Jesus sendet seine Jünger zu zweit aus. Es ist eine uralte Erfahrung, dass es sich zu zweit besser geht. Zu zweit kann man Erfahrungen austauschen, Erfolge reflektieren, Misserfolge analysieren, sich gegenseitig korrigieren. Man kann Freude teilen, sich gegenseitig ermutigen und stützen, sich stabilisieren. Man kann gemeinsam den Blick auf das Ziel ausrichten. Und manchmal genügt es, dass ein anderer nur dabei ist, dass man nicht allein auf dem Weg ist. Für alle, die sich im Ordensstand oder in geistlichen Berufen bewegen, und für viele andere auch ist es seit alters her erprobte Tradition, sich einen geistlichen Begleiter für den Weg zu Gott und den Menschen zu suchen. Sonst kann man sich verlaufen. Jesus sendet seine Jünger mit der Weisung aus, nicht mehr mitzunehmen, als unbedingt notwendig ist. Wenn es um die Verkündigung des Reiches Gottes geht, hängt viel von der Glaubwürdigkeit dessen ab, der im Namen Gottes auftritt. Wie soll er zum Vertrauen auf diesen Gott anregen, wenn er selber kein Vertrauen hat, wenn er sich selber total absichert und damit signalisiert, dass er den Mut zum Risiko des Vertrauens nicht aufbringt. Natürlich ist es ein Risiko, daran zu glauben, dass Gott dafür sorgen wird, dass seine Arbeiter im Weinberg genug zum Leben bekommen. Ihre Bescheidenheit im Auftreten soll Vertrauen in die Glaubwürdigkeit und Uneigennützigkeit ihres Auftrages wecken, soll den Blick von der eigenen Person auf den Inhalt der Verkündigung lenken. Unser Papst Franziskus macht es uns vor: einfache Kleidung, kleine Wohnung und kleines Auto, Essen in der Kantine und viele andere Zeichen mehr. Die Menschen merken schnell, ob es dem, der im Namen Gottes unterwegs ist, um Gott oder eher um das eigene Ansehen geht. Es bleibt eine Gratwanderung, sich in die Mitte zu stellen und gleichzeitig deutlich zu machen, selber nicht die Mitte zu sein. Die Jünger sollen mit dem Bewusstsein gehen, dass ihre Sendung wichtig ist. Sie sollen überzeugt sein, dass das, was sie zu sagen und zu tun haben, für die Menschen ein Segen ist. Gleichzeitig sollen sie wissen, dass ihre Botschaft von den anderen nur freiwillig aufgenommen werden kann. Das Evangelium kann nicht aufgezwungen werden. Die Leidenschaft für das Wort Gottes ist gekoppelt an die Toleranz im Umgang mit den Menschen, die das Wort Gottes hören. Die Jünger stoßen auf die Tatsache, dass man ihre Botschaft nicht überall aufnehmen will. Dann sollen sie nicht sauer sein oder Gewalt anwenden, sie sollen sich ihre Freiheit bewahren, weiter an den Wert ihrer Botschaft glauben und anderswohin gehen. Dass es den Jüngern mit diesem Weggehen wirklich ernst ist, zeigt die Weisung Jesu: »Schüttelt den Staub von euren Füßen, zum Zeugnis gegen sie« (Mk 6,11). Für Juden, die aus einem fremden Land in ihre Heimat zurückkehrten, war es eine symbolische Handlung, beim Verlassen des Ortes in der Fremde den Staub von den Füßen zu schütteln, um damit anzuzeigen, dass sie alles, was nicht so gut war, hinter sich lassen wollten. Sie wollten den alten Ärger und Frust nicht in die neue Heimat mitnehmen. Mit diesem Reinigungsritus trennen sich die Jünger bewusst von den Orten und Menschen, die sie nicht aufnehmen wollten. Sie zeigen damit an, dass sie ihr Mögliches getan haben und die Verantwortung für den weiteren Weg der Leute in der Stadt nicht tragen. Mit Selbstbewusstsein und Gottvertrauen Trennung zu vollziehen ist besser, als den Beleidigten und Enttäuschten zu spielen und über die böse Welt zu klagen. Zum Schluss heißt es ohne weiteren Kommentar: »Die Zwölf machten sich auf den Weg« (Mk 6,12). Es wird nichts berichtet von möglichen Bedenken, von Angst, von Minderwertigkeitskomplexen, von Voraus-Versicherungen. Mein Eindruck aus dieser Stelle ist: Es müssen wohl wirklich sehr freie Menschen gewesen sein - diese Zwölf, die ganz eingebunden sind in die Mission, zu der sie losgeschickt werden, und ganz eingebunden sind in das Vertrauen, dass Jesus auf diesen Wegen mit ihnen geht. Ob wir dieses Vertrauen für unsere Weg wohl auch aufbringen können?
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