Vorbereitung Wie Sie Verhandlungen professionell vorbereiten Verhandeln kann ja jeder!?! Das ganze Leben besteht aus Verhandeln. Das geht am Sonntagmorgen um 6.00 Uhr los, wenn meine Tochter zu früh aufwacht (wer kümmert sich jetzt um sie?) und hört am Sonntagabend mit der Verhandlung auf, wer denn nun das vergessene Licht im Gang ausmacht. Und dazwischen liegen schätzungsweise 100 bis 300 Verhandlungen. Bei der Fülle an Verhandlungen sollte man ja nun meinen, dass wir alle Profis darin sind. Erfahrung haben wir ja zuhauf! Wer es lange genug macht, wird es schon gut können... Ist allgemein die Meinung. Ist das wirklich so? Ist ein 60-jähriger Autofahrer wirklich ein besserer als ein 40-jähriger, nur weil er 20 Jahre länger auf der Autobahn mit 110 auf der linken Spur den Verkehr behindert? Ebenso ist es mit dem Verhandeln. Wir alle verhandeln schon seit unserer Geburt. Eigentlich sollten wir das ja bestens beherrschen. Tun wir aber 54 nicht! Oder wie kommt es, dass manche eben bessere Ergebnisse erreichen, wir aber immer etwas mehr bezahlen? Wie kommt es, dass manche im Beruf vermeintlich immer Glück haben und die guten Jobs bekommen. Während andere Pech haben und eben den Rest erledigen dürfen? Verhandlungen vorbereitet. Als professioneller Verhandlungsführer der Firma Porsche war ich an unzähligen Verhandlungen weltweit beteiligt. Profitieren Sie von meinem reichen Erfahrungsschatz und lernen Sie sich auch in Ihren privaten Verhandlungen geschickt zu verhalten. Alles hat mit geschicktem Verhalten zu tun. Und Verhandeln hat eben auch sehr viel mit Verhalten zu tun. Wer sich geschickt verhält, verhandelt eben auch besser. Was ist eine Verhandlung? Wie kann ich mich in Verhandlungen intelligent verhalten? Was sind die Fallgruben, welche Tricks gibt es und kann man sich überhaupt auf Verhandlungen und Menschen vorbereiten? Im Berufsleben bereiten sich Verhandlungspartner sehr professionell vor. Strategie und Taktik, Zieldefinition und Worst-CaseSzenarien sind nur einige Begriffe der professionellen Verhandlungsführung. Ich habe jahrelang Einkäufer und Verkäufer trainiert und auf wichtige Laut Wikipedia ist eine Verhandlung wie folgt definiert: „Als Verhandlung wird die Besprechung oder Erörterung eines Sachverhalts verstanden, die der Herbeiführung eines Interessensausgleichs zwischen mindestens zwei Verhandlungspartnern dient und wobei sich die Parteien durch Interaktion untereinander einen Vorteil gegenüber der aktuellen Situation versprechen. Verhandlungen finden im betriebswirtschaftlichen, juristischen, soziologischen und privat-emotionalen Bereich statt und sind in der Regel freiwillig.“ Aha. Alles klar? “Die Verhandlungsvorbereitung gleicht der Besteigung eines scheinbar unüberwindbaren Gebirges — jeder gezielte Schritt führt einen näher zum Gipfel.” Frieder Gamm 55 Vorbereitung Wie Sie Verhandlungen professionell vorbereiten Verhandeln kann ja jeder!?! Das ganze Leben besteht aus Verhandeln. Das geht am Sonntagmorgen um 6.00 Uhr los, wenn meine Tochter zu früh aufwacht (wer kümmert sich jetzt um sie?) und hört am Sonntagabend mit der Verhandlung auf, wer denn nun das vergessene Licht im Gang ausmacht. Und dazwischen liegen schätzungsweise 100 bis 300 Verhandlungen. Bei der Fülle an Verhandlungen sollte man ja nun meinen, dass wir alle Profis darin