Erfahrungsbericht über mein Praktikum bei der Konrad-Adenauer-Stiftung Beirut Vor Abreise Für mich stand von Beginn an fest, dass ich mein Pflichtpraktikum im Rahmen meines Studiums der Politikwissenschaften im arabischsprachigen Ausland absolvieren würde, da ich aufgrund meines Erststudiums „Naher und Mittlerer Osten“ mit der Kultur und der Sprache der arabisch-islamischen Welt vertraut bin. Die Stadt Beirut lernte ich schon im Frühjahr 2013 im Rahmen eines Sprachkurses kennen und lieben und informierte mich daher frühzeitig über Praktikumsmöglichkeiten im Libanon. Als ich die Zusage über ein Praktikum bei der Konrad-Adenauer-Stiftung Beirut erhielt, stieß ich bei der Recherche nach Stipendien für Auslandspraktika auf das PROMOS-Stipendium der Ludwig-Maximilians-Universität München. Stipendium Die Bewerbung für das PROMOS-Stipendium ist laufend möglich und der zuständige Ansprechpartner der LMU für Stipendien war bei der Zusammenstellung der Bewerbungsunterlagen sehr hilfsbereit. Nach Absenden meiner Unterlagen erhielt ich innerhalb von vier Wochen die Zusage über einen Reisekostenzuschuss in Höhe von 450 Euro. Wohnungssuche Der Praktikumsbeginn rückte immer näher und ich hatte noch keine Unterkunft gefunden. In Beirut eine bezahlbare Wohnung zu finden ist von Deutschland aus nahezu unmöglich. Die einschlägigen Websites wie Airbnb bieten zwar relativ viele Unterkünfte, doch leider handelt es sich hierbei größtenteils um kleine Zimmer die sehr teuer vermietet werden. Ich wusste von Anfang an, dass für mich nur die Viertel: Ashrafieh, Mar Mikhael und Gemmayze in Frage kamen, da sich auf diese drei christlichen Vierteln das Beiruter Nachtleben, die schönsten Cafés und Restaurants sowie versteckte Überbleibsel der alten Beiruter Bausubstanz verteilen. Schließlich fand ich über die Facebook-Gruppe „Appartments in Beirut“ ein Zimmer in der Wohnung eines französischen Lampendesigners, der sich als der beste Mitbewohner der Welt herausstellte. Abreise und Visum Am Abreisetag begab ich mich aufgeregt zum Frankfurter Flughafen, wo ich sofort auf mein erstes Hindernis stieß. Am Lufthansa-Schalter war man der Meinung, dass ich ein Visum zur Einreise benötige, da mein Aufenthalt über zwei Monate andauern würde. Allerdings hatten mir die KAS und auch die Libanesische Botschaft mitgeteilt, dass ich bei der Einreise in Beirut problemlos ein einmonatiges Touristenvisum erhalten würde, welches ich dann vor Ablauf vor Ort verlängern lassen könnte. Letztendlich wurde mir das Einchecken erst erlaubt, als das Boarding bereits begonnen hatte und ich erreichte abgehetzt und gestresst das Flugzeug. Über meinen Transfer vom Flughafen in die Stadt hatte ich mir bis dahin keine großen Gedanken gemacht. Da mein Mitbewohner nicht im Land war, sollte ich mich in einer Bar in Mar Mikhael ein Freund treffen, der mich dort abholen und mir die Wohnung zeigen würde. Im Flugzeug lernte ich zu meinem Glück eine Studentin aus München kennen, die ihre Familie in Beirut besuchte und sich meiner annahm. Wir teilten uns ein Taxi und trotz der Unwissenheit des Taxifahrers schaffte ich es die Bar zu erreichen und auch der Freund meines Mitbewohners erscien tatsächlich zum vereinbarten Zeitpunkt. Die Wohnung in der ich in der ersten Zeit alleine wohnte schreckte mich anfangs etwas ab, da sie sehr groß und leer war. Mit der Zeit fühlte ich mich in meinem sehr geräumigen Zimmer mit eigenem Balkon allerdings sehr heimisch und auch die drei Stunden Stromausfall pro Tag machten mir irgendwann nichts mehr aus. Ich zahlte 500 USD pro Monat was für die Lage und die Wohnungsgröße durchaus günstig war. Arbeit Die Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Beirut waren stets freundlich und sehr sympathisch. Mein Aufgabenbereich war vielfältig und interessant. Darunter fielen beispielsweise die Erstellung von Mitteilungen und Veranstaltungsankündigungen und Berichten für die Homepage, das Updaten der Facebook-Seite, das Verfassen von Reden, das Erstellen von Berichten, sowie Recherchetätigkeiten zu verschiedensten tagesaktuellen Themen. Ich wurde auch stets in die Gespräche mit potentiellen Partnern integriert, durfte diesen beiwohnen und hatte ggf. Protokoll zu schreiben. Außerdem wurde ich auch oft zu auswärtigen Terminen mitgenommen und hatte hierbei die Gelegenheit spannenden Gesprächen, Vorträgen und Diskussionen zum politischen System des Libanons, der Lage der Justiz sowie dem Umgang mit der Flüchtlingskrise zu folgen. Ich habe stets konstruktives Feedback zu meiner Arbeit bekommen, aus