2000 Jobs in Industrie vernichtet

Markt
Samstag, 25. April 2015 / Nr. 95
NEUE ZUGER ZEITUNG
9 302.12 -0.39%
9600
9100
Die Durchschnittsgrösse der Mitgliedsfirmen des Industrieverbands Swissmechanic liegt bei 33 Mitarbeitern. Darunter
sind viele Zulieferer für die Industrie.
Diese stellen oft Einzelteile oder Komponenten für die Maschinenbau-, Autooder Kommunikationsindustrie her. 85
Prozent ihrer Produkte gehen in den
Export, vor allem in den EU-Raum. Die
Produktion dieser Firmen liegt aber mehrheitlich in der Schweiz. Anders als international agierende Konzerne verfügen sie
in der Regel nicht über Auslandsniederlassungen und können deshalb Währungsschwankungen kaum auffangen. Die
Aufhebung des Euro-Mindestkurses hat
diese Unternehmen deshalb besonders
hart getroffen. Seit dem 15. Januar haben
die KMU aus dem Verband Swissmechanic rund 2000 Stellen gestrichen.
8100
Okt. Nov. Dez. Jan. Feb. März Apr.
AKTIEN DES TAGES
TOP
24.04.
Gottex Fund N
Hochdorf
Swissmetal Holding
BVZ
SHL Telemedicine
+/1.32 +12.82%
149.9 +5.56%
0.65 +4.84%
350 +4.48%
9.33 +4.25%
FLOP
Perfect Hold. SA
0.07
Cytos Biotechnology
1.01
Valora
211.3
BFW Liegenschaften N 32.95
EFG Intl. N
13.8
Dollar in Fr.
Euro in Fr.
Gold in Fr. pro kg
-12.5%
-8.18%
-5.2%
-4.35%
-3.16%
0.9538 -0.05%
1.0366 +0.37%
35 855 -1.56%
ZINSSÄTZE IN %
Geldmarkt
Franken-Libor 3 Mt.
Franken-Libor 6 Mt.
23.04.
-0.827
-0.7406
Vortag
-0.829
-0.7416
Kapitalmarkt
24.04.
Schweiz 10-j. Staatsanleihe -0.079
Deutschland 10-j. Staatsanl. 0.161
USA 10-j. Staatsanleihe
1.9219
Vortag
-0.133
0.158
1.9763
Alle Angaben ohne Gewähr. Quelle: vwd group
25042015
Lohnreduktion als Tabubruch
Gute Auftragslage, geringe Marge
Dies geht aus einer gestern veröffentlichten repräsentativen Umfrage des
Branchenverbandes Swissmechanic hervor. Der Verband vertritt die Interessen
vor allem kleinerer und mittlerer Betriebe aus der Maschinen-, Elektro- und
Metallindustrie mit gesamthaft 70 000
Beschäftigten und einem Jahresumsatz
von 15 Milliarden Franken. Dem Verband
gehören rund 1400 Firmen an, für die
Umfrage befragt wurde rund ein Viertel.
Erhebungszeitpunkt war Ende März dieses Jahres. Die Auftragslage der meisten
der Mitgliedsfirmen ist gemäss der Erhebung zwar noch recht gut. Die Umsätze würden von 40 Prozent der Befragten als befriedigend bewertet, Probleme bereiteten den Unternehmen jedoch
die seit Jahren sinkenden Margen. Diese
liegen im Durchschnitt bei 4 Prozent. Die
Produkte der Betriebe aber haben sich
seit der Mindestkurs-Aufhebung um bis
15 Prozent verteuert.
«Die Zitrone ist ausgepresst»
8600
7600
HANS-PETER HOEREN
[email protected]
Gemäss der Umfrage sind die Margen
bei 63 Prozent der Firmen unbefriedigend. Das sind deutlich mehr als im
Vorquartal (51 Prozent) und im ersten
Quartal 2014, als die Margen erst bei 34
Prozent der Firmen nicht befriedigend
waren. «Die Zitrone ist bei vielen KMU
ausgepresst», sagte Swissmechanic-Direktor Oliver Müller gestern in Zürich.
Swissmechanic-Präsident Roland
Goethe (57) hat die Auswirkungen des
SNB-Entscheids als eigenständiger
Unternehmer unmittelbar zu spüren
bekommen. Er musste für seine 25 Mitarbeiter in einem Lohnfertigungsunternehmen in Glarus Kurzarbeit anmelden.