sind. Erfahrung haben wir ja zuhauf! Wer es lange genug macht, wird es schon gut können... Ist allgemein die Meinung. Ist das wirklich so? Ist ein 60-jähriger Autofahrer wirklich ein besserer als ein 40-jähriger, nur weil er 20 Jahre länger auf der Autobahn mit 110 auf der linken Spur den Verkehr behindert? Ebenso ist es mit dem Verhandeln. Wir alle verhandeln schon seit unserer Geburt. Eigentlich sollten wir das ja bestens beherrschen. Tun wir aber 56 nicht! Oder wie kommt es, dass manche eben bessere Ergebnisse erreichen, wir aber immer etwas mehr bezahlen? Wie kommt es, dass manche im Beruf vermeintlich immer Glück haben und die guten Jobs bekommen. Während andere Pech haben und eben den Rest erledigen dürfen? Verhandlungen vorbereitet. Als professioneller Verhandlungsführer der Firma Porsche war ich an unzähligen Verhandlungen weltweit beteiligt. Profitieren Sie von meinem reichen Erfahrungsschatz und lernen Sie sich auch in Ihren privaten Verhandlungen geschickt zu verhalten. Alles hat mit geschicktem Verhalten zu tun. Und Verhandeln hat eben auch sehr viel mit Verhalten zu tun. Wer sich geschickt verhält, verhandelt eben auch besser. Was ist eine Verhandlung? Wie kann ich mich in Verhandlungen intelligent verhalten? Was sind die Fallgruben, welche Tricks gibt es und kann man sich überhaupt auf Verhandlungen und Menschen vorbereiten? Im Berufsleben bereiten sich Verhandlungspartner sehr professionell vor. Strategie und Taktik, Zieldefinition und Worst-CaseSzenarien sind nur einige Begriffe der professionellen Verhandlungsführung. Ich habe jahrelang Einkäufer und Verkäufer trainiert und auf wichtige Laut Wikipedia ist eine Verhandlung wie folgt definiert: „Als Verhandlung wird die Besprechung oder Erörterung eines Sachverhalts verstanden, die der Herbeiführung eines Interessensausgleichs zwischen mindestens zwei Verhandlungspartnern dient und wobei sich die Parteien durch Interaktion untereinander einen Vorteil gegenüber der aktuellen Situation versprechen. Verhandlungen finden im betriebswirtschaftlichen, juristischen, soziologischen und privat-emotionalen Bereich statt und sind in der Regel freiwillig.“ Aha. Alles klar? 57 Einfacher definiert, beginnt eine Verhandlung da, wo meine Tochter im Supermarkt einen Lolli, ein Überraschungsei, ein Pferdeheft und eine Packung Gummibären haben möchte – ich aber nichts davon kaufen möchte. Ein paar Beispiele, eventuell auch aus Ihrem Alltag: Der alte Wagen läuft noch ganz gut, der neue sieht aber viel besser aus. Neben der Verhandlung mit sich selbst (der tut’s ja eigentlich noch ganz gut) steht dann die Verhandlung mit dem Autohändler an („ob der Wagen morgen noch da ist kann ich Ihnen nicht garantieren“). Das lang gesuchte Traumhaus! Endlich hat Ihre Frau es gefunden. Und sagt das beim ersten Besichtigen auch gleich dem Makler. Dieser gibt Ihrer Frau natürlich auch gleich recht. So ein Schmuckstück findet man nicht alle Tage! Die Beförderung steht an. Ihr Chef lobt Sie über alle Maßen vor den Anderen. Wenn es einer verdient hat, dann Sie. Was er nicht erwähnt ist, dass die Krise und die damit verbundenen Budgetkürzungen leider auch die fällige Gehaltserhöhung verschlungen hat. Sie haben jetzt zwar mehr Verantwortung, jedoch nicht mehr Gehalt. Glückwunsch! Sie waren im Urlaub auf Mallorca. Das Wetter war zwar wie Sie