dem ich viel lernen konnte. Außerdem wurde meine sehr Meinung geschätzt. Durch den netten Umgang untereinander scheute man sich auch nicht Fragen zu stellen. Das Team besteht aus sechs Mitarbeitern, zwei Deutschen und drei Libanesen und einer Armenierin. Es herrschte ein respektvoller, sehr freundlicher Umgang miteinander. Man unterstützte sich gegenseitig in allen Bereichen. Das Büro verfügte auch über eine kleine Küche, in der immer gemeinsam zu Mittag gegessen wurde. Außerdem unternahm das Team miteinander Ausflüge, zum Beispiel in die Bekaa-Ebene. Mein zehnwöchiger Alltag in Beirut Ich konnte eine sehr schöne Zeit in Beirut verbringen. Montag bis Freitag von 08:30 bis 16:30 verbrachte ich im Büro. Im Anschluss an die Arbeit habe ich stets viel Zeit mit Freunden und Kollegen verbracht. Man findet im Libanon leicht Anschluss, da die Menschen sehr offen sind und gerne auch mit Ausländern ins Gespräch kommen. Die Wochenenden eignen sich gut das Land zu bereisen. Ich habe Touren nach Sidon, Byblos und in die Bekaa-Ebene sowie an verschiedene Strände unternommen. In die Bekaa-Ebene reiste ich allerdings in Begleitung meiner libanesischen Kollegen. Gerade die Bekaa-Ebene und Baslbeck sollte man auf Grund der angespannten Lage nur in Begleitung Einheimischer bereisen und dabei immer die Hinweise der Deutschen Botschaft beachten. Auch die Mitarbeiter im Büro beraten gerne bei sicherheitstechnischen Fragen. Ich habe mich bei allen Unternehmungen auch als westlich aussehende Frau sehr sicher gefühlt und bin niemals in eine unangenehme Situation geraten. Allerdings habe ich auch bestimmte Orte und Viertel gemieden und versucht durch selbstsicheres Auftreten und mit Hilfe meiner rudimentären Arabischkenntnissen nicht als klassischer Tourist enttarnt zu werden. Sprachkenntnisse Die meisten jungen Libanesen sprechen fließend Arabisch, Englisch und Französisch. Ansonsten kommt man immer mit Französisch weiter, aber ein paar Brocken Libanesisch können auch nicht schaden. Allgemeines Das Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung liegt im Stadtteil Badaro. Um zur Arbeit zu kommen, war ich daher auf die Sammeltaxis (Service) angewiesen. Man zahlt hier für eine Servicefahrt 2000 Lira, was ungefähr 1,5 Euro entspricht. Beirut ist eine sehr teure Stadt. Kosten für Lebensmittel etc. liegen auf deutschem Niveau. Im Libanon kann man mit Libanesischen Pfund (umgangssprachlich Lira genannt) oder US-Dollar zahlen. Bei Zahlungen mit Kreditkarte oder dem Abheben an Bankautomaten sollte man lieber in der Landeswährung bezahlen, da dies oft günstiger ist. Trotzdem lohnt es sich bei Einreise ein paar Dollar in der Tasche zu haben, da man die libanesische Währung nicht außerhalb des Landes erhält und Geldtauschen am Flughafen für Taxi etc. sehr teuer ist. Ein Taxi vom Flughafen in die Innenstadt sollte keinesfalls mehr als 25 Dollar kosten. Für einen Deutschen ist das Chaos, der Schmutz und die libanesische Zeitrechnung anfangs sehr ungewohnt. Aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran, dass alles länger dauert, sich niemand an Verkehrsregeln hält und Straßennamen oder konkrete Adressen als quasi non-existent angesehen werden. Der Libanon ist ein unheimlich schönes Land und Beirut eine Stadt in der so viele Gegensätze aufeinander prallen, dass es immer aufregend und spannend ist und man immer wieder etwas Neues entdecken kann. Mit dem Nachtleben Beiruts kann meiner Meinung nach keine europäische Stadt mithalten und der Melting-Pot aus Libanesen, Armeniern, Expats aus aller Welt, Christen, Schiiten, Sunniten, Drusen einmalig und unglaublich bereichernd. Auch an kulturellen Veranstaltungen mangelt es nicht, aber natürlich ist trotz der zahlreichen Freizeit- und Vergnügungsmöglichkeiten die politische Situation allgegenwärtig. Oder man sollte vielleicht eher gerade wegen sagen. Aufgrund der angespannten Lage in der sich der Libanon befindet, leben die Menschen dort immer im Bewusstsein das morgen wieder ein Krieg ausbrechen könnte und genießen wie nirgendwo sonst den Augenblick. Fazit Meine Zeit im Libanon hat mein Leben unheimlich bereichert und das Praktikum war sehr lehrreich und spannend. Sehr gut könnte ich mir vorstellen einmal für eine politische Stiftung zu arbeiten und am liebsten wäre ich einfach in Beirut geblieben. Ein Praktikum bei der Konrad-Adenauer-Stiftung in Beirut kann ich daher aufgrund der Inhalte, der tollen Kollegen und dieser atemberaubenden Stadt uneingeschränkt empfehlen.
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