Die Firma fertigt Komponenten für Ma-
Keystone/
Gaetan Bally
5%
Einführung Kurzarbeit
4%
Lohnreduktionen
15%
Erhöhung
Wochenarbeitszeit
42%
Keine Massnahmen
: S w is s m e c h a n i c
SMI
schinenhersteller. Die wichtigsten Kunden stammen aus der Schweiz, diese
exportieren stark in den Euroraum. Das
Glarner Unternehmen ist deshalb indirekt zu 80 Prozent vom Export abhängig. «Wegen der Frankenaufwertung
haben einige unserer grösseren Kunden
die Aufträge gestoppt, deshalb mussten
wir Kurzarbeit anmelden», sagt Goethe.
Er sei aber zuversichtlich, dass sein Betrieb diese Situation überstehen werde.
Als reiner Lohnfertiger könne man auf
Dauer aber nicht überleben, deshalb
habe sein Betrieb vor einigen Jahren
damit begonnen, in den Bereich Konstruktion einzusteigen – mit Erfolg.
«Die Lage bei den Mitgliedsfirmen von
Swissmechanic ist sehr heterogen», ergänzte Direktor Oliver Müller. Während
einige mit der Situation gut umgehen
könnten, sei die Lage bei anderen Mitgliedern prekär. Insbesondere die Lohnfertiger dürften bei einer anhaltenden
Frankenstärke Probleme bekommen. «16
Prozent der Unternehmen haben Entlassungen vorgenommen. Wir gehen davon aus, dass bei unseren Mitgliedern
2000 Stellen abgebaut worden sind»,
sagte Müller. Dieser Trend werde anhalten, wenn der Franken sich nicht abschwächen werde. Bereits weitere 13
Prozent der Firmen planten Entlassungen.
Das könnte nochmals bis zu 2000 Arbeitsplätze kosten, sagte Müller.
16%
Q u el le
BÖRSE
FRANKEN-SCHOCK Die
Aufhebung des Euro-Mindestkurses setzt vor allem kleineren
KMU in der Maschinen- und
Metallindustrie zu. Die aktuelle
Euroschwäche könnte den
Trend noch verschärfen.
c co ,
APPLE WATCH red. Ohne grosses
Aufsehen hat am Freitag der Verkauf
von Apples Computeruhr begonnen.
Am Freitag begann die Auslieferung
in insgesamt neun Ländern, neben
Japan auch in China, Hongkong,
Australien, Frankreich, Grossbritannien, Deutschland und in den USA.
Die Resonanz war eher verhalten.
In Tokio standen am Vormittag vor
einem Apple-Geschäft nur rund 30
Kunden, die meisten
von ihnen
Männer,
um sich
die Uhr
abzu
abzuholen.
Vor
allem
die
GoldVersio
Versionen oder
«Edition»,
wie sie bei
Apple heissen,
dürften die Kassen bei Apple so
richtig füllen. Nach Angaben der
Zeitung «Die Welt» verarbeitet Apple
bei einer normalen Golduhr rund
25 Gramm des Edelmetalls im Gehäuse mit einem Marktwert von
rund 900 Euro. Das Innenleben ist
bei der «Edition» aber nicht teurer
als jenes der billigeren «Sport»-Version, also maximal 350 Euro. Im
Laden kostet die «Edition» aber
10 900 Euro. Das ergibt eine Marge
von rund 800 Prozent.
In der Schweiz ist die Apple Watch
vorerst nicht erhältlich. Wann sie
hierzulande in den Handel kommt,
ist noch unklar.