es erwartet haben, doch das Hotel entsprach nicht ganz der Beschreibung des Katalogs. Sie würden gerne einen Teil Ihres Geldes zurückbekommen. Geht das? Ich könnte das ganze Buch füllen mit typischen Situationen. Dabei sind noch gar keine geschäftlichen Verhandlungen mit inbegriffen. Verhandlungen prägen unseren Alltag. Sie finden permanent statt, auch wenn wir gar nicht merken, dass wir mitten drin stecken. Und - schwupps – haben wir schon wieder verloren. Sobald es darum geht, dass ich meine Interessen gegen einen Anderen durchsetzen möchte, ist das eine 58 Verhandlung. Wenn einer etwas von mir möchte, ist das eine Verhandlung. Genauso sind wir schon dabei, wenn zwei aufeinander treffen und unterschiedliche Positionen haben. wenn jemand einbricht, bleibt ihm nur noch unvorbereitetes Improvisieren. Wie bereite ich mich auf eine Verhandlung vor? Tja, ehrlich gesagt, die meisten bereiten sich gar nicht darauf vor. Sie wissen ja auch im schlechtesten Falle gar nicht, dass eine ansteht. Oder sie sich bereits in einer befinden. Was dann kommt, ist reine Improvisation. Sie wursteln sich so durch. Und wundern sich, wenn Sie am Ende nicht das Ergebnis bekommen, welches sie sich vorgestellt haben. Wir beginnen mit der körperlichen Vorbereitung: Und dieses kleine Detail ist auch die erste Grundlage für Ihren Erfolg. Ein kleiner Dialog in „Alice im Wunderland“ erklärt das ganz deutlich: Sie kam auf ihrer Reise an eine Weggabelung, an der der Kater saß. „Welchen Weg muss ich denn nehmen?“, fragte sie ihn. „Wohin willst Du denn?“, fragte der Kater zurück. „Das weiß ich nicht“, war Alices Antwort. „Dann ist es egal“, erwiderte der Kater. Wenn Sie also kein Ziel haben, kommen Sie auch nirgendwo an. Nur dann können Sie sich eine Strategie zurecht legen, selbst wenn Sie nicht gut vorausdenken „Strategie ist der Sieg der Einfälle in der Vorbereitung – über die Zufälle in der Verhandlung.“ Das ist einer der Kernsätze in der professionellen Verhandlungsführung. Was sagt das aus? Oft erlebe ich Verhandlungsführer, die zugeben, dass das Improvisieren ihre eigentliche Stärke ist. Jemand, der zugibt, stark im Improvisieren zu sein, gibt tatsächlich zu, dass er schwach in der Vorbereitung ist. Und was hat dieser Verhandler folglich nicht? Eine Strategie. Denn diese basiert auf Vorbereitung. Und in schwierigen Debatten hängt sein Erfolg oft von Glück und Zufall ab, statt von professioneller Verhandlungstechnik. In der Vorbereitung definiert ein Experte, wie dick das Eis ist, auf dem er sich während der Verhandlung bewegt. Gute Vorarbeit bedeutet dabei dickes und tragfähiges Eis, mangelhafte Vorbereitung führt zu dünnem Eis. Und Wie sieht nun eine Erfolg bringende Vorbereitung aus? Persönliche Fitness Damit ist nicht gemeint, dass Sie zehn Kilometer in unter 50 Minuten laufen können. Wobei das schon mal nicht schlecht ist. Worum es hier geht ist, dass Sie ausgeschlafen sind. Wer am Abend vorher bis morgens um vier Uhr um die Häuser zieht, ist nicht wirklich ausgeruht. Gehen Sie weder hungrig noch mit vollem Magen in ein Gespräch. Richtig verhandeln ist anstrengend wie Sport. Vor dem Joggen essen Sie auch keine Haxn mit Knödel. Ich habe immer etwas Traubenzucker mit dabei. Und Nüsse. Sobald ich merke, meine körperliche Leistungsbereitschaft lässt nach, versorge ich meinen Körper mit