Vergnügt, erlöst, befreit Predigt – 21. Februar 2016 (2. Fastensonntag) An meinem Schreibtisch steht eine Bildpostkarte, die mir ein Freund geschickt hat. Sie zeigt einen philippinischen Jungen mit einer Kerze. Der Kleine ist vielleicht gerade im Schulalter. Er hält vor sich mit beiden Händen, oder besser nur mit den Fingerspitzen einen Bambusstab, auf den die einfache weiße Kerze gesteckt ist. Er schaut auf die Flamme und strahlt über das ganze Gesicht. Er scheint eine mächtige Freude zu haben oder ganz stolz zu sein, dass er diese Kerze tragen darf. Vielleicht tut er das zum ersten Mal. Was strahlt heller? Die Flamme oder das Gesicht des kleinen Jungen? Es ist wunderbar, wenn ein Mensch strahlt. Leuchtend hell wie ein Kind oder ein junger Mensch; oder das klare und bewusste Strahlen eines Erwachsenen; aber auch das tiefe, geläuterte Strahlen im Gesicht eines alten Menschen. Wir strahlen, wenn eine tiefe Freude uns erfüllt; in Momenten des Glücks oder der Überraschung; oder wenn wir ganz im Frieden und im Einklang mit uns sind. Wir strahlen uns an, wenn wir versöhnt und ohne Streit sind. Das Evangelium erzählt, wie Jesus gestrahlt hat: „Während er betete, veränderte sich das Aussehen seines Gesichtes, und sein Gewand wurde leuchtend weiß.“ An anderer Stelle heißt es: „Sein Gesicht leuchtete wie die Sonne.“ Jesus muss ein glücklicher Mensch gewesen sein. Das Leben scheint für ihn keine Last gewesen zu sein sondern ein Geschenk, etwas Wunderbares, ein Grund, zu singen und zu tanzen. Jeder Augenblick war für ihn ein Grund, dankbar zu sein. Er wusste, dass er ein Kind Gottes ist. Deswegen konnte er vergnügt sein, erlöst und befreit. Oft schaue ich in Gesichter, die müde sind, enttäuscht, traurig, finster. Manchmal schaut es mich so auch aus dem Spiegel an. Was ist los? Wo ist das Strahlen hin? Das Leben zeichnet sich ein: der Schmerz, die Härte, die Mühen, die Verletzungen, die Niederlagen, die Angst. Auch das gehört zu uns und es darf sein. Auch das ist ein Zeichen dafür, wie es auch um uns steht: dass wir gefangen sind, zerrissen, verunsichert, allein und verloren, auf der Flucht. Die Bibel sagt: Der Mensch ist muss erlöst werden. Jesus strahlt, weil er der Erlöser ist. Papst Franziskus sagt in seinem Gebet zum Jahr der Barmherzigkeit: „Dein liebender Blick befreit und erlöst. Du bist das sichtbare Antlitz des unsichtbaren Vaters. Zeig uns dein Angesicht, und wir werden Heil finden.“ Das ist der Sinn dieser Zeit auf Ostern zu: dass wir Gott unser Gesicht zeigen, so wie es ist, mal lachend mal weinend. Und zu begreifen, dass unsere Freude nicht aus uns selbst kommt sondern von ihm. Sein liebender Blick befreit und erlöst. Ich bin vergnügt / erlöst / befreit / /Gott nahm in seine Hände / Meine Zeit // Mein Fühlen Denken / Hören Sagen // Mein Triumphieren / Und Verzagen // Das Elend / Und die Zärtlichkeit /// Was macht dass ich so fröhlich bin / In meinem kleinen Reich // Ich sing und tanze her und hin / Vom Kindbett bis zur Leich /// Was macht dass ich so furchtlos bin / An vielen dunklen Tagen // Es kommt ein Geist in meinen Sinn / Will mich durchs Leben tragen /// Was macht dass ich so unbeschwert / Und mich kein Trübsinn hält // Weil mich mein Gott das Lachen lehrt / Wohl über alle Welt.“ (Hanns Dieter Hüsch , Psalm 126) © Lutz Schultz 2016 Katholische Pfarreiengemeinschaft Simmern | www.pg-simmern.de
© Copyright 2024 ExpyDoc