BOTE DER URSCHWEIZ
2000 Jobs in Industrie vernichtet
Entlassungen
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Prozent Gewinn
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DIE ZAHL
DES TAGES
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NEUE LUZERNER ZEITUNG
13
18%
Personalmassnahmen
nach SNB-Entscheid
Andere
Umfrage bei 350 Firmen im März 2015
Viele KMU versuchten mit Massnahmen wie der Erhöhung der Wochenarbeitszeit, Kurzarbeit oder Auslagerungen von Bereichen und Produktionsoptimierungen den Abbau von weiteren
Stellen zu verhindern. 15 Prozent der
Unternehmen hätten bereits die Wochenarbeitszeit erhöht, sagte Müller. 5 Prozent
hätten Kurzarbeit eingeführt. Zudem habe
es auch einen Tabubruch gegeben:
«4 Prozent der Unternehmen haben
Lohnreduktionen mit ihren Mitarbeitern
vereinbart», sagte Müller. Wenn der Euro
länger unter 1.10 Franken bleibe, werde
sich die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie verändern, sagte Goethe. Die
Abwanderung der Serienproduktion werde weitergehen. Es werde eine Konzentration auf Nischen- und Hightech-Produkte geben. Wie es weitergehe, werde
erst im zweiten Quartal ersichtlich. Neben
den Entlassungen planen 13 Prozent der
Firmen, Kurzarbeit einzuführen. 12 Prozent liebäugeln mit Lohnreduktionen. Gar
18 Prozent erwägen die Verlagerung von
Arbeiten ins Ausland. 11 Prozent planen
die Verlagerung der Produktion oder von
Teilen ins Ausland. Oliver Müller hofft
auf Unterstützung durch die Politik. So
müssten Abgaben und Regulierungskosten reduziert werden. Auch eine aktive
Exportförderung explizit für KMU fordert
Swissmechanic. Zudem müssten die Importeure die durch den niedrigeren Euro
erzielten Preisvorteile weitergeben. Die
CO2-Abgabe lehnt der Verband ab.
MEHR ZUM THEMA
Einen weiteren Artikel zu diesem
Thema finden Sie auf der Seite 17.
Maxon Motor verlängert ab Mai die Arbeitszeit
SACHSELN hoe. Wegen der Frankenstärke verlängert nun auch der Obwaldner Kleinmotorenhersteller Maxon
Motor die Arbeitszeit. Betroffen sind
die meisten der rund 1034 Mitarbeiter
am Haupsitz in Sachseln. Ihre Wochenarbeitszeit wird ab 1. Mai von 40 auf
42,5 Stunden angehoben. Die unentgeltliche Mehrarbeit sei vorerst befristet bis Ende Oktober, teilte der grösste
Arbeitgeber im Kanton Obwalden mit.
Verlagerungsprojekte forciert
Gleichzeitig hat der Entwickler und
Hersteller von präzisen Antriebssystemen seit der Aufhebung des EuroMindestkurses bereits geplante Verlagerungsprojekte forciert. «Wir haben
einzelne Fertigungsschritte und Fertigungslinien von Sachseln nach Korea
oder Ungarn transferiert. Der Personalbestand in Sachseln musste deshalb
aber nicht reduziert werden, die Mitarbeiter bekommen neue Aufgaben
und Projekte zugewiesen», versicherte
Maxon-CEO Eugen Elmiger gestern auf
Anfrage. Weltweit arbeiten über 2000
Beschäftigte für die Hightech-Firma.
Von den Verlagerungen profitiere
auch der Schweizer Produktionsstandort. «Wir können uns hier auf komplexe Anwendungen und Aufgaben konzentrieren», so Eugen Elmiger. Gleichzeitig investiere das Unternehmen
weiterhin in verschiedene Innovationsund Effizienzmassnahmen. Maxon ex-
portiert mehr als einen Drittel aller
Produkte in den europäischen Markt.
Mit der Mehrarbeit will das Unternehmen bestehende und neue Aufträge
sowie die gute Markposition sichern
und weiter ausbauen. Gemäss ersten
Szenarien stellt sich Maxon aktuell auf
eine Umsatzreduktion von zirka 10 Prozent und einen stark reduzierten Konzerngewinn ein. Aufgrund der aktuellen
Währungsschwankungen ist diese Annahme aber mit Vorsicht zu geniessen.
Schindler: Vorerst keine Anpassung
«Die Mitarbeitenden bei Maxon sind
so flexibel, wie unser Markt es verlangt.
Ich bin dankbar dafür, dass sie unsere
Massnahmen mittragen», sagte Elmiger.
Keine Arbeitszeiterhöhung in den
Schweizer Produktionswerken gibt es
vorerst beim Schindler-Konzern. Man
wolle erst genau wissen, welche Auswirkungen die Frankenstärke habe, teilte die Schindler-Pressestelle mit.
In den vergangenen Wochen hatten
mit V-Zug und der ebenfalls in Zug ansässigen Siemens Building Technologies zwei grosse Zentralschweizer Arbeitgeber die Arbeitszeit für eine befristete
Zeit erhöht. Drastischere Massnahmen
hatte Landis + Gyr angekündigt. Der
Zuger Stromzählerhersteller will 50 Stellen nach Griechenland verlagern. Zudem
will die Pfisterer-Gruppe gesamthaft bis
zu 110 Stellen von Malters und Altdorf
nach Tschechien verlegen.