Brennstoff. Seien Sie passend gekleidet. So, dass Sie sich der Verhandlung und dem Gegenüber angemessen gekleidet fühlen. Die Kleidung ist meine Ritterrüstung in der Verhandlung. Eine Krawatte kann ich leichter entfernen, als mir eine herzuwünschen. Es ist besser, zu schnieke als zu lässig gekleidet zu sein. Downsizen im Gespräch geht immer, upgraden ist eher schwierig. Das war die persönliche Vorbereitung. Kommen wir nun zur Inhaltlichen: Wir unterteilen die Vorbereitung in drei verschiedene Abschnitte: 1. Ausgangsposition Wo stehe ich? 2. Zieldefinition Wo will ich hin? 3. Strategie und Taktik Wie komme ich dahin? Zur Ausgangsposition gehören alle Punkte, die mir helfen, meine Position zu verstehen. Wie stark bin ich? Wie ist das Umfeld, in dem ich mich bewege? Mit wem habe ich es zu tun? “Es ist besser eine Waffe zu haben, wenn man sie nicht braucht, als eine zu brauchen, wenn man sie nicht hat.” Zitat aus dem Film True Romance Aber erst mal der Reihe nach: Ich werde die Verhandlungsvorbereitung anhand des Beispiels „Kauf eines gebrauchten BMWs“ darstellen. Genau so einen wollte mein Vater vor 3 Jahren erstehen. Wie gingen wir damals vor? 1. Ausgangsposition: Mein Vater hatte sich ein genaues Budget definiert, welches er bereit war zu investieren. Das waren exakt 30.000 €. Seinen alten Wagen hatte er bereits verkauft, sodass er keinen in Zahlung geben musste. Übergangsweise fuhr er mit dem Wagen meiner Mutter. Und als Rentner war er beruflich nicht auf einen Wagen angewiesen. Der Gebrauchtwagenmarkt in Deutschland ist gottseidank sehr übersichtlich abrufbar. Unter Plattformen wie mobile.de, autoscout24. de oder gebrauchtwagen.de finde ich tausende Autos aus ganz Deutschland. Über einen Konfigurator kann ich nun wie bei einem Neuwagen genau das Auto zusammenstellen, welches ich gerne hätte. Mein Vater wollte einen drei Jahre alten BMW 330d mit Automatikschaltung, Anhängekupplung und Lederausstattung. Kilometer nicht mehr als 40.000 und auch ein großes Navigationsgerät war ihm wichtig. Das waren die Muss-Ausstattungsmerkmale. Dazu kamen eine Reihe von KannMerkmalen wie Tempomat, Schiebedach oder Felgendesign. Als Ergebnis kamen aus unserer Recherche fünf Fahrzeuge in die nähere Auswahl. Dummerweise waren diese über ganz Deutschland verteilt, sodass wir nicht alle anschauen konnten. Wir entschieden uns für den BMWHändler in Bonn. Warum? Ich hatte in der kommenden Woche ein Seminar in Köln von Donnerstag bis Freitag. Unser Plan war, am Freitag um 17.30 Uhr uns in Bonn am Bahnhof zu treffen und dann gemeinsam zum BMW-Händler zu gehen. spielt hier die Zeit eine Rolle? Ich war sowieso auf dem Heimweg von Köln und komme an Bonn vorbei. Mein Vater als Rentner hat ja sowieso Zeit (ich weiß, dass jetzt alle Rentner vehement den Kopf schütteln, sorry). Der Verkäufer aber steht eine halbe Stunde vor dem Wochenende. So. Jetzt halten wir erst einmal inne. Wie stellt sich unsere Ausgangsposition bisher dar? Was haben Sie bisher darüber erfahren? Ich erläutere jetzt Schritt für Schritt, welche Informationen welche Bedeutung haben. Auch hier noch eine kurze Bewertung der Ansicht des Verkäufers. Wie sieht er seinen Freitagabend? Da kommen Vater und Sohn „extra“ aus Stuttgart angereist und interessieren sich für einen gebrauchten BMW. Die kommen um 17.30 Uhr. Welcher Film läuft