Stromnetz auf Elektroautos und Wärmepumpen vorbereiten

Wenn immer mehr große Verbraucher – wie Elektroautos – das
Stromnetz belasten, müssen die Betreiber handeln. Dabei hilft ihnen
die Software NEMO Tool Suite.
© Eisenhans - Fotolia.com
Planungstool für Stromnetzbetreiber
02.07.2015
Stromnetz auf Elektroautos und Wärmepumpen
vorbereiten
Die Nutzeroberfläche NEMO Show Case
Designer ist übersichtlich gestaltet und einfach
zu bedienen. Die Ergebnisse werden grafisch
dargestellt.
© Fraunhofer ISE
Dezentrale Erzeuger und immer mehr große Verbraucher erfordern den
Ausbau der Stromnetze in Deutschland. Für Netzbetreiber ist wichtig,
schon vor der Installation neuer Betriebsmittel einen Überblick über
notwendige Maßnahmen und deren Wirksamkeit zu bekommen. Dafür
eignen sich spezielle Simulations- und Planungstools. Im Rahmen des
Forschungsprojektes Novel E-Mobility Grid (NEMO) haben
Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE
ein Programm entwickelt, das bei der Analyse und Planung von
Stromnetzen helfen kann.
Das Ziel der Bundesregierung ist klar definiert: Bis 2020 sollen eine Million Elektrofahrzeuge auf deutschen
Straßen fahren. Doch die Akkus dieser Fahrzeuge wollen stetig geladen werden. Dazu benötigen sie viel Energie,
die aus einem dezentral organisierten Stromnetz kommen soll. Das Ungleichgewicht bei Stromerzeugung und
-verbrauch dürfte sich weiter verschärfen. Vor allem in dicht besiedelten Gebieten mit kurzen Wegen scheint der
Einsatz von Elektroautos sinnvoll. Die dezentralen Wind- und Photovoltaik-Generatoren speisen hingegen abseits
der Ballungszentren in das Verteilnetz. „Zu den dezentralen Erzeugern kommen neue Lasten, wie zum Beispiel
Wärmepumpen und Batterien. Die Planungssoftware NEMO Tool Suite kann Netzbetreibern helfen, die
Stromverteilnetze vorausschauend zu planen“, erklärt Dr. Bernhard Wille-Haussmann, Projektleiter am
Fraunhofer ISE. Dabei sollen Anwender nutzerfreundlich durch die Simulation geführt werden.
Im Rahmen des Projektes haben die Forscher unter anderem drei extreme Ladesituationen überprüft:
Ladestationen eines Car-Sharing-Anbieters an einem großen Bahnhof, an einem Fußballstadion und auf einem
Festivalgelände. In allen Szenarien hatten Nutzer von Elektroautos die Möglichkeit, ihre Fahrzeuge aufzuladen.
Da die Belastung an einer Verleihstation für Autos relativ gleichmäßig ist, empfiehlt sich bei einer Überlastung in
vielen Fällen ein Netzausbau mit neuen Leitungen. „Bei einem Fußballstadion sieht das etwas anders aus. Hier
ballen sich die Nutzer an einigen Tagen für einen kurzen Zeitraum. In diesen Fällen könnten auch
Speichermöglichkeiten eine Lösung sein“, erklärt Wille-Haussmann. Den Extremfall zeigt das Festivalgelände.
Veranstaltungen finden teilweise nur an wenigen Tagen im Jahr statt. Zwar ließe sich auch dort ein Netzausbau
ballen sich die Nutzer an einigen Tagen für einen kurzen Zeitraum. In diesen Fällen könnten auch
Speichermöglichkeiten eine Lösung sein“, erklärt Wille-Haussmann. Den Extremfall zeigt das Festivalgelände.
Veranstaltungen finden teilweise nur an wenigen Tagen im Jahr statt. Zwar ließe sich auch dort ein Netzausbau
realisieren, die Kosten lägen aber in keiner Relation zum Nutzen. Daher scheinen für solche Extremfälle andere
Lösungen geeigneter.
Simulationen liefern Vorschläge für Netzbetreiber
Die vom Fraunhofer ISE entwickelte Software basiert auf drei sich gegenseitig ergänzenden Tools: PLATOS,
SimTOOL und energyPRO. PLATOS wurde entwickelt, um Größe, Typ und mögliche Einsatzorte von
Energiespeichern zu bestimmen. Das Ziel: Überspannungen im Netz minimieren. SimTOOL ermittelt basierend
auf den dezentral erzeugten und verbrauchten Energien in Verteilnetzen den aktuellen Netzzustand und kann
Empfehlungen für einen netzdienlichen Betrieb geben. Um einen wirtschaftlichen Einsatz von
Energieerzeugungsanlagen kümmert sich das Programm energyPRO. Zwar funktionieren die einzelnen Tools in
ihren Bereichen sehr gut, doch keines dieser Programme ist darauf ausgelegt, die Auswirkungen einer großen
Anzahl von zusätzlichen Verbrauchern in einem bestehenden Netz zu bestimmen. Das übernimmt die NEMO
Tool Suite. Weiterer Vorteil: Auf einer übersichtlich aufbereiteten Nutzeroberfläche, dem sogenannten NEMO
Show Case Designer, können Anwender die Eckdaten der zu berechnenden Netze benutzerfreundlich anlegen.
Die Simulation des neu entwickelten Programms schlägt verschiedene Optimierungsmöglichkeiten vor: In einem
ersten Schritt überprüft es zum Beispiel, was ein Demand Side Management – also eine Laststeuerung – bewirkt.
Das soll helfen, die Belastung einzelner Netzabschnitte zu verringern. Wenn das Ergebnis noch nicht
zufriedenstellend ist, lassen sich verschiedene Szenarien durchspielen: Was kostet ein klassischer Netzausbau
und welchen Vorteil haben die Betreiber? Können Smart-Grid-Technologien bei der Lastsenkung helfen? Was
bringt eine optimierte Blindleistungsregelung?
Als Datenbasis kann das Tool entweder vorgegebene Last- und Erzeugungskurven nutzen oder sich an
Datenbanken mit hinterlegten Wetterdaten halten. Ein nächster Schritt könnte es sein, die Netzdienlichkeit der
Akkus von Elektrofahrzeugen und weiteren Energiespeichern zu untersuchen. Obwohl das nicht Gegenstand des
Forschungsvorhabens war, lässt sich diese Möglichkeit mit NEMO Tool Suite nutzen. Und bei mehr als einer
Million Elektrofahrzeugen könnten sie in Zukunft ein weiterer Faktor für die Netz-Stabilität werden.
Weitere Projekte zum Netzausbau finden sich auf der Homepage der Förderinitiative Zukunftsfähige Stromnetze.
(am)