die Texte stammen aus verschiedenen Songs und der Bibel. Sie reflektieren Gedanken über die eigene Existenz. Sie durchkreuzen den Alltag und fragen nach dem Sinn des Lebens. Sie fragen auch nach Gott – nach Macht und Ohnmacht. Ihr Licht reflektiert die Flügelwesen und alles Drumherum. Es vergrößert den Raum, in dem es ihn erhellt wie Sterne. Kaspar Tosin Einfühlungsvermögen und Phantasie sind die wichtigsten Eigenschaften der Menschen, sie sind der Ursprung der Liebe. Ich bewundere Religion für ihre Phantasie, die die Menschen zum Glauben führt. Aber warum haben Gläubige nicht die Kraft, ihren eigenen Glauben zu kreieren? Kann nicht freie Phantasie Sinn des Lebens sein? Ist Religion nicht Produkt menschlicher Überforderung und Angst? Schränkt Religion nicht diese freie Welt ein? Verstümmelt Religion nicht die individuelle Phantasie, indem sie sie mit den immer gleichen Bildern überspielt? All dem stelle ich die Kraft der Texte Blixa Bargelds gegenüber. Klaus-Martin Bresgott und Matthias Hartig Anstelle des Pultes aus Gusseisen steht eines aus Eiche, das Teil eines Fachwerks war, das bis 2013 einen mecklenburgischen Kirchturm trug, taxiert auf 1497. Der christliche Glaube ist älter als diese Kirche. Er ist auch älter als die Reformation. Er gründet im Buch der Bücher, aus dem vom Pult gelesen wird. Der alte Stamm ist Spiegel der Geschichte, durch die die Zeit zieht und offenbart zugleich die immerwährende Gegenwart der Frage nach und der Rede über Gott. Elisabeth Stumpf Die Schülerinnen und Schüler haben sich darauf eingelassen, uns durch ihre Arbeiten unmittelbar mit religiösen Symbolen und theologisch-spirituellen Vorgängen in Kontakt zu bringen. Ausgangspunkt sind Bildmotive, die als Ornamente in die Architektur integriert sind, sich aber in räumlicher Distanz befinden. Sie sind uns nun näher gerückt: Als physisch aus nächster Nähe erfahrbare, auffällig bunte, lichtreflektierende Skulpturen, Objekte und Installationen wollen sie uns mit unseren ureigenen Gefühlen verbinden und wecken Assoziationen. Wir sind eingeladen, selbst aktiv zu werden. Spiegel rücken uns selbst in den Fokus unserer Wahrnehmung, während wir uns assoziativ zu verstehenden Texten und Zitaten gegenüber sehen.
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