da im Kopf des Verkäufers ab? 18.00 Uhr, maximal 18.30 Uhr ist das Auto verkauft, die Provision gesichert und dann ab ins Wochenende. Ein schöner Abschluss der Woche. Ein entspanntes Gefühl. Zuerst haben wir erfahren, dass mein Vater ein genaues Budget zur Verfügung hat. Er weiß also genau, wie viel Geld er investieren kann. Es macht also genauso wenig Sinn bei dem definierten Budget von 30.000 € nach zehn Jahre alten Autos zu schauen, wie nach einem neuen BMW. Das Budget hat ihm geholfen zu verstehen, nach welchem Auto er realistisch schauen kann. „Seinen alten Wagen hatte er bereits verkauft“ bindet ihn nicht an einen Händler, der ihm vermeintlich am meisten Geld gibt für die Inzahlungnahme des alten Fahrzeugs. Das verbessert die Verhandlungsposition deutlich. Er hatte auch als Übergangswagen das Fahrzeug meiner Mutter. Das nimmt ihm den Zeitdruck, schnell ein Fahrzeug kaufen zu müssen. Ebenso war er als Rentner nicht beruflich drauf angewiesen. Unter Zeitdruck verschlechtert sich meine Ausgangsposition deutlich. Kommen wir zur letzten Information, die es zu bewerten gilt: Der Termin war Freitagabend um 17.30 Uhr. Für wen Am Freitagmorgen habe ich mir im Hotel noch schnell die anderen vier Fahrzeuge ausgedruckt. Warum? Das sind meine Alternativen. Und ich habe mit gelbem Leuchtstift alle Merkmale hervorgehoben, die uns wichtig waren. Das sind also glaubwürdige Alternativen. Dass von den vier Fahrzeugen wenigstens zwei günstiger im Preis waren als der des besuchten BMW-Händlers in Bonn, versteht sich von selbst. Ebenso hatte ich mir den Fahrplan von Bonn nach Stuttgart ausgedruckt. Dieser dokumentiert die stündlichen Verbindungen und damit die Möglichkeiten, auch ohne gekauftes Auto wieder heimzukommen. Das war sozusagen unser Plan B. Bevor wir jetzt weiter im Kauf des BMWs gehen, müssen wir kurz zur 59 Struktur der Vorbereitung zurück kommen. 1. Ausgangsposition Wo stehe ich? 2. Zieldefinition Wo will ich hin? 3. Strategie und Taktik Wie komme ich dahin? Die Ausgangsposition haben wir gerade analysiert und definiert. Kommen wir jetzt zur Zieldefinition. 2. Zieldefinition Ein Ziel sollte immer wenigstens zwei Bestandteile haben: Zum Einen realistisch, also umsetzbar und messbar. Des Weiteren unterteilt es sich in ein Minimal- und ein Maximalziel. Was heißt das konkret? Mein Vater hatte ein Budget von höchstens 30.000 € bereitgestellt. Im schlechtesten Falle wollte er das bezahlen, das war sein Minimalziel. Alles was besser als dieses Ergebnis war, war gespartes Geld. Sein Maximalziel – also der beste Fall – für diese Verhandlung war aus den anderen Angeboten abgeleitet. Derselbe BMW in Hamburg war bereits für 27.000 € zu haben, also 10% günstiger. Aber eben in Hamburg. Darüber hinaus hatte er sich weitere Ziele definiert: Dachträger, Winterräder, Fußmatten, neue Navigations-DVD und weiteres. Wenn wir das alles nicht kostenlos dazu bekommen können, dann vielleicht wenigstens zu Einkaufskonditionen. Dabei verliert der BMW-Händler kein Geld, wir aber sparen gehörig. Als sogenanntes „Worst-Case-Szenario“– was tue ich wenn ich mein Minimalziel nicht erreiche? – war für uns klar, 62 dass wir eben mit einem nächsten Zug wieder nach Hause fahren würden. Ehrlich gesagt, statt freitagabends von Bonn auf der Autobahn im Stau nach Stuttgart zu fahren, nicht die schlechteste Alternative... Damit waren unsere Ziele und unser Worst-Case-Szenario definiert. Das haben wir übrigens in den fünf Minuten Taxifahrt vom Bahnhof Bonn zum BMW-Händler gemacht. Kommen wir nun zum dritten Punkt. 3. Strategie und Taktik – Wie erreiche ich mein Ziel? Welche Maßnahmen kann ich dafür ergreifen? Die professionelle Verhandlungsführung unterscheidet vier unterschiedliche Strategien: Druck, Partnerschaft, Ausweichen und Nachgeben. Strategien geben die Richtung vor für das Vorgehen in einer Verhandlung. Eine Strategie wird dann mittels einzelner Taktiken umgesetzt. Konkret sieht das wie folgt aus: Druck als Strategie kann beispielsweise mit der Taktik „Drohen“ umgesetzt werden. Ich drohe dem Anderen Konsequenzen an. Wenn nicht, dann aber! Oder Wettbewerb: Sobald Sie einen möglichen Wettbewerber erwähnen, ist das Druck für den Anderen. Was glauben Sie, wie oft ich schon Rabatt im Elektrohandel bekommen habe, nur weil ich ein Inserat des Wettbewerbers dabei hatte. Das geht schneller und einfacher, als man glaubt. Vom Verhalten her wird man bei der Strategie Druck aggressiv. Lauterer Ton, klare Worte und entsprechende Körpersprache signalisieren dem Gegenüber, dass mit Ihnen nicht zu spaßen ist. Wenn man im Restaurant zum x-ten Male den Finger oben hat, der Kellner einen aber immer noch geflissentlich übersieht, dann hilft ein „Bekomme ich heute noch die Gelegenheit, ein zweites Bier zu bestellen?“ im entsprechenden Ton und ruckzuck steht das lang ersehnte Bier vor mir. Der Wechsel dann auf „Partnerschaft“ und ein freundliches „Danke“ oder „Geht doch, warum nicht gleich so“ lässt den Kellner sicher Ihren Tisch aufmerksamer in den Augen behalten. Zeitdruck ist auch ein probates Mittel des Druck-Machens. Und besonders in Kombination mit der Erwähnung eines Wettbewerbers. Emotionaler Druck klappt auch sehr häufig. Viele gerissene Verhandler setzen auf diese Karte. Und versuchen mit den ausgelösten Emotionen ihre Ziele zu erreichen. Sie sehen, Taktiken der Strategie „Druck“ zielen oft darauf, etwas gegen den Willen des Anderen zu bekommen. Die Basis für die Strategie „Partnerschaft“ ist, etwas gemeinsam erreichen zu wollen. Dazu hilft es ungemein, wenn man erst mal weiß, wo der Andere steht und was seine Wünsche sind. Fragen stellen und - ACHTUNG – zuhören sind dabei hilfreiche Werkzeuge: Berührungspunkte erarbeiten, eine gemeinsame erfolgreiche bisherige Vergangenheit oder die Beziehung hervorheben. Mir hilft bereits eine schöne Tasse Cappuccino, um mich wohl zu fühlen, ein Lächeln, ein freundliches Wort. Dem anderen genügend Zeit geben und sich selbst Zeit nehmen. „Einen Moment mal, ich schalt mein Handy auf lautlos, damit wir uns in Ruhe unterhalten können“, signalisiert dem Anderen, dass man ganz für ihn da ist. Eines der geheimen Zauberworte, auf welches ich immer reagiere, ist Wertschätzung. Ein freundliches „Bitte“ gefolgt von einem „Danke“ macht es mir oft schwer „Nein“ zu sagen. Wann wähle ich die Strategie „Ausweichen“? Dafür gibt es unterschiedliche Anlässe. Ein Grund kann sein, dass mir jemand eine Verhandlung aufs Auge drücken 64 möchte, die ich aber nicht möchte. Ein erfahrener Verhandler weicht aber auch dann aus, wenn er zum jetzigen Zeitpunkt für die Verhandlung schlecht vorbereitet ist, aber in drei Wochen schon viel besser. Das ist ungefähr so, wie wenn Sie einen Fünf-KilometerLauf absolvieren sollen, aber dafür noch keinen Schritt trainiert haben. In drei Monaten sind Sie mit etwas Vorbereitung mit Sicherheit viel besser in der Lage, ein gutes Ergebnis zu erreichen als heute. Ein weiterer Grund für die Strategie „Ausweichen“ ist folgende Situation: Ich habe eine schlechte Ausgangsposition für eine Verhandlung und kann dabei nichts gewinnen. Hier empfiehlt es sich, solange wie möglich auszuweichen, um den dann möglicherweise entstehenden Schaden eben so lange wie möglich zu vermeiden. Als letztes gibt es nun noch die Strategie „Nachgeben“. Wann sollte man denn nachgeben? Wenn die Konsequenzen des Standhaft-Bleibens schlimmer sind als nachzugeben. Oder wenn Sie alles erreicht haben. Dann können Sie entspannt großzügig sein. Nachdem wir nun die unterschiedlichen Strategien kennengelernt haben, kommen wir zurück zum Beispiel mit dem Kauf des gebrauchten BMWs. Wir waren also im Taxi auf dem Weg zum BMW-Händler und stimmten uns strategisch ab. Wenn Vater und Sohn gemeinsam aufschlagen, liegt eine Taktik à la „Good Guy, Bad Guy“ aus der Strategie „Druck“ nahe. Nur stellt sich die Frage, wer spielt nun wen? Angenommen, mein Vater wäre der „Good Guy“ und ich wäre der „Bad Guy“. Was passiert während der Verhandlung? Der Verkäufer wird sich auf meinen Vater konzentrieren. Denn er ist der Gute. Dazu kommt, dass er sowohl der Budgethalter, Bedarfsträger und Entscheider ist. Was bin ich? Nur der „lästige Köter“, der am Hosenbein zerrt. Was passiert mit mir während der Verhandlung? Ich werde vom Verkäufer ignoriert und aus der Verhandlung ausgeschlossen. Also andersrum: Mein Vater könnte als der Böse und mäkelnde auftreten, ich als der Gute und Zusagende. Doch auch das schien von wenig Erfolg gekrönt. Wir haben zu einer kleinen List gegriffen. Mein Vater stellte mich zu Beginn vor als seinen Sohn, der zehn Jahre bei Porsche gearbeitet habe und großes Wissen über Autos besäße. Deshalb würde ich auch den Fahrzeugkauf entscheiden. Somit konnte ich den „Bad Guy“ spielen, war aber der Entscheider und durfte deshalb vom Verkäufer nicht ignoriert werden. Wir standen etwa eine halbe Stunde um das Auto herum, bevor es in das Büro des Verkäufers ging. Wir haben alle Karten gespielt und zwischendurch habe ich in Sichtnähe des Verkäufers für 20 Minuten telefoniert. Mein Vater konnte sich während dem hervorragend mit Katalogen beschäftigen. Nach und nach verabschiedeten sich seine Kollegen von ihm. „Tschüüüüs, schönes Wochenende und bis Montag“ bekam er zu hören. Nur in seinem Büro brannte noch Licht. Es war gegen 19.30 Uhr, als wir alle unsere Forderungen erfüllt bekamen und der Verkäufer zum Abschluss noch den Tank komplett auffüllte. Denn das einzige Ziel, welches der Verkäufer noch hatte war: Hauptsache, die gehen endlich. Den Wunsch haben wir ihm dann erfüllt. Diese strukturierte Vorgehensweise können Sie geschäftlich wie privat bei Verhandlungen anwenden. Natürlich benötigt das professionelle Vorbereiten einer geschäftlich wichtigen Verhandlung mehr als fünf Minuten Taxifahrt. Aber von der Methodik her wird es sich ähnlich abspielen. Zum Abschluss noch ein Beispiel aus einer Verhandlung eines Automobilherstellers mit einem monopolistischen Lieferanten. Ein bekannter deutscher Automobilhersteller verhandelte 3 Jahre erfolglos mit einem monopolistischen Zulieferer aus der Lackbranche. Die qualitativen Anforderungen an einen bestimmten Lack wurden von der Entwicklungs- und Qualitätsabteilung so hoch geschraubt, dass aus einem eigentlichem Wettbewerbsmarkt nur noch ein Anbieter übrig geblieben ist. Ein selbst gemachter Monopolist. Und an diesem biss sich seit drei Jahren der Einkauf die Zähne aus. Die gewählte Strategie war Druck und die Taktiken dem entsprechend: Terminvorgaben, warten lassen, keine Getränke und im Gespräch selbst nur Vorgaben und Vorhaltungen. Das Ergebnis war ebenfalls dem entsprechend: Null. Im vierten Jahr wurde die Frieder Gamm Group mit dem Coaching der Verhandlung beauftragt. Wir gingen dabei wie folgt vor: am ersten Tag wurden den Einkäufern inklusive ihrer Vorgesetzten in einem Schnellkurs die wichtigsten Inhalte der Verhandlungsführung vermittelt: Meta-Ebene, Struktur der Vorbereitung, Ausgangssituation und daraus Ziele definieren, Strategie und Taktik. Die nächsten zwei Stunden erzählten die Einkäufer alles was sie über den Lieferanten, die Situation und die bisherigen Verhandlungen wussten. Viele Fragen brachten noch mehr Antworten. Das Unwissen des Coaches ist dabei der größte Vorteil: um sich ein genaues Bild der Situation machen zu können, muss er viele Fragen stellen. Und um alles zu verstehen, wird die Situation von allen Seiten beleuchtet. Wir nennen das 360 Grad Betrachtung. Nachdem die Ausgangssituation klar war - „Wir haben ja wirklich nur den einen Lieferanten. … Ja, der ist nicht wirklich von uns abhängig.“ - ging es daran realistische Ziele zu definieren. In der Analyse kam beim Profiling heraus, dass der Verkäufer des Lieferanten ein großer Fan der Automarke ist. Und schon lange von einem bestimmten Sportwagen fasziniert ist. Nach langer Beleuchtung und Zieldefinition kam folgende Vorgehensweise heraus: entgegen der bisherigen Gepflogenheit fuhren die Einkäufer des Autoherstellers zum Lieferanten hin. Man nahm sich dafür sogar zwei Tage Zeit. Der Plan war am Vortag der Verhandlung anzureisen und zwar mit dem Traumwagen des Verkäufers. Die Einkäufer schauten sich ausgiebig die Produktionsanlagen 65 des Lieferanten an. Entgegen der Gewohnheit typischer Einkäufer wurde dabei ausschließlich gestaunt und gelobt. Viele Fragen zeigten das große Interesse an den Prozessen. Es war eine sehr interessante und harmonische Werksbesichtigung. Zum Abendessen wurde der Verkäufer dieses Mal vom Kunden eingeladen. Und den Weg zum Restaurant durfte er am Steuer seines Traumwagens zurücklegen. Der Abend war ohne jegliche Disharmonien und sehr nett. Am nächsten Tag stand die zweistündige Verhandlung an. Diese lief wider Erwarten sehr gut und der Einkauf trat mit 10% Preisreduzierung den Heimweg an. Gegen einen Monopolisten. Was lernen wir daraus? Verhandlungen finden zwischen Menschen statt. Und wenn ich meiner 9-jährigen Tochter erkläre was sie tun muss, erklärt mir diese, dass sie gar nichts müsse. Ähnlich ist es mit monopolistischen Verhandlungspartnern. Der Lieferant musste nicht Entgegenkommen zeigen. 66 Aber entsprechend behandelt konnte er entgegenkommend sein. Wenn er wollte. Und die Kunst ist es herauszufinden, wo der andere steht, welches seine Ziele sind und wie er motiviert werden kann.
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